10.01.2017 · IWW-Abrufnummer 191086
Amtsgericht Königs Wusterhausen: Urteil vom 05.07.2016 – 4 C 277/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Az.: 4 C 277/16
Amtsgericht Königs Wusterhausen
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
gegen
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigter:
hat das Amtsgericht Königs Wusterhausen durch den Richter am Amtsgericht xxx auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2016 für Recht erkannt:
Die Parteien streiten über einzelne Schadenspositionen bei der Haftungsregulierung eines Verkehrsunfalls. Der Verkehrsunfall ereignete sich am 08.12.2014 gegen 16:30 Uhr auf dem Zubringer A 13 / A 10 am Schönefelder Kreuz in der Gemarkung Kiekebusch. Beteiligt waren der Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen xxx, den die alleinige Verantwortung trifft, und die Klägerin als Führerin ihres Fahrzeuges Audi A1 2.0 TDI Sportback Ambition, mit dem amtlichen Kennzeichen xxx.
Ausweislich des Sachverständigengutachtens vom 12.12.2014 erlitt das verunfallte Fahrzeug der Klägerin einen wirtschaftlichen Totalschaden. Am 15.12.2014 unterschrieb die Klägerin einen Kaufvertrag für einen Audi A1 Sportback 1.6 TDI Ambition. Liefertermin sollte ausweislich des Kaufvertrags der 02.01.2015 sein.
Die Klägerin mietete zunächst vom 22.12.2014 bis zum 31.12.2014 ein Ersatzfahrzeug beim xxx an. Dabei entstanden Kosten in Höhe von 994, 54 €. Die Lieferung des zum Ersatz erworbenen Fahrzeugs verzögerte sich in der Folge. Die Klägerin mietete das Ersatzfahrzeug daher für weitere 20 Tage bis zum 20.01.2015. Dabei entstanden weitere Kosten in Höhe von 2.050,43 €.
Von den Gesamtkosten der Ersatzwagenanmietung in Höhe von 3.044, 97 € erstattete die Beklagte der Klägerin 2.376,89 €. Dies deckte die Kosten der Anmietung vom 22.12.2014 bis zum 12.01.2015 ab. Der Restbetrag ist auch gegenüber der Vermieterin xxx, offen.
Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erstatte die Beklagte entsprechend dem Abrechnungsschreiben vom 04.03.2015 insgesamt 1.266,16 €.
Mit der Klagte macht die Klägerin den noch offene Restbetrag aus den Mietwagenkosten für den Zeitraum 13. bis 20.01.2015 sowie anteilige Rechtsanwaltskosten, errechnet auf der Basis u.a. des Wiederbeschaffungswertes und in Höhe einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr geltend.
Die Klägerin ist der Auffassung, eine Kürzung der Mietwagenrechnung komme nicht in Betracht. Vielmehr habe die Beklagte die Kosten für den gesamten Zeitraum der Mietwagennutzung zu tragen. Maßgeblich für die Bemessung des zu ersetzenden Schadens sei die tatsächliche Wiederbeschaffungsdauer eines Ersatzwagens, nicht etwa die im Sachverständigengutachten prognostizierte Dauer von vierzehn Tagen. Das Risiko für Verzögerungen bei der Ersatzwagenbeschaffung habe der Schädiger bzw. die Beklagte als Versicherung des Schädigers zu tragen.
Bei der Berechnung des Gegenstandwertes für die außergerichtlichen Kosten vertritt die Klägerin die Auffassung, dass der Wiederbeschaffungswert des Ersatzfahrzeugs ohne Abzug des Restwertes in Ansatz zu bringen sei. Sie geht daher von einem Schadensposten für das Fahrzeug in Höhe von 20.900 € aus. Unter Einbeziehung der weiteren Schadenspositionen ergäbe sich daraus ein Gegenstandswert in der Sache von insgesamt 26.330,96 €.
Weiterhin ist die Klägerin der Auffassung, die Beklagte habe - trotz einer Haftungsquote von 100 % - nur zögerlich reguliert und daher einen erhöhten Arbeitsaufwand auf der Klägerseite hervorgerufen. Die Klägerin hält daher eine Erhöhung des Gebührensatzes von der Schwellengebühr auf das 1,5-fache für angemessen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin gegenüber der xxx, wegen der restlichen Mietwagenkosten aus der Mietwagenrechnung Nr. 50030957 in Höhe von 668,08 € nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2015, freizustellen.
2. die Beklagte zu verurteilen die Klägerin gegenüber den Rechtsanwälten xxx, wegen außergerichtlich entstandener Anwaltskosten in Höhe von 298,10 €, Rechnungsnummer 1500251, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.03.2015, freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich ihrerseits auf die im Sachverständigengutachten vom 12.12.2014 erklärte Wiederbeschaffungsdauer von vierzehn Tagen. Sie ist der Ansicht, diese sei allein maßgeblich für den zu zahlenden Schadensersatz hinsichtlich des Mietfahrzeugs.
Sie meint überdies, der von der Klägerin mit Kaufvertrag vom 15.12.2014 bestellte Wagen sei kein adäquates Ersatzfahrzeug für das verunfallte Fahrzeug der Klägerin. Die Spezifika wichen zu stark von denjenigen des zerstörten Wagens ab. Sie behauptet, ein vergleichbarer Ersatzwagen sei in vierzehn Tagen zu beschaffen gewesen.
Bezüglich des Gegenstandswertes ist die Beklagte der Ansicht, lediglich der Wiederbeschaffungsaufwand sei in Ansatz zu bringen. Dieser berechne sich aus dem Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes, hier also 20.900 € abzüglich 9.100 €. Die Beklagte geht daher von einem Schadenposten für das Fahrzeug in Höhe von 11.800 € aus. Hieraus ergebe sich - zuzüglich der weiteren Schadenspositionen - der Gesamtgegenstandswert von insgesamt 16.562,83 €.
Hinsichtlich des Gebührensatzes in Höhe von 1,5 ist die Beklagte der Ansicht, es handele sich vorliegend keinesfalls um einen besonders schwierigen Fall. Er sei angesichts der Haftungsquote von 100 % in allen Belangen höchstens durchschnittlich. Die bisherigen Zahlungen, die unstreitig auf Basis des 1,5-fachen Gebührensatzes erfolgt sind, seien ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht geleistet worden.
Wegen des weiteren Vorbringes der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg.
Die Klägerin steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch aus § 7 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 1 BGB, § 115 VVG aufgrund des Verkehrsunfall vom 08.12.2014 zu.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dieser Verkehrsunfall allein durch den Fahrzeugführer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs verursacht wurde. Der Umfang der Haftungsquote beträgt 100 % auf Seiten der Beklagten.
Nach § 249 Abs. 1 BGB ist der Geschädigte so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. Dabei sind grundsätzlich, sowohl die Kosten, die für die Miete einer Ersatzsache anfallen (BGH, NJW 1987, 50, zitiert nach beck-online; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 249 Rn. 31, 37 mwN), als auch die Rechtsverfolgungskosten (Palandt/Grüneberg, aaO., § 249 Rn. 56), erstattungsfähig.
1. Hinsichtlich der Kosten für das Mietfahrzeug ist die Klägerin für die gesamten angefallenen Kosten der Fahrzeuganmietung vom 22.12.2014 bis zum 20.01.2015 in Höhe von 3.044,97 € freizustellen, da die verzögerte Nutzungsmöglichkeit des Ersatzfahrzeuges nicht dem Verantwortungsbereich der unfallgeschädigten Klägerin zuzurechnen ist, sondern vielmehr das so genannte „Prognoserisiko“ den Schädiger trifft (vgl. hierzu Palandt/Grüneberg, aaO., § 249 Rn. 13). In Höhe von 2.376,89 € ist der klägerische Anspruch durch Zahlung der Beklagten gem. § 362 BGB erloschen. Ausstehend ist noch der streitgegenständliche Restbetrag in Höhe von 668,08 €.
Es sind die Kosten erstattungsfähig, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Situation des Geschädigten für erforderlich halten durfte. Hierbei ist der Geschädigte auf das „Urteil“ von Sachverständigen und Fachleuten angewiesen, welches trotz des Sachverständnisses mit dem Risiko unvorhergesehener Kosten und Verzögerungen im Rahmen der tatsächlichen Durchführung der Schadensbehebung behaftet ist. Die Beklagte kann sich nicht erfolgreich auf die Wiederbeschaffungsprognose aus dem Gutachten berufen. Das Risiko von Verzögerungen im Rahmen der Ersatzbeschaffung hat der Schädiger zu tragen (so auch LG Rostock, Urt. v. 22.4.2009 - 1 S 276/08, NJOZ 2010, 667; AG Haßfurt, Urteil vom 2.8.2013 – 2 C 165/13, NJW-RR 2014, 466; jeweils zitiert nach beck-online; Palandt/Grüneberg, aaO., § 249 Rn. 13, mwN). Diese Erwägungen sind als sog. Werkstattrisiko in Rahmen der Schadensbehebung mit verzögerten oder unsachgemäßen Reparaturmaßnahmen am verunfallten Fahrzeug durch Werkstätten entwickelt worden und auch auf die vorliegende Konstellation der unfallbedingten Ersatzbeschaffung übertragbar: Insoweit macht es keinen Unterschied, ob der Geschädigte die Schadensbeseitigung in die Hände einer Werkstatt zur Reparaturzwecken oder in die Hände eines Autohändlers zwecks Bestellung eines Ersatzfahrzeugs übergibt. Aus Sicht des Geschädigten handelt es in beiden Fällen um Fachleute, die über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die dem Geschädigten selbst regelmäßig fehlen. Es sind keine Gründe für die unterschiedliche Behandlung einer verzögerten Ersatzteillieferung an die Reparaturwerkstatt und einer verzögerten Ersatzfahrzeuglieferung an den Autohändler ersichtlich, da das „Prognoserisiko“ unvorhergesehener Verzögerungen und/oder Mehraufwendungen im Rahmen der Schadensbeseitigung vielmehr beiden Schadensbehebungsvarianten gleichermaßen innewohnt.
Das Prognoserisiko ist dem Geschädigten insbesondere dann nicht anzulasten, wenn er die getroffene Maßnahme zur Schadenbehebung für erforderlich halten durfte und er seiner Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB nachgekommen ist. Dies ist der Fall ,wenn er diejenige Maßnahme ausgewählt hat, die mit dem vermeintlich geringsten Aufwand durchzuführen ist und ihm dabei weder ein eigenes Ausfallverschulden noch eine unzureichende Überwachung der Schadensbehebungsmaßnahmen vorgeworfen werden kann (BGHZ 63, 182= NJW 1975, 160; BGHZ 115, 364 = NJW 1992, 302; OLG Saarbrücken, MDR 2012, 581; jeweils zitiert nach beck-online). Der Geschädigte hat gerade nicht für ein Verschulden des „Unfallhelfers“, hier des Autohändlers, nach § 278 BGB einzustehen. Dem liegt die Wertung zu Grunde, dass der Geschädigte im Verhältnis zum Schädiger nicht mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bleiben darf, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist. Stattdessen hat der Schädiger - trotz ebenso fehlender Einflussmöglichkeit - das Risiko von Verzögerungen, die etwa durch mangelhafte Organisation des Unfallhelfers, Ausfall von Arbeitskräften, unwirtschaftliche oder fehlerhafte Handhabung der Schadensbeseitigungsmaßnahmen entstehen, zu tragen, da er das schadensbegründende Ereignis gesetzt hat. Der Schädiger ist insoweit auf die Möglichkeit verwiesen, sich vom Geschädigten etwaige (Schadensersatz-)Ansprüche gegen den Unfallhelfer abtreten zu lassen und sich selbst mit diesem auseinanderzusetzen (siehe hierzu BGH, NJW 1975, 160 Rn. 18 OLG Stuttgart, NJW-RR 2004, 104 Rn. 20; jeweils zitiert nach beck-online).
Die vorstehenden Gesichtspunkte berücksichtigend geht das Gericht vorliegend davon aus, dass die Klägerin bei der Bestellung des Ersatzfahrzeugs ihrer Schadensminderungspflicht nachgekommen ist. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin im Hinblick auf die eingetretene Verzögerung bei der Anschaffung des Ersatzfahrzeuges ein eigenes Auswahlverschulden bezüglich des Autohändlers oder eine unzureichende Überwachung des Autohändlers zur Last gelegt werden können. Vielmehr hat die Klägerin bereits kurze Zeit nach Erhalt des Sachverständigengutachtens vom 12.12.2014 und noch während ihrer Krankschreibung die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges in Auftrag gegeben. Laut Bestellbestätigung durfte die Klägerin auch davon ausgehen, dass das zu beschaffende Fahrzeug in angemessener Zeit zur Verfügung stehen würde.
Dem Einwand der Beklagten, es handele sich bei dem erworbenen Audi A1 Sportback 1.6 TDI Ambition nicht um ein adäquates Ersatzfahrzeug, kann das Gericht nicht folgen. Es liegt in der Natur der Sache, dass beim Gebrauchtwagenkauf ein identisches Fahrzeug gerade nicht zu beschaffen ist. Bei dem unfallgeschädigten Fahrzeug (Audi A1 2.0 TDI Sportback Ambition) der Klägerin und dem von ihr zum Ersatz beschafften Fahrzeug (Audi A1 1.6 TDI Sportback Ambition) handelt es sich um dasselbe Karosseriemodell. Bei etwa gleich langem Zulassungszeitraum (Erstzulassung 2013), hat das zum Ersatz beschaffte Fahrzeug sogar einen deutlich leistungsschwächeren Motor als das verunfallte Fahrzeug der Klägerin. Die geringere Gesamtkilometerlaufleistung vermag nicht darüber hinweg zu täuschen, dass das Ersatzfahrzeug im Ergebnis mit 21.226,74€ einen nahezu identischen Marktwert wie das verunfallte Fahrzeug (20.900 €) besitzt.
2. Hinsichtlich des Gegenstandswerts für die außergerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist der Wiederbeschaffungswert ohne Abzug des Restwerts festzusetzen (so auch AG Norderstedt, Urteil vom 15.9.2015 – 47 C 118/15 AG Ahlen, Urt. v. 7.5.2013 – 30 c 103/12, jeweils zitiert nach beck-online; Janeczek in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., Anhang I Kap. IX Rn. 29; AG Wesel, Urt. v. 25.3.2011 – 27 c 230/10 grundsätzlich dazu: BGH, NJW 2008, 1888 aA AG Koblenz, a. a. O.; AG Dinslaken, Urt. v. 16.6.2014 – 32 c 117/14, jeweils zitiert nach beck-online; vgl. auch zusammenfassend Möckel, NJW-RR 2016, 393 f.). Der Wiederbeschaffungswert spiegelt genau die Schadenshöhe für die Geschädigte im Unfallzeitpunkt wider. Es ist darüber hinaus Bestandteil der außergerichtlichen rechtsanwaltlichen Tätigkeit - im Falle des Totalschadens - bezüglich des Restwertes und eventueller Verwertungsangebote des Unfallwagens zu beraten. Dass gegebenenfalls durch den Versicherer ein geringerer Betrag auszuzahlen ist, ist dabei unschädlich. Allein der Ansatz des Wiederbeschaffungswertes im Gegensatz zum Wiederbeschaffungsaufwand trägt dem Interesse der Geschädigten und dem Beratungsaufwand des Prozessbevollmächtigten angemessen Rechnung.
Demnach berechnet sich der Erstattungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren nach einem Gegenstandswert von 26.330,96 € (Wiederbeschaffungswert 20.900,00 € zzgl. weiterer, unstreitiger Schadenspositionen: Sachverständigenkosten 1058,62 € Auslagenpauschale 25,00 €; Abschleppkosten 622,37 €; An- und Abmeldepauschale 80,00 €; Mietwagenkosten, gesamt 3.044,97 €; Schmerzensgeld 600,00 €).
3. Die Klägerin kann die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten allerdings nur in Höhe eines 1,3-fachen Gebührensatzes in Ansatz bringen. Die Umstände, die eine Erhöhung der Schwellengebühr tragen, sind nicht ausreichend dargetan. Nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Vergütung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Wird eine Geschäftsgebühr abgerechnet, die über der Schwellengebühr von 1,3 liegt, ist dies u.a. dann möglich, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war.
Vorliegend ist nach der Überzeugung des Gerichts der Ansatz einer auf 1,5 erhöhten Gebühr nicht angemessen. Die Schadenspositionen, die vorliegend zu berücksichtigen waren (Schmerzensgeld, Mietwagenkosten, Abschleppkosten, etc.), gehören zum Standardrepertoire einer Verkehrsunfallregulierung. Die von Beginn an unstreitige 100 % Haftungsquote der Beklagten spricht ebenfalls für die Einfachheit der vorliegenden Fallkonstellation. Der hier behauptete erhöhte Schreibaufwand mit zahlreichen Schreiben konnte mit den vorgelegten zwei Schreiben und einer Email die Überzeugung des Gerichts nicht erreichen. Ein ungewöhnlich häufiges Wiedereindenken in den Sachverhalt durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist ebenfalls nicht erkennbar. Die insgesamt fünf Einzelzahlungen durch die Beklagte erfolgten weitgehend in kurzen zeitlichen Abständen (08.01.2015, 08.01.2015, 09.01.2015, 21.01.2015, 04.03.2015). An die Erhöhung des Gebührensatzes rechtfertigenden anwaltlicher Tätigkeit, wie Zeugenbefragungen, streitige Kausalitäten, Ortsterminen oder komplexen Personen- oder Sachschäden (AG Ansbach, Urt. v. 28.09.2006 - 3 C 826/06; AG München, Urt. v. 22.6.2006 - 342 C 13685/05; AG Hamburg-Bergedorf, Urt. v. 13.05.2005 - 408 C 394/04; AG Karlsruhe, Urt. v. 08.12.2006 1 C 344/06; AG Mainz, Urt. 09.06.2006 - 86 C 51/08; AG Neumünster, Urt. v. 11.10.2010 - 36 C 2015/10, jeweils zitiert nach beck-online), fehlt es hier.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich folgende Berechnung der außergerichtlichen Anwaltskosten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten:
Gegenstandswert: bis EUR 30.000
Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG 1,3 € 1121,90
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG € 20,00
Zwischensumme netto € 1141, 90
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 216,96
zu zahlender Betrag € 1358,86
In Höhe von 1266,16 € ist der ursprüngliche klägerische Anspruch durch Zahlung der Beklagten gemäß § 362 BGB erloschen. Daraus ergibt sich ein von der Beklagten noch zu zahlender Restbetrag auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin in Höhe von 92,70 €.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, S. 1, Var. 2 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Cottbus
Gerichtsstraße 3 - 4
03046 Cottbus
einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
xxx
Richter am Amtsgericht
Verkündet am 05.07.2016
xxx
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Amtsgericht Königs Wusterhausen
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
gegen
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigter:
hat das Amtsgericht Königs Wusterhausen durch den Richter am Amtsgericht xxx auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2016 für Recht erkannt:
- Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin gegenüber dem xxx Königs Wusterhausen, wegen der restlichen Mietwagenkosten aus der Mietwagenrechnung Nr. 50030957 in Höhe von 668,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.03.2015 freizustellen.
- Weiterhin wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin gegenüber den Rechtsanwälten xxx, wegen außergerichtlich entstandener Anwaltskosten in Höhe von EUR 92,70, Rechnungsnummer 1500251, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2015 freizustellen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 % zu tragen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Parteien streiten über einzelne Schadenspositionen bei der Haftungsregulierung eines Verkehrsunfalls. Der Verkehrsunfall ereignete sich am 08.12.2014 gegen 16:30 Uhr auf dem Zubringer A 13 / A 10 am Schönefelder Kreuz in der Gemarkung Kiekebusch. Beteiligt waren der Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen xxx, den die alleinige Verantwortung trifft, und die Klägerin als Führerin ihres Fahrzeuges Audi A1 2.0 TDI Sportback Ambition, mit dem amtlichen Kennzeichen xxx.
Ausweislich des Sachverständigengutachtens vom 12.12.2014 erlitt das verunfallte Fahrzeug der Klägerin einen wirtschaftlichen Totalschaden. Am 15.12.2014 unterschrieb die Klägerin einen Kaufvertrag für einen Audi A1 Sportback 1.6 TDI Ambition. Liefertermin sollte ausweislich des Kaufvertrags der 02.01.2015 sein.
Die Klägerin mietete zunächst vom 22.12.2014 bis zum 31.12.2014 ein Ersatzfahrzeug beim xxx an. Dabei entstanden Kosten in Höhe von 994, 54 €. Die Lieferung des zum Ersatz erworbenen Fahrzeugs verzögerte sich in der Folge. Die Klägerin mietete das Ersatzfahrzeug daher für weitere 20 Tage bis zum 20.01.2015. Dabei entstanden weitere Kosten in Höhe von 2.050,43 €.
Von den Gesamtkosten der Ersatzwagenanmietung in Höhe von 3.044, 97 € erstattete die Beklagte der Klägerin 2.376,89 €. Dies deckte die Kosten der Anmietung vom 22.12.2014 bis zum 12.01.2015 ab. Der Restbetrag ist auch gegenüber der Vermieterin xxx, offen.
Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erstatte die Beklagte entsprechend dem Abrechnungsschreiben vom 04.03.2015 insgesamt 1.266,16 €.
Mit der Klagte macht die Klägerin den noch offene Restbetrag aus den Mietwagenkosten für den Zeitraum 13. bis 20.01.2015 sowie anteilige Rechtsanwaltskosten, errechnet auf der Basis u.a. des Wiederbeschaffungswertes und in Höhe einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr geltend.
Die Klägerin ist der Auffassung, eine Kürzung der Mietwagenrechnung komme nicht in Betracht. Vielmehr habe die Beklagte die Kosten für den gesamten Zeitraum der Mietwagennutzung zu tragen. Maßgeblich für die Bemessung des zu ersetzenden Schadens sei die tatsächliche Wiederbeschaffungsdauer eines Ersatzwagens, nicht etwa die im Sachverständigengutachten prognostizierte Dauer von vierzehn Tagen. Das Risiko für Verzögerungen bei der Ersatzwagenbeschaffung habe der Schädiger bzw. die Beklagte als Versicherung des Schädigers zu tragen.
Bei der Berechnung des Gegenstandwertes für die außergerichtlichen Kosten vertritt die Klägerin die Auffassung, dass der Wiederbeschaffungswert des Ersatzfahrzeugs ohne Abzug des Restwertes in Ansatz zu bringen sei. Sie geht daher von einem Schadensposten für das Fahrzeug in Höhe von 20.900 € aus. Unter Einbeziehung der weiteren Schadenspositionen ergäbe sich daraus ein Gegenstandswert in der Sache von insgesamt 26.330,96 €.
Weiterhin ist die Klägerin der Auffassung, die Beklagte habe - trotz einer Haftungsquote von 100 % - nur zögerlich reguliert und daher einen erhöhten Arbeitsaufwand auf der Klägerseite hervorgerufen. Die Klägerin hält daher eine Erhöhung des Gebührensatzes von der Schwellengebühr auf das 1,5-fache für angemessen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin gegenüber der xxx, wegen der restlichen Mietwagenkosten aus der Mietwagenrechnung Nr. 50030957 in Höhe von 668,08 € nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2015, freizustellen.
2. die Beklagte zu verurteilen die Klägerin gegenüber den Rechtsanwälten xxx, wegen außergerichtlich entstandener Anwaltskosten in Höhe von 298,10 €, Rechnungsnummer 1500251, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.03.2015, freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich ihrerseits auf die im Sachverständigengutachten vom 12.12.2014 erklärte Wiederbeschaffungsdauer von vierzehn Tagen. Sie ist der Ansicht, diese sei allein maßgeblich für den zu zahlenden Schadensersatz hinsichtlich des Mietfahrzeugs.
Sie meint überdies, der von der Klägerin mit Kaufvertrag vom 15.12.2014 bestellte Wagen sei kein adäquates Ersatzfahrzeug für das verunfallte Fahrzeug der Klägerin. Die Spezifika wichen zu stark von denjenigen des zerstörten Wagens ab. Sie behauptet, ein vergleichbarer Ersatzwagen sei in vierzehn Tagen zu beschaffen gewesen.
Bezüglich des Gegenstandswertes ist die Beklagte der Ansicht, lediglich der Wiederbeschaffungsaufwand sei in Ansatz zu bringen. Dieser berechne sich aus dem Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes, hier also 20.900 € abzüglich 9.100 €. Die Beklagte geht daher von einem Schadenposten für das Fahrzeug in Höhe von 11.800 € aus. Hieraus ergebe sich - zuzüglich der weiteren Schadenspositionen - der Gesamtgegenstandswert von insgesamt 16.562,83 €.
Hinsichtlich des Gebührensatzes in Höhe von 1,5 ist die Beklagte der Ansicht, es handele sich vorliegend keinesfalls um einen besonders schwierigen Fall. Er sei angesichts der Haftungsquote von 100 % in allen Belangen höchstens durchschnittlich. Die bisherigen Zahlungen, die unstreitig auf Basis des 1,5-fachen Gebührensatzes erfolgt sind, seien ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht geleistet worden.
Wegen des weiteren Vorbringes der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg.
Die Klägerin steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch aus § 7 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 1 BGB, § 115 VVG aufgrund des Verkehrsunfall vom 08.12.2014 zu.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dieser Verkehrsunfall allein durch den Fahrzeugführer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs verursacht wurde. Der Umfang der Haftungsquote beträgt 100 % auf Seiten der Beklagten.
Nach § 249 Abs. 1 BGB ist der Geschädigte so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. Dabei sind grundsätzlich, sowohl die Kosten, die für die Miete einer Ersatzsache anfallen (BGH, NJW 1987, 50, zitiert nach beck-online; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 249 Rn. 31, 37 mwN), als auch die Rechtsverfolgungskosten (Palandt/Grüneberg, aaO., § 249 Rn. 56), erstattungsfähig.
1. Hinsichtlich der Kosten für das Mietfahrzeug ist die Klägerin für die gesamten angefallenen Kosten der Fahrzeuganmietung vom 22.12.2014 bis zum 20.01.2015 in Höhe von 3.044,97 € freizustellen, da die verzögerte Nutzungsmöglichkeit des Ersatzfahrzeuges nicht dem Verantwortungsbereich der unfallgeschädigten Klägerin zuzurechnen ist, sondern vielmehr das so genannte „Prognoserisiko“ den Schädiger trifft (vgl. hierzu Palandt/Grüneberg, aaO., § 249 Rn. 13). In Höhe von 2.376,89 € ist der klägerische Anspruch durch Zahlung der Beklagten gem. § 362 BGB erloschen. Ausstehend ist noch der streitgegenständliche Restbetrag in Höhe von 668,08 €.
Es sind die Kosten erstattungsfähig, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Situation des Geschädigten für erforderlich halten durfte. Hierbei ist der Geschädigte auf das „Urteil“ von Sachverständigen und Fachleuten angewiesen, welches trotz des Sachverständnisses mit dem Risiko unvorhergesehener Kosten und Verzögerungen im Rahmen der tatsächlichen Durchführung der Schadensbehebung behaftet ist. Die Beklagte kann sich nicht erfolgreich auf die Wiederbeschaffungsprognose aus dem Gutachten berufen. Das Risiko von Verzögerungen im Rahmen der Ersatzbeschaffung hat der Schädiger zu tragen (so auch LG Rostock, Urt. v. 22.4.2009 - 1 S 276/08, NJOZ 2010, 667; AG Haßfurt, Urteil vom 2.8.2013 – 2 C 165/13, NJW-RR 2014, 466; jeweils zitiert nach beck-online; Palandt/Grüneberg, aaO., § 249 Rn. 13, mwN). Diese Erwägungen sind als sog. Werkstattrisiko in Rahmen der Schadensbehebung mit verzögerten oder unsachgemäßen Reparaturmaßnahmen am verunfallten Fahrzeug durch Werkstätten entwickelt worden und auch auf die vorliegende Konstellation der unfallbedingten Ersatzbeschaffung übertragbar: Insoweit macht es keinen Unterschied, ob der Geschädigte die Schadensbeseitigung in die Hände einer Werkstatt zur Reparaturzwecken oder in die Hände eines Autohändlers zwecks Bestellung eines Ersatzfahrzeugs übergibt. Aus Sicht des Geschädigten handelt es in beiden Fällen um Fachleute, die über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die dem Geschädigten selbst regelmäßig fehlen. Es sind keine Gründe für die unterschiedliche Behandlung einer verzögerten Ersatzteillieferung an die Reparaturwerkstatt und einer verzögerten Ersatzfahrzeuglieferung an den Autohändler ersichtlich, da das „Prognoserisiko“ unvorhergesehener Verzögerungen und/oder Mehraufwendungen im Rahmen der Schadensbeseitigung vielmehr beiden Schadensbehebungsvarianten gleichermaßen innewohnt.
Das Prognoserisiko ist dem Geschädigten insbesondere dann nicht anzulasten, wenn er die getroffene Maßnahme zur Schadenbehebung für erforderlich halten durfte und er seiner Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB nachgekommen ist. Dies ist der Fall ,wenn er diejenige Maßnahme ausgewählt hat, die mit dem vermeintlich geringsten Aufwand durchzuführen ist und ihm dabei weder ein eigenes Ausfallverschulden noch eine unzureichende Überwachung der Schadensbehebungsmaßnahmen vorgeworfen werden kann (BGHZ 63, 182= NJW 1975, 160; BGHZ 115, 364 = NJW 1992, 302; OLG Saarbrücken, MDR 2012, 581; jeweils zitiert nach beck-online). Der Geschädigte hat gerade nicht für ein Verschulden des „Unfallhelfers“, hier des Autohändlers, nach § 278 BGB einzustehen. Dem liegt die Wertung zu Grunde, dass der Geschädigte im Verhältnis zum Schädiger nicht mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bleiben darf, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist. Stattdessen hat der Schädiger - trotz ebenso fehlender Einflussmöglichkeit - das Risiko von Verzögerungen, die etwa durch mangelhafte Organisation des Unfallhelfers, Ausfall von Arbeitskräften, unwirtschaftliche oder fehlerhafte Handhabung der Schadensbeseitigungsmaßnahmen entstehen, zu tragen, da er das schadensbegründende Ereignis gesetzt hat. Der Schädiger ist insoweit auf die Möglichkeit verwiesen, sich vom Geschädigten etwaige (Schadensersatz-)Ansprüche gegen den Unfallhelfer abtreten zu lassen und sich selbst mit diesem auseinanderzusetzen (siehe hierzu BGH, NJW 1975, 160 Rn. 18 OLG Stuttgart, NJW-RR 2004, 104 Rn. 20; jeweils zitiert nach beck-online).
Die vorstehenden Gesichtspunkte berücksichtigend geht das Gericht vorliegend davon aus, dass die Klägerin bei der Bestellung des Ersatzfahrzeugs ihrer Schadensminderungspflicht nachgekommen ist. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin im Hinblick auf die eingetretene Verzögerung bei der Anschaffung des Ersatzfahrzeuges ein eigenes Auswahlverschulden bezüglich des Autohändlers oder eine unzureichende Überwachung des Autohändlers zur Last gelegt werden können. Vielmehr hat die Klägerin bereits kurze Zeit nach Erhalt des Sachverständigengutachtens vom 12.12.2014 und noch während ihrer Krankschreibung die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges in Auftrag gegeben. Laut Bestellbestätigung durfte die Klägerin auch davon ausgehen, dass das zu beschaffende Fahrzeug in angemessener Zeit zur Verfügung stehen würde.
Dem Einwand der Beklagten, es handele sich bei dem erworbenen Audi A1 Sportback 1.6 TDI Ambition nicht um ein adäquates Ersatzfahrzeug, kann das Gericht nicht folgen. Es liegt in der Natur der Sache, dass beim Gebrauchtwagenkauf ein identisches Fahrzeug gerade nicht zu beschaffen ist. Bei dem unfallgeschädigten Fahrzeug (Audi A1 2.0 TDI Sportback Ambition) der Klägerin und dem von ihr zum Ersatz beschafften Fahrzeug (Audi A1 1.6 TDI Sportback Ambition) handelt es sich um dasselbe Karosseriemodell. Bei etwa gleich langem Zulassungszeitraum (Erstzulassung 2013), hat das zum Ersatz beschaffte Fahrzeug sogar einen deutlich leistungsschwächeren Motor als das verunfallte Fahrzeug der Klägerin. Die geringere Gesamtkilometerlaufleistung vermag nicht darüber hinweg zu täuschen, dass das Ersatzfahrzeug im Ergebnis mit 21.226,74€ einen nahezu identischen Marktwert wie das verunfallte Fahrzeug (20.900 €) besitzt.
2. Hinsichtlich des Gegenstandswerts für die außergerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist der Wiederbeschaffungswert ohne Abzug des Restwerts festzusetzen (so auch AG Norderstedt, Urteil vom 15.9.2015 – 47 C 118/15 AG Ahlen, Urt. v. 7.5.2013 – 30 c 103/12, jeweils zitiert nach beck-online; Janeczek in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., Anhang I Kap. IX Rn. 29; AG Wesel, Urt. v. 25.3.2011 – 27 c 230/10 grundsätzlich dazu: BGH, NJW 2008, 1888 aA AG Koblenz, a. a. O.; AG Dinslaken, Urt. v. 16.6.2014 – 32 c 117/14, jeweils zitiert nach beck-online; vgl. auch zusammenfassend Möckel, NJW-RR 2016, 393 f.). Der Wiederbeschaffungswert spiegelt genau die Schadenshöhe für die Geschädigte im Unfallzeitpunkt wider. Es ist darüber hinaus Bestandteil der außergerichtlichen rechtsanwaltlichen Tätigkeit - im Falle des Totalschadens - bezüglich des Restwertes und eventueller Verwertungsangebote des Unfallwagens zu beraten. Dass gegebenenfalls durch den Versicherer ein geringerer Betrag auszuzahlen ist, ist dabei unschädlich. Allein der Ansatz des Wiederbeschaffungswertes im Gegensatz zum Wiederbeschaffungsaufwand trägt dem Interesse der Geschädigten und dem Beratungsaufwand des Prozessbevollmächtigten angemessen Rechnung.
Demnach berechnet sich der Erstattungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren nach einem Gegenstandswert von 26.330,96 € (Wiederbeschaffungswert 20.900,00 € zzgl. weiterer, unstreitiger Schadenspositionen: Sachverständigenkosten 1058,62 € Auslagenpauschale 25,00 €; Abschleppkosten 622,37 €; An- und Abmeldepauschale 80,00 €; Mietwagenkosten, gesamt 3.044,97 €; Schmerzensgeld 600,00 €).
3. Die Klägerin kann die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten allerdings nur in Höhe eines 1,3-fachen Gebührensatzes in Ansatz bringen. Die Umstände, die eine Erhöhung der Schwellengebühr tragen, sind nicht ausreichend dargetan. Nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Vergütung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Wird eine Geschäftsgebühr abgerechnet, die über der Schwellengebühr von 1,3 liegt, ist dies u.a. dann möglich, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war.
Vorliegend ist nach der Überzeugung des Gerichts der Ansatz einer auf 1,5 erhöhten Gebühr nicht angemessen. Die Schadenspositionen, die vorliegend zu berücksichtigen waren (Schmerzensgeld, Mietwagenkosten, Abschleppkosten, etc.), gehören zum Standardrepertoire einer Verkehrsunfallregulierung. Die von Beginn an unstreitige 100 % Haftungsquote der Beklagten spricht ebenfalls für die Einfachheit der vorliegenden Fallkonstellation. Der hier behauptete erhöhte Schreibaufwand mit zahlreichen Schreiben konnte mit den vorgelegten zwei Schreiben und einer Email die Überzeugung des Gerichts nicht erreichen. Ein ungewöhnlich häufiges Wiedereindenken in den Sachverhalt durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist ebenfalls nicht erkennbar. Die insgesamt fünf Einzelzahlungen durch die Beklagte erfolgten weitgehend in kurzen zeitlichen Abständen (08.01.2015, 08.01.2015, 09.01.2015, 21.01.2015, 04.03.2015). An die Erhöhung des Gebührensatzes rechtfertigenden anwaltlicher Tätigkeit, wie Zeugenbefragungen, streitige Kausalitäten, Ortsterminen oder komplexen Personen- oder Sachschäden (AG Ansbach, Urt. v. 28.09.2006 - 3 C 826/06; AG München, Urt. v. 22.6.2006 - 342 C 13685/05; AG Hamburg-Bergedorf, Urt. v. 13.05.2005 - 408 C 394/04; AG Karlsruhe, Urt. v. 08.12.2006 1 C 344/06; AG Mainz, Urt. 09.06.2006 - 86 C 51/08; AG Neumünster, Urt. v. 11.10.2010 - 36 C 2015/10, jeweils zitiert nach beck-online), fehlt es hier.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich folgende Berechnung der außergerichtlichen Anwaltskosten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten:
Gegenstandswert: bis EUR 30.000
Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG 1,3 € 1121,90
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG € 20,00
Zwischensumme netto € 1141, 90
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 216,96
zu zahlender Betrag € 1358,86
In Höhe von 1266,16 € ist der ursprüngliche klägerische Anspruch durch Zahlung der Beklagten gemäß § 362 BGB erloschen. Daraus ergibt sich ein von der Beklagten noch zu zahlender Restbetrag auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin in Höhe von 92,70 €.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, S. 1, Var. 2 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Cottbus
Gerichtsstraße 3 - 4
03046 Cottbus
einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
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Richter am Amtsgericht
Verkündet am 05.07.2016
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Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle