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  • 08.01.2020 · IWW-Abrufnummer 213436

    Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 14.11.2019 – 16 U 42/19

    Ein Rücktritt vom Kauf wegen eines Sachmangels ist auch dann, wenn dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden ist, in der Regel erst dann möglich, wenn zwei Nachbesserungsversuche des Verkäufers nicht zur Beseitigung des Mangels geführt haben.


    OLG Frankfurt 16. Zivilsenat

    14.11.2019


    Urteil

    vorgehend LG Hanau, 15. Januar 2019, 9 O 990/18, Urteil

    Tenor

    Die Berufung des Klägers gegen das am 15.1.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Hanau, 9. Zivilkammer, wird zurückgewiesen. Das Urteil des Landgerichts wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

    Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    Die Revision wird zugelassen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.

    Gründe

    I.

    Der Kläger nimmt die Beklagte nach erklärtem Rücktritt wegen Mängeln der Fahrzeuglackierung auf Rückzahlung des Kaufpreises für ein neu erworbenes Kraftfahrzeug abzüglich gezogener Nutzungen in Höhe von 17.437,50 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs in Anspruch.

    Der Kläger erwarb am 12.9.2017 von der Beklagten einen Neuwagen Marke1 zu einem Kaufpreis von 18.750,- Euro. Die Bestellung nimmt auf die rückseitig abgedruckten Neuwagen-Verkaufsbedingungen des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (K1, Bl. 49 f. d.A.) Bezug. Mit Schreiben vom 14.5.2018 (Anlage K 4) rügte der Kläger verschiedene Mängel der Lackierung des Fahrzeuges an der Motorhaube, der A-Säule und am Heckdeckel und setzte der Beklagten zur Nachbesserung eine Frist bis zum 30.5.2018.

    Mit Schreiben vom 28.5.2018 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten und bot an, dass der Kläger einen Marke1-Vertragshändler seiner Wahl für die Besichtigung und Nachbesserung aufsuchen solle. Ferner fragte er an, ob der Kläger auch Garantieansprüche geltend mache.

    Nach weiterer Korrespondenz, in der der Kläger klarstellte, ausschließlich Gewährleistungsansprüche geltend zu machen, verbrachte der Kläger nach einer Terminvereinbarung das Fahrzeug am 3.7.2018 zur Untersuchung zum Marke1 Center GmbH. Im Anschluss daran vereinbarten der Kläger und die Marke1 Center GmbH einen Termin zur Durchführung der Nachbesserung, die dann vom 14.8. bis 21.8.2019 stattfand. Einige Tage nach Abholung rügte der Kläger, dass die Mängel nicht vollständig beseitigt und die (teilweise) Neulackierung nicht fachgerecht ausgeführt sei. Zu einem bei einer weiteren Vorstellung des Fahrzeuges vereinbarten Termin zur Nacharbeit erschien der Kläger nicht. Mit Schriftsatz vom 24.9.2018 erklärte der Kläger sodann den Rücktritt vom Kaufvertrag.

    Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil einem Anspruch aus den §§ 437, 440, 323 i.V.m. §§ 346 ff. BGB auch bei unterstellter Mangelhaftigkeit der Lackierung entgegenstehe, dass keine erfolglose Nacherfüllung innerhalb angemessener Frist gegeben sei (§ 440 BGB). Ein Fehlschlagen der Nachbesserung sei nach der Regelung des § 440 S. 2 BGB erst nach einem erfolglosen zweiten Versuch gegeben. Hier habe der Kläger der Marke1 Center GmbH, welche nach Ziff. 2. a) der AGB die Nachbesserung für die Beklagte ausführen dürfe, jedoch keine weitere Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt, vielmehr sogar den vereinbarten weiteren Termin abgesagt. Die Einräumung einer weiteren Nachbesserungsmöglichkeit sei auch nicht ausnahmsweise nach Treu und Glauben i.S. von § 440 S. 1, 3. Alt. BGB ausgeschlossen. Denn die Marke1 Center GmbH habe eine zeitnahe weitere Nachbearbeitung in Aussicht gestellt, der Kläger gerate bei ordnungsgemäßer Nachbesserung der Lackierung auch nicht in den Verdacht verschwiegener Mängel und zudem habe die Beklagte auch noch nicht die in der Klageschrift gerügten weiteren Mängel einer Prüfung unterziehen können.

    Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt.

    Der Kläger stellt klar, dass er - entgegen dem Landgericht - nicht die Art der Nacherfüllung wechsele, sondern nach dem zunächst erfolgten Nachbesserungsverlangen nach Erfolglosigkeit den Rücktritt erklärt habe. Er vertritt die Auffassung, dass die von ihm am 14.5.2018 bis zum 30.5.2018 gesetzte Frist zur Nacherfüllung schon deshalb „erfolglos“ im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB abgelaufen sei, weil der Beklagten bzw. der für sie tätig gewordenen Marke1 Center GmbH bis dahin eine Beseitigung des Mangels nicht gelungen sei. Zum einen sei bis zum Ablauf der gesetzten Frist keine Mangelbeseitigungsmaßnahme vorgenommen worden. Zum anderen sei die im August 2018 vorgenommene Mangelbeseitigung nicht gelungen. Ein Mangel bestehe zum momentanen Zeitpunkt fort. Damit sei die Voraussetzung des § 323 Abs. 1 BGB gegeben.

    Eine zweite Möglichkeit zur Nachbesserung müsse er nicht geben. Das Gegenteil folge nicht aus § 440 S. 2 BGB. Diese Regelung gelte nur für den Fall, dass noch eine Frist zu setzen sei, weil § 440 S. 1 BGB als Ausnahmetatbestand lediglich die Fälle der Unzumutbarkeit einer Fristsetzung nach § 323 Abs. 2 BGB erweitere. Wenn beispielsweise der Fall des § 440 S. 1, 2. Alt BGB (Fehlschlagen der Nachbesserung) gegeben sei, sei eine Fristsetzung nach § 323 Abs. 1 BGB entbehrlich. Hier aber sei die gesetzte Frist erfolglos abgelaufen. Aus § 440 S. 2 BGB könne nicht generell ein Recht auf „zwei erfolglose Nachbesserungsversuche“ abgeleitet werden. Der Verkäufer habe keine zwei Versuche, wenn er die Frist „tatenlos versäumt“ habe. Dementsprechend seien Voraussetzungen für den Rücktritt nach Ablauf einer gesetzten Frist allein die Mangelhaftigkeit der Sache bei Übergabe und deren Fortbestand im Rücktrittszeitpunkt.

    Auch aus dem Umstand, dass der Kläger hier nach Fristablauf nicht zurückgetreten, sondern „erneut“ die Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben habe, folge nicht sei, dass er eine (weitere) Frist zur Nacherfüllung setzen müsse. Mit der Frist habe er eine Möglichkeit zur zweiten Andienung gehabt und ein Recht zur dritten Andienung gebe es nicht. Ansonsten stehe ein „gnädiger Verkäufer“, der nach Fristablauf die Möglichkeit zur Nachbesserung einräume, schlechter da als der, der dies nach Fristablauf nicht getan habe, weil er nun eine zweite Nachbesserungsmöglichkeit einräume.

    Der Kläger stützt sich für seine Auffassung auf eine Entscheidung des OLG Saarbücken (Urteil vom 9.9.2010 - 8 U 367/09, BeckRS 2010, 28141 und Juris), wonach der Käufer, wenn er dem Verkäufer eine Frist gesetzt hat und innerhalb der Frist eine erfolglose Nachbesserung vorgenommen wurde, nach Fristablauf zurücktreten kann, ohne dem Verkäufer eine weitere Gelegenheit zur Beseitigung des Mangels einräumen oder eine (weitere) Frist setzen zu müssen.

    Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

    Sie trägt ergänzend vor, dass bei dem weiteren Termin nach den erfolgten Arbeiten im August 2018 bei der Marke1 Center GmbH das Fahrzeug vorgestellt und die Beanstandungen aufgenommen wurden. Da dabei gleichzeitig ein Termin vereinbart worden sei, zu dem der Kläger nicht erschienen sei, sei das Verhalten des Klägers insofern widersprüchlich. Er habe darüber hinaus auch entgegen Ziff. VII 2.a) der Allgemeinen Vertragsbedingungen (Anlage K 1) die Beklagte als Verkäuferin nicht unverzüglich von den (weiter bestehenden) Mängeln unterrichtet.

    Anders als im Fall des OLG Saarbrücken sei die gesetzte Frist auch nicht fruchtlos abgelaufen, sondern man habe sich um die Nacherfüllung gekümmert und sich zur gebotenen weiteren Nachbesserung sogar bereit erklärt. Die Nachbesserung sei deshalb nicht fehlgeschlagen.

    Die Beklagte legt mit Schriftsatz vom 23.8.2019 nun das Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.5.2018 (Anlage B 3) und das Antwortschreiben des Klägervertreters vom 11.6.2018 (Anlage B 4) vor. Sie trägt vor, dass die Arbeiten bei der Marke1 Center GmbH dann „über Garantie abgewickelt“ worden seien.

    Sie vertritt die Auffassung, dass bei der Beurteilung, ob eine weitere Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben sei, auch zu berücksichtigen sei, dass es sich vorliegend um einen optischen Mangel handele und der Kläger bei der Präsentation des ersten Ergebnisses dieses für gut befunden habe. Darüber hinaus habe der Kläger dadurch, dass er sich nochmals zur Marke1 Center GmbH begeben habe, sich für eine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung entschieden, denn die Mangelaufnahme sei bekanntlich der erste Schritt der Nachbesserung. Dies müsse er vor einem Rücktritt weiterverfolgen.

    II.

    Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

    Das Landgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Kaufpreises aus den §§ 437, 440, 323 i.V.m. §§ 346 ff. BGB im Ergebnis zu Recht deshalb als nicht gegeben angesehen, weil es hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Mängel an der Lackierung des Fahrzeuges an der Voraussetzung einer erfolglosen Nacherfüllung innerhalb angemessener Frist im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB fehlt.

    1. Die mit Schreiben vom 14.5.2018 gesetzte Frist zur Nacherfüllung ist allerdings nicht schon deshalb erfolglos geblieben, weil die Beklagte bis zum 30.5.2018 keine Nachbesserung vorgenommen hat.

    a) Zum einen ist es für eine Nacherfüllung innerhalb der vom Gläubiger gesetzten Frist nicht erforderlich, dass der Nacherfüllungserfolg innerhalb der Frist eintritt. Nach ganz überwiegend vertretener Ansicht ist es ausreichend, wenn die Leistungshandlung innerhalb der Frist vorgenommen wird. Daran fehlt es beispielsweise, wenn der Schuldner sich innerhalb der gesetzten Frist überhaupt nicht bei dem Gläubiger - mit einem Angebot der Nacherfüllung oder dem Wunsch nach einer Terminvereinbarung - meldet. So war es hier jedoch nicht. Der Beklagtenvertreter hat den Klägervertreter unter Bezug auf das Mängelrügeschreiben und für die Marke1 Deutschland Niederlassung und auf Bitte der Beklagten zur weiteren Veranlassung bereits am 28.5.2018 (Anlage B 3 und Vollmacht vom 28.5.2018, Anlage B 5) angeschrieben und dem Kläger - wegen der räumlichen Entfernung zur Beklagten - vorgeschlagen, die Herstellergarantie in Anspruch zu nehmen und das Fahrzeug bei einem Marke1 Vertragshändler in seiner Nähe vorzustellen. Mit dem Angebot der Beklagten und Marke1 Deutschland vom 28.5.2019, auf welches der Kläger nach weiterer Korrespondenz eingegangen ist und das Fahrzeug zur Untersuchung zur Marke1 Center GmbH verbracht hat, ist eine erste Leistungshandlung von der Beklagten noch innerhalb der gesetzten Frist vorgenommen worden. Zwar ist das Angebot zur Untersuchung des Fahrzeugs noch keine unmittelbare Nachbesserungsmaßnahme. Der Verkäufer hat jedoch vor einer Nachbesserung das Recht, den Kaufgegenstand auf den behaupteten Mangel zu untersuchen. Die Untersuchung ist insofern ein erster notwendiger Schritt der Nacherfüllung (so auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rz. 967-969 m.w.N.). Dies gilt umso mehr, als der Kläger die behaupteten Mängel der Lackierung der Beklagten in dem Anwaltsschreiben vom 14.5.2018 nach sieben Monaten überhaupt erstmals mitgeteilt hat und die Beklagte innerhalb der Frist bei lebensnaher Betrachtung zunächst einmal nur eine Untersuchung vornehmen konnte.

    b) Selbst wenn man der vorgenannten Sichtweise, dass eine erste Leistungshandlung bereits innerhalb der Frist vorgenommen worden sei, nicht folgen will und die (erste) Nachbesserungshandlung erst mit der Untersuchung am 3.7.2018 oder gar mit den Reparaturmaßnahmen vom 14. - 21.8.2018 ansetzt, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Es trifft dann zwar zu, dass die - bis zum 30.5.2018 gesetzte - Frist an sich ohne Nacherfüllungserfolg abgelaufen ist. Gleichwohl kann jedoch nicht außer Acht bleiben, dass der Kläger der Beklagten trotz des Ablaufs der Frist „freiwillig“ eine Nachbesserungsmöglichkeit eingeräumt hat. Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn der Käufer unabhängig vom Ausgang des eingeräumten Nachbesserungsversuchs auf das mit Ablauf der Frist entstandene Rücktrittsrecht zurückgreifen könnte. Nimmt der Käufer nach Fristablauf sein Rücktrittsrecht nicht wahr und räumt dem Verkäufer freiwillig eine Nachbesserungsmöglichkeit ein, so befinden sich beide in der rechtlichen Lage wie vor Fristablauf.

    2. Die Nacherfüllung ist auch nicht deshalb erfolglos im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB geblieben, weil die vom 14. - 21.8.2018 durchgeführte Nachbesserungsmaßnahme - nach der Behauptung des Klägers - zu keiner vollständigen Mängelbeseitigung geführt hat. Der Kläger hätte der für die Beklagte tätig gewordenen Marke1 Center GmbH oder der Beklagten selbst eine weitere Möglichkeit einräumen müssen, die von ihm weiterhin als (teilweise) vorhanden behaupteten Mängel zu beseitigen.

    a) Dies folgt entgegen dem Landgericht allerdings nicht unmittelbar aus der Vorschrift des § 440 S. 2 BGB. Der Kläger beruft sich insofern zu Recht auf eine in Literatur und Rechtsprechung vertretene Rechtsauffassung, die darauf hinweist, dass die Regelung des § 440 S. 2 BGB nur für den Fall gilt, dass noch eine Frist zu setzen ist. Die Vorschrift des § 440 BGB erweitert ihrem Wortlaut nach allein die Tatbestände einer Entbehrlichkeit der Fristsetzung über § 281 Abs. 2 BGB und § 323 Abs. 2 BGB hinaus. Sie sieht in S. 1 weitere Fälle vor, in denen eine erfolglose Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht Voraussetzung eines Rücktritts ist. S. 2 der Vorschrift definiert allein den Begriff des Fehlschlagens im Sinne von S. 1, 2. Alt der Vorschrift, wonach es keiner Fristsetzung bedarf, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist. Aus Wortlaut und systematischer Stellung des § 440 S. 2 BGB ergibt sich deshalb nicht (zwingend), dass auch bei gesetzter Frist diese erst dann erfolglos geblieben ist, wenn zwei Nachbesserungsversuche nicht zum Erfolg geführt haben.

    b) Aus diesem Befund wird von einem Teil in Rechtsprechung und Literatur der Schluss gezogen, dem Verkäufer werde durch die Regelung des § 440 S. 2 BGB nicht generell ein Recht zur „zweimaligen Nachbesserung“ eingeräumt. Auf die Vorschrift komme es nur an, wenn es an der grundsätzlich erforderlichen Bestimmung einer Frist zur Nacherfüllung fehle. Sei, wie im vorliegenden Fall, eine Frist zur Nachbesserung gesetzt worden und habe die daraufhin erfolgte Nachbesserungsmaßnahme nicht zum Erfolg geführt, so müsse der Käufer dem Verkäufer vor einem Rücktritt keine zweite Nachbesserungsmöglichkeit einräumen (OLG Saarbücken, Urteil vom 9.9.2010 - 8 U 367/09, BeckRS 2010, 28141; Palandt/Weidenkaff, 77. Aufl., § 440 Rz. 1; Reinking/Eggert, a.a.O., Rz. 865 und Rz. 960 f.; Woitkewitsch MDR 2004, 862 ff.).

    c) Der Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen. Die Vorschrift des § 323 Abs. 1 BGB, wonach Voraussetzung für einen Rücktritt ist, dass die dem Schuldner gesetzte Frist zur Nacherfüllung „erfolglos“ geblieben ist, ist vielmehr dahin auszulegen, dass für eine Pflichtverletzung, die in der Lieferung einer mangelhaften Sache besteht, die auf eine Fristsetzung hin durch Nachbesserung unternommene Nacherfüllung in der Regel erst dann „erfolglos“ geblieben ist, wenn der Mangel auch nach zweimaligem Nachbesserungsversuch nicht beseitigt worden ist. Bei einer vorgenommenen oder begonnenen Nachbesserung, die den Erfolg nicht erreicht, ist jedenfalls für Kaufverträge der Regelung des § 440 S. 2 BGB die Wertung zu entnehmen, dass von der Erfolglosigkeit der (begonnenen) Nachbesserung in der Regel erst nach zwei Versuchen auszugehen ist. „Erfolglos“ in § 323 Abs. 1 BGB ist für kaufrechtliche Mängel im gleichen Sinne zu verstehen wie „fehlgeschlagen“ in § 440 S. 2 BGB.

    Diese Auslegung ist geboten, weil es sonst zu einem Wertungswiderspruch kommt. Es ist kein hinreichender Grund dafür ersichtlich, warum dem Verkäufer, der ohne Fristsetzung eine Nachbesserung unternimmt, in der Regel zwei Versuche eingeräumt werden, demjenigen aber, der auf Fristsetzung hin tätig wird, nur ein Nachbesserungsversuch zustehen soll. Ob der Verkäufer lediglich zur Beseitigung des Mangels aufgefordert wird oder ob ihm zusätzlich eine Frist gesetzt wird, hat nämlich allein der Käufer in der Hand. Zwar mag es sein, dass dann, wenn die Mängelbeseitigungsaufforderung zusätzlich mit einer Frist verbunden wird, die gewünschte Beseitigung ernstlicher erscheint. Gleichwohl kann nicht generell angenommen werden, dass die Bemühungen des Verkäufers zur Beseitigung des Mangels in diesem Fall anders gestaltet sind und allein deshalb ein Erfolg der Nachbesserung mit größerer Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann. Denn die Fristsetzung zielt in erster Linie auf eine zeitliche Komponente. Sie macht deutlich, dass der Käufer die Mangelbeseitigung in überschaubarer Zeit erwartet.

    Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Fristsetzung im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB nicht die Setzung eines bestimmten Endtermins voraussetzt, sondern es genügt, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen - etwa ein Verlangen nach schneller Behebung gerügter Mängel - deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht (BGH NJW 2016, 3654). Die Grenze zwischen schlichter Mangelbeseitigungsaufforderung und Fristsetzung zur Nachbesserung ist deshalb nicht scharf zu ziehen, sondern hängt davon ab, wie dringend der Käufer sein Nachbesserungsverlangen im Einzelfall formuliert. Es erscheint nicht sachgerecht, wenn davon anhängt, ob dem Verkäufer nach nicht (vollständig) gelungener Nachbesserung eine zweite Möglichkeit zur Nachbesserung einzuräumen ist oder nicht. Stellt man an eine der Setzung eines Endtermins gleichkommenden dringende Aufforderung nur geringe Anforderungen, so verbleibt im Übrigen für die Regelung des § 440 S. 2 BGB nur ein schmaler Anwendungsbereich.

    Für die hier befürwortete Auslegung spricht schließlich auch die Interessenlage: Denn der Schuldner, der einen ersten Nachbesserungsversuch unternommen hat, wird - anders als meist bei einer Pflichtverletzung, die in bloßer Nichtleistung besteht - dafür in der Regel Mittel aufgewendet haben, die nutzlos würden, obwohl möglicherweise nur noch ein geringer Aufwand erforderlich ist, um die Nachbesserung zum Erfolg zu führen.

    d) Das Landgericht hat auch überzeugend begründet, warum dem Kläger auch nicht aus anderen Gründen ausnahmsweise ein weiterer Nachbesserungsversuch unzumutbar ist. Dies greift die Berufung nicht an. Zu ergänzen ist, dass den Kläger die „optischen Mängel“ der Lackierung offenbar auch deshalb nicht erheblich beeinträchtigen, weil er die bereits am 30.10.2017 im Ansatz bemerkten Mängel erst am 14.5.2018 gegenüber der Beklagten gerügt hat. Darüber hinaus rügt er mit der Klage auch weitere Mängel (an der C-Säule), die er vorgerichtlich noch nicht geltend gemacht hat.

    3. Entgegen der Auffassung der Beklagten muss der Kläger ihr bzw. der Marke1 Center GmbH eine weitere Nachbesserungsmöglichkeit, unabhängig von der unter 2. erörterten Fragestellung, nicht schon deshalb einräumen, weil er entgegen der Bestimmung in Ziff. VII. 2. a) S. 1, 2. Hs. der einbezogenen Neuwagen-Verkaufsbedingungen (Anlage K 1) die Beklagte nicht davon unterrichtet hat, dass die bei der Marke1 Center GmbH durchgeführte „erste Mangelbeseitigung erfolglos“ war. Die Regelung sieht keine Rechtsfolge für den Fall der Unterlassung vor, hat aber erkennbar den Zweck, den Verkäufer (Händler) in dem Fall, dass die Nachbesserung bei einem vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieb vorgenommen wurde, über die Erfolglosigkeit zu unterrichten, damit er selbst Maßnahmen ergreifen und gegebenenfalls einen weiteren Nachbesserungsversuch unternehmen kann. Rechtsfolge einer Verletzung der Mitteilungspflicht könnte deshalb die Obliegenheit sein, dass der Käufer dem Verkäufer eine (weitere) Nachbesserungsmöglichkeit einräumen muss. Die Bestimmung geht jedoch nach ihrem Wortlaut von der gesetzlichen Möglichkeit zweier Nachbesserungsversuche aus. Folgt man der unter 2. dargestellten Auffassung, dass ein solcher dem Verkäufer nach einer erfolgten Fristsetzung nicht eingeräumt zu werden braucht, fehlt es an einem Kausalzusammenhang zwischen unterlassener Mitteilung und dem Verlust einer eigenen Nachbesserungsmöglichkeit. Folgt man der hier vertretenen Auffassung, dass eine solche gesetzlich besteht, so kann die Beklagte einen Nachbesserungsversuch anstelle der Marke1 Center GmbH anbieten. Angesichts dessen, dass beide von Anfang an durch denselben anwaltlichen Bevollmächtigten vertreten wurden und werden, kann davon ausgegangen werden, dass die Beklagte davon wusste, dass der Kläger die Nachbesserung bei der Marke1 Center GmbH hat vornehmen lassen, Die Wirksamkeit des Rücktritts hängt deshalb auch bei einer Verletzung der Mitteilungspflicht nach Ziff. VII. 2. a) S. 1, 2. Hs. der Neuwagen-Verkaufsbedingungen von der unter 2. dargestellten Rechtsfrage ab.

    4. Der Kläger hat auch nicht sein Recht zum Rücktritt deshalb verwirkt, weil er sich nach Aufnahme der Rüge, es bestünden Mängel fort, zunächst für eine zweite Nachbesserung entschieden und dafür einen Termin vereinbart, diesen aber später abgesagt und den Rücktritt erklärt hat. Es stellt bereits kein widersprüchliches Verhalten dar, wenn der Käufer, nachdem er möglicherweise aufgrund anwaltlicher Beratung erkannt zu haben glaubt, bereits jetzt ein Rücktrittsrecht zu haben, seine Entscheidung ändert. Für eine Verwirkung fehlt es jedenfalls an einem Umstandsmoment. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass sie bzw. die Marke1 Center GmbH im Vertrauen auf das zweite Nachbesserungsverlangen Dispositionen getroffen hat, die sie nicht oder nur unter erheblichem Aufwand rückgängig machen konnten. Auf Nachfrage hat der Beklagtenvertreter im Termin erklärt, es sei lediglich die Terminreservierung für den vereinbarten Tag storniert worden.

    III.

    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils beruht auf § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

    Eine Zulassung der Revision war geboten, weil die Rechtssache im Hinblick auf die vom OLG Saarbrücken, wenn auch als obiter dictum, vertretene Rechtsauffassung, die in der kaufrechtlichen Literatur teilweise geteilt wird, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 ZPO).

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit dieses Urteils ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 323 Abs. 1 BGB, § 440 S. 1 BGB, § 440 S. 2 BGB, § 437 Nr. 2 BGB