01.04.2007 | Gebrauchtwagenkauf
Laufleistung: Beschaffenheitsangabe oder Beschaffenheitsgarantie?
1. Mit der Übernahme der Garantie für die Beschaffenheit einer Sache i.S.d. § 444 Alt. 2 BGB durch den Verkäufer ist – ebenso wie mit der Übernahme einer Garantie i.S.d.s § 276 Abs. 1 S. 1 BGB – zumindest auch die Zusicherung einer Eigenschaft der Sache nach früherem Recht (§ 459 Abs. 2 BGB a.F.) gemeint. Die Übernahme einer Garantie setzt daher – wie früher die Zusicherung einer Eigenschaft – voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen. |
2. Die Frage, ob Angaben des Verkäufers zur Laufleistung eines gebrauchten Kfz lediglich als Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB) oder aber als Beschaffenheitsgarantie (§ 444 Alt. 2 BGB) zu werten sind, ist unter Berücksichtigung der beim Abschluss eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug typischerweise gegebenen Interessenlage zu beantworten. Beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs ist die Angabe der Laufleistung in der Regel lediglich als Beschaffenheitsangabe und nicht als Beschaffenheitsgarantie zu verstehen. Von einer stillschweigenden Garantieübernahme kann beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs nur dann ausnahmsweise auszugehen sein, wenn über die Angabe der Laufleistung hinaus besondere Umstände vorliegen, die bei dem Käufer die berechtigte Erwartung wecken, der Verkäufer wolle für die Laufleistung des Fahrzeugs einstehen. Alleine die Besonderheiten des Kaufs über das Internet mittels eines von eBay zur Verfügung gestellten Bietverfahrens rechtfertigen diese Annahme nicht. |
3. Sind in einem Kaufvertrag zugleich eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache und ein pauschaler Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart, ist dies regelmäßig dahin auszulegen, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB), sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). |
(BGH 29.11.06, VIII ZR 92/06, Abruf-Nr. 070704) |
Sachverhalt und Praxishinweis
Zugrunde liegt ein eBay-Privatverkauf eines gebrauchten Motorrades. In dem Verkaufsformular hatte der Beklagte unter der Rubrik „Beschreibung“ angegeben: „Kilometerstand (km): 30.000 km“. Außerdem hieß es: „Krad wird natürlich ohne Gewähr verkauft“. In km war die Streckenangabe von 30.000 unzutreffend, richtig dagegen in Meilen. Für den Kläger nicht erkennbar, war das Krad mit Meilen-Tachometer ausgerüstet. In den Tatsacheninstanzen hatte der Kläger mit seiner Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Erfolg. Die Revision des Beklagten hat der BGH im Wesentlichen zurückgewiesen. Die Begründung ergibt sich aus den obigen Leistsätzen.
Welche Bedeutung Informationen über die Laufleistung/Gesamtfahrleistung haben, war im alten Recht durch eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen weitgehend geklärt. Hauptanliegen des vorliegenden Urteils ist zu klären, ob und inwieweit der frühere Rechtszustand in das modernisierte Kaufrecht mit seinen neuen Begrifflichkeiten zu übertragen ist. Wichtiger Nebenaspekt: Fahrzeugkauf per Internet. Einen Überblick über die aktuelle Rspr. zum Autokauf gibt der Schwerpunktbeitrag in VA 07, 27 ff.
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