05.05.2020 · IWW-Abrufnummer 215483
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 07.11.2019 – 3 Ws (B) 360/19
1. Der Betroffene hat mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde keinen Erfolg nach § 80 Abs. 2 Nr.1 OWiG, wenn in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt ist, welche Handlungen im Einzelnen § 23 Abs. 1a StVO unterfallen.
2. Zu den Handlungen, die § 23 Abs. 1a StVO unterfallen (ständige Rechtsprechung KG, Beschluss vom 14. August 2019 - 3 Ws (B) 273/19 -, juris).
Kammergericht
Beschluss vom 7. November 2019
3 Ws (B) 360/19 - 122 Ss 150/19
340 OWi 331/19
In der Bußgeldsache gegen
XXX
wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit
hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts am 7. November 2019 beschlossen:
Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 11. September 2019 wird verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten seiner nach § 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG als zurückgenommen geltenden Rechtsbeschwerde zu tragen (§ 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Der Senat merkt lediglich an:
In Verfahren, in denen ‒ wie hier - die verhängte Geldbuße nicht mehr als 100 Euro beträgt, ist ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn der Zulassungsgrund der Fortbildung des materiellen Rechts nach § 80 Abs. 2 OWiG oder jener der ‒ hier nicht gerügten - Verletzung rechtlichen Gehörs nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG erfolgreich geltend gemacht wird.
Der Zulassungsantrag stützt sich vorliegend allein auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Ihm bleibt der Erfolg versagt, da es nicht geboten ist, die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts zuzulassen. Der vorliegende Einzelfall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch zu schließen. Klärungsbedürftige Rechtsfragen sind nicht ersichtlich.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist hinreichend geklärt und bedarf deshalb keiner (weiteren) Entscheidung durch den Senat, welche Handlungen im Einzelnen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1a StVO erfüllen. So ist das bloße Aufnehmen oder Halten eines elektronischen Gerätes ‒ ohne das Hinzutreten eines Benutzungselementes - nicht ausreichend, den Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO zu erfüllen (vgl. Senat, Beschluss vom 14. August 2019 ‒ 3 Ws (B) 273/19 -; OLG Stuttgart, Beschluss vom 3. Januar 2019 ‒ 2 Rb 24 Ss 1269/18 -; OLG Brandenburg, Beschluss vom 18. Februar 2019 ‒ (2 Z) 53 Ss-OWi 50/19 (25/19) -; OLG Hamm, Beschluss vom 28. Februar 2019 ‒ 4 RBs 30/19 -; OLG Oldenburg, Beschluss vom 17. April 2019 ‒ 2 Ss (OWi) 102/19, alle bei juris; OLG Celle, Beschlüsse vom 7. Februar 2019 ‒ 3 Ss (OWi) 8/19 -, juris und vom 24. Juni 2019 ‒ 2 Ss (Owi) 192/19 -, BeckRS 2019, 12872). Erforderlich ist vielmehr ein Zusammenhang des Aufnehmens oder Haltens mit einer der Bedienfunktionen des Gerätes, also mit seiner Bestimmung zur Kommunikation, Information oder Organisation (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 45. Aufl., § 23 StVO Rn. 32). Eine Benutzung des Gerätes setzt indessen nicht voraus, dass etwa eine Verbindung zum Mobilfunknetz zustande kommt, vielmehr ist eine solche bereits bei Ablesen der Uhrzeit oder des Ladezustandes (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Februar 2019, a.a.O.) oder bei Betätigung einer Taste zur bloßen Kontrolle der Funktionstüchtigkeit des Gerätes (vgl. KG, Beschluss vom 14. Mai 2019 ‒ 3 Ws (B) 160/19 -, juris) gegeben. Ein Zusammenhang zwischen dem Halten des Geräts und seiner Bedienfunktion ist ebenso gegeben, wenn der Betroffene während der Fahrt ein Mobiltelefon in der Hand hält und mehrere Sekunden auf das Display schaut (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. April 2019 ‒ 3 RBs 45/19 -, juris; OLG Celle, Beschluss vom 7. Februar 2019 a.a.O.; OLG Oldenburg a.a.O.). Ferner können aus der Art und Weise, in der das Gerät gehalten wird, Rückschlüsse auf dessen Nutzung gezogen werden (OLG Oldenburg a.a.O.). Es bedarf jedoch weder der Feststellung, welche Bedienfunktion konkret genutzt worden ist, noch ist die Wahrnehmung von Sprechbewegungen für die Annahme einer Nutzung des Gerätes zwingend erforderlich (vgl. OLG Hamm a.a.O.).
Die Frage, ob sich die Tatrichterin an diese Rechtsprechung gehalten hat, ist lediglich eine solche des Einzelfalls, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts nicht gebietet (vgl. Senat, Beschluss vom 22. September 2017 ‒ 3 Ws (B) 260/17 -, m.w.N.).
Auch das Vorbringen der Antragsbegründung gegen die Beweiswürdigung des Amtsgerichts verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das Rechtsbeschwerdegericht prüft die Beweiswürdigung im Zulassungsverfahren grundsätzlich nicht auf Rechtsfehler, weil ein derartiger Verstoß regelmäßig auf den Einzelfall bezogen ist und folglich keinen Zulassungsgrund darstellen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Januar 2018 ‒ 3 Ws (B) 21/18 ‒ m.w.N.). Ob die Schlussfolgerung des Tatrichters hier durch Tatsachen gestützt ist, ist eine solche Frage des Einzelfalls und kann nicht verallgemeinert werden.
Einer weitergehenden Begründung bedarf der Beschluss nicht (§ 80 Abs. 4 Satz 3 OWiG).