24.01.2008 | Unfallschadensregulierung
BGH zur Sechsmonats-Frage in 130 %-Fällen
Der Geschädigte kann zum Ausgleich eines Fahrzeugschadens, der den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30 % übersteigt, Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert minus Restwert) auch bei vollständiger und fachgerechter Reparatur im Regelfall nur verlangen, wenn er das Fahrzeug nach dem Unfall sechs Monate weiter nutzt, Anschluss an das Urteil vom 13.11.07, VI ZR 89/07, VA 08, 20, Abruf-Nr. 073907 (BGH 27.11.07. VI ZR 56/07, Abruf-Nr. 080030). |
Sachverhalt
Nach einem Unfall am 30.3.05 hat ein Sachverständiger im Auftrag des Klägers den Schaden wie folgt geschätzt: Reparaturkosten brutto 9.619,79 EUR, Wiederbeschaffungswert 8.200 EUR, Restwert 4.880 EUR. Der Kläger hat sein Auto in Eigenregie instandgesetzt, angeblich fachgerecht und in der Absicht, es anschließend dauerhaft weiter zu nutzen. Tatsächlich hat er es Anfang Juni 2005 (vor Ablauf von sechs Monaten!) für 8.500 EUR an ein Ehepaar verkauft, das sich bereits Mitte April zu dem Ankauf entschlossen hatte. Die Abrechnung des Versicherers auf Totalschadensbasis hat das LG Mannheim anerkannt. Die Berufung des Klägers hat das OLG Karlsruhe (VA 07, 212, Abruf-Nr. 073448) zurückgewiesen. Die zugelassene Revision blieb ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der BGH stimmt der Auffassung des OLG Karlsruhe zur grundsätzlichen Geltung der Sechs-Monatsfrist auch in Fällen der vorliegenden Art ausdrücklich zu. Sein für den Zuschlag von bis zu 30 % ausschlaggebendes Integritätsinteresse bringe der Geschädigte im Regelfall dadurch hinreichend zum Ausdruck, dass er das Fahrzeug nach der Reparatur für einen längeren Zeitraum nutze. Die Frage, wie lange er sein Fahrzeug weiter nutzen müsse, sei bei einem Fahrzeugschaden bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als für die durch BGHZ 168, 43, bereits entschiedene Konstellation (Fahrzeugschaden unterhalb des Wiederbeschaffungswertes und fiktive Abrechnung). So oder so sei in der Regel eine sechsmonatige Weiternutzung als Ausdruck des Integritätsinteresse zu verlangen. Anders lägen die Dinge, wenn der Geschädigte bei Reparaturkosten, die den Wiederbeschaffungswert nicht überstiegen, seine tatsächlichen Instandsetzungskosten konkret abrechne (wie im Fall BGH VA 07, 58, Abruf-Nr. 070295).
Die Verweisung des Klägers auf den Wiederbeschaffungsaufwand infolge „vorzeitiger“ Veräußerung sichert der BGH sodann mit weiteren Argumenten ab. Abschließend spricht er als Alternative zu einem Verkauf innerhalb der Sechs-Monatsfrist einen „unfreiwilligen“ Verlust des Fahrzeugs an. Eine solche Fallgestaltung (die nicht konkretisiert wird!) könnte eine Sondersituation darstellen, die eine Abweichung von der Sechsmonats-Regel rechtfertigen könne.
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