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  • 01.06.2006 | Mietwagenkosten

    BGH: Wichtige Umsetzungshinweise für die Praxis

    Bei der Frage nach der Erforderlichkeit eines „Unfallersatztarifs“ ist der Tatrichter im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO nicht genötigt, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachzuvollziehen. Vielmehr kommt es darauf an, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif – u.U. auch durch einen pauschalen Aufschlag auf den „Normaltarif“ (vgl. Senatsurteil vom 25.10.05, VI ZR 9/05, VA 06, 19, Abruf-Nr. 053702 = VersR 06, 133) – rechtfertigen (BGH 14.2.06, VI ZR 126/05, Abruf-Nr. 060957).

     

    Sachverhalt

    Klagegegenstand sind restliche Mietwagenkosten nach einem Unfall des Klägers am 8.6.01. Er hatte für 14 Tage einen Ersatzwagen der Gruppe 03 zu einem „Unfallersatztarif“ angemietet. Von der Mietwagenrechnung über 4.049,57 DM zahlte die beklagte Versicherung nur 2.229,65 DM. Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung hat das LG – unter ausdrücklicher Distanzierung von der neueren BGH-Rspr. – dem Kläger 773,04 EUR zugesprochen. Mit der zugelassenen Revision fordert die Beklagte weiterhin (vollständige) Klageabweisung. Der BGH hat das Urteil aufgehoben und die Sache an das LG zurückverwiesen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das Urteil beruhe auf einem grundlegenden Missverständnis der von ihm für die Ersatzfähigkeit von „Unfallersatztarifen“ aufgestellten Regeln, so der VI. Senat. Grundsätzlich könne der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen. Wenn ein Ersatzfahrzeug zu einem „Unfallersatztarif“ angemietet werde, der gegenüber einem „Normaltarif“ teurer sei, verstoße der Geschädigte jedoch nicht allein damit gegen seine Pflicht, den Schaden gering zu halten, sofern die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen höheren Preis rechtfertigen. Bei der Prüfung sei es nicht nötig, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachzuvollziehen. Entscheidend sei, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif rechtfertigen. Insoweit trage der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast. Die notwendigen Informationen könne er sich bei seinem Vermieter beschaffen. In diesem Zusammenhang weist der BGH auf die – vom Kläger wahrgenommene – Möglichkeit einer Streitverkündung hin. Nicht gefolgt ist er dem LG auch insoweit, als dieses die Frage der Zugänglichkeit eines billigeren „Normaltarifs“ als Problem des § 254 BGB mit Darlegungs- und Beweislast des Schädigers gesehen hat. Richtigerweise gehe es um eine Voraussetzung des Ersatzanspruchs; Darlegungs- und Beweislast damit beim Geschädigten. Welche Kriterien für die Zugänglichkeit bedeutsam sind, wiederholt und präzisiert der BGH unter Hinweis auf ein früheres Urteil (VA 05, 116, Abruf-Nr. 051629 = VersR 05, 850). Unter den konkreten Umständen des Falles – Zwei-Wochen-Miete mit Kosten von rund 290 DM pro Tag – habe es für den Kläger nahe gelegen, sich nach billigeren Alternativen zu erkundigen.  

     

    Praxishinweis

    Die bereits in der Mai-Ausgabe angekündigte und jetzt nachgelieferte Entscheidung enthält wichtige Klarstellungen und Präzisierungen, vor allem an die Adresse „widerspenstiger“ Tatrichter. Der Appell des BGH, stärker vom Schätzungsermessen Gebrauch zu machen, trägt bereits erste Früchte (z.B. UE = NE 35 % hochgerechnet auf 100 Prozent oder das Dreifache der NE).