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  • 26.02.2019 · IWW-Abrufnummer 207440

    Oberlandesgericht Bamberg: Beschluss vom 19.11.2018 – 3 Ws 51/18

    Strafprozessuale Eingriffsbefugnisse stellen zugleich einen materiell-rechtlichen Rechtsfertigungsgrund dar. Im Falle einer Änderung der im Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme gültigen Vorschrift findet deshalb auch insoweit nach dem Meistbegünstigungsprinzip des § 2 III StGB das mildere Gesetz (hier: § 81a II 2 StPO in der am 24.08.2017 in Kraft getretenen Fassung vom 18.08.2017 [BGBl. I S. 3202/3203]) Anwendung.


    Oberlandesgericht Bamberg

    Beschluss vom 19.11.2018


    Zum Sachverhalt:

    Der Besch. ist Polizeibeamter. Ihm liegt ein Vergehen der Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB) zu Last, weil er eine Blutentnahme ohne vorherige Kontaktierung eines Richters nach der im Anordnungszeitpunkt in Kraft befindlichen Bestimmung des § 81a StPO in ihrer bis zum 23.08.2017 gültigen Fassung vom 17.07.2015 anordnete. Mit Bescheid vom 12.09.2018 hat der GStA der Be­schwerde des Ast. gegen die Verfügung der StA vom 23.07.2018, mit der diese das Ermittlungsverfahren gegen den Besch. gemäß § 170 II StPO eingestellt hat, keine Folge gegeben. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Ast. mit seinem Antrag auf gericht­liche Entscheidung.

    Aus den Gründen:

    Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet, weil nach dem Vortrag in der Antragsschrift eine Strafbarkeit des Besch. in jedem Fall ausscheidet. […] Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat […] keinen Erfolg, weil die vom Besch. in seiner Eigenschaft als Polizeibeamter getroffene Anordnung der Blutentnahme nach der seit dem 24.08.2017 gültigen Rechtslage rechtmäßig erfolgt und damit sein Verhalten zugleich gerechtfertigt ist.

    1. Der Umstand, dass […] die Voraussetzungen der Gefahr im Verzug nicht vorlagen und deshalb gemäß § 81a II StPO i.V.m. § 46 IV OWiG in der zur Tatzeit geltenden Fassung die Blutentnahme durch den Richter hätte angeordnet werden müssen, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der dem Besch. zur Last gelegten Handlung. Denn aufgrund der Neufassung der genannten Bestimmungen mit Wirkung vom 24.08.2017 [BGBl. I S. 3202/3203] ist nach § 46 IV 2 OWiG n.F. bei Verdacht einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a II StVG der Richtervorbehalt entfallen. Nach der neuen Rechtslage ist die Anordnung der Blutentnahme durch einen Polizeibeamten nicht nur prozessual rechtmäßig, sondern auch materiell gerechtfertigt. Denn die staatlichen Eingriffsbefugnisse stellen zugleich einen Rechtfertigungsgrund dar (Schönke/Schröder/Eser StGB 29. Aufl. § 223 Rn. 14, 15; Fischer StGB 65. Aufl. § 223 Rn. 36, jeweils m.w.N.).

    2. Obwohl die genannten Vorschriften erst nach der dem Besch. zur Last gelegten Tat geändert wurden, ist dies gemäß § 2 III StGB zu dessen Gunsten zu berücksichtigen. Nach dieser Bestimmung ist das mildeste Gesetz anzuwenden, wenn das bei Tatbeendigung geltende Gesetz vor der Entscheidung geändert wird. Maßgebend ist insoweit der gesamte sachlich-rechtliche Rechtszustand (Schönke/Schröder/Eser/Hecker § 2 Rn. 18; Fischer § 2 Rn. 8), der nicht nur die jeweilige Fassung des konkreten Deliktstatbestandes beinhaltet, sondern auch Änderungen im Allgemeinen Teil des Strafrechts, wie z.B. im Bereich der Rechtfertigungsgründe, einbezieht (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen [Hrsg.] Hassemer/Kargl StGB 5. Aufl. § 2 Rn. 24a; Satzger/Schluckebier/Widmaier StGB 3. Aufl. § 2 Rn. 22). Da nach der neuen Rechtslage das Verhalten des Polizeibeamten jedenfalls gerechtfertigt ist, führt dies in Anwendung des § 2 III StGB zur Straflosigkeit. […]

    (Mitgeteilt von Richter am OLG Dr. G. xxx, Bamberg)

    RechtsgebieteStGB, StVG, StPO, OWiGVorschriftenStGB §§ 2 III, 340; StVG § 24a II; StPO §§ 81a II 2, 170 II, 172, § 174 I, 177; OWiG § 46 IV 2