26.04.2010 | Videomessung
Ermächtigungsgrundlage für Videomessung und Beweisverwertungsverbot
Zur Frage, welche Ermächtigungsgrundlage einer Videoabstandsmessung zugrunde gelegt werden kann, und zur Frage eines ggf. bestehenden Beweisverwertungsverbots (OLG Düsseldorf 9.2.10, IV-3 RBs 8/10 2 Ss-OWi 4/10, Abruf-Nr. 100960). |
Sachverhalt
Das AG hat den Betroffenen wegen eines Abstandsverstoßes verurteilt. Der Verurteilung hat es eine Messung mit einer Vibram-Anlage unter Verwendung einer Videostoppuhr Deininger VSTP mit einer auf der Brücke installierten Übersichtskamera und einer neben der Fahrbahn installierten Handkamera zugrunde gelegt. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, der auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG ein Beweisverwertungsverbot geltend gemacht hatte, hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Das OLG ist in der lesenswerten Entscheidung davon ausgegangen, dass die Vorschriften der § 81b, § 100h Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 163b Abs. 1 S. 1, Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG als Ermächtigungsgrundlage für eine Videomessung des (Sicherheits)Abstands nach dem Messverfahren ViBrAM ausscheiden. § 81b StPO setzt begrifflich voraus, dass die Beschuldigteneigenschaft bereits feststeht, bevor die entsprechenden Maßnahmen durchgeführt werden. Auch für Maßnahmen nach § 163b Abs. 2 StPO ist erforderlich, dass bereits eine Ordnungswidrigkeit vorliegt und der Betroffene als Zeuge oder Augenscheinsobjekt benötigt wird. Hinsichtlich § 100h Abs. 1 Nr. 1 StPO bestehen bereits Zweifel an der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Vorschrift im Bußgeldverfahren. Abgesehen davon kann § 100h Abs. 1 Nr. 1 StPO als potenzielle Ermächtigungsgrundlage ebenfalls nur für Videoaufzeichnungen in Betracht kommen, die zeitlich nach dem Vorliegen eines Anfangsverdachts ausgelöst werden. Damit muss die Betroffeneneigenschaft eines Fahrers bereits durch entsprechend konkrete Anhaltspunkte begründet sein. Das ist aber nicht der Fall. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass durch das Vibram-System eine unzulässige verdachtsunabhängige Videoaufzeichnung durchgeführt wird, die erst im Nachhinein durch konkret-spezifische Auswertungsmaßnahmen zur Feststellung eines Verkehrsverstoßes durch einen konkretisierbaren Fahrer führt. Damit besteht ein Beweiserhebungsverbot, das zu einem Beweisverwertungsverbot führt. Der Verfassungsverstoß bei der rechtswidrigen Überwachung würde einerseits manifestiert und andererseits aber auch relativiert, wenn das in der Regel als einziges Beweismittel zur Verfügung stehende Videomaterial zur Überführung des Täters genügen dürfte.
Praxishinweis
Die Entscheidung reiht sich ein in eine Fülle von inzwischen vorliegenden Entscheidungen, in denen die OLG bundesweit zu den Fragen der Ermächtigungsgrundlagen und einem ggf. bestehenden Beweisverwertungsverbot Stellung genommen haben. Der Stand lässt sich etwa wie folgt zusammenfassen (vgl. wegen weiterer Rechtsprechung VA 10, 14):
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