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  • 14.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112403

    Landgericht Erfurt: Beschluss vom 25.05.2011 – 7 Qs 135/11

    Zur Abkürzung der Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.


    1. Wird einem Berufskraftfahrer wegen einer Verkehrsstraftat die Fahrerlaubnis entzogen und kündigt der Arbeitgeber daraufhin das Arbeitsverhältnis, weil er den Mitarbeiter nicht mehr beschäftigen kann, so war ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Ursache der Arbeitslosigkeit, weswegen grundsätzlich eine Sperrzeit eintreten kann.
    2. Es fehlt jedoch an der groben Fahrlässigkeit des Mitarbeiters bezüglich der Verursachung der Arbeitslosigkeit, wenn der Grund für den Entzug der Fahrerlaubnis lediglich eine fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs – ohne Einfluss berauschender Mittel – war und ihm auch wegen der Umstände des Einzelfalles kein leichtfertiges Verhalten vorgeworfen werden kann.
    LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.06.2011, Az. L 3 AL 1315/11

    Landgericht Erfurt
    7 Qs 135/11
    In der Strafsache gegen pp.
    Verteidiger(in): Rechtsanwalt XXX,
    wegen Gefährdung des Straßenverkehrs
    Hier: Sofortige Beschwerde gegen versagte Aufhebung der Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis
    hat das Landgericht Erfurt — 7. Straf- und Beschwerdekammer — am 25. Mai 2011 beschlossen:

    Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Amtsgerichts Arnstadt — Zweigstelle Ilmenau — vom 25.03.2011 (Az.: 922 Js 30815/10 1 Cs) aufgehoben.

    Die im Strafbefehl des Amtsgerichts Arnstadt — Zweigstelle Ilmenau — vom 03.01.2011 (Az.: 922 Js 30815/10 1 Cs) verhängte Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis wird mit Wirkung vom heutigen Tag aufgehoben.
    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Staatskasse auferlegt.

    Gründe
    I.
    Der Verurteilte fuhr am 21.07.2010 mit einem Kleinkraftrad auf einer Straße in Langewiesen, obwohl er aufgrund vorangegangenen Alkoholkonsums fahruntüchtig war. Es kam zu einem Zusammenstoß mit einem Kleintransporter, wobei ein Schaden in Höhe von ca. 1000,00 € entstand. Eine an jenem Tag entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,04 Promille.

    Das Amtsgericht Arnstadt verhängte daher gegen den Verurteilten mit seit dem 26.01.2011 rechtskräftigen Strafbefehl vom 03.01.2011 — wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßen-verkehrs — eine Geldstrafe in Höhe von 35 Tagessätzen zu je 20 €, d.h. in Höhe von insge-samt 700 €. Zugleich wurde dem Verurteilten die Fahrerlaubnis entzogen und der Führer-schein eingezogen. Die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, dem Verurteilten für die Dauer von sechs Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die Sperrfrist endet danach am 02.07.2011.
    Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 04.03.2011 ließ der Verurteilte mit eingehender Begrün¬dung beantragen, die Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vorzeitig aufzuhe¬ben.
    Das Amtsgericht Arnstadt wies diesen Antrag mit Beschluss vom 25.03.2011 zurück. Erheb-liche neue Tatsachen lägen für eine vorzeitige Aufhebung der Sperre nicht vor. Der pauscha-le Hinweis auf eine besondere Belastung und mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen reichten nicht aus. Auch die nachgewiesene Teilnahme an der verkehrspsychologischen Intervention lasse nicht ohne weiteres auf eine nicht mehr bestehende Ungeeignetheit schließen. Aus der vorgelegten Teilnahmebestätigung sei nicht ersichtlich, ob der Verurteilte erfolgreich an der Maßnahme teilgenommen habe.

    Gegen diesen Beschluss ließ der Verurteilte mit Schriftsatz vom 11.04.2011 sofortige Be-schwerde einlegen und erneut beantragen, die Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrer-laubnis vorzeitig aufzuheben. Dem trat die Staatsanwaltschaft unter dem 19.04.2011 entge-gen. Auf die jeweiligen Begründungen wird Bezug genommen.
    II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
    Die Kammer verkennt dabei nicht, dass bei dem Verurteilten eine Blutalkoholkonzentration von 2,04 Promille vorgelegen hat. Die Entscheidung des Amtsgerichts im März d.J. begegnet ihrerseits auch keinen Bedenken.

    Gleichwohl erscheint es im Lichte der gesamten zwischenzeitlichen Entwicklung des Verurteilten und insbesondere der vorgelegten ergänzenden Bestätigung vom 11.04.2011 nun¬mehr vertretbar, die Sperrfrist um gut einen Monat zu verkürzen.

    Auch wenn einem Betroffenen nach einer Trunkenheitsfahrt mit hoher Blutalkoholkonzentra-tion (hier: 2,04 Promille) die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für die Wiedererteilung von hier sechs Monaten angeordnet worden ist, kann die Sperre gemäß § 69 a Abs. 7 StGB vorzeitig aufgehoben werden, wenn aufgrund erheblicher neuer Tatsachen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bzw. Beschwerdeentscheidung Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Besondere Berück-sichtigung kann hierbei finden, dass der Täter durch eine Nachschulung oder ein Aufbause-minar für alkoholauffällige Täter eine risikobewusstere Einstellung im Straßenverkehr entwi-ckelt hat (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 02.08.2010, 533 Qs 97/10, zit. Nach Juris).

    Für eine vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist gemäß § 69 a Abs. 7 StGB spricht im vorliegen-den Fall die mit der Beschwerde vorgelegte Bestätigung der DEKRA vom 11.04.2011. Da¬nach hat der Verurteilte in der Zeit vom 07.02. bis zum 02.03.2011 an einer verkehrspsycho¬logischen Intervention teilgenommen, die drei Einzelgespräche zu je 90 Minuten umfasste. Ziel jener Maßnahme war es, die Voraussetzungen für ein verkehrsgerechtes Verhalten so zu verbessern, dass die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Trunkenheitsdeliktes vermindert wird. Insbesondere wurden, wie die Bescheinigung aufzeigt, die Ursachen der Alkoholauffäl-ligkeit diskutiert.
    Der die Bescheinigung ausstellende Dipl.-Psychologe K.M. bestätigt, dass der Verurteilte regelmäßig und pünktlich die Sitzungen besucht und aktiv an den Gesprächen teilgenommen hat. Es sei ein deutliches Bemühen erkennbar gewesen, Einstellungen und Verhaltensweisen zu überdenken und zu ändern. Dem Verurteilten könne eine in diesem Sinne erfolgreiche Kursteilnahme bescheinigt werden.
    Die Kammer hält dem Verurteilten zugute, dass er an der verkehrspsychologischen Interven-tion freiwillig und aus eigenem Antrieb teilgenommen und dabei finanziellen und zeitlichen Aufwand auf sich genommen hat. Es steht zu hoffen, dass der Verurteilte seine Trinkgewohnheiten mittlerweile geändert hat bzw. bei vorangegangenem Alkoholkonsum nicht mehr fahren wird.

    Nach alledem besteht jedenfalls zum heutigen Zeitpunkt Grund zu der Annahme, dass der Verurteilte zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Die Sperre dauert auch (erheblich) länger als drei Monate.

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 464, 467 Abs. 2 bis 4, 474 Abs. 4 StPO analog, nachdem der maßgebliche Vortrag erst im Beschwerdeverfahren erfolgte.