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  • 01.08.2006 | Vernehmungen

    Wiederholtes Nachfragen bei einem unverteidigten Betroffenen/Beschuldigten

    Hat sich der Beschuldigte/Betroffene Ermittlungsverfahren auf sein Schweigerecht berufen, ist diese Entscheidung zu respektieren. Ein Nachfragen beim unverteidigten Beschuldigten/Betroffenen ist in der Regel unzulässig (BGH 10.1.06, 5 StR 341/05, Abruf-Nr. 060402).

     

    Praxishinweis

    Die BGH-Entscheidung ist zwar zu einem Kapitaldelikt ergangen, sie hat aber auch Bedeutung für das OWi- oder Strafverfahren mit nicht so schwer wiegenden Vorwürfen. Nicht selten geben sich auch hier die Beamten nicht mit der Erklärung des Beschuldigten/Betroffenen zufrieden, keine Angaben zur Sache machen zu wollen, sondern insistieren und fragen weiter nach. Der BGH hat deutlich darauf hingewiesen, dass stetiges Nachfragen ohne zureichenden Grund das Schweigerecht des (unverteidigten) Betroffenen/Beschuldigten entwerten könne. Nachfragen seien nach ausdrücklicher Ausübung des Schweigerechts zwar unproblematisch, wenn neue Informationen erlangt werden, zu denen sich der Betroffene/Beschuldigte noch nicht positionieren konnte, eine neue prozessuale Situation eingetreten oder eine gewisse Zeitspanne verstrichen sei, in denen sich die Auffassung des Betroffenen/Beschuldigten geändert haben könne. Jenseits solcher neuer Umstände oder eines möglichen Sinneswandels dürfe das Schweigerecht jedenfalls beim unverteidigten Betroffenen/Beschuldigten nicht dadurch missachtet werden, dass beständig versucht wird, den Beschuldigten doch noch zu Angaben in der Sache zu bringen. Erst recht bedenklich sind – so der BGH – beharrliche Nachfragen gegenüber einem Beschuldigten/Betroffenen, der sich zur Frage einer Aussage zunächst mit einem von ihm benannten Verteidiger besprechen und bis dahin schweigen wolle, wenn die Benachrichtigung dieses Verteidigers unterbleibt.  

     

    Wichtig: Trifft der Verteidiger auf eine vergleichbare Konstellation, muss er in der Hauptverhandlung der Verwertung der Angaben seines Mandanten auf jeden Fall widersprechen (BGHSt 38, 214; zur „Widerspruchslösung“ s. auch PA 04, 50). Anderenfalls kann er den Verstoß in der Rechtsbeschwerde nicht rügen.  

     

    Quelle: Ausgabe 08 / 2006 | Seite 144 | ID 90991