25.01.2011 | Unfallschadensregulierung
Unfallhilfe mit tragischen Folgen
1. Ergreift ein Unfallhelfer nach einem Unfall, bei dem das Ausmaß der Gefährdung und der Hilfsbedürftigkeit der beteiligten Verkehrsteilnehmer nicht sogleich zutreffend erkannt werden kann, nicht die aus nachträglicher Sicht vernünftigste Maßnahme, folgt hieraus noch nicht ein Mitverschuldenvorwurf. |
2. Bei gelegentlichen Hilfeleistungen von sonst an dem Betriebe des Kfz unbeteiligten Personen scheidet ein Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 2 StVG regelmäßig aus. |
(BGH 5.10.10, VI ZR 286/09, Abruf-Nr. 110117). |
Sachverhalt, Entscheidungsgründe und Praxishinweis
Der Kl., ein Arzt, verlangt vollen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, bei dem er als Unfallhelfer schwer verletzt wurde. Er hatte mit seinem Pkw vor einem unfallbedingt liegen gebliebenen Pkw (Bekl. 3 bis 5) auf dem Seitenstreifen angehalten. Als er das Warndreieck aus dem Kofferraum des fremden Fahrzeugs holen wollte, näherte sich der Pkw des Bekl. zu 1). Er geriet ebenfalls ins Schleudern und erfasste den Kl. Die Hauptthemen des zunächst gegen fünf Bekl. geführten Prozesses sind:
- Realisierung und Zurechnung der Betriebsgefahr des erstverunglückten Pkw (bejaht),
- Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 2 StVG (verneint),
- Mitverschulden des Kl. wegen fahrlässiger Selbstgefährdung (verneint), Zurechnungszusammenhang zwischen dem (verschuldeten) Erstunfall und den Unfallverletzungen (bejaht) und
- die Haftungsverteilung auf die mehreren Gesamtschuldner (alle fünf Bekl. als Gesamtschuldner in vollem Umfang).
Die lesenswerte BGH-Entscheidung macht abermals deutlich, wie problematisch es sein kann, bei einer Mehrheit von Schädigern alle (Neben-)Täter samt Halter und Versicherer zu verklagen. Besonders kompliziert wird es, wenn den Kl. eine Mithaftung trifft, was der BGH mit feinem Gespür für das sensible Thema „Unfallhilfe“ verneint hat.
Weiterführender Hinweis
- Pflichtlektüre zum Gesamtkomplex: Lemcke r+s 09, 45 ff.
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