25.07.2011 | Unfallschadensregulierung
Versicherer hat keinen Anspruch auf das Original-Schadensgutachten
Im Rahmen der Regulierung eines Kfz-Haftpflichtschadens besteht für den Geschädigten keine Obliegenheit, dem gegnerischen Versicherer das Originalgutachten mit Bildmaterial zu übersenden. Ausreichend ist, die Unterlagen per E-Mail zu übersenden (LG Dresden 30.3.11, 3 O 2787/10, Abruf-Nr. 112348). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Am Ende des Unfallprozesses waren nur noch die Verzugszinsen im Streit. Der beklagte VR sah sich nicht im Verzug, weil der Anwalt des Kl. ihm nicht das Originalgutachten überlassen hatte. Dieser Einwand zog nicht. Mit der Übersendung per E-Mail habe der Kl. alles getan, was von ihm zu verlangen sei. Bei schlechter Qualität der Dokumente habe sich die Bekl. melden können und auch müssen, ggf. direkt bei dem Sachverständigen.
Praxishinweis
Das verständliche Verlangen der VR nach den Originalfotos in den Schadensgutachten hat zwar durch das urheberrechtliche BGH-Urteil NJW 10, 2354 einen erheblichen Dämpfer erfahren. Aus dem ohnehin problematischen Spruch des I. ZS kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Originalfotos für den VR generell gesperrt sind, sie also nicht zur Verfügung gestellt werden müssen.
In Verzug gerät der VR erst mit Ablauf einer angemessenen Prüfungs- und Bearbeitungsfrist. Diese beginnt selbst bei unstreitiger Haftung erst mit Zugang einer spezifizierten Anmeldung des Anspruchs nach Grund und Höhe. Dazu gehört nach Ansicht etlicher Gerichte auch die Übersendung des Schadengutachtens oder die Vorlage direkt durch den Sachverständigen. Von der Obliegenheit des Geschädigten gem. § 119 Abs. 3 VVG (von Originalen ist dort nicht die Rede) streng zu trennen ist die Frage, ob der VR ohne Originalgutachten, insbesondere ohne Originallichtbilder, seinem Prüfrecht, zugleich auch seiner Prüfpflicht, sachgerecht nachkommen kann. Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort. Sinnvoll, weil pragmatisch, ist es, mit dem LG den Schwarzen Peter dem VR zuzuschieben. Wenn er mit der Qualität der per Mail übersandten Dokumente nicht einverstanden ist, kann er sich melden. Solange er dies unterlässt, ist die Prüf- und Regulierungsfrist wegen fehlender „Originalität“ nicht gehemmt.
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