01.10.2008 | Unfallschadensregulierung
Veräußerung vor Ablauf von sechs
Monaten kann unschädlich sein
Ist der Geschädigte ohne sein Verschulden daran gehindert, sein Fahrzeug nach dem Unfall mindestens sechs Monate weiter zu nutzen, kann er gleichwohl die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts ohne Abzug des Restwerts verlangen, sofern er einen Weiternutzungswillen hatte und diesen ggf. auch beweist (AG Köln 27.8.08, 269 C 166/08, 082869). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Nach einem Unfall nutzte der Kläger sein beschädigtes, aber verkehrssicheres Fahrzeug unrepariert weiter. Drei Monate nach dem Unfall veräußerte er es, angeblich wegen eines kapitalen Motorschadens. Aus wirtschaftlichen Gründen sei er daran gehindert gewesen, sein Fahrzeug weiterzufahren. Die Beklagte rechnete auf Totalschadensbasis ab (Netto-WBW 2.758,62 EUR ./. Brutto-RW 2.600 EUR = 158,62 EUR). Der Kläger verlangt Zahlung der fiktiven Netto-Reparaturkosten (936,01 EUR ./. gez. 158,62 EUR).
Das AG gab ihm aus den Gründen des obigen Leitsatzes Recht und fügte hinzu, die Gefahr einer unzulässigen Bereicherung bestehe auch deshalb nicht, weil der Zweitschaden den ursprünglichen Restwert reduziere, dieser also nicht mehr realisierbar sei.
Praxishinweis
Der Fall erinnert an den Ausgangsfall der Sechsmonatsrechtsprechung des BGH (VA 06, 129). Auch damals wurde der Wagen, trotz Beschädigung noch verkehrssicher, unrepariert weitergenutzt. Gut vier Monate nach dem Unfall veräußerte der damalige Kläger den Wagen, angeblich wegen eines weiteren, unfallunabhängigen Schadens. Worum es genau ging, weiß man nicht. Jedenfalls hat der BGH den behaupteten Zweitschaden nicht als „besonderen Umstand“ anerkannt, der die Restwertanrechnung ausschließen könnte. Andernfalls wäre einer Beweiserhebung nötig gewesen. Das Thema „besondere Umstände“ liegt noch weitgehend im Dunkeln. Was ist z.B., wenn der Geschädigte vor Ablauf der Sechsmonatsfrist stirbt und die führerscheinlose Ehefrau den Wagen verkaufen muss? Regel- oder Ausnahmefall? Kann es, wie das AG Köln zu meinen scheint, auf „Verschulden“ ankommen? Eher nicht.
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