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  • 22.12.2010 | Drogenfahrt

    Tatsächliche Feststellungen bei der Drogenfahrt

    Bei einer Drogenfahrt kann nicht allein aus der nach der Tat gemessenen Wirkstoffkonzentration des Rauschmittels im Blut des Angeklagten auf seine Fahruntüchtigkeit geschlossen werden. Vielmehr bedarf es außer einem positiven Blutwirkstoffbefund weiterer, für die fahrerische Leistungsfähigkeit aussagekräftiger Beweisanzeichen, d.h. solcher Tatsachen, die über die allgemeine Drogenwirkung hinaus den sicheren Schluss zulassen, dass der Angeklagte in der konkreten Verkehrssituation fahrunsicher gewesen ist (OLG Saarbrücken 28.10.10, Ss 104/10 (141/10), Abruf-Nr. 103945).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Das AG hat den Angeklagten wegen einer fahrlässigen Drogenfahrt infolge Genuss von Cannabis nach § 316 Abs. 1 StGB verurteilt. Die dagegen gerichtete (Sprung)Revision hatte Erfolg.  

    Dem OLG reichten die festgestellten Beweisanzeichen (glänzende und gerötete Augen, Verlangsamung der Pupillenreaktion bei Lichteinfall) nicht aus. Eine Fahruntüchtigkeit ergebe sich hieraus nicht. Es hätte geprüft werden müssen, wie sich die Sehbehinderung konkret bei dem Angeklagten auf seine Fahrtüchtigkeit ausgewirkt und wie sie sich für ihn bemerkbar gemacht hat. Auch weitere Auffälligkeiten (schläfriger Eindruck, Konzentrationsstörungen, verzögerte Reaktionen, verwaschene Aussprache und schleppender Gang) können zwar auf den festgestellten Drogenkonsum zurückführbar sein. Hinreichend zwingend ist dies aber nicht. So kann die Schläfrigkeit auch auf einem Schlafentzug beruhen (OLG Düsseldorf VRS 96, 107 ff.). Erforderlich ist ein Vergleich der Auffälligkeiten mit einem „unberauschten" Zustandsbild des Angeklagten. Schließlich ist auch die Feststellung, dass der Angeklagte in der Kontrollsituation im Stand schwankte, - jedenfalls nicht ohne weitere Feststellungen, insbesondere zur Intensität dieses Verhaltens - nicht genügend, um eine Fahruntüchtigkeit des Angeklagten zu belegen.  

     

    Praxishinweis

    Bei der Drogenfahrt ist darauf zu achten, dass es - eben anders als bei der Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB - keinen Grenzwert gibt, aus dem allein auf Fahruntüchtigkeit geschlossen werden könnte (vgl. u.a. BGHSt 44, 219 ff.; zuletzt BGH VA 08, 215; 09, 105; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 316 Rn. 39 m.w.N.). Vielmehr müssen sog. (aussagekräftige) Beweisanzeichen, d.h. solche Tatsachen, die über die allgemeine Drogenwirkung hinaus den sicheren Schluss zulassen, dass der Angeklagte in der konkreten Verkehrssituation fahrunsicher gewesen ist, festgestellt werden (vgl. OLG Zweibrücken StV 03, 624). Die Entscheidung des OLG Saarbrücken zeigt sehr schön auf, wie mit solchen potenziellen Beweisanzeichen umgegangen werden und welche andere Ursache zugrunde liegen kann. Dabei ist natürlich aber immer auch zu berücksichtigen, dass letztlich das „Gesamtbild“, das der Angeklagte abgegeben hat, von Bedeutung ist.