01.11.2007 | Unfallschadensregulierung
Wie wird eine minderwertige Eigenreparatur „wertmäßig“ erfasst?
1. Kann der Geschädigte in einem 130-Prozent-Fall eine fachgerechte und vollständige Reparatur nicht nachweisen, ist er nicht in jedem Fall auf den Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands beschränkt. Wenn der Wert einer Eigenreparatur über dem Wiederbeschaffungsaufwand, aber unter dem Wiederbeschaffungswert liegt, ist dieser Betrag für die Entschädigung maßgebend (Bestätigung des Senatsurteils VA 06, 55). |
2. Zur Ermittlung des Wertes einer (minderwertigen) Eigenreparatur. |
(OLG Düsseldorf 15.10.07, I-1 U 45/07, Abruf-Nr. 073127) |
Sachverhalt
Nach einem Unfall mit seinem BMW 528 i ließ der Kläger ein Gutachten erstellen, das zu folgenden Werten kam: Reparaturkosten (brutto) 19.196,23 EUR, Minderwert 500 EUR, Wiederbeschaffungswert brutto 14.900 EUR, Restwert 2.350 EUR. Der Kläger, ein Kfz-Mechaniker, setzte sein Fahrzeug unter Verwendung von Neu- und Gebrauchtteilen selbst instand. Wie in 2. Instanz nicht mehr strittig, ist die Reparatur wegen mehrerer Unzulänglichkeiten nicht fachgerecht und vollständig. Das LG hat dem Kläger dennoch mehr als den Wiederbeschaffungsaufwand zugesprochen, indem es auf seine „tatsächlichen Kosten“ in Höhe von 12.825 EUR abgestellt hat. Dem zugrunde liegt die Angabe des Gerichtsgutachters, der tatsächliche Reparaturaufwand liege zwischen 20 und 25 % unter den fiktiven Reparaturkosten gem. Schadensgutachten. Die Berufung der Beklagten war teilweise erfolgreich.
Entscheidungsgründe
Klargestellt hat der Senat, dass der merkantile Minderwert in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen ist. Das ergibt eine Überschreitung um 32,19 %. Ob die Grundsätze zum sog. Integritätszuschlag allein schon deshalb unanwendbar sind, lässt der Senat dahinstehen. Jedenfalls sei die Höhe des Ersatzanspruchs – auch unter Berücksichtigung der neueren Senatsrechtsprechung (VA 06, 55, Abruf-Nr. 060779) – auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt. Nach ergänzender Befragung des Sachverständigen stellte sich nämlich heraus, dass der Reparaturwert nicht mit 12.825 EUR (so das LG), sondern nur mit rund 10.000 EUR zu veranschlagen ist. Dieser Betrag liegt unter dem Wiederbeschaffungsaufwand (Netto-WBW ./. Gutachten-RW). Entsprechend den Vorgaben des Senats hat der Sachverständige den Wert der Eigenreparatur ermittelt. Soweit Gebrauchtteile eingesetzt wurden, hat er einen Abschlag von 50 % auf den Netto-Neupreis vorgenommen. Beim Faktor „Arbeit“ hat er nicht die Tariflöhne des Kfz-Handwerks, sondern Werkstattpreise zugrundegelegt. Als technischer Minderwert wurde ein Betrag von ca. 1.100 EUR abgezogen. Dieser Werthaltigkeits-Prüfung ist der Senat gefolgt.
Praxishinweis
Als hätte es BGH NJW 05, 1110, und OLG Düsseldorf VA 06, 55, Abruf-Nr. 060779 = SP 06, 316, nie gegeben, werden Geschädigte bei Reparaturkosten im Bereich zwischen 100 und 130 % und einer nur minderwertigen Reparatur nach wie vor automatisch auf den Wiederbeschaffungsaufwand gesetzt, wobei dann noch der (höhere) Restwert gemäß einem Internetangebot in Ansatz gebracht wird. Das ist gleich doppelt falsch. In concreto hat das LG zwar beide Fehler vermieden, bei der Schätzung des Wertes der Eigenreparatur aber zu großzügig operiert. Die Neuschätzung durch den Senat zeigt Wege der Bewertung auf, ohne auf sämtliche Fragen dieser ebenso neuen wie heiklen Materie eingehen zu müssen.
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses VA Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 16,70 € / Monat