Ausländische Fahrerlaubnis | Hier hat sich die Rechtsprechung auf die mit dem sog. „Führerscheintourismus“ zusammenhängenden Fragen verlagert (dazu BayVGH VA 07, 145; OLG München VA 07, 69; OLG Nürnberg VA 07, 184; VG Stuttgart VA 07, 158). Inzwischen ist auch der EuGH erneut mit den Fragen befasst (aus früherer Zeit VA 04, 100; VA 06, 120). Dort ist ein Verfahren anhängig, in dem jetzt der Schlussantrag des Generalanwalts vorliegt. Dieser sieht den „Führerscheintourismus“ als rechtsmissbräuchlich an (VA 08, 65). | Beleidigung (§ 185 StGB) | Ist dem Angeklagten seine Vorstellung nicht zu widerlegen, er werde bei einem Vorbeifahren an der Radaranlage nicht gefilmt, scheidet nach Ansicht des AG Melsungen (NZV 07, 585) eine Beleidigung durch den ausgestreckten Mittelfinger gegen die Radaranlage aus (zur Beleidigung in diesen Fällen auch BayObLG VA 00, 51 = NJW, 00, 1584). | Blutentnahme | Das BVerfG (VA 07, 109 = NJW 07, 1345) geht davon aus, dass bei der Blutentnahme nach § 81a StPO der Richtervorbehalt zu beachten ist. Die Anordnung muss daher grundsätzlich vom Richter durchgeführt werden. Nur bei „Gefahr im Verzug“ ist die Anordnung durch die StA bzw. deren Ermittlungspersonen (Polizeibeamte) zulässig. Folge: Lag keine „Gefahr im Verzug“ vor, bejaht das OLG Stuttgart (VA 08, 29) ein Beweiserhebungsverbot, ein Beweisverwertungsverbot wird allerdings verneint. Es geht davon aus, dass auch eine mündliche Anordnung des Richters ausreicht und ein zur Verfügung stehender Zeitraum von 15 Minuten, innerhalb dessen der Richter zu erreichen ist, ausreicht, um „Gefahr im Verzug“ zu verneinen (enger LG Hamburg VA 08, 15, das bei einem bis zur Blutentnahme zur Verfügung stehenden Zeitraum von ca. 2 Stunden dennoch „Gefahr im Verzug“ angenommen hat). Das AG Essen (VA 08, 14) hat hingegen ein Beweisverwertungsverbot bejaht. Praxishinweis: Der Verteidiger muss ein ggf. bestehendes Beweisverwertungsverbot in der Hauptverhandlung mit einem Widerspruch geltend machen (dazu BGH NJW 92, 1463). | Drogenfahrt (§ 316 StGB) | Da es bislang an Erfahrungswissen fehlt, um die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit nach Konsum anderer Rauschmittel als Alkohol i.S. einer Festlegung „absoluter“ Wirkstoffgrenzen festzustellen, muss bei einer strafrechtlichen Ahndung des Fahrens unter Drogeneinfluss unter den Voraussetzungen der relativen Fahruntüchtigkeit im Einzelfall der Nachweis erbracht werden, dass im konkreten Fall aufgrund der Wirkung berauschender Mittel eine sichere Verkehrsteilnahme nicht möglich war (OLG Hamm VA 07, 183). | Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), Allgemeines | Durchbricht ein Amokfahrer aufgrund genetisch bedingter Störung eine Polizeisperre und tötet dabei einen Lkw-Fahrer, ist neben der Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik bei einem nicht vorbestraften Täter auch der Entzug der Fahrerlaubnis und eine Sperrfrist von 3 Jahren gerechtfertigt (LG Meiningen NZV 07, 97). Dagegen rechtfertigt allein das hohe Lebensalter eines Kraftfahrers (78 Jahre) – auch im Zusammenhang mit groben Fahrfehlern – noch nicht den Schluss auf körperliche Mängel, die dem sicheren Führen von Fahrzeugen entgegenstehen (OLG Celle VA 07, 202 = VRR 07, 473). | Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), Zeitablauf | Bei zahlreichen für den Angeklagten sprechenden Umständen (Einzelunternehmer, der sich keinen Fahrer leisten kann, verheiratet, Vater eines kleinen Kindes, wohnhaft in einem kleinen Dorf ohne vernünftige Verkehrsanbindung) ist, obwohl ein Regelfall des § 69 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 2 StGB vorliegt, die Indizwirkung einer etwa ein Jahr zurückliegenden Tat nicht mehr so stark, dass noch eine mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt werden kann. Es war aber nach § 44 Abs. 1 S. 2 StPO ein dreimonatiges Fahrverbot anzuordnen (LG Cottbus DAR 07, 716). | Fahren ohne Fahrerlaubnis, ausländische Fahrerlaubnis (§ 21 Teil) | Beim Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegenüber einem Kraftfahrzeugführer, der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis ist, unterscheidet das OLG Nürnberg deutlich zwischen dem Verkehrsverwaltungsrecht und dem Strafrecht. Bei einer inhaltlich genau bestimmten Untersagung der Nutzung der EU-Fahrerlaubnis kommt es auch im Strafverfahren nicht auf die Rechtmäßigkeit der Untersagung an. Entscheidend für die Frage, ob eine wirksame Fahrerlaubnis vorliegt, ist allein die ggf. gegebene Nichtigkeit und die sofortige Vollziehung des von der Verwaltungsbehörde erlassenen Verwaltungsaktes (OLG Nürnberg VA 07, 184 = NZV 07, 531). Die h.M. der OLG stellt darauf ab, ob von der Fahrerlaubnis, die während des Laufs der Sperrfrist in einem anderen EU-Land erworben wird, bereits vor oder erst nach Ablauf der in der Bundesrepublik verhängten Sperrfrist Gebrauch gemacht wird (OLG Bamberg DAR 07, 712; OLG Düsseldorf DAR 07, 399; OLG Jena DAR 07, 404; s. aber OLG Stuttgart DAR 07, 100; zum Verbotsirrtum in den Fällen des „Führerscheintourismus OLG Stuttgart NJW 08, 243). Nach Auffassung des LG Potsdam macht sich der Inhaber einer in einem anderen EU-Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis, dem im Inland die Erteilung einer Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörden unanfechtbar versagt worden ist, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG strafbar, wenn er die Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat nur erworben hat, um die inländischen Vorschriften über die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis bewusst zu umgehen (LG Potsdam zfs 07, 651). | Fremdschaden, bedeutender (§ 142 StGB) | Die Rechtsprechung, wonach die Grenze für den bedeutenden Fremdschaden bei mindestens 1.300 EUR zu ziehen ist, wird fortgesetzt (OLG Hamburg zfs 07, 409, LG Berlin NZV 07, 537). Teilweise wird die Grenze aber auch schon bei 1.500 EUR gezogen (LG Hamburg DAR 08, 219). | Führen eines Kraftfahrzeugs, Begriff | Der vergebliche Versuch, ein im Waldboden feststeckendes Fahrzeug frei zu bekommen, stellt kein Führen eines Kraftfahrzeugs i.S.d. § 316 StGB und § 24a StVG dar. Dies gilt selbst im Fall einer minimalen Fortbewegung, sofern das Fahrzeug im Ergebnis nicht von seinem Standort fortbewegt wird (OLG Brandenburg DAR 06, 219). | Führer eines Kraftfahrzeugs (§ 316a StGB) | Nach der neueren Rechtsprechung zu § 316a StGB ist Führer eines Kfz und damit taugliches Tatopfer i.S.d. § 316a StGB derjenige, der das Fahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung hält oder allgemein mit dem Betrieb des Fahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist (BGH VA 04, 48, Abruf-Nr. 040051). Die Anwendbarkeit des § 316a StGB erfordert aber nicht, dass das Tatopfer bereits bei Beginn des Angriffs Führer oder Mitfahrer des Kraftfahrzeugs war (VA 08, 67). | Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) | Lockert der Täter die Radmuttern am Pkw der Geschädigten in der Absicht, dass diese auf der Fahrt verunglückt, macht er sich mangels einer konkreten Gefährdung lediglich wegen des Versuchs eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr strafbar, wenn die Geschädigte alsbald nach Fahrtbeginn verdächtige Geräusche bemerkt und bereits nach 900 Metern anhält, ohne dass es bis dahin zu einer kritischen Situation gekommen ist (BGH VA 07, 127). Im fließenden Verkehr liegt ein Eingriff in den Straßenverkehr i.S.v. § 315b Abs. 1 StGB nur vor, wenn zu dem bewusst zweckwidrigen Einsatz des Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Einstellung hinzukommt, dass es mit (mindestens bedingtem) Schädigungsvorsatz – etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug – missbraucht wird (OLG Hamm 8.1.08, 3 Ss 528/07, Abruf-Nr. 080671). Der Straftatbestand nach § 315b Abs. 1 StGB setzt u.a. voraus, dass durch den tatbestandsmäßigen Eingriff Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden. Dass eine Sache von bedeutendem Wert nur in (wirtschaftlich) unbedeutendem Maße gefährdet wird, reicht nicht aus. Vielmehr muss der konkret drohende Schaden bedeutenden Umfang haben. Es muss eine zweifelsfrei die Wertgrenze überschreitende konkrete Gefährdung der an dem Unfall beteiligten Fremdfahrzeuge entstanden sein (BGH VRR 08, 41; zur Mindestgrenze von nicht unter 1.300 EUR Nachweise bei Burhoff in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 4. Aufl. 2008, Teil 6, Rn. 171). | Gefährliches Werkzeug, Kraftfahrzeug | Zwar ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, als ein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 224 Abs. 1 Teil 2 StGB („mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs“) anzusehen. Das fahrende Kfz muss die Körperverletzung jedoch durch eine Einwirkung auf den Körper des Opfers verursachen. Eine Verletzung, die durch einen Sturz aus dem Kfz infolge eines Auffahrens verursacht wird, genügt zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals also nicht (BGH VA 07, 114 = NZV 07, 481 m. Anm. Krüger; ähnlich OLG Jena NStZ-RR 08, 74). | Gefahr im Verzug | siehe „Blutentnahme“ | Nötigung im Straßenverkehr (§ 240 StGB) | Nach Auffassung des BVerfG ist die Rechtsprechung der Strafgerichte, wonach dichtes Auffahren im Straßenverkehr unter Einsatz von Signalhorn und Lichthupe „Gewalt“ i.S.d. Nötigungstatbestandes darstellen kann, mit dem Grundgesetz vereinbar. Diese Nötigungshandlung kann i.Ü. auch innerorts begangen werden (BVerfG VA 07, 113). Damit ist z.B. die Rechtsprechung des OLG Köln „abgesegnet“ (OLG Köln DAR 07, 39). Der „bloß“ rücksichtslose Überholer macht sich aber i.d.R. nicht nach § 240 StGB wegen Nötigung strafbar, denn die Einwirkung seines Fahrverhaltens auf andere Verkehrsteilnehmer ist im Zweifel nicht der Zweck, sondern nur die in Kauf genommene Folge seiner Fahrweise (OLG Düsseldorf VA 07, 222). | Sperrfrist, Allgemeines | Bei der Anordnung einer Sperrfrist gem. § 69 StGB ist das Verhalten des Angeklagten nach Begehung der Tat entscheidend zu berücksichtigen. Hat er sich intensiv mit seinem Verhalten und dem Umgang mit Alkohol auseinandergesetzt (z.B. mehrfache therapeutische Beratung), liegt bei ihm keine Alkoholerkrankung vor und lebt er seit Begehung der Tat abstinent, ist eine weitere Sperrfrist für noch 4 Monate ausreichend (LG Dresden zfs 07, 53; siehe „Entziehung der Fahrerlaubnis“ | Sperrfrist, Abkürzung (§ 69a StGB) | Das Gericht kann eine Sperre vorzeitig aufheben, wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist (§ 69a StGB). Die Abkürzung der Sperrfrist stellt allerdings einen Ausnahmefall dar. Sie bedarf in jedem Einzelfall einer genauen Prüfung der neu hervorgetretenen Tatsachen, die vorliegen müssen, damit überhaupt eine Abkürzung der Sperrfrist in Betracht kommen kann (OLG Hamm VA 07, 88 = NZV 07, 250). Der bloße Zeitablauf genügt nicht. Auch Nachteile, die nicht nur den Verurteilten, sondern auch dessen Familie hart treffen, reichen nicht aus (LG Koblenz NZV 08, 103). Als neue Tatsachen können keine nunmehr detailliert vorgebrachten privaten und beruflichen Belange gewertet werden, die bereits bei Erlass der Entscheidung vorhersehbar waren (LG Koblenz, a.a.O.) | Straßenverkehrs- gefährdung (§ 315c StGB) | Werden die Straftatbestände der Gefährdung des Straßenverkehrs und des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gleichzeitig verwirklicht, verdrängt § 315b Abs. 1 StGB grundsätzlich § 315c Abs. 1 StGB. Dies gilt aber nicht, wenn das Tatgeschehen eine natürliche Handlungseinheit darstellt und einzelne Teilakte nur den Tatbestand des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllen (BGH VA 07, 36 = NZV 07, 151). Straßenverkehrsgefährdung ist ein eigenhändiges Delikt. (Mit-)Täter kann nur derjenige sein, der die Tatbestandshandlung selbst verwirklicht. Billigt der Täter bei einer verabredeten Verfolgungsfahrt zwar die rücksichtslosen und einen Dritten gefährdenden Fahrmanöver des Vorausfahrenden, gefährdete aber durch sein eigenes Fahrverhalten den Dritten beim Überholen nicht, liegt kein mittäterschaftliches Handeln vor (BGH VA 07, 201). | Trunkenheitsfahrt, (§ 316 StGB), Allgemeines | Eine Fahrpause von 5 bis 10 Minuten unterbricht eine einheitliche Trunkenheitsfahrt nicht, wenn der Täter von Anfang an die Fahrt nach der Unterbrechung fortführen wollte. Dies gilt auch, wenn er sein Fahrzeug während der Fahrtunterbrechung verlässt (AG Lüdinghausen VA 07, 166). Die Anforderungen an die Aussagekraft der Beweisanzeichen, die die relative Fahruntüchtigkeit begründen sollen, sind umso höher, je weiter die BAK vom absoluten Grenzwert von 1,1 Promille entfernt ist. Insbesondere muss im Urteil auch dargelegt werden, weshalb ein Fahrfehler, der häufig auch nicht alkoholisierten Kraftfahrern unterläuft, auf die Alkoholisierung zurückzuführen ist (KG BA 08, 74) | Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB), Schuldfähigkeit | Bei einer BAK von über 2,0 Promille besteht auch bei einer Trunkenheitsfahrt Anlass zur Prüfung der Strafrahmenverschiebung wegen erheblich verminderter Schuldfähigkeit (OLG Brandenburg VA 08, 82; OLG Hamm BA 07, 40). | Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB), Strafzumessung | Im Verkehrszentralregister bereits getilgte oder tilgungsreife strafrechtliche Vorahndungen, die noch im Bundeszentralregister enthalten sind, dürfen im Rahmen einer Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr bei der Strafzumessung nicht zu Lasten des Angeklagten herangezogen werden (vgl. § 29 Abs. 8 S. 1 StVG; OLG München VA 08, 35 = VRR 08, 77). | Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB), Vorsatz | Ein vorsätzliches Vergehen nach § 316 StGB setzt voraus, dass der Fahrzeugführer seine rauschbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sie billigend in Kauf nimmt, gleichwohl aber am Straßenverkehr teilnimmt. Die Kenntnis der Fahruntüchtigkeit als innere Tatseite muss der Tatrichter auf der Grundlage des Ergebnisses der Hauptverhandlung unter Heranziehung und Würdigung aller Umstände feststellen (OLG Hamm VA 08, 82; ähnlich OLG Brandenburg VA 08, 82). Die hohe Blutalkoholkonzentration allein ist dabei nur ein Indiz (OLG Hamm, a.a.O.). | Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB), Tathandlungen | Nach dem BVerfG ist das unvorsätzliche Sich-Entfernen kein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort. Es verstößt vielmehr gegen Art. 103 Abs. 2 GG, wenn das unvorsätzliche unerlaubte Entfernen vom Unfallort im Rahmen der Prüfung des § 142 StGB mit berechtigtem oder entschuldigtem Sich-Entfernen i.S. von § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB gleichgesetzt wird (BVerfG VA 07, 107 = NJW 07, 1666). Dem hat sich das OLG Düsseldorf angeschlossen (VA 08, 64). Es stellt, wie vom BVerfG gefordert, jetzt auf eine mögliche Strafbarkeit nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB ab. Danach verwirklicht auch der Unfallbeteiligte, der den Unfall nicht bemerkt, deshalb seine Fahrt zunächst fortsetzt, aber noch innerhalb eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs vom Unfallgeschehen erfährt, den Tatbestand des § 142 StGB. Ein solcher räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht nicht mehr, wenn er nach dem Unfall innerorts fünf bis zehn Minuten weitergefahren ist und ca. drei Kilometer zurückgelegt hat, ehe er vom Unfallgeschehen Kenntnis erlangt (OLG Düsseldorf a.a.O.). | Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB), Begriff des Unfalls | Schäden, die ganz unbedeutend sind, unterfallen nach dem Schutzzweck des § 142 Abs. 1 StGB, der den zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch des Geschädigten sichern soll, nicht dem Begriff des “Unfalls”. Diese Bagatellgrenze ist derzeit bei 50 EUR anzusiedeln (OLG Nürnberg VA 07, 108). Das Vorbeischieben von auf Rollen beweglichen Mülltonnen an parkenden Fahrzeugen im öffentlichen Straßenraum, damit sie später zum Müllfahrzeug gebracht werden können, steht nach Auffassung des LG Berlin nach der natürlichen Verkehrsauffassung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verkehrsgeschehen und findet somit “im Straßenverkehr” i.S.v. § 142 Abs 1 StGB statt. Es handelt sich also um einen „Unfall“, wenn es dabei zur Beschädigung eines Pkw kommt (LG Berlin NZV 07, 322). | Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB), Vorsatz | Beim subjektiven Tatbestand reicht es aus, wenn das Gericht in der Beweiswürdigung bei Annahme des zumindest bedingten Vorsatzes feststellt, dem Angeklagten sei bekannt gewesen, dass der entstandene Fahrzeugschaden erhebliche Beseitigungskosten verursachen könnte (OLG Nürnberg VA 07, 108). Auch muss den tatrichterlichen Feststellungen zu entnehmen sein, weshalb nach dem Vorstellungsbild des Täters ein Unfall mit einem nicht ganz unerheblichen Schaden stattgefunden hat, für den er jedenfalls mitursächlich war (OLG Schleswig VRR 08, 150). | Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO), Allgemeines | Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis acht Monate nach der Tat kommt nicht in Betracht, wenn der Angeklagte bislang unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen hat und auch bis zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr nachteilig aufgefallen ist. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist dann unverhältnismäßig (LG Saarbrücken zfs 07, 470; dazu OLG Hamm VA 02, 20). A.A. ist das OLG Koblenz (NZV 08, 47). Danach können dringende Gründe i.S.d. § 111a StPO auch noch nach Zeitablauf von etwa einem Jahr nach Begehung der Tat vorliegen. Der bloße bisherige Zeitablauf rechtfertigt nicht zwangsläufig die Annahme, der durch die Tatbegehung indizierte Eignungsmangel sei in dem Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung entfallen. Hat das AG beim Erlass des Strafbefehls die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht für geboten erachtet, ist nach dem Einspruch des Angeklagten eine vorläufige Entziehung ohne neue Tatsachen und Beweismittel unzulässig. Sie verstößt gegen das Willkürverbot (LG Berlin zfs 07, 228). | Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, Aufhebung | Ermittlungs- und Strafverfahren, in denen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet wurde, sind wegen des damit verbundenen Eingriffs in den grundrechtlich geschützten Bereich des Angeklagten mit besonderer Beschleunigung zu führen. Eine vollständige Übertragung der für den Vollzug der Untersuchungshaft geltenden gesetzlichen Bestimmungen und der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze wird allerdings abgelehnt. Nach Auffassung des OLG Hamm kommt die Unzulässigkeit der Aufrechterhaltung einer einstweiligen Entziehung der Fahrerlaubnis nur bei groben Pflichtverletzungen und erheblichen, von der Justiz zu vertretenden Verfahrensverzögerungen in Betracht (OLG Hamm NZV 07, 639; zur Problematik BVerfG NJW 77, 1489; OLG Hamm NZV 02, 380; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 111a Rn. 1). Diese hat das OLG Hamm (NZV 07, 639) bei einem Zeitraum von fast einem Jahr bis zur Berufungshauptverhandlung verneint. | Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis | Ein Fahrlehrer, der mit einem potenziellen Fahrschüler eine Probefahrt durchführt, um sich von diesem einen Eindruck zu verschaffen und im Anschluss ein konkretes Kostenangebot macht, macht sich nicht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar (OLG Hamm VRR 08, 473). | |