01.01.2005 | Fahren ohne Fahrerlaubnis
Wiederaufnahme nach EuGH-Vorabentscheidung?
Beruht ein in Rechtskraft erwachsenes Urteil auf einem Verstoß gegen übergeordnetes EU-Gemeinschaftsrecht, ist gleichwohl die Wiederaufnahme des Verfahrens weder nach § 359 Nrn. 5, 6 StPO noch nach § 79 Abs. 1 BVerfGG zulässig, auch nicht in entsprechender Anwendung dieser Bestimmungen (OLG Karlsruhe 9.8.04, 3 Ws 182/04, Abruf-Nr. 043016). |
Sachverhalt
Der Betroffene befuhr mit einer Fahrerlaubnis, die nach Ablauf einer Sperre von einem EU-Mitgliedsstaat ausgestellt worden war, öffentliche Straßen in der Bundesrepublik. Er wurde wegen eines Verstoßes gegen § 21 StVG verurteilt. Nach Bekanntwerden der EuGH-Entscheidung vom 29.4.04 (C-476/01, VA 04, 100, Abruf-Nr. 041215) hat er die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Sein Antrag hatte keinen Erfolg.
Praxishinweis
Wird dem Betroffenen rechtskräftig die inländische Fahrerlaubnis entzogen, darf er dennoch nicht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt werden, wenn er Inhaber einer in einem EU- oder EWR-Staat erworbenen Fahrerlaubnis ist (EuGH, VA 04, 100, Abruf-Nr. 041215). Anders hatte der BGH noch im Jahr 2002 entschieden (VA 02, 186, Abruf-Nr. 021336 = BGHSt 47, 335 = NJW 02, 2330 = DAR 02, 419).
Ist der Mandant unter Anwendung der vorgenannten BGH-Rspr. wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden, sollte der Verteidiger unter Hinweis auf die neue EuGH-Rspr. eine Gnadenentscheidung beantragen. Diese kann sich – je nach Inhalt der Ausgangsentscheidung – auf Strafaussetzung zur Bewährung, Umwandlung einer Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe oder aber auf den Erlass einer verhängten Freiheitsstrafe richten. Der Antrag ist i.d.R. an die zuständige StA zu richten, die nach allen Gnadenordnungen der Bundesländer (z.B. § 6 BayGnO oder § 5 hess.GnO) „Gnadenbehörde“ ist. In dem Antrag muss der Verteidiger neben dem Verstoß der Verurteilung seines Mandanten gegen die EuGH-Rspr. auch die persönlichen Umstände darlegen (zu Mustern von Gnadenanträgen siehe Lohberger/Kuhn, in Beck`sches Formularbuch für den Strafverteidiger, 4. Aufl., S. 744 ff.).
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