25.06.2008 | Strafaussetzung zur Bewährung
Merkmal der Verteidigung der Rechtsordnung
Ist ein Verkehrsunfall mit besonders schweren, insbesondere tödlichen Unfallfolgen auf einen besonders groben und rücksichtslosen Verkehrsverstoß zurückzuführen, kommt die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung nach § 56 Abs. 3 StGB insbesondere in Betracht, wenn der Verkehrsverstoß nicht auf einem einmaligen Fehlversagen, sondern auf einer verkehrsfeindlichen und aus eigennützigen Beweggründen geprägten Motivation beruht (OLG Karlsruhe 28.3.08, 1 Ss 127/07, Abruf-Nr. 081817). |
Sachverhalt
Der Angeklagte hatte einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem einer der Unfallbeteiligten getötet wurde. Das LG hat den Angeklagten im Berufungsverfahren zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die Revision des Angeklagten hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Nach § 56 Abs. 3 StGB wird bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet. Dies wird bei Verstößen im Straßenverkehr nicht nur bei Trunkenheitsdelikten angenommen, die zu besonders schweren, insbesondere tödlichen Unfallfolgen führen. Sie gilt auch für andere schwerste Verkehrsverstöße, wenn diese Zuwiderhandlungen mit erheblichen, insbesondere tödlichen Unfallfolgen einhergehen. Allerdings erfordert nicht jede Missachtung von Verkehrsvorschriften eine derart nachdrückliche Sanktion. Dies ist vielmehr nur der Fall, wenn die Tat neben den durch sie verursachten schwersten Folgen einen erheblichen Unrechtsgehalt aufweist und Ausdruck einer verbreiteten Einstellung ist, welche die Geltung des Rechts nicht mehr ernst nimmt. In Betracht kommt dies insbesondere bei besonders groben und rücksichtslosen Verstößen, wie diese etwa in § 315c StGB umschrieben sind. Aber auch Fälle der „verantwortungslosen Raserei“ können hierzu zählen. Hier ist darauf abgestellt worden, dass der Angeklagte nicht nur auf einer schmalen und kurvenreichen Landstraße zu schnell gefahren ist, sondern auch an der für ihn unübersichtlichen Linkskurve die rechte Fahrbahnseite nicht eingehalten hat und auf die linke Fahrspur gewechselt ist. Gerade dieses „Kurvenschneiden“ zeigt, dass der Angeklagte nicht nur die Fahrleistung seines neuen Fahrzeugs überschätzt, sondern sich ohne Bedenken über Verkehrsregeln und die Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer hinweggesetzt hat.
Praxishinweis
Das OLG setzt mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung aus DAR 03, 325 = NZV 04, 156 fort. Zur Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung in den Fällen, in denen Trunkenheit einen Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang verursacht: BGH NJW 90, 193; BayObLG NJW 03, 3498; OLG Hamm NZV 93, 317; DAR 90, 308; zur Verteidigung in diesen Fällen Freyschmidt, StRR 07, 46).
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