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  • 03.07.2012 · IWW-Abrufnummer 121966

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 20.03.2012 – III-3 RBs 441/11

    Bei Verhängung der Regelgeldbußen nach der BKatV sind - unabhängig von der Bußgeldhöhe im Einzelfall - grundsätzlich keine näheren Ausführungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen in den Urteilsgründen erforderlich. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse außergewöhnlich gut oder schlecht sind (Festhaltung an Senat, NZV 1996, 246). Die Arbeitslosigkeit des Betroffenen ist regelmäßig als Anhaltspunkt für außergewöhnlich schlechte wirtschaftliche Verhältnisse anzusehen.


    Oberlandesgericht Hamm

    III-3 RBs 441/11

    Tenor:
    Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den dazu-gehörigen Feststellungen aufgehoben.
    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.
    Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

    Gründe
    Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 360 € verurteilt sowie ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat angeordnet. Bei der Bemessung der Geldbuße hat das Amtsgericht die in Nr. 11.3.8 des Bußgeldkatalogs zur BKatV vorgesehene Regelgeldbuße von 240 € aufgrund von Voreintragungen des Betroffenen im Verkehrszentralregister auf 360 € erhöht.

    Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen (vorläufigen) Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

    1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Hamm vom 23. Dezember 2011.

    Ergänzend weist der Senat lediglich auf Folgendes hin:

    Im vorliegenden Fall ist es unschädlich, dass das Amtsgericht in den Urteilsgründen rechtsfehlerhaft „gemäß § 267 Abs. 1 StPO“ [Anmerkung des Senats: gemeint sein dürfte § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG] auf die Messleiste (Datenfeld) des Lichtbildes, das bei der Geschwindigkeitsmessung aufgenommen wurde, verwiesen hat (vgl. S. 4 UA). Eine Verweisung ermöglicht die Regelung in § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO nur auf Abbildungen. Eine Abbildung ist eine unmittelbar durch Gesichts- oder Tastsinn wahrnehmbare Wiedergabe der Außenwelt (Senat, NStZ-RR 2009, 151); hierzu zählen insbesondere Fotos – auch Radarfotos – und Abzüge von anderen Bildträgern (Senat, a.a.O.). Schriftliche Aufzeichnungen über das Ergebnis einer Geschwindigkeitsmessung (Datum, Uhrzeit, gemessene Geschwindigkeit) sind keine Abbildungen – und zwar auch dann nicht, wenn diese Aufzeichnungen auf einem Radarfoto eingeblendet sind –, sondern Urkunden (Senat, a.a.O.). Dieser Rechtsfehler wirkt sich hier bei der sachlich-rechtlichen Überprüfung des Urteils indes nicht aus, weil alle für die Beurteilung durch das Rechtsbeschwerdegericht erforderlichen Angaben auch noch einmal in den Urteilsgründen selbst enthalten sind.

    2. Der Rechtsfolgenausspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung indes nicht stand. Das Urteil enthält mit Ausnahme der Mitteilung, dass der Betroffene derzeit arbeitslos ist, keine näheren Darlegungen zu dessen wirtschaftlichen Verhältnissen, obwohl derartige Darlegungen hier geboten gewesen wären.

    Nach der Rechtsprechung des Senats sind bei der Verhängung der im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelgeldbußen unabhängig von der Höhe der Geldbuße grundsätzlich keine näheren Ausführungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen in den Urteilsgründen erforderlich (Senat, NZV 1996, 246). Etwas anderes gilt nur dann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse außergewöhnlich gut oder schlecht sind (Senat, a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen hätte sich das Amtsgericht hier in den Urteilsgründen näher mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen auseinandersetzen müssen. Denn die Arbeitslosigkeit des Betroffenen ist regelmäßig als Anhaltspunkt für möglicherweise außergewöhnlich schlechte wirtschaftliche Verhältnisse anzusehen (vgl. OLG Karlsruhe, NStZ 2007, 182; OLG Dresden, Beschluss vom 10. Januar 2006 – Ss (OWi) 532/05).

    3. Wegen der Wechselwirkung zwischen der Höhe der Geldbuße und dem Fahrverbot ist das angefochtene Urteil nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufzuheben und die Sache insoweit gemäß § 79 Abs. 6 OWiG zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amts-gericht Bielefeld zurückzuverweisen.

    RechtsgebieteOWiG, BKatV, StPOVorschriftenOWiG § 17 Abs. 3 Satz 2; BKatV § 3; StPO § 267 Abs. 1 Satz 3