25.07.2011 | Fahren ohne Fahrerlaubnis
Ordnungsgemäße Anklageerhebung
Können beim Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis weitere die Taten kennzeichnende Merkmale nicht angegeben werden und ist die Bezeichnung des Fahrzeugs unerlässlich, um die Taten ausreichend zu individualisieren, erfasst der Anklagevorwurf des Fahrens mit einem Mercedes Vito nicht auch mit einem BMW begangene Taten (BGH 30.3.11, 4 StR 42/11, Abruf-Nr. 111904). |
Sachverhalt
Angeklagt war ein Fahren ohne Fahrerlaubnis in 25 Fällen mit einem Pkw der Marke BMW. Verurteilt wurde der Angeklagte wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 25 Fällen, jedoch nur sechsmal wegen Fahrens mit dem BMW und 19 mal wegen Fahrens mit einem Mercedes Vito. Seine Revision hatte Erfolg. Der BGH hat die Vito-Fälle wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt und wegen der weiteren 19 BMW-Fälle frei gesprochen.
Entscheidungsgründe
Der BGH ist bei den Vito-Fälle vom Fehlen einer ordnungsgemäßen Anklage ausgegangen: Der Tatbegriff des § 200 Abs. 1 S. 1 StPO entspricht dem des § 264 Abs. 1 StPO. Er umfasst daher alle individualisierenden Merkmale der vorgeworfenen Tat, die erforderlich sind, um diese zur Erfüllung der Umgrenzungsfunktion der Anklage von anderen Lebenssachverhalten abzugrenzen. Dabei lässt die Rechtsprechung zwar eine Herabsetzung der Anforderungen an die Individualisierung zu, wenn anders die Verfolgung und Aburteilung strafwürdiger Taten nicht möglich wäre. Dies ist jedoch als Ausnahme auf Fälle beschränkt worden, in denen typischerweise bei einer Serie gleichartiger Handlungen einzelne Taten etwa wegen Zeitablaufs oder wegen Besonderheiten in der Beweislage nicht mehr genau voneinander unterschieden werden können (vgl. BGH NStZ 11, 297).
Auf dieser Grundlage waren vorliegend die dem Angeklagten zur Last gelegten Taten durch die Angabe des Zeitraums, in dem er die Fahrten unternommen haben soll, und das dabei von ihm benutzte Fahrzeug (noch) ausreichend konkretisiert. Jedoch war - da weitere die Taten kennzeichnende Merkmale nicht angegeben wurden - die Bezeichnung des Fahrzeugs unerlässlich, um die Taten ausreichend zu individualisieren. Nur Fahrten mit dem BMW waren dem Angeklagten zur Last gelegt, zumal sonstige die Tatvorwürfe kennzeichnende Merkmale auch im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen nicht erwähnt sind. Die 19 Fahrten mit dem Mercedes, auf den das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen ebenfalls keine Hinweise enthält, waren dagegen von der Anklage nicht erfasst. Sie durften daher von der Strafkammer nicht abgeurteilt werden. Soweit die Anklage dem Angeklagten zur Last gelegt hat, weitere 19 Fahrten mit dem BMW unternommen zu haben, ist der Angeklagte freizusprechen. Denn das LG hat aufgrund einer vollständigen Beweisaufnahme und sorgfältigen Beweiswürdigung festgestellt, dass lediglich sechs Fahrten des Angeklagten mit dem BMW sicher erwiesen sind.
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses VA Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 16,70 € / Monat