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  • 22.12.2010 | Unfallschadensregulierung

    Ersatzbeschaffung: Dauerstreitpunkt Ausfallzeit

    Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden an einem älteren Gebrauchtwagen ist die Nutzungsausfallentschädigung auf den Zeitraum der Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs beschränkt. Eine um neun Tage längere Ausfallzeit infolge des Erwerbs eines Neufahrzeugs mit Abwrackprämie hat der Geschädigte entschädigungslos hinzunehmen (LG Frankfurt/Oder 29.7.10, 15 S 49/10, Abruf-Nr. 104098).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Für den Schaden am neun Jahre alten Pkw der Kl. war die Bekl. unstr. ersatzpflichtig. Streit herrschte nur bei der Höhe der Nutzungsausfallentschädigung. Der bekl. VR regulierte 14 Tage (Wiederbeschaffungszeit lt. Gutachten: 9 Werktage), während die Kl. den Zeitraum bis zur - abwrackprämienbegünstigten - Anschaffung eines Neufahrzeugs entschädigt haben möchte (weitere 9 Tage). Das AG gab ihrer Klage statt, das LG wies sie ab.  

     

    Ausgangspunkt ist die auf BGH NJW 08, 915 gestützte Ansicht, dass der Geschädigte Ersatz für Nutzungsausfall grundsätzlich nur für denjenigen Zeitraum beanspruchen kann, der zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustands erforderlich ist. Das sei hier der Zeitraum für die Beschaffung eines gleichwertigen Gebrauchtfahrzeugs. Auf den Erwerb des Neufahrzeugs mit längerer Wartezeit könne nicht abgestellt werden. Unberücksichtigt müsse der Wunsch der Kl. bleiben, stets ein Fahrzeug aus erster Hand zu fahren. Auch unter dem Gesichtspunkt der Anschaffungsdauer müsse sie sich mit einem (gebrauchten) Fahrzeug begnügen, das am ehesten als gleichwertiger Ersatz angesehen werden kann. Sodann geht die Kammer auf den Einwand der Kl. ein, ihr Anwalt habe die Bekl. auf die Anschaffung eines Neufahrzeugs ausdrücklich hingewiesen. Aus dem Schweigen der Bekl. könne keine Zustimmung abgeleitet werden.  

     

    Praxishinweis

    Wichtig für das Verständnis der rkr. Entscheidung ist zunächst: Die Kl. hat den Neuen nicht wie im Fall BGH NJW 08, 815/NJW 09, 1163 vor, sondern erst nach dem Unfall gekauft. Ob die Absicht schon vorher bestanden hat, immerhin war der Wagen abwrackprämientauglich, erfährt man nicht. Jedenfalls hat die Kl. den Neuen mit staatlicher Förderung erworben, was ihr nach zutreffender Ansicht des LG unter keinem Blickwinkel als Vorteil angerechnet werden kann (für Restwertneutralität auch LG Chemnitz 17.9.10, 6 S 472/09, Abruf-Nr. 104099, - Einsender: RA F. Schubert/Chemnitz; a.A. AG Nürtingen Abruf-Nr. 100891). Geht die mit neun Tagen relativ kurze Verlängerung der Wartezeit aber zu Lasten der Bekl.? Das AG sieht im Verhalten der Kl. keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht. Argument: Auf dem Gebrauchtwagenmarkt sei kein Fahrzeug erhältlich gewesen, das den individuellen Wünschen entsprochen habe. Auch das LG konzediert der Kl. als Erstbesitzerin eines älteren Gebrauchten ein Beschaffungsproblem, löst es jedoch auf ihrem Rücken. Das mag man für richtig halten, gleichwohl bleiben einige Fragen offen, grundsätzliche wie einzelfallbezogene.