03.05.2011 | Insolvenz
Auseinandersetzungsguthaben von Genossenschaftsanteilen
Kündigt der Insolvenzverwalter/Treuhänder die Mitgliedschaft des Schuldners in einer Wohnungsgenossenschaft, um damit das der Masse gebührende Auseinandersetzungsguthaben zu realisieren, hat der Schuldner keinen Anspruch auf Auskehrung des Teils des Guthabens, den er als Kaution für die von ihm bewohnte Wohnung benötigt (BGH 2.12.10, IX ZB 120/10, Abruf-Nr. 110032). |
Sachverhalt
Der Treuhänder (T.) über das Vermögen der Schuldnerin (S.) kündigte deren Genossenschaftsanteile bei der Wohnungsgenossenschaft (W.). Diese kündigte daraufhin die von der S. genutzte Wohnung und bot ihr an, einen Mietvertrag abzuschließen und die Wohnung gegen Leistung einer Mietkaution von 585 EUR zu behalten. Die Mietsicherheit finanzierte die S. durch ein Darlehen der A. D., die dafür monatlich 25 EUR von der der S. gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt einbehält. S. beantragt, ihr für einen Teilbetrag von 585 EUR des fälligen Auseinandersetzungsguthabens Vollstreckungsschutz gemäß § 765a ZPO zu bewilligen. Das AG - Insolvenzgericht - hat den Antrag abgelehnt. Auf die sofortige Beschwerde der S. hat das LG den Insolvenzbeschlag des Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens in Höhe eines Teilbetrags von 585 EUR aufgehoben und die Drittschuldnerin zur Auszahlung an die S. verpflichtet. Hiergegen richtet sich der Treuhänder mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Der BGH gab dieser statt.
Entscheidungsgründe
Allein die Notwendigkeit, zur Sicherung des Lebensunterhalts Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen, begründet keine sittenwidrige Härte. Die Anwendung des § 765a ZPO ermöglicht es nicht, der Masse kraft Gesetzes ausdrücklich zugewiesene Gegenstände wieder zu entziehen.
§ 765a ZPO ermöglicht den Schutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen, die wegen ganz besonderer Umstände eine Härte für den Schuldner bedeuten, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Die Vorschrift ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Anzuwenden ist sie nur, wenn im Einzelfall das Vorgehen des Gläubigers nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem untragbaren Ergebnis führen würde. Die Notwendigkeit, zur Sicherung des Lebensunterhalts Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen, begründet als solche keine sittenwidrige Härte. Auf Sozialhilfe besteht ein gesetzlicher Anspruch (vgl. § 17 Abs. 1 S. 1 SGB XII). Die Antragstellung ist daher für Schuldner keine besondere Zumutung; die Sozialhilfe ermöglicht dem Bezieher ein menschenwürdiges Dasein. Der Umstand, dass ein Schuldner infolge der Zwangsvollstreckung Sozialhilfe beantragen muss, reicht deshalb für die Anwendbarkeit des § 765a ZPO nicht aus.
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