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  • 18.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120123

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 23.03.2010 – I-1 U 188/09

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-1 U 188/09

    Tenor:
    Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. September 2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 2.529,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. August 2008 zu zahlen.

    Darüber hinaus werden die Beklagten verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 176,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Februar 2009 zu zahlen.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des ersten Rechtszuges werden zu 64 % dem Kläger und zu 36 % den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

    Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen dem Kläger zur Last.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    I.
    Die zulässige Berufung der Beklagten, welche allein das Erkenntnis des Landgerichts hinsichtlich der dem Kläger anteilig zugesprochenen Umsatzsteuer auf die Reparaturkosten zum Gegenstand hat, hat in der Sache in vollem Umfang Erfolg. Die Beklagten sind nicht verpflichtet, einen Umsatzsteuerbetrag von 2.312,76 € im Umfang des auf sie entfallenden Haftungsanteils von 80 % zu ersetzen. Der Kläger legt nicht schlüssig dar, dass der durch ihn mit der Klageerhöhung vom 25. Juni 2009 geltend gemachte Umsatzsteueranteil von 2.312,76 € auf die Fahrzeuginstandsetzungssumme von 12.172,44 € im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB tatsächlich angefallen ist. Da sich eine solche Steuerbelastung im Zusammenhang mit der Instandsetzung seines unfallgeschädigten Pkw Mercedes SLK 320 nicht feststellen lässt, geht die begründete Schadensersatzverpflichtung der Beklagten nicht über den Gesamtumfang von 2.529,12 € hinaus.
    Entgegen der seitens des Klägers geäußerten Rechtsansicht unterliegt der zu einer Teilabänderung des angefochtenen Urteils führende Rechtsmittelangriff der Beklagten nicht der Zurückweisung gemäß § 531 Abs. 2 ZPO.
    II.
    Nach der hier einschlägigen Vorschrift des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB fließt bei einer Beschädigung einer Sache in den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag die Umsatzsteuer nur dann mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Deshalb besteht ein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer nur dann, wenn der Geschädigte eine Ersatzbeschaffung vorgenommen oder sein beschädigtes Fahrzeug repariert hat und wenn tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist (BGH NJW 2004, 1943). Ein solcher Steueranfall lässt sich hier jedoch mangels schlüssiger Darlegung der Instandsetzung des Unfallfahrzeuges auf einem Reparaturweg, der mit einer Umsatzsteuerbelastung verbunden war, nicht feststellen.
    Das Landgericht hat dem Kläger einen Umsatzsteueranteil in Höhe der maßgeblichen Haftungsquote von 80 % mit der Begründung zuerkannt, die Höhe der entstandenen Schäden sei von den Beklagten nicht bestritten worden (Bl. 8 UA; Bl. 99 d.A.). Diese Begründung reicht nach dem Sach- und Streitstand nicht, um die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten auf den fraglichen Umsatzsteueranteil zu erstrecken.
    1) Zutreffend ist, dass die Beklagte zu 1. in ihrem vorprozessualen Abrechnungsschreiben vom 28. Januar 2009 keine Einwände gegen die durch den Kläger geltend gemachten Nettoreparaturkosten von 12.172,44 €, die Sachverständigenkosten im Umfang von 453,15 € sowie gegen die Auslagenpauschale von 20 € erhoben hatte. Die sich daraus ergebende Summe von 12.645,59 € hatte sie zur Grundlage ihrer vorprozessualen Schadensabrechnung nach Maßgabe der seinerzeit durch sie akzeptierten Mitverursachungsquote von 60 % gemacht. Dies führte dann dazu, dass die Beklagte zu 1. vorprozessual eine Regulierungsleistung in Höhe von insgesamt 7.587,35 € an den Kläger zur Überweisung brachte (Bl. 12 d.A.).
    2) Am Ende ihrer Zuschrift vom 28. Januar 2009 hatte die Beklagte zu 1. aber schon unmissverständlich darauf hingewiesen, dass bei Abrechnung auf Kostenvoranschlag- oder Gutachtenbasis die Mehrwertsteuer nicht berücksichtigt werden könne. Es folgte der Hinweis, dass nach der ab dem 1. August 2002 geltenden Rechtslage die Mehrwertsteuer nur dann erstattet werden könne, wenn sie auch tatsächlich angefallen und gezahlt worden sei, was durch Vorlage geeigneter Rechnungen nachzuweisen sei. Damit war von vornherein klargestellt, dass die Beklagte zu 1. eine anteilige Ersatzverpflichtung bezüglich der Umsatzsteuer von einem geeigneten Rechnungsnachweis abhängig machen wollte.
    3a) Erstmals in seiner Klageerweiterung vom 25. Juni 2009 hat der Kläger dann Ersatz für einen Umsatzsteueraufschlag von 2.312,76 € auf den Reparaturkostenaufwand von 12.172,44 € mit der Begründung geltend gemacht, das verunfallte Fahrzeug sei ausweislich einer beigefügten Reparaturbescheinigung der XXX vom 16. Januar 2009 ordnungsgemäß instandgesetzt worden (Bl. 44, 45 d.A.). Die Darlegung eines Umsatzsteueranfalls war mit der Klageerweiterung nicht verbunden. Zwar wird dem Kläger in der XXXBescheinigung eine vollständige und fachgerechte Instandsetzung attestiert. Dies aber mit dem einschränkenden Zusatz, "der genaue Reparaturweg ist nicht bekannt, da keine Rechnung vorgelegt wurde" (Bl. 49 d.A.). Damit fehlte es von vornherein an dem Rechnungsnachweis, den die Beklagte zu 1. bereits vorprozessual in Übereinstimmung mit der bestehenden Rechtslage zur Voraussetzung eines Anspruches des Klägers auf Ersatz anteiliger Umsatzsteuer gemacht hatte. Einen solchen Nachweis hat der Kläger auch in der Folgezeit nicht erbracht. Er bleibt auch in der Berufungsinstanz hinsichtlich einer Fahrzeugreparatur mit Umsatzsteueranfall darlegungsbelastet.
    b) In der Schlussverhandlung vor dem Landgericht am 13. Juli 2009 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auch bezüglich der Klageerweiterung Klageabweisung beantragt (Bl. 78 d.A.). Im Hinblick auf das vorprozessuale Schreiben der Beklagten zu 1. vom 28. Januar 2009 war angesichts der bestehenden Rechtslage ohne weiteres davon auszugehen, dass das Verteidigungsvorbringen der Beklagten – zumindest schlüssig – auch den Höheeinwand zum Gegenstand hatte, angefallene Umsatzsteuer nur dann anteilig ersetzen zu müssen, wenn deren tatsächlicher Anfall i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schlüssig dargetan und ggfs. nachgewiesen ist. Die Beklagten machen zu Recht geltend, dass allein aus der Tatsache einer Reparatur des verunfallten Fahrzeuges nicht die Schlussfolgerung zu ziehen ist, der Kläger sei mit einem Umsatzsteueranteil auf den Instandsetzungsaufwand belastet. Sollte er etwa das verunfallte Fahrzeug in Eigenleistung, mit Hilfe von fachkundigen Bekannten oder in einer sogenannten Hobbywerkstatt instandgesetzt haben oder haben lassen, ließe sich ein Umsatzsteueranfall in der durch ihn verlangten Höhe nicht feststellen. Im Falle eines Fahrzeugschadens hat der Geschädigte einen Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer nur, wenn er sein beschädigtes Fahrzeug repariert hat und wenn tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist (BGH NJW 2004, 1943).
    4a) Zwar ist eine Abrechnungskombination dergestalt zulässig, dass der Geschädigte die Netto-Reparaturkosten laut Gutachten oder Kostenvoranschlag zusammen mit der Umsatzsteuer aus Ersatzteilrechnungen ersetzt verlangt (Diederichsen DAR 2006, 301, 306; vgl. dazu auch Huber, Das neue Schadensersatzrecht, § 1, Rdnr. 220 ff. d.A.). Der Kläger trägt jedoch nichts dafür vor, ob – und gegebenenfalls in welchem Umfang – für die Herrichtung des Fahrzeuges Neuteile Verwendung gefunden haben und welcher Umsatzsteueranfall gegebenenfalls damit verbunden war.
    b)
    Der Senat hat auch keinen Anlass, dem Kläger Gelegenheit zu einem diesbezüglich ergänzenden Tatsachenvortrag einzuräumen. Denn ein solcher unterläge in der Berufungsinstanz der Zurückweisung gemäß § 531 Abs. 2 Ziffer 3 ZPO. Im Hinblick auf das vorprozessuale Schreiben der Beklagten zu 1. vom 28. Januar 2009 war von vornherein klargestellt, dass ein irgendwie gearteter Ersatzanspruch des Klägers bezüglich eines Umsatzsteueranfalls entsprechend der gesetzlichen Regelung von einem geeigneten Rechnungsnachweis abhängig sein sollte. Einen solchen Nachweis hätte der Kläger in Wahrnehmung seiner Prozessförderungspflicht aus § 282 Abs. 1 ZPO bereits in erster Instanz erbringen können, zumal die durch ihn vorgelegte Reparaturbescheinigung vom 16. Januar 2009 ausdrücklich auf das Unterlassen einer Rechnungsvorlage hinweist.
    5) Unerheblich ist der durch den Kläger in seiner Berufungserwiderung erhobene prozessuale Einwand, das sich auf den Umsatzsteueranteil beziehende Angriffsmittel der Beklagten unterläge der Zurückweisung gemäß § 531 Abs. 2 ZPO. Entgegen der durch ihn vorgetragenen Rechtsansicht besteht keine Tatsachenbindung des Senats im Sinne des § 529 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO im Hinblick auf den durch das Landgericht festgestellten Anfall der Umsatzsteuer. Denn insoweit bestehen nicht nur Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung, sondern deren Unrichtigkeit steht fest, weil sie auf einer Verkennung des Sach- und Streitstandes anlässlich der erstinstanzlichen Schlussverhandlung beruht. Das bestreitende Vorbringen der Beklagten in Bezug auf die Entstehung eines ersatzfähigen Steueranteils ist auch kein neues Angriffsmittel i.S.d. § 531 Abs. 2 ZPO. Denn es war bei einem richtigen Verständnis des erstinstanzlichen Verteidigungsvorbringens im Hinblick auf das vorprozessuale Schreiben der Beklagten zu 1. vom 28. Januar 2009 und wegen der steuerneutralen Reparaturbescheinigung vom 16. Januar 2009 bereits erstinstanzlich Gegenstand des Streitstandes.
    6) Unstreitig stellen sich die unfallbedingten Vermögenseinbußen des Klägers unter Einschluss der Nettoreparaturkosten für das Fahrzeug auf insgesamt 12.645,59 €. Der davon dem Kläger zustehende Anteil von 80 % ergibt einen Zwischensaldo von 10.116,47 €. Unter Abzug der vorprozessualen Entschädigungsleistung der Beklagten zu 1. im Umfang von 7.587,35 € verbleibt im Ergebnis ein von der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten umfasster Betrag zu 2.529,12 €.
    III.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz ZPO.
    Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
    Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 1.850,21 €.
    Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 249 Abs. 2 S. 2 BGB