24.11.2009 | Trunkenheit im Verkehr
Fahrradverbot nach Alkoholmissbrauch
Es ist unverhältnismäßig, einem Fahrradfahrer, der nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge ist, die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens aufzugeben, nachdem er erstmals mit dem Fahrrad unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr aufgefallen ist (OVG Koblenz 25.9.09, 10 B 10930/09.OVG, Abruf-Nr. 093523). |
Sachverhalt
Der Antragsteller, der nicht im Besitz einer Kfz-Fahrerlaubnis ist, fiel einer nächtlichen Polizeistreife auf, weil er mit einem Fahrrad auf einem Radweg „Schlangenlinien“ fuhr. Die Blutprobe ergab eine BAK von 2,33 ‰. Nach der Verurteilung durch das AG forderte ihn die Verkehrsbehörde auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen. Nachdem der Antragsteller sich - auch aus Kostengründen - geweigert hatte, verbot ihm die Behörde mit sofortiger Wirkung das Führen von Fahrrädern. Seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das VG abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte beim OVG Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Verkehrsbehörde hat den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend beachtet. Zwar kann eine Fahrt mit dem Fahrrad bei einer Blutalkoholkonzentration von 2,33 Promille Zweifel an der Eignung zum Fahrradfahren begründen. Jedoch sind die Besonderheiten erlaubnisfreier Fahrzeuge zu berücksichtigen. Ihre Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr fällt in den Kernbereich der grundrechtlich gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit. Deshalb können alle Personen, z.B. auch kleine Kinder, voraussetzungslos mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen. Außerdem wird die Sicherheit des Straßenverkehrs und anderer Verkehrsteilnehmer durch Fahrräder erheblich weniger beeinträchtigt als durch Kraftfahrzeuge. Die Verursachung schwerer Verkehrsunfälle durch betrunkene Fahrradfahrer ist die Ausnahme. Dementsprechend kann ein Fahrradfahrverbot nur angeordnet werden, wenn die Gefährdung des öffentlichen Straßenverkehrs durch den alkoholisierten Radfahrer aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit den Risiken des Kraftfahrzeugverkehrs vergleichbar ist.
Praxishinweis
Das OVG hat bei der somit erforderlichen Abwägung der Gesamtumstände darauf abgestellt, dass der Antragsteller erstmals auffällig geworden war. Er hatte zudem den Fahrradweg benutzt und andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet. Anhaltspunkte dafür, dass er auch in Zukunft betrunken Fahrrad fahren und deshalb eine ständige Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen werde, lagen nach Auffassung des OVG nicht vor. Aber: Vorsicht! Die Entscheidung kann ggf. schnell auch anders ausfallen. Allerdings stellt sich die Frage: Wie will die Behörde eigentlich die Einhaltung des ausgesprochenen Verbots überwachen? Und: Was geschieht, wenn der Antragsteller dann dagegen verstößt? Ich sehe keine Norm, wonach das strafbar wäre.
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