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  • 01.11.2007 | Unfallschadensregulierung

    Nutzungsausfallentschädigung neuester Stand

    von VRiOLG Dr. Christoph Eggert, Düsseldorf

    Nicht nur bei den Mietwagenkosten, auch beim „kleinen Bruder“, der abstrakten Nutzungsausfallentschädigung, setzen die KH-Versicherer rigoroser denn je den Rotstift an. Ansätze für Kürzungen gibt es zuhauf. Was nach der aktuellen Rechtsprechung geht und was nicht, zeigen Ihnen die folgenden Checklisten.  

     

    I. Einwand „kein Nutzungswille“
    1. Rechtliche Ausgangslage: Der BGH macht die Ersatzforderung u.a. von einem Nutzungswillen abhängig (NJW 66, 1260). Als Anspruchsvoraussetzung ist er vom Anspruchsteller darzulegen und notfalls zu beweisen. Es genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO).

     

    2. Einwand der Versicherung: Anlass für den Einwand „kein Nutzungswille“ sind vor allem Fälle, in denen der Anspruchsteller sein Fahrzeug nicht sogleich hat reparieren lassen und auch kein Ersatzauto angeschafft hat. Beispiel aus einem Versicherungsschreiben: „...stellen wir anheim, den Nachweis der Ersatzbeschaffung zu führen, um den erforderlichen Nutzungswillen zu dokumentieren“. Aus autolosen Zeiten leitet man – unter Hinweis auf Judikatur (z.B. OLG Köln DAR 05, 32; AG Hildesheim SP 06, 392; AG Potsdam SP 06, 67) – einen Verzicht auf Automobilität her und leugnet damit einen Nutzungswillen.

     

    3. Rechtsprechung aktuell: Nach st. Rspr. des OLG Düsseldorf spricht auch bei einer Privatperson eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie ihr (unbegrenzt) zum Straßenverkehr zugelassenes Kfz ständig nutzen will (zuletzt Urt. v. 20.8.07, I-1 U 258/06, Abruf-Nr. 073122). Diese Vermutung wird nicht schon dadurch widerlegt, dass zwischen Unfall und Reparatur bzw. Ersatzanschaffung ein ungewöhnlich langer Zeitraum liegt; auch nicht dadurch, dass nur ein Teil der Ausfallzeit durch Anmietung eines Ersatzwagens überbrückt wird. Für die Restzeit kann der Geschädigte – neben Mietwagenkostenersatz (!) – eine Entschädigung laut Tabelle beanspruchen (OLG Düsseldorf VA 07, 22, Abruf-Nr. 070172). In der „Willensfrage“ gleichfalls geschädigtengünstig LG Braunschweig NZV 06, 41 (Ersatzwagen erst nach 5 Monaten); LG Karlsruhe SVR 06, 225; LG Verden NZV 02, 330.
     

     

    II. Einwand „keine Nutzungsmöglichkeit“
    1. Rechtliche Ausgangslage: Eine hypothetische Nutzungsmöglichkeit ist gleichfalls Anspruchsvoraussetzung (st. Rspr., z.B. BGH NJW 66, 1260).

     

    2. Einwand der Versicherung: Erfahrungsgemäß kommt der Einwand „keine Nutzungsmöglichkeit“, wenn der Anspruchsteller durch den Unfall oder anderweitig so schwer verletzt ist, dass er kein Auto fahren kann. Geltend gemacht wird er auch bei Nutzungshindernissen wie Entzug des Führerscheins (z.B. Unfall mit Alkohol), Erlöschen der Betriebserlaubnis oder Stilllegung des Fahrzeugs.

     

    3. Rechtsprechung aktuell: Nutzungsmöglichkeit bejaht: trotz Brustbeinprellung und mehrwöchiger Arbeitsunfähigkeit (OLG Düsseldorf 1.3.04, 1 U 120/03, Abruf-Nr. 040654); trotz Schädelprellung, Prellungen re. Kniegelenk und Unterschenkel, HWS-Verletzung (OLG Düsseldorf 17.12.01, 1 U 41/01, Abruf-Nr. 040655).
    Nutzungsmöglichkeit verneint: bei sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit nach Unfallschock mit posttraumatischer Belastungsstörung (OLG Düsseldorf 24.2.03, 1 U 141/02, Abruf-Nr. 040656); bei nach eigener Angabe zweiwöchiger Bettlägerigkeit nach HWS-Distorsion (KG DAR 06, 151); bei HWS-Verletzung mit Krankschreibung (OLG Brandenburg 28.9.06, 12 U 8/06, Abruf-Nr. 063036).

     

    4. Auffangposition: Trotz persönlicher Fahruntauglichkeit kann ein Entschädigungsanspruch bestehen, wenn der Geschädigte das Fahrzeug aufgrund einer vor dem Unfall getroffenen Vereinbarung einem Dritten (Angehörigen/Verlobten/Lebensgefährten) unentgeltlich zur Nutzung überlassen hatte und der Dritte es in der Zeit nach dem Unfall tatsächlich genutzt hätte (OLG Düsseldorf 15.10.07, I-1 U 52/07, Abruf-Nr. 073123; KG DAR 06, 151).