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  • 13.12.2011 · IWW-Abrufnummer 113964

    Amtsgericht Tecklenburg: Beschluss vom 28.10.2011 – 10 OWi 403/11 (b)

    Fahrverbote aus Bußgeldentscheidungen, die wegen gleichzeitiger Zurücknahme von Einsprüchen auch gleichzeitig rechtskräftig werden, sind parallel zu vollstrecken.


    10 OWi 403/11 [b]
    Amtsgericht Tecklenburg
    Beschluss
    In dem Verfahren
    gegen pp.
    deutscher Staatsangehöriger
    hat das Amtsgericht Tecklenburg
    durch den Richter am Amtsgericht Weber
    am 28.10.2011 beschlossen:
    Es wird festgestellt, dass die Fahrverbote gemäß Bußgeldbescheid des Kreises Steinfurt vom 10.06.2011 (AZ: 125167264) und gemäß Bußgeldbescheid des Kreises Steinfurt vom 24.03.2011 (AZ: 125152702) parallel und nicht nacheinander zu vollstrecken sind.
    Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt.
    Gründe:
    Gegen den Betroffenen ist wegen Überschreitung der zulässigen
    Höchstgeschwindigkeit mit Bußgeldbescheid vom 24.03.2011 eine Geldbuße von 95,- Euro und ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt worden. Zugleich wurde dem Betroffenen gemäß § 25 Abs. 2 a StVG die Möglichkeit eingeräumt, das Fahrverbot innerhalb von vier Monaten nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides abzuleisten. Gegen den Bußgeldbescheid hat der Betroffene zunächst fristgerecht Einspruch eingelegt und diesen sodann am 08.07.2011 zurückgenommen.
    Darüber hinaus ist gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 10.06.2011 eine Geldbuße von 100,- Euro und einem Fahrverbot von einem Monat festgesetzt worden. Auch in diesem Fall wurde dem Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt, das Fahrverbot innerhalb von vier Monaten nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides abzuleisten. Auch gegen diesen Bußgeldbescheid hat de.r Betroffene zunächst Einspruch eingelegt und ihn ebenfalls am 08.07.2011 gegenüber dem Kreis Steinfurt zurückgenommen.
    Der Betroffene hat am 08.07.2011 den Führerschein in amtliche Verwahrung gegeben. Er begehrt die gleichzeitige Vollstreckung der Fahrverbote.
    Nach Auffassung der Bußgeldbehörde sind die Fahrverbote nacheinander zu vollstrecken.
    Der Antrag ist zulässig und begründet.
    Die Fahrverbote aus den zwei Bußgeldbescheiden sind nebeneinander, das heißt parallel zu vollstrecken.
    Zwar ist in der Rechtsprechung grundsätzlich streitig, wie zu verfahren ist, wenn mehrere Fahrverbote zu vollstrecken sind.
    Nach hiesiger Auffassung sind Fahrverbote aus Bußgeldentscheidungen, die wegen gleichzeitiger Zurücknahme von Einsprüchen auch gleichzeitig rechtskräftig werden, parallel zu vollstrecken. Dies gilt — wie hier — unabhängig davon, ob dem Betroffenen jeweils gemäß § 25 Abs. 2 a S. 1 StVG die Möglichkeit eingeräumt worden ist, innerhalb von vier Monaten den Zeitraum der Vollstreckung selber zu wählen.
    Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Amtsgerichts Meißen (Beschluss vom 19.01.2010, 13 OWi 705 Js 23983/09) an. Insbesondere steht der dortigen und der hiesigen Auffassung der Wortlaut des § 25 Abs. 2 a S. 2 StVG nicht entgegen, da er diese Fälle nicht meint. Gemäß § 25 Abs. 2 a S. 2 StVG sind die Fahrverbotsfristen nacheinander, und zwar in der Reihenfolge der Rechtskraft der Bußgeldentscheidungen zu berechnen, wenn gegen den Betroffenen nach einem bereits rechtskräftig angeordneten Fahrverbot weitere Fahrverbote rechtskräftig verhängt werden. Diese Formulierung setzt auch nach Auffassung des Amtsgerichts Tecklenburg verschiedene Rechtskrafttermine voraus und erfasst somit nicht Fälle, in denen Bußgeldentscheidungen gleichzeitig, das heißt an einem Tag, rechtskräftig werden. Da die Rechtskraft nach Tagen und nicht nach Stunden oder Minuten gemessen wird, kommt es auch nicht darauf an, zu welcher Uhrzeit eine Entscheidung rechtskräftig geworden ist. Zuvor genannte Vorschrift soll lediglich verhindern, dass derjenige, gegen den mehrere Fahrverbote mit Vier-Monats-Frist (nacheinander) verhängt wurden, den Fristbeginn auf einen und denselben Tag legen kann. (vgl. Buhrmann/ Hess/ Jahnke/ Janka, StVR § 25 Randnr. 46). Das Gericht setzt sich damit entgegen der Auffassung der Bußgeldbehörde nicht in Widerspruch zu einer eigenen Entscheidung vom 09.09.2011 (10 OWi 319/11). Der Fall, über welchen dort entschieden worden ist, ist offensichtlich ein anderer. Im dortigen Verfahren waren die Bußgeldbescheide eben nicht an ein- und denselben Tag, sondern an verschiedenen Tagen rechtskräftig geworden. Nur in diesen Fällen soll der Betroffene nicht die Möglichkeit haben, den Fristbeginn des Fahrverbots auf einen und denselben Tag legen zu können. Der vorliegende Fall weicht von der vorangegangenen Entscheidung maßgeblich ab, da hier beide Bußgeldbescheide an einen und denselben Tag rechtskräftig geworden sind. Selbst wenn hier in den Bußgeldverfahren die Vier-Monats-Frist nicht gewährt worden wäre, wäre ebenfalls das Fahrverbot sofort rechtskräftig geworden und der Führerschein nur für einen Monat zu entbehren gewesen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum bei einem Betroffenen, dem in beiden Fällen die Vier-Monats-Frist gewährt wird, eine andere/ schärfere Rechtsfolge eintreten sollte.
    Dementsprechend ist dem Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen, durch die in Verwahrgabe des Führerscheins der Fahrverbote zur gleichen Zeit zu absolvieren, sodass durch die Abgabe des Führerscheins am 08.07.2011 beide Fahrverbote als verbüßt gelten.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 62 Abs. 2 S. 2 i.V.m. §§ 4, 6, 7 StPO.

    RechtsgebieteOWi-Recht, Fahrverbot, VollstreckungVorschriften§ 25 Abs. 2a StVG