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  • 30.04.2012 · IWW-Abrufnummer 121345

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 26.07.2011 – IV-1 RBs 144/11

    Zur Frage der Entbindung des Betroffenen in der Hauptverhandlung, wenn ihm der Vorwurf der Benutzung eines Mobiltelefons im Straßenverkehr gemacht wird


    In der Bußgeldsache
    gegen pp.
    wegen Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr
    hat der 1. Senat für Bußgeldsachen durch den Richter am Landgericht als Einzelrichter (§ 80a Abs. 1 OWG) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft am 14. Dezember 2011
    beschlossen:

    Tenor:
    Der Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 26. Juli 2011 zuzulassen, wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

    Gründe
    Durch Urteil vom 26. Juli 2011 hat das Amtsgericht Krefeld gemäß § 74 Abs. 2 OWiG den Einspruch verworfen, mit dem sich der Betroffene gegen den Bußgeldbescheid der Stadt Krefeld vom 28. März 2011 gewandt hat, durch den gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 54 Euro festgesetzt worden ist. Gegen das Urteil wendet er sich mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde.

    Das Rechtsmittel ist unbegründet. Bei einer Geldbuße von nicht mehr als 100 Euro wird die Rechtsbeschwerde nur zugelassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des sachlichen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

    1. Die Sachrüge führt bei Verwerfungsurteilen, die keinen Schuldspruch beinhalten, nur zu einer Prüfung, die auf das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen und des Fehlens von Verfahrenshindernissen eingeschränkt ist (vgl. Göhler-Seitz, OWiG, 15. Aufl. 2009, § 74 Rn. 48b und § 79 Rn. 27c m.w.N.). Im hier zu beurteilenden Fall sind namentlich Verfahrenshindernisse nicht ersichtlich. Erst Recht wirft der Fall in diesem Zusammenhang keine Rechtsfragen auf, die geklärt werden müssten.

    2. Der Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt. Dies käme hier nur in Betracht, wenn das Amtsgericht den Betroffenen unter Missachtung seines Vorbringens zu Unrecht nicht von seiner Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden hätte. Das Amtsgericht hat die beantragte Entbindung jedoch mit zutreffender Begründung abgelehnt. Denn die in § 73 Abs. 2 OWiG geregelten Voraussetzungen lagen nicht vor. Namentlich war die Anwesenheit des Betroffenen zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts erforderlich.

    Vorgeworfen wurde ihm, am 21. März 2011 als Führer eines Kraftfahrzeugs verbotswidrig ein Mobiltelefon benutzt zu haben. Den Vorwurf bezeugen sollte ein Polizeibeamter. Die Hauptverhandlung fand statt am 26. Juli 2011, also rund vier Monate nach der Tat. Die Feststellung, ob der Betroffene verbotswidrig mobiltelefoniert hat, hing maßgeblich davon ab, ob sich der Zeuge an den konkreten Einzelfall erinnerte. Eine solche Erinnerung ist notwendig an den optischen Eindruck von dem Betroffenen geknüpft, wenn es — wie hier — um dessen körperliches Verhalten geht. Denn der Zeuge hätte sich konkret daran erinnern müssen, ob er gesehen hat, dass der Betroffene ein Mobiltelefon bedient hat. Dazu hätte er den Betroffenen unmittelbar identifizieren müssen. Bereits dieser Umstand rechtfertigte die Annahme, die Anwesenheit des Betroffenen sei erforderlich (vgl. zur "Aufklärungsprognose" in derartigen Fällen OLG Zweibrücken 1 Ss 195/99 vom 12. Oktober 1999, Rn. 5 <[...]>). Hinzukommt, dass der Zeuge den Betroffenen nach Aktenlage nicht persönlich kannte und seit der Begegnung mit ihm vier Monate verstrichen waren. Überdies wird der Zeuge als Polizeibeamter in dieser Zeit eine Vielzahl ähnlicher Vorfälle beobachtet haben. Das ist angesichts der Häufigkeit solcher Verstöße keine bloße Spekulation, sondern sehr wahrscheinlich, und es erschwert die Erinnerung an den konkreten Vorfall zusätzlich.

    Damit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall des verbotswidrigen Mobiltelefonierens von anderen Verkehrsverstößen, in denen das verkehrswidrige Verhalten mittelbar beispielsweise durch Beobachtung des fahrenden Kraftfahrzeugs oder durch Auswertung einer Blutprobe festgestellt wird. In solchen Fällen mag die Annahme, ein Zeuge könne sich bei Anwesenheit des Betroffenen besser erinnern, bloß theoretisch und damit nicht ausreichend sein, dessen persönliche Anwesenheit für erforderlich zu erachten (vgl. KG Berlin 3 Ws (B) 626/10 vom 30. November 2010 <[...]> für den Fall eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 2 StVG; OLG Bamberg 3 Ss OWi 780/09 vom 17. August 2009 <[...]> für den Fall eines Geschwindigkeitsverstoßes; 3 Ss OWi 764/07 vom 7. August 2007 <[...]> für den Fall einer Unterschreitung des Mindesabstands; OLG Naumburg 1 Ss (B) 210/06 vom 23. Januar 2007 <[...]> für den Fall eines Geschwindigkeitsverstoßes). In dem hier zu beurteilenden Fall sind die aufgezeigten Umstände jedoch ausreichend, um die Annahme des Amtsgerichts zu rechtfertigen, dass der Zeuge im Angesicht des Betroffen zu zuverlässigeren Bekundungen in der Lage gewesen wäre.

    3.. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

    Vorschriften§ 73 Abs. 2 OWiG