Frage | Antwort |
1. | Seit wann ist das Führen von Kfz unter Drogeneinfluss bußgeldbewehrt? | Die Vorschrift des § 24a Abs. 2 StVG ist 1998 in das StVG eingefügt worden. |
2. | Ist die Vorschrift verfassungsmäßig? | Ja, das hat das BVerfG vor kurzem noch einmal ausdrücklich bestätigt (BVerfG VA 05, 48; Abruf-Nr. 050339 = NJW 05, 358; OLG Saarbrücken VRS 102, 458; OLG Zweibrücken NZV 02, 483). Praxishinweis: Das BVerfG hat allerdings eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift angemahnt. |
3. | Welche Tatbestandsvoraussetzungen hat § 24a Abs. 2 StVG? | § 24a Abs. 2 StVG setzt ebenso wie die Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1 StVG voraus, dass der Betroffene im öffentlichen Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug geführt hat, und zwar unter der Wirkung eines berauschenden Mittels. |
4. | Gelten für die Tatbestandsmerkmale des „Führens eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr“ Besonderheiten? | Nein, für diese Tatbestandsmerkmale kann auf die allgemeinen Regeln verwiesen werden. Es handelt sich um so genannte straßenverkehrsrechtliche Grundbegriffe (vgl. dazu Burhoff VA 05, 107). Praxishinweis: Der Begriff des Kraftfahrzeugs ist enger als der des Fahrzeugs in § 316 StGB. Zur Erfüllung des Tatbestandes des § 24a Abs. 2 StVG muss der Betroffene ein durch Motorkraft angetriebenes Fahrzeug geführt haben. |
5. | In welchem Zustand muss der Betroffene das Kfz geführt haben? | Das Kfz muss unter der Wirkung „eines anderen berauschenden Mittels“ geführt worden sein. |
6. | Reicht dafür jedes berauschende Mittel aus? | Nein. Es muss sich um ein in der Anlage zu § 24a StVG genanntes Mittel handeln. Aufgeführt sind dort nur: Cannabis (Tetrahydocannabinol [THC]), Heroin (Morphin) , Morphin (Morphin], Kokain (Benzoylecgonin), Amphetamin (Amphetamin), Designer-Amphetamin (Methylendioxyethylamphetamin [MDE]) und Designer-Amphetamin (Methylendioxyethylamphetamin [MDMA]). Praxishinweis: Tatbestandsmäßig ist nur das Fahren unter Wirkung eines der in der Anlage zu § 24a Abs. 2 StVG genannten berauschenden Mittel (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 24a Rn. 19). Fahrten unter der Wirkung anderer berauschender Mittel erfüllen den Tatbestand nicht (BayObLG NZV 04, 267 = DAR 04, 457). Daran ändert auch nichts, dass Methamphetamin später im Körper zu Amphetamin umwandelt. Auch eine Verurteilung nach § 24a Abs. 2 StVG wegen nachgewiesenem Konsum von „Speed“ scheidet aus (BayObLG, a.a.O.) |
7. | Wie wird das Mittel nachgewiesen? | Nach § 24a Abs. 2 S. 2 StVG liegt die Wirkung (nur) vor, wenn eines der in der Anlage genannten Mittel im Blut nachgewiesen ist. Das bedeutet: Eine der Substanzen muss durch eine Blutprobe nachgewiesen werden (OLG Hamm NZV 01, 484). Praxishinweis: Der Nachweis in einer Urinprobe reicht nicht (AG Saalfeld NStZ 04, 49). Auch das Geständnis des Betroffenen reicht für den Nachweis nicht aus (OLG Hamm, a.a.O.). |
8. | Müssen bestimmte Mindestgrenzwerte erreicht bzw. überschritten sein? | Nein. Das Merkmal „unter der Wirkung“ ist bereits dann festgestellt wenn eine der Substanzen der Anlage im Blut nachgewiesen ist (OLG Saarbrücken VRS 102, 120; OLG Zweibrücken VRS 102, 300). Es muss keine Mindestgrenze überschritten sein (OLG Zweibrücken, a.a.O.). |
9. | Ergeben sich insoweit Änderungen durch die Rspr. des BVerfG? | Nein. Das BVerfG hat allerdings eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift angemahnt (vgl. VA 05, 48, Abruf-Nr. 050339). Begründet hat es das damit, dass seit dem Inkrafttreten der Vorschriften sich die Nachweismöglichkeiten verbessert haben, was zur Annahme einer längeren Wirkungsdauer geführt habe. Deshalb reicht nicht (mehr) jede Menge des berauschenden Mittels, die im Blut nachgewiesen wird. |
10. | Hat das BVerfG einen Grenzwert eingeführt? | Nein. Auch nach der Rspr. des BVerfG muss eine Konzentration festgestellt werden, die es als möglich erscheinen lässt, dass der Verkehrsteilnehmer in seiner Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war (BVerfG, a.a.O.; OLG Zweibrücken VA 05, 124, Abruf-Nr. 051661; zur Konzentration bereits BVerfG NJW 02, 2378; BayObLG NJW 03, 1681; s. auch OVG Lüneburg NVWZ-RR 03, 899; VGH Mannheim VRS 107, 234; zu allem auch Krause HRRS 05, 138; Nobis StV 05, 386 in der Anm. zu BVerfG, a.a.O.). Praxishinweis: Das BVerfG hat lediglich festgestellt, dass der Wirkstoffnachweis ab bestimmten Werten den Rückschluss erlaubt, der Täter habe bei seiner Verkehrsteilnahme unter der tatbestandlich relevanten Wirkung des Rauschmittels gestanden. Darüber hinaus müssen die Feststellungen des Tatgerichts immer auch Vorsatz oder Fahrlässigkeit belegen (OLG Hamm und OLG Zweibrücken, a.a.O.) |
11. | Gilt die BVerfG-Rspr. auch für andere „berauschende Mittel“? | Ja, die Rspr. des BVerfG (a.a.O.), die eine Fahrt unter THC-Einfluss betraf, ist inzwischen auf die anderen berauschenden Mittel ausgedehnt worden (OLG Zweibrücken VA 05, 124, Abruf-Nr. 051661). |
12. | Welche „Grenzwerte“ sind bei den unterschiedlichen Substanzen (vgl. Frage 6) zu Grunde zu legen? | Als Anhaltspunkt für die zu berücksichtigenden „Grenzwerte“ der jeweiligen Substanzen können nach der Rspr. (vgl. OLG Zweibrücken VA 05, 124, Abruf-Nr. 051661, die Empfehlungen der sog. Grenzwertkommission dienen (zust. Lorenz in der Anm. zu OLG Zweibrücken VRR 05, 199; zust. auch Nobis StV 05, 386). Praxishinweis: Folgende „Grenzwerte“ werden angenommen (vgl. dazu BA 05, 160; Nobis, a.a.O.): |
13. | Können die gemessenen Werte ohne weiteres im Verfahren verwendet werden? | Grds. ja. Allerdings bietet sich hier ein Verteidigungsansatz. Die Werte der Grenzwertkommission müssen nämlich sicher nachgewiesen sein, so dass sich im Verfahren die Frage einer möglichen Messtoleranz stellen kann. Diese Frage hat bisher sowohl das BVerfG als auch die Grenzwertkommission offen gelassen (vgl. den Hinweis von Bönke NZV 05, 273 in der Anm. zu BVerfG VA 05, 48, Abruf-Nr. 050339). Das gilt insbesondere für den niedrigen THC-Wert. Gerade hier kann es sich empfehlen, den gemessenen Wert kritisch zu hinterfragen. |
14. | Welche Schuldform erfüllt den subjektiven Tatbestand einer Drogenfahrt? | Der Betroffene kann vorsätzlich oder fahrlässig handeln. Die Schuldform muss sich aus den Feststellungen ergeben (BayObLG DAR 00, 366; OLG Düsseldorf zfs 02, 500; OLG Koblenz VRS 78, 361; OLG Zweibrücken VRS 102, 300 = NZV 01, 483.) |
15. | Worauf muss sich der Vorsatz des Betroffenen erstrecken? | Der Vorsatz des Betroffenen muss sich nur auf das Fahren unter der Wirkung eines der in der Anlage 2 genannten berauschenden Mittel erstrecken. Er muss nicht auch (noch) die Spürbarkeit und die Nachweisbarkeit im Blut umfassen (OLG Zweibrücken VRS 102, 300 = NZV 01, 483; zum Vorsatz bei der Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1 StVG s. Burhoff/Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, Rn. 1946 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff/Bearbeiter, OWi], Rn. 1992 ff.). |
16. | Wann handelt der Betroffene fahrlässig? | Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Betroffene hätte erkennen können und müssen, dass er unter der Wirkung des berauschenden Mittels steht (vgl. dazu OLG Hamm VRR 05, 196; s. auch KG DAR 03, 82 zur Frage des unwissenden Konsums). Praxishinweis: Die Vorstellung des Betroffenen, der längere Zeit vor Fahrtantritt Cannabis konsumiert hat, die Droge sei inzwischen abgebaut, lässt den Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht entfallen (OLG Zweibrücken VRS 102, 300 = NZV 01, 483). |
17. | Welche Feststellungen müssen bei einer Verurteilung wegen eines fahrlässigen Verstoßes hinsichtlich des Schuldvorwurfs getroffen werden? | Insbesondere nach der neuen Entscheidung des BVerfG muss sich der Verteidiger sorgfältig mit der Frage auseinandersetzen, ob die getroffenen Feststellungen für die Annahme der Fahrlässigkeit reichen. Denn das BVerfG hat nicht zu den Anforderungen der Fahrlässigkeit Stellung genommen, sondern allein zu den objektiven Tatbestandsvoraussetzungen. Das AG muss daher die Vorstellung des Betroffenen unter Würdigung sämtlicher zur Verfügung stehender Beweismittel feststellen. Praxishinweis: Von Bedeutung sind dabei: - der Zeitablauf, also die Frage: Wie lange liegt der Konsum zurück, d.h., musste der Betroffene noch mit einer körperlichen Beeinträchtigung rechnen? Als Faustregel wird man darauf abstellen können: Je höher die festgestellte Konzentration, desto eher musste der Betroffene mit einer Beeinträchtigung rechnen.
- die Höhe der festgestellten Wirkstoffkonzentration, also die Frage: Liegt sie ggf. in einer solchen Höhe vor, dass die Einlassung des Betroffenen zum Zeitablauf nur wenig glaubhaft ist (vgl. die Fallgestaltung bei OLG Hamm, a.a.O.).
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