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  • 01.12.2007 | Unfallschadensregulierung

    Sechsmonatsfrist auch im 130-Prozent-Fall

    Liegt der Reparaturaufwand über dem Wiederbeschaffungswert, aber noch innerhalb der 130-Prozent-Grenze, so kann ein Geschädigter nach einer Eigenreparatur auf der Basis fiktiver Reparaturkosten nur dann abrechnen, wenn er sein fachgerecht und vollständig repariertes Fahrzeug mindestens sechs Monate lang weiterbenutzt (OLG Karlsruhe 19.1.07, 10 U 149/06, Abruf-Nr. 073448, Leitsatz der Redaktion).

     

    Sachverhalt

    Nach einem Unfall am 30.3.05 hat ein Sachverständiger im Auftrag des Klägers den Schaden wie folgt geschätzt: Reparaturkosten brutto 9.619,79 EUR, Wiederbeschaffungswert 8.200 EUR, Restwert 4.880 EUR. Der Kläger hat sein Fahrzeug in Eigenregie instandgesetzt, angeblich fachgerecht und mit der festen Absicht, es anschließend dauerhaft weiter zu nutzen. Tatsächlich hat er es bereits Anfang Juni 2005, vor Ablauf von sechs Monaten, für 8.500 EUR verkauft. Die Abrechnung des Versicherers auf Totalschadensbasis hat das LG Mannheim anerkannt. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG hat dahinstehen lassen, ob die Reparatur fachgerecht ist. Die Abrechnung nach den fiktiven Reparaturkosten scheitere jedenfalls daran, dass „das nachgewiesene fortbestehende Integritätsinteresse“ nicht gegeben sei. Durch die Veräußerung vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Unfall habe der Kläger sein Integritätsinteresse aufgegeben. Insoweit müsste jedenfalls bei einer Eigenreparatur der gleiche Maßstab gelten wie vom BGH in seiner Sechsmonats-Entscheidung vom 23.5.06 (NJW 06, 2179) für einen „Unter-Hundert-Fall“ mit fiktiver Abrechnung formuliert.  

     

    Praxishinweis

    Da die zugelassene Revision eingelegt worden ist (Az. VI ZR 56/07), wird hoffentlich bald geklärt sein, welche Rolle die Sechsmonatsfrist in denjenigen Fällen spielt, in denen der Reparaturaufwand nicht – wie im BGH-Fall VA 06, 129, Abruf-Nr. 061832 = NJW 06, 2179 – unter, sondern über dem Wiederbeschaffungswert liegt. In der Judikatur der Instanzgerichte ist diese Frage stark umstritten (vgl. VA 07, 176). Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der – auch in einem „Unter-Hundert-Fall“ – ergangenen BGH-Entscheidung vom 5.12.06 (VA 07, 58, Abruf-Nr. 070295 = NJW 07, 588) geht die deutlich überwiegende Ansicht dahin, in einem 130-Prozent-Fall auf das Erfordernis einer sechsmonatigen Weiternutzung jedenfalls dann zu verzichten, wenn der Geschädigte seine tatsächlich angefallenen Reparaturkosten konkret (auf Rechnungsbasis) abrechnet (z.B. LG Nürnberg-Fürth 8.5.07, 8 O 861/07, Abruf-Nr. 072377, unter Hinweis auf eine entsprechende Äußerung der BGH-Richterin A. Diederichsen auf einer Veranstaltung der Arge Verkehrsrecht). Nach Ansicht des OLG Nürnberg (7.8.07, 2 W 1109/07, Abruf-Nr. 072938) hängt die Fälligkeit des Anspruchs auf Reparaturkostenersatz nicht vom Ablauf der Sechsmonatsfrist ab (im konkreten Fall war der Kläger ltänger als sechs Monate gefahren, es ging, wie vielfach in Kostenbeschwerden nach § 93 ZPO, vor allem um die vorherige Fälligkeit der Forderung). Schlechter stehen die Chancen von Geschädigten, die nach einer Vollreparatur auf Gutachtenbasis abrechnen (Eigenreparatur oder Mischung aus eigen und fremd). Handelt es sich trotz tatsächlich durchgeführter Reparatur um eine „fiktive Schadensabrechnung“? Der BGH scheint das zu bejahen, wie seinem Hinweis auf BGHZ 154, 395 (Eigenreparatur) zu entnehmen ist (VA 07, 58, Abruf-Nr. 070295 = NJW 07, 588). Fazit: Angesichts der allgemeinen Verunsicherung ist es der sicherste Weg, zumindest bei einer Abrechnung ohne Werkstattrechnung die Sechsmonatsfrist einzuhalten (s. auch VA 07, 8 ff.).