24.05.2011 | Unfallschadensregulierung
Nutzungsausfallentschädigung aktuell
von VRiOLG a.D. Dr. Christoph Eggert, Leverkusen
Nicht nur die Mietwagenkosten stehen unter steigendem Druck der Versicherer. Auch gegen den kleinen Bruder, die „abstrakte“ Nutzungsausfallentschädigung, wird aus allen Rohren gefeuert - mit beachtlichen Wirkungstreffern. Die Gerichte haben die Anforderungen in mancherlei Hinsicht verschärft. Wir bringen Sie auf den neuesten Stand (vgl. VA 07, 196).
I. Einwand „Kein Nutzungswille“ |
1. Ausgangspunkt: Als Anspruchsvoraussetzung ist der Nutzungswille vom Anspruchsteller darzulegen und notfalls zu beweisen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit genügt (§ 287 ZPO).
2. Einwand der Versicherung: Anlass für den Einwand „kein Nutzungswille“ sind vor allem Fälle, in denen der Anspruchsteller sein Fahrzeug nicht oder nicht zeitnah zum Unfall hat reparieren lassen und auch kein Ersatzauto angeschafft hat. Aus derartigen Situationen schließt man auf einen Mobilitätsverzicht. Unterfüttert wird der Einwand mit zahlreichen Urteilen (z.B. OLG Köln DAR 05, 32; AG Bergheim SP 10, 155), die jedoch nicht die Mehrheitsmeinung spiegeln.
3. Aktuelle Rechtsprechung: Nach st. Rspr. des OLG Düsseldorf spricht bei einer Privatperson eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie ihr unbegrenzt (kein Saisonkz.) zum Straßenverkehr zugelassenes Kfz ständig nutzen will (6.10.09, I-1 U 192/08, Abruf-Nr. 093506). Diese wird nicht schon dadurch erschüttert oder gar widerlegt, dass zwischen Unfall und Reparatur bzw. Ersatzanschaffung ein längerer Zeitraum liegt. Erst recht ist es verfehlt, aus einer längeren „Wartezeit“ eine Vermutung für das Fehlen eines Nutzungswillens abzuleiten (so aber AG Bergheim SP 10, 155). In der Willensfrage wie OLG Düsseldorf: AG Neu-Ulm 28.6.10, 4 C 79/10, Abruf-Nr. 111623; AG Dachau SP 10, 17; LG Braunschweig NZV 06, 41; LG Karlsruhe SVR 06, 225.
Ist ein beschädigter Pkw nur saisonal zum Straßenverkehr zugelassen (Saisonkz.) und fällt die Reparatur teilweise in einen Zeitraum nach Ablauf der saisonalen Zulassung, fehlt es in dieser Zeit an dem erforderlichen Nutzungswillen (OLG Stuttgart 21.4.10, 3 U 218/09, Abruf-Nr. 102571).
Praxishinweis: Vorsorglich ist ausdrücklich vorzutragen, dass das Fahrzeug ohne den Unfall weitergenutzt worden wäre. Die innere Tatsache des Nutzungswillens kann mit Nutzungsgewohnheiten aus der Zeit vor dem Unfall beweiskräftig belegt werden. Die Gründe der nachkollisionären Nicht-Nutzung sind zu erläutern. |
II. Einwand „Keine Nutzungsmöglichkeit“ |
1. Ausgangspunkt: Ein Nutzungsschaden ist nicht gegeben, wenn wegen Erkrankung, Ortsabwesenheit oder infolge einer sonstigen Verhinderung der allein für die Benutzung in Frage kommenden Person der Gebrauch des Fahrzeugs ohnehin nicht möglich war (BGH VA 08, 145).
2. Einwand der Versicherung: Erfahrungsgemäß kommt der Einwand „keine Nutzungsmöglichkeit“, wenn der Anspruchsteller durch den Unfall oder anderweitig so schwer verletzt ist, dass er kein Auto fahren kann. Geltend gemacht wird er auch bei Nutzungshindernissen wie Entzug des Führerscheins (z.B. Unfall mit Alkohol), Erlöschen der Betriebserlaubnis oder Stilllegung des Kfz.
3. Aktuelle Rechtsprechung:
4. Auffangposition: Trotz persönlicher Fahruntauglichkeit kann ein Ersatzanspruch bestehen, wenn der Geschädigte das Fahrzeug aufgrund einer vor dem Unfall getroffenen Abrede (auch stillschw.) einem Dritten - Angehörigen, Verlobten, Lebensgefährten - unentgeltlich zur Nutzung überlassen hatte und dieser es in der Zeit nach dem Unfall tatsächlich genutzt hätte (OLG Düsseldorf 15.10.07, I-1 U 52/07, Abruf-Nr. 073123; KG DAR 06, 151). |
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