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  • 01.02.2007 | RVG

    BGH: 1,3-Geschäftsgebühr bei durchschnittlicher Unfallregulierung

    Es ist nicht unbillig, wenn ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall eine Geschäftsgebühr von 1,3 bestimmt (BGH 31.10.06, VI ZR 261/05, Abruf-Nr. 070013).

     

    Praxishinweis

    Der BGH hat klargestellt, dass bei „durchschnittlichen“ bzw. „normalen“ Verkehrsunfällen die Schwellengebühr von 1,3 eine Regelgebühr darstellt. Im entschiedenen Fall war allerdings die von der Versicherung gezahlte 1,0-Geschäftsgebühr revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Einmal mehr zeigt sich, dass eine sorgfältige Darlegung der konkreten Einzelfallumstände mit entsprechenden Beweisangeboten wichtig ist, worauf „Verkehrsrecht aktuell“ wiederholt hingewiesen hat (zuletzt in VA /07, 6, und 06, 189).  

     

    Checkliste für die Honorarabrechnung
    1. Bei einem durchschnittlichen/normalen Verkehrsunfall ist eine 1,3-Geschäftsgebühr gerechtfertigt.

     

    2. Welche Gebühr der RA für seine Tätigkeit verdient hat, bestimmt er bei Rahmengebühren nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Dazu gehören vor allem: der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers.

     

    3. Diese Umstände muss der RA vor Gericht konkret vortragen. Es reicht also z.B. nicht aus, pauschal zu behaupten, dass die Abwicklung von Verkehrsunfällen regelmäßig umfangreiche Vorarbeiten erfordert.

     

    4. Muss ein Dritter die Gebühr ersetzen, ist die vom Anwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 S. 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Bei seiner Ermessensausübung steht ihm allerdings ein Spielraum (sog. Toleranzgrenze) von 20 % zu.

     

    5. Bei unterdurchschnittlichen Fällen kann die Festsetzung einer 1,3-Geschäftsgebühr unbillig sein. Dazu ein Beispiel, das dem o.g. BGH-Urteil nachgebildet ist: Der VN der beklagten Haftpflichtversicherung hatte beim Rückwärtsfahren das Auto des Mandanten beschädigt. Die Versicherung bejahte in einem Schreiben an den Mandanten ihre Einrittspflicht „nach dem jetzigen Kenntnisstand“. Der RA des Geschädigten unternahm daher keine größeren Vorarbeiten und unterließ in seinem einseitigen Anspruchsschreiben nähere Ausführungen zur Unfallsituation und zur Rechtslage. Er wollte zunächst abwarten, ob die Versicherung entsprechend ihrer Ankündigung den geltend gemachten Schaden i.H. von ca. 1.100 EUR ersetzen würde. Dies geschah dann auch so bis auf eine Kürzung der Auslagenpauschale um 5 EUR. Im entschiedenen Fall lag daher – so der BGH – ein unterdurchschnittlicher Fall vor, da der Anwalt nicht konkret vorgetragen hatte, welche Vorarbeiten angefallen waren.

     

    6. Der BGH weist allerdings darauf hin, dass aus einer schnellen und problemlosen Schadensregulierung durch den Versicherer des Schädigers nicht stets der Rückschluss gezogen werden kann, dass die anwaltliche Tätigkeit unterdurchschnittlich gewesen ist. Dazu der BGH: „Eine derartige Regulierung kann vielmehr im Einzelfall auf einer vorherigen und womöglich umfangreichen Klärung der Sach- und Rechtslage durch den RA des Geschädigten beruhen. In solchen Fällen widerspräche es dem Sinn und Zweck des § 14 RVG, wenn der Haftpflichtversicherer es durch eine schnelle Regulierung in der Hand hätte, dem RA die Bestimmung einer angemessenen Vergütung für bereits erbrachte Tätigkeiten zu versagen.“
     

    Quelle: Ausgabe 02 / 2007 | Seite 21 | ID 90731