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  • 12.06.2014 · IWW-Abrufnummer 141653

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 03.04.2014 – III-5 RVs 11/14

    Ebenso wie der Wahlverteidiger bedarf auch der Pflichtverteidiger zur Vertretung des Angeklagten in der Hauptverhandlung einer besonderen schriftlichen Vollmacht.


    OBERLANDESGERICHT HAMM

    BESCHLUSS

    III- 5 RVs 11/14 OLG Hamm
    6 Ss 557/13 GStA Hamm
    31 Ns 133/13 LG Essen
    47 Ds 175/13 AG Essen
    37 Js 30/13 StA Essen

    Strafsache

    g e g e n

    w e g e n Diebstahls.

    Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der XI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 04. Oktober 2013 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesge-richts Hamm am 03. April 2014 durch

    nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft sowie des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig

    b e s c h l o s s e n :

    Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

    Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO).

    Zusatz:
    Zur Begründung verweist der Senat ergänzend zunächst auf die zutreffenden Aus-führungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 06. Februar 2014.

    Darüber hinaus weist der Senat auf Folgendes hin:
    Selbst wenn man - wie die Revisionsbegründung meint - unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Regelung des § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO konventionsfreundlich dahin auslegen würde, dass die Vertretung des Angeklagten über die bisherigen Ausnahmefälle (§§ 231 Abs. 2, 231 a, 231 b, 231 c, 232, 233, 247, 329 Abs. 2, 350 Abs. 2, 387 Abs. 1, 411 Abs. 2 StPO) hinaus in der Berufungshauptverhandlung generell für zulässig zu erachten wäre, führte dies ist im Falle des Angeklagten nicht zu einer anderen Entscheidung. Denn der Pflichtverteidiger verfügte nicht über eine wirksame schriftliche Vertretungsvollmacht i.S.d. § 234 StPO, die Voraussetzung für eine Vertretung des Angeklagten ist. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist nämlich weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Angeklagte seinem (Pflicht-) Verteidiger eine für die Berufungshauptverhandlung am 04. Oktober 2013 wirksame schriftliche Vertretungsvollmacht (§ 234 StPO) erteilt hat und diese dem Gericht nachgewiesen war.
    Ebenso wie der Wahlverteidiger bedarf auch der Pflichtverteidiger zur Vertretung des Angeklagten in der Hauptverhandlung einer besonderen schriftlichen Vollmacht (Beschluss des hiesigen 1. Strafsenats vom 14. Juni 2012 - III-1 RVs 41/12 – m.w.N., veröffentlicht bei juris), an der es vorliegend fehlt. Selbst wenn die von dem Verteidiger zu den Akten gereichte Vollmacht, die ihm als Wahlverteidiger erteilt worden ist, ausdrücklich seine Befugnis, den Angeklagten auch für den Fall der Abwesenheit zu verteidigen und zu vertreten, enthalten haben sollte, führt dies nicht zu einer anderen Entscheidung. Denn sofern in einer solchen formularhaften Klausel die geforderte (besondere) Vertretungsvollmacht gesehen werden könnte, ist diese zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Essen jedenfalls nicht mehr wirksam gewesen, worauf das Landgericht in dem angefochtenen Verwerfungsurteil vom 04. Oktober 2013 zutreffend abgestellt hat. Denn die Erteilung dieser Vollmacht stand im Zusammenhang mit der Beauftragung des Verteidigers als Wahlverteidiger. Diese ist allerdings mit der Niederlegung des Wahlmandats durch den Verteidiger im Zusammenhang mit seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger durch Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 06. Mai 2013 erloschen. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 168 BGB, wonach die Vollmacht mit dem ihr zugrundeliegenden Rechtsgeschäft erlischt (vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 08. November 1990, 4 StR 457/90, zitiert nach juris Rn. 2; Beschluss des hiesigen 1. Strafsenats vom 14. Juni 2012, III-1 RVs 41/12, veröffentlicht bei juris). Die besondere Vertretungsvollmacht des Verteidigers des Angeklagten ergibt sich auch nicht per se aus der Pflichtverteidigerbestellung. Der Pflichtverteidiger hat grundsätzlich dieselbe Rechtsstellung wie der gewählte Verteidiger (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., Vor § 137 Rn. 1). Er ist aber nicht der (allgemeine) Vertreter, sondern Beistand des Angeklagten, der einen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen hat. Dies bedeutet, dass der Pflichtverteidiger - ebenso wie der Wahlverteidiger - einer (gegebenenfalls erneut erteilten) ausdrücklichen Vertretungsvollmacht bedarf, die hier nicht vorliegt (so auch: Beschluss des hiesigen 1. Strafsenats vom 14. Juni 2012 - III-1 RVs 41/12 – veröffentlicht bei juris).