24.11.2009 | Terminsverlegung
Erkrankung des Verteidigers nach Entbindung des Betroffenen von der Anwesenheitspflicht
Die Fürsorgepflicht des Gerichts gebietet grds. nur unter besonderen Umständen eine Vertagung der Hauptverhandlung wegen Verhinderung des Verteidigers. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Die Terminsverlegung darf nach einem rechtzeitig eingegangenen Verlegungsantrag aber nicht abgelehnt werden, wenn der Angeklagte auf Antrag seines Anwalts vom persönlichen Erscheinen entbunden worden war und darauf vertrauen konnte, in der Hauptverhandlung von diesem vertreten zu werden, der Anwalt an der Hauptverhandlung aber wegen einer Erkrankung nicht teilnehmen kann. Der Verteidiger ist im Übrigen nicht verpflichtet, die Erkrankung über die anwaltliche Versicherung hinaus glaubhaft zu machen (OLG Koblenz 10.9.09, 2 Ss Rs 54/09, Abruf-Nr. 093686). |
Praxishinweis
Es ist schon erstaunlich. Der Betroffene wird auf seinen Antrag von der Anwesenheitspflicht entbunden (§ 73 Abs. 2 OWiG). Der Verteidiger, der für ihn zur Hauptverhandlung kommen soll, erkrankt und teilt das dem Gericht rechtzeitig mit und beantragt Terminsverlegung. Der Antrag wird abgelehnt, u.a. mit dem Hinweis auf das Beschleunigungsgebot und den einfach gelagerten Sachverhalt, und der Betroffene wird verurteilt. Da fragt man sich schon, welche Vorstellung das AG vom Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör hat. Genau das ist aber auch der Ansatz für das Rechtsmittel, wenn es sich um eine „Zulassungssache“ (§ 80 Abs. 2 Nr 1 OWiG) handelt. Es muss die Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht werden, was zu einer „Erweiterung“ des Rechtsmittels führen kann. Dabei handelt es sich aber um eine Verfahrensrüge, für die die strengen Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO gelten. Darauf muss der Verteidiger achten.