28.04.2017 · IWW-Abrufnummer 193589
Oberlandesgericht Oldenburg: Beschluss vom 13.03.2017 – 2 Ss (OWi) 40/17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Oldenburg (Oldenburg)
Beschluss
2 Ss(OWi) 40/17
In der Bußgeldsache
gegen pp.
Rechtsanwalt Kai Bäumer, Münsterstraße 41, 49477 Ibbenbüren
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Oberlandesgericht Oldenburg (Oldenburg) durch den Richter am Oberlandesgericht am 13.3.2017 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück vom 13.9.2016 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Ausgenommen von der Aufhebung sind die Feststellungen zur Fahrereigenschaft des Betroffenen.
Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 176 € und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft hält die Rechtsbeschwerde für durchgreifend.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde, ist mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts zulässig begründet worden.
Der Betroffene hat -zutreffend- geltend gemacht, er habe sich gegenüber der Verwaltungsbehörde, durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung und durch einen in der Hauptverhandlung gestellten -durch Beschluss abschlägig beschiedenen- Antrag, vergeblich um die Herausgabe einer Kopie der Messdatei und der gemäß § 31 Abs. 2 Nummer 4 MessEG aufzubewahrenden Nachweise bemüht. Der Betroffene rügt in erster Linie, dass er hierdurch in unzulässiger Weise in der Verteidigung beschränkt und insoweit auch sein rechtliches Gehör verletzt worden sei.
In der Sache hat die Rechtsbeschwerde einen vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung der Sache und Zurückverweisung an das Amtsgericht.
Die Rüge betreffend die Nichtherausgabe der Messdatei hat jedoch keinen Erfolg.
Der Rechtsbeschwerde ist allerdings dahingehend recht zu geben, dass sich aus dem Beschluss des Senats vom 18.4.2016 (DAR 2016, 404) nicht ergibt, dass dem Betroffenen die Messdatei zwecks eigener Überprüfung nicht zur Verfügung gestellt werden muss.
Der Senat hatte vielmehr in seinem Beschluss vom 6.5.2015 (DAR 2015, 406) ausgeführt, dass dem Betroffenen die Messdatei, da sie Grundlage und originäres, unveränderliches Beweismittel der Geschwindigkeitsmessung sei, zugänglich gemacht werden müsse. Dem Senatsbeschluss vom 6.5.2015 lag allerdings die - auch als solche bezeichnete Ausnahmesituation - zugrunde, dass sich auch das Amtsgericht erfolglos um Herausgabe der Messdatei bemüht, den Betroffenen aber gleichwohl verurteilt hatte.
Soweit es um die Frage geht, ob ein in der Hauptverhandlung durch Beschluss abschlägig beschiedener Antrag auf Herausgabe einer Kopie der Messdatei im Rahmen der Rechtsbeschwerde mit Erfolg gerügt werden kann, hält der Senat an dem im Beschluss vom 6.5.2015 genannten Grundsatz eines Anspruchs auf Zugänglichmachung der Messdatei nicht fest.
Der Senat folgt vielmehr dem ausführlich begründeten Beschluss des OLG Bamberg (DAR 2016, 337 ff.; zustimmend: König DAR 2016, 362, 371) wonach die Ablehnung eines Antrages der Verteidigung auf Einsichtnahme in die digitale Messdatei und deren Überlassung einschließlich etwaiger so genannter Rohmessdaten nicht gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens verstößt.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass es den Betroffenen und ihren Verteidigern durch diese Entscheidung erschwert wird, Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Messung aufzuzeigen. Dies ist allerdings die Konsequenz aus der Anerkennung des standardisierten Messverfahrens. Der Betroffene hat keinen Anspruch darauf, dass die Sachaufklärung mit bestimmten Beweismitteln erfolgt, etwa einem Gutachten. Ansonsten wäre das standardisierte Messverfahren unbrauchbar (Krenberger, Anmerkung zu OLG Bamberg a.a.O.,juris PR-VerkR 19/ 2016). Das Bußgeldverfahrän ist als Massenverfahren des täglichen Lebens vielmehr auf eine Vereinfachung des Verfahrensganges ausgerichtet, zumal es „nur" der verwaltungsrechtlichen Pflichtenmahnung und nicht der Ahndung kriminellen Unrechts dient (BGHSt 39, 291 ff).
Soweit das Amtsgericht den hilfsweise gestellten Antrag, zum Beweis der Tatsache, dass die Geschwindigkeitsmessung im konkreten Fall technisch fehlerhaft und die Messung daher unverwertbar gewesen sei, ein technisches Sachverständigengutachten einzuholen, ebenfalls abgelehnt hat, führt auch dies nicht zum Erfolg der Rechtsbeschwerde:
Da der Betroffene nicht mit Erfolg geltend machen kann, die Herausgabe der Messdatei - mit deren Hilfe der Betroffene sich in die Lage versetzen wollte, konkrete Einwendungen gegen die Messung zu erheben - sei zu Unrecht verweigert worden, liegt in der Ablehnung des gestellten Beweisantrages auf Einholung eines Gutachtens mangels konkreter Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Messung, keine Verletzung der Aufklärungspflicht und auch keine Verletzung rechtlichen Gehörs. Würde man in dieser Konstellation annehmen, das rechtliche Gehör sei durch die Ablehnung des Beweisantrages deshalb verletzt, weil der Betroffene sich vergeblich um die Messdatei bemüht habe und den Antrag deshalb nicht habe präziser fassen können (vgl. hierzu Senat DAR 2015, 406), würden die strengen Anforderungen an die Verfahrensrüge unterlaufen.
Zwar weicht der Senat mit dieser Entscheidung von einem Beschluss des OLG Gelle (1 Ss (OWi) 96/16 vom 16.6.2016), das durch eine Entscheidung, dem Betroffenen nicht die Möglichkeit einzuräumen auf die Rohmessdaten zurückzugreifen, das rechtliche Gehör als verletzt angesehen hat, ab. Diese Divergenz löst allerdings aus den zutreffenden Gründen des Beschlusses des OLG Bamberg vom 5.9.2016 (3 Ss OWi 1050/16, juris) keine Pflicht zur Vorlage an den BGH aus, da sich der Senat mit der Annahme, das rechtliche Gehör sei nicht dadurch verletzt, dass nicht zum Gegenstand der Urteilsfindung gemachte Unterlagen nicht beigezogen worden sind, in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung befindet.
Darüber hinaus sind die obigen Ausführungen für die hier zu treffende Entscheidung nicht tragend, da das angefochtene Urteil aus einem anderen Grund der Aufhebung unterliegt.
Durch die Ablehnung des Antrages, dem Betroffenen die Nachweise gemäß § 31 Abs. 2 Nummer 4 MessEG zur Verfügung zu stellen, hat das Amtsgericht gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens verstoßen und dadurch den Betroffenen in unzulässiger Weise in seiner Verteidigung im Sinne des § 338 Nr. 8 StPO in Verbindung mit § 46 OWiG beschränkt.
Gemäß § 31 Abs. 2 Nummer 4 MessEG hat derjenige, der ein Messgerät verwendet, sicherzustellen, dass Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe am Messgerät, einschließlich solcher durch elektronisch vorgenommene Maßnahmen, für einen Zeitraum von bis zu 3 Monaten nach Ablauf der Eichfrist, längstens für 5 Jahre, aufbewahrt werden.
Dem Einwand, die ordnungsgemäße Eichung sei durch die Unversehrtheit der Eichsiegel belegt, ist entgegenzuhalten, dass auch frühere Meldungen von Messbeamten über besondere Vorkommnisse oder die Ergebnisse von Wartungen von Interesse sind, die nicht zu einem Siegel brechenden Eingriff in das Gerät geführt haben. Darüber hinaus führt nicht jeder Eingriff zum Erlöschen der Eichung, wie auch umgekehrt die Eichung ohne Eingriffe erlöschen kann. Zum anderen können sich auch aus Reparaturen und Neueichungen, die der Messung nachfolgen, Rückschlüsse auf die Funktionsfähigkeit des Messgerätes zum Tatzeitpunkt ergeben (Cierniak, ZfS 2012, 664, 678).
Die Bejahung eines Anspruches auf Herausgabe der Unterlagen nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG widerspricht auch nicht der Rechtsauffassung des Senates, wonach ein Antrag auf Herausgabe der Rohmessdaten in der Hauptverhandlung durch das Gericht abgelehnt werden darf.
Hier geht es nämlich um die vorgelagerte Frage, ob tatsächlich ein standardisiertes Messverfahren zum Einsatz gekommen ist (Cierniak, aaO.). Der Senat folgt deshalb der Rechtsprechung des OLG Jena (NJW 2016,1457; zustimmend Leitmeier NJW 2016 1459) und des OLG Brandenburg (Beschluss vom 8.9.2016 (2 Z) 53 Ss-OWi 343/16 (163/16)), wonach die Nichtherausgabe der Unterlagen nach MessEG das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren (OLG Jena, aaO) verletzt bzw. die Verteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise beschränkt (OLG Brandenburg, aaO).
Allerdings teilte der Senat nicht die Auffassung der zuletzt genannten Oberlandesgerichte, wonach der Betroffene nicht zuvor eine gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG herbeigeführt haben muss. Soweit das OLG Jena und das OLG Brandenburg dies mit den ungewissen Erfolgsaussichten eines solchen Antrages begründen, vermag der Senat dem in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Von einer unzulässigen Beschränkung der Verteidigung kann deshalb nach Auffassung des Senates nur dann gesprochen werden, wenn der Betroffene sich -wie hier- zuvor auch durch einen Antrag nach § 62 OWiG vergeblich bemüht hat, in den Besitz der Unterlagen zu kornmen.
Die Sache war daher zu erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Ausgenommen werden von der Aufhebung konnten die Feststellungen zur Fahrereigenschaft des Betroffenen, da das Urteil insoweit einen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen lässt.
Beschluss
2 Ss(OWi) 40/17
In der Bußgeldsache
gegen pp.
Rechtsanwalt Kai Bäumer, Münsterstraße 41, 49477 Ibbenbüren
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Oberlandesgericht Oldenburg (Oldenburg) durch den Richter am Oberlandesgericht am 13.3.2017 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück vom 13.9.2016 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Ausgenommen von der Aufhebung sind die Feststellungen zur Fahrereigenschaft des Betroffenen.
Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 176 € und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft hält die Rechtsbeschwerde für durchgreifend.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde, ist mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts zulässig begründet worden.
Der Betroffene hat -zutreffend- geltend gemacht, er habe sich gegenüber der Verwaltungsbehörde, durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung und durch einen in der Hauptverhandlung gestellten -durch Beschluss abschlägig beschiedenen- Antrag, vergeblich um die Herausgabe einer Kopie der Messdatei und der gemäß § 31 Abs. 2 Nummer 4 MessEG aufzubewahrenden Nachweise bemüht. Der Betroffene rügt in erster Linie, dass er hierdurch in unzulässiger Weise in der Verteidigung beschränkt und insoweit auch sein rechtliches Gehör verletzt worden sei.
In der Sache hat die Rechtsbeschwerde einen vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung der Sache und Zurückverweisung an das Amtsgericht.
Die Rüge betreffend die Nichtherausgabe der Messdatei hat jedoch keinen Erfolg.
Der Rechtsbeschwerde ist allerdings dahingehend recht zu geben, dass sich aus dem Beschluss des Senats vom 18.4.2016 (DAR 2016, 404) nicht ergibt, dass dem Betroffenen die Messdatei zwecks eigener Überprüfung nicht zur Verfügung gestellt werden muss.
Der Senat hatte vielmehr in seinem Beschluss vom 6.5.2015 (DAR 2015, 406) ausgeführt, dass dem Betroffenen die Messdatei, da sie Grundlage und originäres, unveränderliches Beweismittel der Geschwindigkeitsmessung sei, zugänglich gemacht werden müsse. Dem Senatsbeschluss vom 6.5.2015 lag allerdings die - auch als solche bezeichnete Ausnahmesituation - zugrunde, dass sich auch das Amtsgericht erfolglos um Herausgabe der Messdatei bemüht, den Betroffenen aber gleichwohl verurteilt hatte.
Soweit es um die Frage geht, ob ein in der Hauptverhandlung durch Beschluss abschlägig beschiedener Antrag auf Herausgabe einer Kopie der Messdatei im Rahmen der Rechtsbeschwerde mit Erfolg gerügt werden kann, hält der Senat an dem im Beschluss vom 6.5.2015 genannten Grundsatz eines Anspruchs auf Zugänglichmachung der Messdatei nicht fest.
Der Senat folgt vielmehr dem ausführlich begründeten Beschluss des OLG Bamberg (DAR 2016, 337 ff.; zustimmend: König DAR 2016, 362, 371) wonach die Ablehnung eines Antrages der Verteidigung auf Einsichtnahme in die digitale Messdatei und deren Überlassung einschließlich etwaiger so genannter Rohmessdaten nicht gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens verstößt.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass es den Betroffenen und ihren Verteidigern durch diese Entscheidung erschwert wird, Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Messung aufzuzeigen. Dies ist allerdings die Konsequenz aus der Anerkennung des standardisierten Messverfahrens. Der Betroffene hat keinen Anspruch darauf, dass die Sachaufklärung mit bestimmten Beweismitteln erfolgt, etwa einem Gutachten. Ansonsten wäre das standardisierte Messverfahren unbrauchbar (Krenberger, Anmerkung zu OLG Bamberg a.a.O.,juris PR-VerkR 19/ 2016). Das Bußgeldverfahrän ist als Massenverfahren des täglichen Lebens vielmehr auf eine Vereinfachung des Verfahrensganges ausgerichtet, zumal es „nur" der verwaltungsrechtlichen Pflichtenmahnung und nicht der Ahndung kriminellen Unrechts dient (BGHSt 39, 291 ff).
Soweit das Amtsgericht den hilfsweise gestellten Antrag, zum Beweis der Tatsache, dass die Geschwindigkeitsmessung im konkreten Fall technisch fehlerhaft und die Messung daher unverwertbar gewesen sei, ein technisches Sachverständigengutachten einzuholen, ebenfalls abgelehnt hat, führt auch dies nicht zum Erfolg der Rechtsbeschwerde:
Da der Betroffene nicht mit Erfolg geltend machen kann, die Herausgabe der Messdatei - mit deren Hilfe der Betroffene sich in die Lage versetzen wollte, konkrete Einwendungen gegen die Messung zu erheben - sei zu Unrecht verweigert worden, liegt in der Ablehnung des gestellten Beweisantrages auf Einholung eines Gutachtens mangels konkreter Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Messung, keine Verletzung der Aufklärungspflicht und auch keine Verletzung rechtlichen Gehörs. Würde man in dieser Konstellation annehmen, das rechtliche Gehör sei durch die Ablehnung des Beweisantrages deshalb verletzt, weil der Betroffene sich vergeblich um die Messdatei bemüht habe und den Antrag deshalb nicht habe präziser fassen können (vgl. hierzu Senat DAR 2015, 406), würden die strengen Anforderungen an die Verfahrensrüge unterlaufen.
Zwar weicht der Senat mit dieser Entscheidung von einem Beschluss des OLG Gelle (1 Ss (OWi) 96/16 vom 16.6.2016), das durch eine Entscheidung, dem Betroffenen nicht die Möglichkeit einzuräumen auf die Rohmessdaten zurückzugreifen, das rechtliche Gehör als verletzt angesehen hat, ab. Diese Divergenz löst allerdings aus den zutreffenden Gründen des Beschlusses des OLG Bamberg vom 5.9.2016 (3 Ss OWi 1050/16, juris) keine Pflicht zur Vorlage an den BGH aus, da sich der Senat mit der Annahme, das rechtliche Gehör sei nicht dadurch verletzt, dass nicht zum Gegenstand der Urteilsfindung gemachte Unterlagen nicht beigezogen worden sind, in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung befindet.
Darüber hinaus sind die obigen Ausführungen für die hier zu treffende Entscheidung nicht tragend, da das angefochtene Urteil aus einem anderen Grund der Aufhebung unterliegt.
Durch die Ablehnung des Antrages, dem Betroffenen die Nachweise gemäß § 31 Abs. 2 Nummer 4 MessEG zur Verfügung zu stellen, hat das Amtsgericht gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens verstoßen und dadurch den Betroffenen in unzulässiger Weise in seiner Verteidigung im Sinne des § 338 Nr. 8 StPO in Verbindung mit § 46 OWiG beschränkt.
Gemäß § 31 Abs. 2 Nummer 4 MessEG hat derjenige, der ein Messgerät verwendet, sicherzustellen, dass Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe am Messgerät, einschließlich solcher durch elektronisch vorgenommene Maßnahmen, für einen Zeitraum von bis zu 3 Monaten nach Ablauf der Eichfrist, längstens für 5 Jahre, aufbewahrt werden.
Dem Einwand, die ordnungsgemäße Eichung sei durch die Unversehrtheit der Eichsiegel belegt, ist entgegenzuhalten, dass auch frühere Meldungen von Messbeamten über besondere Vorkommnisse oder die Ergebnisse von Wartungen von Interesse sind, die nicht zu einem Siegel brechenden Eingriff in das Gerät geführt haben. Darüber hinaus führt nicht jeder Eingriff zum Erlöschen der Eichung, wie auch umgekehrt die Eichung ohne Eingriffe erlöschen kann. Zum anderen können sich auch aus Reparaturen und Neueichungen, die der Messung nachfolgen, Rückschlüsse auf die Funktionsfähigkeit des Messgerätes zum Tatzeitpunkt ergeben (Cierniak, ZfS 2012, 664, 678).
Die Bejahung eines Anspruches auf Herausgabe der Unterlagen nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG widerspricht auch nicht der Rechtsauffassung des Senates, wonach ein Antrag auf Herausgabe der Rohmessdaten in der Hauptverhandlung durch das Gericht abgelehnt werden darf.
Hier geht es nämlich um die vorgelagerte Frage, ob tatsächlich ein standardisiertes Messverfahren zum Einsatz gekommen ist (Cierniak, aaO.). Der Senat folgt deshalb der Rechtsprechung des OLG Jena (NJW 2016,1457; zustimmend Leitmeier NJW 2016 1459) und des OLG Brandenburg (Beschluss vom 8.9.2016 (2 Z) 53 Ss-OWi 343/16 (163/16)), wonach die Nichtherausgabe der Unterlagen nach MessEG das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren (OLG Jena, aaO) verletzt bzw. die Verteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise beschränkt (OLG Brandenburg, aaO).
Allerdings teilte der Senat nicht die Auffassung der zuletzt genannten Oberlandesgerichte, wonach der Betroffene nicht zuvor eine gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG herbeigeführt haben muss. Soweit das OLG Jena und das OLG Brandenburg dies mit den ungewissen Erfolgsaussichten eines solchen Antrages begründen, vermag der Senat dem in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Von einer unzulässigen Beschränkung der Verteidigung kann deshalb nach Auffassung des Senates nur dann gesprochen werden, wenn der Betroffene sich -wie hier- zuvor auch durch einen Antrag nach § 62 OWiG vergeblich bemüht hat, in den Besitz der Unterlagen zu kornmen.
Die Sache war daher zu erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Ausgenommen werden von der Aufhebung konnten die Feststellungen zur Fahrereigenschaft des Betroffenen, da das Urteil insoweit einen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen lässt.