10.09.2020 · IWW-Abrufnummer 217799
Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 08.07.2020 – 14 U 27/20
1. Steht der vom Kläger geltend gemachte Anspruch (hier: Verdienstausfall) nur zur Höhe im Streit, während der Anspruch dem Grunde nach unstreitig ist, darf kein (Teil-)Grundurteil ergehen (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 19. Februar 1991 - X ZR 90/89). Lässt sich das Urteil des Erstgerichts insoweit nicht als Endurteil aufrechterhalten, ist es (teilweise) aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen.
2. Der Erlass eines Teilurteils gem. § 301 Abs. 1 ZPO setzt die Teilbarkeit des Streitstoffes, die Entscheidungsreife eines Teils des Streitverhältnisses sowie - als ungeschriebenes Merkmal - die Unabhängigkeit des Teilurteils von der Entscheidung des restlichen Streits voraus. Ein Teilurteil darf auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit eines Streitgegenstands nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 437/14). Steht die Haftung des in Anspruch genommenen Unfallgegners bzw. des Versicherers dem Grunde nach außer Streit, kann hinsichtlich einzelner, voneinander unabhängiger Schadenspositionen (hier: Schmerzensgeld und Haushaltsführungsschaden) durch abschließendes Teilurteil entschieden und der Rechtsstreit hinsichtlich der weiteren Positionen (hier: Verdienstausfall) fortgesetzt werden.
3. Der Maßstab für die billige Entschädigung i.S.v. § 253 BGB muss unter Berücksichtigung ihrer Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion für jeden einzelnen Fall durch Würdigung und Wägung aller ihn prägenden Umstande neu gewonnen werden; das auf diese Weise gewonnene Ergebnis ist anschließend im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz anhand von in sog. Schmerzensgeldtabellen erfassten Vergleichsfällen zu überprüfen, wobei aber die dort ausgewiesenen Beträge schon we-gen der meist nur begrenzt vergleichbaren Verletzungsbilder nicht schematisch übernommen werden dürfen. Die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes hängt entscheidend vom Maß der durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen des Geschädigten ab, so-weit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten sind oder zu diesem Zeitpunkt mit ihnen als künftiger Verletzungsfolge ernstlich gerechnet werden muss. Die Schwere dieser Belastungen wird vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bestimmt; besonderes Gewicht kommt etwaigen Dauerfolgen der Verletzungen zu (vgl. Senat, Urteil vom 19. Februar 2020 - 14 U 69/19, juris-Rn. 53 - 54 mwN).
4. Für den Haushaltsführungsschaden sind die konkreten Umstände des Falls maßgeblich. Zur Darlegung eines Haushaltsführungsschadens muss der Geschädigte daher im Einzelnen darlegen, welche Tätigkeiten, die vor dem Unfall im Haushalt verrichtet wurden, unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausgeübt werden können; ein bloßer allgemeiner Verweis auf eine bestimmte prozentuale Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Fähigkeit zur Haushaltsführung genügt nicht (Senat, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 14 U 73/06, juris). Der Haushaltsführungsschaden ist nicht anhand von Tabellenwerken, sondern auf der Basis der konkreten Lebensverhältnisse des Geschädigten zu ermitteln (Senat, Urteil vom 26. Juni 2019 - 14 U 154/18, VersR 2019, 1157, NJW-RR 2019, 1306, juris-Rn. 156ff. mwN, 173).
5. Eine zeitliche Begrenzung für den Ersatz des Haushaltsführungsschadens, z. B. bis zum 75. Lebensjahr, ist nicht vorzunehmen, sofern keine konkreten Umstände in der Person des Geschädigten vorliegen, die eine Begrenzung rechtfertigen würden (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 24. März 2020 - 22 U 82/18, juris-Rn. 11 mwN). Eine Tenorierung, nach der die Zahlungen "auf Lebenszeit" zu erbringen seien, ist unbedenklich und steht insbesondere einem etwaigen späteren Vorgehen des Schädigers nach § 323 ZPO (Abänderungsklage) nicht entgegen.
6. Das Gesetz sieht die Anhörung einer Partei zur Sachverhaltsaufklärung vor, § 141 Abs. 1 ZPO. Das Gericht muss versuchen, den Sachverhalt umfassend aufzuklären; dass hierbei gegenüber dem schriftsätzlichen Vorbringen neuer Tatsachenvortrag ausgelöst werden kann, liegt im Wesen der Aufklärung.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15. Januar 2020 verkündete Teil-Schluss- und Teil-Grundurteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg [6 O 53/17] teilweise wie folgt abgeändert:
Soweit die Beklagte zur Zahlung von Schmerzensgeld nebst Zinsen verurteilt wordenist (LGU-Tenor Ziff. 1), wird die Klage abgewiesen.
Soweit das Landgericht durch Teil-Grundurteil entschieden (LGU-Tenor Ziff. 2 und 3) und den Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten teilweise abgewiesen (LGU-Tenor Ziff. 6 "Freistellungsklage") hat, wird das Urteil einschließlich des Verfahrens aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht Lüneburg zurückverwiesen.
Die weitergehende Berufung (LGU-Tenor Ziff. 4 bis 5) wird zurückgewiesen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 320.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall im Jahr 2011 geltend, bei dem sie schwer verletzt wurde. Die alleinige Haftung der Unfallgegnerin, der Versicherungsnehmerin der Beklagten, steht dem Grunde nach außer Streit. Die Beklagte erbrachte - teils vorprozessual, teils im Laufe des Rechtsstreits - verschiedene Zahlungen, unter anderem auch auf diejenigen Positionen, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind. Die Parteien streiten hier um die Höhe des Schmerzensgeldes, des Verdienstausfallschadens und des Haushaltsführungsschadens.
Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit am 15. Januar 2020 verkündeten Urteil hat das Landgericht nach Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Verdienstausfallschaden und Zeugenvernehmung zum Haushaltsführungsschaden der Klage im Wege eines Teil-Schluss- und Teil-Grundurteils zum überwiegenden Teil stattgegeben und der Klägerin insbesondere ein weiteres Schmerzensgeld von 40.000 € (100.000 € abzüglich bereits gezahlter 60.000 €), einen Anspruch auf Zahlung von Verdienstausfall dem Grunde nach, einen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach sowie weitere Ansprüche wegen des Haushaltsführungsschadens für die Vergangenheit in Höhe von 2.470,33 € und ab März 2018 bis zum Lebensende von monatlich jeweils 335,67 € zugesprochen. Daneben hat es "die weitergehende Haushaltsführungsschadens- und Freistellungklage (...) abgewiesen". Zur Begründung führt das Landgericht im Wesentlichen Folgendes aus: Die Entscheidung durch Teil- und Grundurteil sei vorliegend zulässig. Ein Schmerzensgeld von 100.000 € sei im Hinblick auf die Verletzungen und Verletzungsfolgen, das Alter und die Person der Klägerin sowie die Einschränkungen ihres Familien- und Freizeitlebens unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu vergleichbaren Fällen angemessen; davon seien die geleisteten 60.000 € in Abzug zu bringen. Die von der Beklagten vorgelegten anderweitigen Entscheidungen seien nicht vergleichbar. Im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen sei die Klägerin unfallbedingt in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt; in welcher Höhe daraus ein Erwerbsschaden entstanden ist, sei noch durch weitere Beweisaufnahme festzustellen. Die Klägerin habe dem Grunde nach einen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die von der Klägerin in Ansatz gebrachte Gebühr von 2,5 sei übersetzt, sie habe nur einen Anspruch auf Ersatz einer 1,8-Geschäftsgebühr. Die Höhe errechne sich nach dem Gesamtbetrag des zuzusprechenden Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspruchs. Die Bestimmung der Höhe bleibe dem Schlussurteil vorbehalten. Die Klägerin habe ab April 2016 bis zu ihrem Lebensende einen monatlichen Haushaltsführungsschaden von 335,67 €, da sie unfallbedingt nur eingeschränkt zu Hausarbeiten in der Lage sei. Aufgrund der Beweisaufnahme, der persönlichen Anhörung der Klägerin und der unfallbedingten Verletzungen stehe fest, dass die Klägerin vor dem Unfall 22,5 Wochenstunden Haushaltstätigkeit erbracht habe, und unfallbedingt lediglich 12,5 Stunden im Haushalt tätig sein könne. Von den 10 Wochenstunden Einschränkung seien wöchentlich 30 Minuten im Hinblick auf Urlaube abzuziehen. Bei dem Stundensatz sei von 8 € auszugehen. Für den Zeitraum bis Februar 2018 verbleibe unter Berücksichtigung erfolgter Zahlungen der Beklagten ein Anspruch in Höhe von 2.470,33 €; für die Zeit danach bestehe ein Anspruch auf 335,67 € monatlich, die bis zum Lebensende der Klägerin fortlaufend monatlich im Voraus zu entrichten seien.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt, soweit sie vor dem Landgericht unterlegen ist. Sie macht insbesondere Folgendes geltend: Die Entscheidung durch Teilschluss- und Teilgrundurteil sei nicht zulässig gewesen und verstoße gegen §§ 300, 301, 304 ZPO. Hinsichtlich des Verdienstausfalls sei ein Gutachten eingeholt und der Sachverständige angehört worden. Neuen Sachvortrag gebe es nicht. Eine weitere Beweisaufnahme sei nicht erforderlich und vom Landgericht auch nicht angeordnet worden. Der Rechtsstreit sei daher auch insoweit entscheidungsreif, als das Landgericht durch Teilgrundurteil entschieden habe. Im Übrigen hätte auch deshalb nicht durch Teilgrundurteil entschieden werden dürfen, weil die Parteien allein über die Schadenshöhe streiten würden, die Haftung dem Grunde nach dagegen unstreitig sei. Damit sei auch der Erlass eines Teilurteils unzulässig, zumal das Urteil gerade nicht der Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung diene. Das Landgericht habe im Übrigen nicht über den Klageantrag zu 3 (= Feststellungsantrag betr. den Verdienstausfallschaden für den Zeitraum ab 1.1.2018) entschieden. Im Hinblick auf das vorprozessuale Anerkenntnis der Beklagten fehle es am Rechtsschutzbedürfnis für den Feststellungsantrag und sei auch kein Grundurteil nachvollziehbar. Ein Schmerzensgeld von 100.000 € lasse sich nicht rechtfertigen. Das von ihr gezahlte Schmerzensgeld von 60.000 € sei angemessen und nicht zu beanstanden. Die vom Landgericht herangezogenen Entscheidungen beträfen schwerere Verletzungen; ihrerseits vorgelegte Entscheidungen seien vergleichbar. Zudem habe das Landgericht bestrittene und nicht bewiesene Beeinträchtigungen berücksichtigt. Auch hinsichtlich der Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hätte kein Grundurteil ergehen dürfen, zumal das Urteil bereits eine Entscheidung über die Höhe begründe, als ausgeführt ist, dass nur eine 1,8-Gebühr angemessen sei. Hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens wendet sich die Beklagte nicht gegen den Stundensatz, allerdings gegen die zu Grunde gelegte Stundenzahl und gegen die Verurteilung zur Zahlung auf Lebenszeit der Klägerin. Durch letzteres sei jegliche Möglichkeit zur Abänderung des ausgeurteilten Betrages ausgeschlossen; auch der Weg über § 323 ZPO sei ihr abgeschnitten. Eine Verurteilung auf Lebenszeit hätte nicht erfolgen dürfen. Vielmehr hätte eine Beschränkung "in etwa bis maximal zum 75. Lebensjahr der Klägerin" erfolgen müssen. Soweit es die Stundenzahl anbelangt, sei eine objektive Ermittlung der Beeinträchtigung nicht erfolgt. Das Landgericht habe lediglich die Angaben der Klägerin und die Zeugenaussage des Ehemannes berücksichtigt und sich mit den Einwendungen der Beklagten nicht auseinandergesetzt. Das Landgericht habe verkannt, dass es nicht darauf ankomme, was nach dem Unfall noch tatsächlich gemacht wird, sondern was nach dem Unfall noch gemacht werden kann, d. h. was an Fähigkeiten noch vorhanden ist oder was ggf. eingeschränkt ist. Es hätte eine ärztliche Feststellung erfolgen müssen. Ein vom Landgericht herangezogener alter Arztbericht aus dem Jahr 2015 sei für die Bemessung des Haushaltsführungsschadens nicht maßgebend. Eine erforderliche Beweisaufnahme sei nicht durchgeführt worden. Die Beklagte meint, die Klägerin habe ihren Schaden nicht hinreichend dargelegt; sie habe nur pauschale Behauptungen aufgestellt, in der mündlichen Verhandlung habe das Landgericht die Klägerin dann - im Zivilverfahren unzulässig - ausforschend befragt. Zum Teil habe das Landgericht Tätigkeiten bzw. Zeiten berücksichtigt, die dem Hobbybereich zuzurechnen seien, insbesondere die Tierversorgung.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Teilschluss- und Teilgrundurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Lüneburg zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung des Landgerichts gegen die Angriffe der Berufung. Sie macht insbesondere geltend, hinsichtlich des Verdienstausfalls habe das Landgericht im Hinblick auf ihr Vorbringen zu einer etwaigen abhängigen Beschäftigung und dem entsprechenden Hilfsantrag zu Recht fehlende Entscheidungsreife angenommen. Entgegen der Einwendung der Beklagten bestehe beim Verdienstausfall Streit auch zum Grund des Anspruchs. Andernfalls hätte die Beklagte das landgerichtliche Urteil insofern rechtskräftig werden lassen können. Das Schmerzensgeld sei zutreffend mit 100.000 € bewertet worden, die Beklagte verkenne auch im Berufungsverfahren die erheblichen Unfallfolgen. Die Entscheidung über die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sei ebenfalls nicht entscheidungsreif. Auch die Angriffe gegen den zuerkannten Haushaltsführungsschaden gingen fehl: Zu Recht habe das Landgericht den Anspruch bis zum Lebensende ausgeurteilt und nicht nur bis zum 75. Lebensjahr; die Höhe habe das Landgericht nachvollziehbar und sorgfältig nach umfassender Beweisaufnahme begründet.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie wie aus dem Tenor ersichtlich teilweise Erfolg.
1. Das Landgericht durfte nicht durch Teil-Grundurteil entscheiden.
a) Die Zulässigkeit eines Grundurteils richtet sich nach § 304 ZPO. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist, grundsätzlich alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind, und wenn nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (st. Rspr., u. a. BGH, Urteil vom 08.09.2016 - VII ZR 168/15, Rn. 21 mwN, juris). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils sind in allen Instanzen von Amts wegen zu prüfen (Feskorn in: Zöller, ZPO, 33. Auflage, § 304 Rn. 28 mwN).
b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht in Gänze vor. Der Verdienstausfallschaden sowie der Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist dem Grunde nach nicht streitig. Etwas Anderes ist den Akten nicht zu entnehmen, ebenso wenig dem angefochtenen Urteil (vgl. dort insbes. S. 9 und 10). Die Beklagte hat vorprozessual ihre Einstandspflicht für die materiellen und immateriellen Schäden der Klägerin aufgrund des Unfalls anerkannt. Sie hat u. a. auf den Verdienstausfallschaden Zahlungen von insgesamt 40.000 € erbracht (vgl. Bl. 11 und 99 d. A.). Sie hat bereits in der Klagerwiderung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es lediglich um die Schadenshöhe gehe (vgl. Bl. 99 d. A.) und ist dem Begehren der Klägerin zum Verdienstausfall insbesondere mit der Begründung entgegengetreten, das Vorbringen sei unsubstantiiert, die Klägerin sei nur zu 30% erwerbsgemindert, und die Klägerin hätte den behaupteten Verdienst nicht erwirtschaftet. Danach besteht kein Zweifel, dass der Anspruch auf Verdienstausfall dem Grunde nach nicht im Streit stand. In einem solchen Fall kommt im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des § 304 Abs. 1 ZPO, der ausdrücklich auch einen Streit zum Anspruchsgrund verlangt, mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Erlass eines (Teil-)Grundurteils nicht in Betracht. Ist nur der Betrag streitig, nicht dagegen der Grund, darf kein Grundurteil ergehen (vgl. Feskorn in: Zöller, 33. Auflage, § 304 Rn. 5 mwN, u. a. BGH, Urteil vom 19. Februar 1991 - X ZR 90/89, juris-Rn. 6).
c) Demzufolge kann das landgerichtliche Urteil insoweit, als über die Klage nur zum Anspruchsgrund im Sinne des § 304 ZPO entschieden worden ist (LGU-Tenor Ziff. 2 und 3), keinen Bestand haben. Insoweit lässt sich das Urteil im Übrigen auch nicht als Endurteil aufrechterhalten (vgl. insofern BGH, Urteil vom 19. Februar 1991 - X ZR 90/89, juris-Rn. 7), weil das Landgericht nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe zweifelsfrei ersichtlich nur ein Zwischenurteil zum Grund treffen wollte; das schließt ein Verständnis als Teilendurteil aus. Auf den Hilfsantrag der Beklagten war das angefochtene Urteil danach insoweit teilweise aufzuheben und die Sache an das Landgericht, das im Übrigen nach Auskunft der Parteivertreter in der Berufungsverhandlung bereits die Beweisaufnahme fortsetzt, zurückzuverweisen.
2. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils liegen überwiegend vor, nicht allerdings in Bezug auf die Teilklagabweisung wegen der begehrten Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
a) Gem. § 301 Abs. 1 ZPO setzt der Erlass eines Teilurteils die Teilbarkeit des Streitstoffes, die Entscheidungsreife eines Teils des Streitverhältnisses sowie - als ungeschriebenes Merkmal - die Unabhängigkeit des Teilurteils von der Entscheidung des restlichen Streits voraus (Feskorn, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 301, Rn. 3 mwN). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit eines Streitgegenstands nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 1.3.2016 - VI ZR 437/14, Rn. 30; BGH, Urteil vom 20.8.2019 - II ZR 121/16, Rn. 17; BGH, Urteil vom 16.8.2007 - IX ZR 63/06, Rn. 26 mwN, alle zitiert nach juris). Dies gilt auch, soweit es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen, noch das Gericht gem. § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (BGH, Urteil vom 12.4.2016 - XI ZR 305/14, Rn. 29, juris). Es genügt eine Präjudizialität. Sie besteht, wenn der durch Teilurteil beschiedene und der noch rechtshängige Anspruch von gemeinsamen Vorfragen abhängen (BGH, Urteil vom 21.8.2014 - VII ZR 24/12, Rn. 9, juris; insgesamt: Feskorn, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 301, Rn. 12 mwN). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (BGH, Urteil vom 12.4.2016 - XI ZR 305/14, Rn. 29, juris; vgl. auch Senat, Urteil vom 08. Januar 2020 - 14 U 96/19, juris-Rn. 28).
b) Gemessen an diesen Voraussetzungen besteht hier die Gefahr, dass es im Teil- und im Schlussurteil zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen kann, insoweit nicht, als das Landgericht abschließend über den Schmerzensgeldanspruch und den Haushaltsführungsschaden erkannt hat. Denn die Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit (s. o.), und streitig sind nun lediglich noch die Höhe des Verdienstausfalls und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die Höhe der erstgenannten Positionen ist nicht von derjenigen der letztgenannten abhängig. Widersprüchlichkeit in den Entscheidungen droht daher nicht. Demgegenüber erscheint hinsichtlich des vom Landgericht teilweise zur Höhe entschiedenen Anspruchs auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht ausgeschlossen, dass es infolge - gegebenenfalls auch nur möglicher - abweichender Beurteilung durch das Berufungsgericht im Falle eines zum Schlussurteil geführten Berufungsverfahrens zu einander widersprechenden Entscheidungen kommen könnte. Insofern ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Höhe des Gebührensatzes nach Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit richtet (vgl. Nr. 2300 VV RVG) und nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint, dass das weitere Verfahren zur Ermittlung des Verdienstausfallschadens zu einer gegenüber der im angefochtenen Urteil enthaltenen abweichenden Beurteilung führen könnte.
c) Danach konnte das angefochtene Urteil insoweit, als das Landgericht über den geltend gemachten Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten teilweise zur Höhe entschieden hat (LGU-Tenor Ziff. 6 "Freistellungsklage"), keinen Bestand haben. Auf den Hilfsantrag der Beklagten war das angefochtene Urteil insoweit gemäß § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen, d. h. soweit das Landgericht durch Teilendurteil über den Schmerzensgeldanspruch und den Haushaltsführungsschaden entschieden hat, hatte der Senat in der Sache zu entscheiden (dazu nachfolgend).
3. Schmerzensgeldanspruch
Das Landgericht hat das Schmerzensgeld mit 100.000 Euro zu hoch bemessen. Der Senat erachtet im vorliegenden Fall ein Schmerzensgeld von 60.000 Euro für angemessen.
a) Der Senat verkennt nicht, dass es eine absolut angemessene Entschädigung für nichtvermögensrechtliche Nachteile nicht gibt, da diese nicht in Geld messbar sind (BGH GSZ 18, 149 [156, 164]; OLG Hamm zfs 2005, 122 [123]). Der Maßstab für die billige Entschädigung i.S.v. § 253 BGB muss deshalb unter Berücksichtigung ihrer Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion für jeden einzelnen Fall durch Würdigung und Wägung aller ihn prägenden Umstande neu gewonnen werden (BGH VersR 1976, 967; OLG Hamm zfs 2005, 122 [123]); das auf diese Weise gewonnene Ergebnis ist anschließend im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz anhand von in sog. Schmerzensgeldtabellen erfassten Vergleichsfällen zu überprüfen, wobei aber die dort ausgewiesenen Beträge schon wegen der meist nur begrenzt vergleichbaren Verletzungsbilder nicht schematisch übernommen werden dürfen (vgl. Senat, Urteil vom 19. Februar 2020 - 14 U 69/19, juris-Rn. 53 - 54 mwN).
Die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes hängt entscheidend vom Maß der durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen des Geschädigten ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten sind oder zu diesem Zeitpunkt mit ihnen als künftiger Verletzungsfolge ernstlich gerechnet werden muss (BGH VersR 1976, 440; 1980, 975; 1988, 299 [OLG Nürnberg 16.09.1986 - 3 U 2021/84]; Senat, a. a. O.; OLG Hamm zfs 2005, 122 [123]). Die Schwere dieser Belastungen wird vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bestimmt; besonderes Gewicht kommt etwaigen Dauerfolgen der Verletzungen zu (Senat, a. a. O.; OLG Hamm a. a. O.).
b) Ausgehend davon sind zunächst insbesondere folgende unstreitigen Verletzungen und Verletzungsfolgen zu berücksichtigen (s. im Einzelnen LGU S. 11ff.):
- Berstungsfraktur des BWK 6
- Kompressionsfrakturen der BWK 11, 12 und LWK 1
- Schürfwunde der linken Gesichtshälfte
- Schürfwunde präpatellar rechts mit Knieprellung rechts
- Handprellung links
- OP am Unfalltag, 11 Tage stationär, davon 3 Tage intensivmedizinische Behandlung
- Reha-Maßnahmen vom 20.01. bis 25. 01.2012 (stationär), vom 25.01. bis 25.02.2012 (stationäre) und ab dem 01.03.2012
- zunächst eingeschränkte Rumpfbeweglichkeit, Schmerzen
- erneute OP in 2013 (Einbringung neuen Materials zur Stabilisierung des Berstungsbruchs)
- danach Not-OP im September 2013 wg. Kapsel-Läsionen und Ruptur-Defekten der Leber; 1 Woche Intensivstation
- mehrmonatige ambulante Reha-Maßnahmen
- dauerhaft kann die Klägerin keine schweren Arbeiten im Haushalt ausführen
- MdE nach den Operationen; dauerhafte MdE bei 30% bezogen auf ihren Beruf (Innenarchitektin)bzw. 40% bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
- zahlreiche Narben, u. a. auf dem Rücken unter im Bauchbereich
- Einschränkungen bei der Gestaltung der Freizeit
Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung, dort S. 6 unten, rügt, das Landgericht habe zum Teil Beeinträchtigungen der Klägerin zugrunde gelegt, die bestritten worden seien, wird dies nicht näher ausgeführt; die Beklagte belässt es bei einem Verweis auf ihren Schriftsatz vom 18.10.2019 (Bl. 423ff. d. A.). Darin geht es aber nur am Rande um die Intensität der aktuellen Beeinträchtigungen der Klägerin, primär dagegen um Verdienstausfall und Haushaltsführungsschaden. Die Beklagte hat in dem Schriftsatz zudem lediglich einzelne Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung aufgegriffen, um darzulegen, dass die Klägerin ihre Einschränkungen übertreibe und ihr an Haushaltstätigkeiten mehr möglich sei, als sie angegeben hatte. Danach bleibt unklar, welche konkreten Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen bestritten sein sollen bzw. welche Verletzungen oder Verletzungsfolgen das Landgericht nicht ohne Beweisaufnahme hätte zugrunde legen dürfen. Der allgemeine Verweis auf das erstinstanzliche Vorbringen, hier zudem unklar bleibend im Hinblick auf den Inhalt des in Bezug genommenen Schriftsatzes, genügt ebenfalls nicht. Im Übrigen stehen die wesentlichen und damit im vorliegenden Fall letztlich für die Bemessung des Schmerzensgeldes entscheidenden Primärverletzungen und Verletzungsfolgen, wie dargestellt, außer Streit.
c) Auch unter Berücksichtigung anderweitiger Gerichtsentscheidungen hält der Senat hier ein Schmerzensgeld im Bereich von 60.000 Euro für angemessen.
Zwar mag das vom Landgericht herangezogene Urteil des LG München I vom 10.04.2003 - 19 O 4923/97 - (vgl. LGU S. 15) eine Bemessung mit 100.000 Euro im vorliegenden Fall vertretbar erscheinen lassen. Es dürfte sich aber um eine "Ausreißerentscheidung" handeln, oder wesentliche Umstände sind unbekannt. Denn bereits das vom Landgericht ebenfalls herangezogene Urteil des OLG Hamm vom 14.05.2012 - I-6 U 187/11 - (vgl. LGU S. 15f.) betrifft ganz erheblich schwerere Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen der dortigen Geschädigten (insbesondere Angewiesensein auf einen Rollstuhl und Pflegehilfe selbst bei der Körperhygiene).
Nicht zu Unrecht hat das Landgericht darauf verwiesen, dass die von der Beklagten vorgelegten Entscheidungen (vgl. Bl. 141ff. d. A.) andere Verletzungen betreffen (Bl. 141 d. A. [LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 11.04.2001, 8 O 2881/00]: u. a. Unterschenkelamputation, dauerhaft MdE 80%; Bl. 142 d. A. [LG Kleve, Urteil vom 20.05.2005, 1 O 522/03]: u. a. Schädelhirntrauma und diverse Knochenfrakturen, dauerhaft MdE 50%; Bl. 143 d. A. [OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.01.2009, I-1 U 113/05]: Multitrauma, diverse Frakturen, dauerhaft Erwerbsmöglichkeit ausgeschlossen; Bl. 144 d. A. [LG Osnabrück, Urteil vom 11.04.2007, 2 O 575/04]: faktische Erblindung nach Hirnblutung, dauerhafte MdE 100%). Allerdings kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass jene zugrundeliegenden Verletzungen durchweg schwerer sind als die der Klägerin, den Geschädigten aber gleichwohl jeweils "nur" ein Schmerzensgeld von 60.000 € zugesprochen wurde.
Festzustellen ist auch, dass in der Rechtsprechung Schmerzensgeldbeträge über 100.000 € regelmäßig erst bei bleibenden kognitiven Beeinträchtigungen nach schweren Schädelhirntraumen oder der Notwendigkeit einer Amputation im Bereich der unteren Extremitäten bzw. einer dauerhaften Rollstuhlbenutzung zuerkannt werden (vgl. Senat Urteil vom 18. September 2013 - 14 U 167/12, juris-Rn. 91; in jenem Fall hielt der Senat im Übrigen gut 90.000 Euro für angemessen bei schwersten Primärverletzungen und ungewöhnlich stark beeinträchtigenden körperlichen und psychischen Dauerfolgen, wobei dies auf einem groben Verschulden des Versicherungsnehmers der Beklagten beruhte, vgl. juris-Rn. 90; vgl. im Übrigen auch die dort juris-Rn. 92ff. angeführte Vergleichsrechtsprechung).
Von Umständen schwerster körperlicher und psychischer Dauerfolgen ist der Fall der Klägerin weit entfernt. Das zuzubilligende Schmerzensgeld muss daher deutlich unterhalb dessen liegen, was in jenen Fällen zugesprochen wurde.
Unter anderem folgende Entscheidungen bestätigen, dass vorliegend 60.000 Euro angemessen und demgegenüber die vom Landgericht zuerkannten 100.000 Euro zu hoch bemessen sind:
(1) Ebenfalls Berstungsfraktur, aber insgesamt weniger schwerwiegende Verletzungsfolgen, allerdings auch nur ein Schmerzensgeld von 15.000 €:
Verletzung
Instabile Berstungsfraktur des LWK 1 mit intraspinal dislozierten Fragmenten, kleinere knöcherne Absprengungen am Trochanter major des linken Oberschenkels, Hämatom am rechten Oberschenkel
Dauer und Umfang der Behandlung/ Arbeitsunfähigkeit/ Minderung der Erwerbsfähigkeit
2 OP, insg. 22 Tage stationärer Aufenthalt, 4 Monate AU zu 100%
Person des Verletzten
Frau
Dauerschaden
30% Höhenverlust sowie 30% Masseverlust der LWK 1
Besondere Umstände, die für die Entscheidungen maßgebend waren
Bei der Schmerzensgeldbemessung hat das Gericht insb. die lange Behandlungsdauer sowie die Einschränkungen im Berufs- und Privatleben der Kl. berücksichtigt. Kl. kann nicht mehr reiten, Inlineskaten und joggen. Heben von Lasten sowie längeres Sitzen, Stehen oder Liegen am Stück sind der Kl. schmerzbedingt nicht möglich. Es bestand eine MdE von 30% für das erste Jahr nach dem Unfallereignis bzw. 20% bis 3 Jahre nach dem Unfallereignis
Gericht, Datum der Entscheidung und Aktenzeichen
LG Wiesbaden, 17.3.2011 -9 O 342/08-
Betrag
15000,00 € + immat. Vorbehalt
Indexanpassung (2020)
16768,00 €
Lfd. Nummern
30.1891, 31.2323, 32.1931, 33.1922, 34.1803, 35.1732, 36.1664, 37.1612, 38.1652
(2) Ebenfalls Berstungsfraktur, aber im Übrigen ganz erheblich schwerere Verletzungen und Verletzungsfolgen, daher auch Schmerzensgeld von 162.500 €:
Verletzung
Polytrauma mit stumpfem Bauchtrauma, Magen- und multiple Darmrupturen, Entfernung der Milz und der rechten Niere, Verletzung der Bauchdecken mit Dekollement, Berstungsfraktur des 3. LWK, Fortsetzungsfrakturen 2-5 links und 3-4 rechts der LWK, Frakturen der 7. u. 8. Rippen links, Sterno-Clavicula-Sprengung rechts, Mittelhand-Trümmerfraktur links, Abriss des Mesenterialarterienastes, Schädelhirntrauma mit links occipitaler Blutung sowie rechtsfrontaler Blutung und einem basalen Ödem
Dauer und Umfang der Behandlung/ Arbeitsunfähigkeit/ Minderung der Erwerbsfähigkeit
Mehrere Krankenhausaufenthalte von insgesamt etwa 3 Jahren, davon die ersten 4 Monateim Koma, mehrere Operationen
Person des Verletzten
20-jähr. Azubi (Friseuse)
Dauerschaden
Beide Beine spastisch gelähmt, hochgradige Funktionseinschränkung der WS; auf Rollstuhl angewiesen, den Klägerin lediglich mit dem rechten Bein etwas anschieben kann; vollständig auf fremde Hilfe bei der Nahrungszubereitung, der Körperpflege und den sonstigen täglichen Verrichtungen angewiesen; Sprach- und Denkstörungen, Beeinträchtigung der Handfunktionen; zahlreiche entstellende Narbenbildungen; dauernde Arbeitsunfähigkeit, ständige lebenslange krankengymnastische Behandlung
Besondere Umstände, die für die Entscheidungen maßgebend waren
Auch wenn keine völlige Lähmung vorliegt und auch Blasen- und Darmfunktion unter Kontrolle sind sowie eine besondere Sühnefunktion des Schmerzensgeldes nicht zum Zuge kommt, da der Unfall auf der Heimfahrt von einem gemeinsamen Gaststättenbesuch mit einem Freund geschah, ist das Schmerzensgeld bei der sehr erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität der jungen Klägerin angemessen. Verzögerliche Schadensregulierung. Es können noch Zukunftsschäden entstehen
Gericht, Datum der Entscheidung und Aktenzeichen
LG Hanau, 10.6.1994 -1/8 O 170/92-
Veröffentlichung
zfs 1994, 443
Betrag
325000,00 DM (162500,00 €) + immat. Vorbehalt
Indexanpassung (2020)
233525,00 €
Lfd. Nummern
17.1666, 18.2021, 19.2284, 20.2573, 21.2830, 22.2901, 23.2904, 24.2841, 25.2830, 26.2842,27.2827, 28.2855, 29.2843, 30.2915, 31.1875, 32.2988, 33.3017, 34.3001, 35.2971, 36.2931
(3) Ebenfalls Brustwirbelkörperverletzung, aber im Übrigen ganz erheblich schwerere Verletzungen und Verletzungsfolgen, daher auch Schmerzensgeld von 150.000 €:
Verletzung
Schwerstes offenes Schädelhirntrauma mit beidseits frontobasalen Kontusionen, Hirnödem und traumatischer Subarachnoidalblutung, Trümmerfraktur des rechten Orbitadaches, der Stirnhöhlenvorder- und Stirnhöhlenhinterwand rechtsseitig sowie des Siebbeindaches, des Mittelgesichts und des Nasengerüsts, instabile Brustwirbelkörperverletzung (BWK 8) ohne Einengung des Spinalkanals, stumpfes Thoraxtrauma mit beidseitiger Thoraxkontusion, Pneumothorax paravertebral rechts, Sprunggelenksfraktur rechts mit calcaneotalarer Luxation rechts und Calcaneusfraktur rechts, Ellenbogengelenksverletzung links, nichtdislozierte Beckenfraktur links
Dauer und Umfang der Behandlung/ Arbeitsunfähigkeit/ Minderung der Erwerbsfähigkeit
Insg. 6 OP, monatelanger stationärer Aufenthalt, anschließend lange stationäre Reha, insg. 152 Tage stationärer Aufenthalt mit MdE zu 100%
Person des Verletzten
29-jähr. Mann, Dachdecker
Dauerschaden
Halbseitenblindheit mit Ausfall einer Hälfte des Gesichtsfelds und eine hiermit verbundene dauerhafte Fahruntüchtigkeit, Zephalgien, asymmetrische Augen-Stirn-Partie, leichte motorische Sprachstörungen, leichte bis mittelgradige Gedächtnisstörungen sowie Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, psychische Veränderungen, diskrete neutrogene Fußheberschwäche, geringe Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Sprunggelenk, beidseitige Extensions- und Flexionsdefizite nebst Schmerzen und Minderung der Gebrauchsfähigkeit des linken Arms, zahlreiche Narben am Oberkörper, MdE um 70%
Besondere Umstände, die für die Entscheidungen maßgebend waren
Das Gericht hat vorrangig die massivsten Verletzungen des Klägers bei der zuerkannten Schmerzensgeldbemessung zugrunde gelegt. Berücksichtigt wurden auch u. a. die evtl. zu erwartenden Spätfolgen wie Meningitis, Spätabszess, Spätepilepsie, Myelopathie mit chronischem Querschnittssyndrom. Dem Kläger verbleiben nicht nur körperliche, sondern auch schwere psychische Schäden. Er kann seinen Beruf nicht mehr ausüben und auch im Privatleben bestehen erhebliche Einschränkungen. Eine erfolgreiche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist dem Kläger nur noch eingeschränkt möglich
Gericht, Datum der Entscheidung und Aktenzeichen
OLG Thüringen, 27.1.2010 -4 U 928/07-
Betrag
150000,00 € + immat. Vorbehalt
Indexanpassung (2020)
172589,00 €
Lfd. Nummern
30.2911, 31.1748, 32.1565, 33.1569, 34.1496, 35.1426, 36.1354, 37.1300, 38.1330
(4) Ebenfalls Kompressionsfraktur, aber im Übrigen ganz erheblich schwerere Verletzungen und Verletzungsfolgen, daher auch Schmerzensgeld von 120.000 €:
Verletzung
Drittgradig offene Oberschenkel- und Kniegelenkstrümmerfraktur rechts, dislozierte distale Radiusfraktur und BWK 11-Kompressionsfraktur, Polytrauma
Dauer und Umfang der Behandlung/ Arbeitsunfähigkeit/ Minderung der Erwerbsfähigkeit
Im Laufe von 5 Jahren über 500 Tage im Krankenhaus mit diversesten Operationen und immer wieder anschließenden Rehas
Person des Verletzten
62-jähr. Frau
Dauerschaden
MdE: 45%
Besondere Umstände, die für die Entscheidungen maßgebend waren
25% Mithaftung wegen Nichtanlegen des Gurts auf dem Rücksitz. Die Klägerin war durch den Unfall schwerst psychisch beeinträchtigt, da ein Enkelkind in ihren Armen verstarb; dies dürfte das Schlimmste sein, was einem Menschen psychisch passieren kann. Im rechten Bein ist das Kniegelenk versteift worden und aufgrund mehrfacher operativer Eingriffe inzwischen eine Längenverkürzung um 6 cm eingetreten. Die Weichteilverhältnisse seien ungünstig, im Bereich des Kniegelenks bestünden ausgedehnte Fibrosierungen und ausgedehnte Verwachsungen, außerdem eine ausgeprägte Schwäche auf der rechtsseitigen hüftgelenksübergreifenden Muskulatur. Die Hauptbeeinträchtigung ergebe sich aus der schweren Gehbehinderung aufgrund der Beinlängendifferenz und der Versteifung des rechten Knies. Eigentlich müssen Nägel aus dem Bein entfernt werden. Das Risiko einer Infektion sei jedoch so groß, dass man davon derzeit Abstand nehme, da im Falle einer erneuten Infektion das Bein möglicherweise amputiert werden müsse. Die Klägerin müsse immer noch auf zwei Krücken gehen, sitze teilweise im Rollstuhl. Mit einer weiteren Verschlimmerung ist zu rechnen. Bei der Schmerzensgeldbemessung war auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin sich mit einer sehr zögerlichen Regulierung konfrontiert sah
Gericht, Datum der Entscheidung und Aktenzeichen
LG München I, 21.12.2006 -19 O 15666/03-
Betrag
120000,00 €(Mithaftung) und 250€ Rente monatlich + immat. Vorbehalt
Indexanpassung (2020)
144326,00 €
Lfd. Nummern
26.2974, 27.2965, 28.3003, 29.3000, 30.3076, 31.306, 32.209, 33.205, 34.200, 35.189,36.193, 37.201, 38.204
(5) Ebenfalls Kompressionsfraktur, aber im Übrigen schwerere Verletzungen und Verletzungsfolgen, daher auch Schmerzensgeld von 75.000 €:
Verletzung
Kompressionsfraktur des 4. BWK, Rippenbruch, Commotio cerebri
Dauer und Umfang der Behandlung/ Arbeitsunfähigkeit/ Minderung der Erwerbsfähigkeit
12 Tage, stationär. Weitere MdE:
1 Jahr 20%
1 Jahr 10%
Person des Verletzten
24-jähr. Student
Dauerschaden
Querschnittssymptomatik, Lähmungen bzw. Ausfall der Blasen- und Mastdarmentleerung sowie Potenzverlust MdE: 70%
Gericht, Datum der Entscheidung und Aktenzeichen
KG Berlin, 25.5.1992 -12 U 3342/91-
Betrag
150000,00 DM (75000,00 €) + immat. Vorbehalt
Indexanpassung (2020)
115939,00 €
Lfd. Nummern
16.1232, 17.1617, 18.1958, 19.2208, 20.2496, 21.2741, 22.2816, 23.2813, 24.2748, 25.2733,26.2741, 27.2712, 28.2733, 29.2716, 30.2780, 31.2619, 32.2241, 33.2236, 34.2133, 35.2061
d) Soweit es den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch anbelangt, ist daher nach alledem das LGU insoweit teilweise abzuändern und der Klägerin kein weiteres Schmerzensgeld zuzubilligen, nachdem von der Beklagten insgesamt 60.000 Euro bereits gezahlt worden sind. Mangels Hauptanspruch hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf die in Bezug auf das Schmerzensgeld geltend gemachten Verzugszinsen.
4. Haushaltsführungsschaden
Insoweit bleiben die Berufungsangriffe letztlich ohne Erfolg.
a) Der Senat ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Diese Bindung entfällt, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 ZPO). Konkrete Anhaltspunkte in diesem Sinne sind alle objektivierbaren rechtlichen oder tatsächlichen Einwände gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Derartige konkrete Anhaltspunkte können sich unter anderem aus dem Vortrag der Parteien, vorbehaltlich der Anwendung von Präklusionsvorschriften auch aus dem Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz ergeben. Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Bei der Berufungsinstanz handelt es sich um eine zweite - wenn auch eingeschränkte - Tatsacheninstanz, deren Aufgabe in der Gewinnung einer fehlerfreien und überzeugenden und damit richtigen Entscheidung des Einzelfalls besteht. Daher hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Überzeugungsbildung nicht nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (zum Vorstehenden s. BGH, Beschluss vom 04. September 2019 - VII ZR 69/17, Rn. 11 mwN, juris).
b) Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab liegen konkrete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der landgerichtlichen Feststellungen auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nicht vor.
Das Landgericht hat sich unter Ziffer II. 4. der Entscheidungsgründe (LGU S. 18ff.) sehr umfangreich und eingehend mit dem Vortrag der Parteien, den Angaben der Klägerin im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung und den Bekundungen des Zeugen G. auseinandergesetzt. Es ist zu Recht von den konkreten Umständen des Falls ausgegangen. Denn zur Darlegung eines Haushaltsführungsschadens muss der Geschädigte im Einzelnen darlegen, welche Tätigkeiten, die vor dem Unfall im Haushalt verrichtet wurden, unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausgeübt werden können; ein bloßer allgemeiner Verweis auf eine bestimmte prozentuale Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Fähigkeit zur Haushaltsführung genügt nicht (Senat, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 14 U 73/06 -, juris). Der Haushaltsführungsschaden ist nicht anhand von Tabellenwerken, sondern auf der Basis der konkreten Lebensverhältnisse des Geschädigten zu ermitteln (Senat, Urteil vom 26. Juni 2019 - 14 U 154/18, VersR 2019, 1157, NJW-RR 2019, 1306, juris-Rn. 156ff. mwN, 173).
Das Landgericht ist in nachvollziehbarer Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Berücksichtigung der unstreitigen Verletzungen und Verletzungsfolgen die Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes zu den Haushaltstätigkeiten vor und nach dem streitgegenständlichen Unfall im Wesentlichen plausibel und glaubhaft sind. Dass es vereinzelt zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann abweichende Angaben gegeben hat, hat das Landgericht berücksichtigt (z.B. LGU S. 21 bzgl. Fensterputzen). Im Übrigen waren die Unterschiede vergleichsweise derart geringfügig, dass sie bei der ohnehin nach § 287 ZPO vorzunehmenden Schadensschätzung nicht wesentlich ins Gewicht fallen (z.B. ob die Klägerin nun einen gefüllten großen Topf heben kann oder nicht, ob sie Kartoffeln im Stehen schälen kann oder nicht).
Soweit die Beklagte allgemein rügt, dass Landgericht habe ausschließlich die Angaben der Klägerin und des Zeugen zugrunde gelegt, ist dies unerheblich. Maßstab für die Überzeugungsbildung ist § 286 ZPO. Danach spricht grundsätzlich nichts dagegen, sich nur auf die Bekundungen einer Partei und eines Zeugen, sei es auch der Ehemann der Partei, zu stützen. Daher ist es auch nicht verfahrensfehlerhaft gewesen, nicht zusätzlich noch dem weiteren Beweisantritt der Klägerin nachzugehen und ein Sachverständigengutachten einzuholen, wie die Beklagte meint. Dies gilt auch insoweit, als die Frage im Raum steht, inwieweit die Klägerin aus medizinischer Sicht bestimmte Tätigkeiten noch oder nicht mehr machen kann. Es spricht nichts Durchgreifendes dagegen, hier die entsprechenden Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes unter Berücksichtigung der unstreitigen Verletzungen und Verletzungsfolgen sowie der vorhandenen Unterlagen, insbes. dem ärztlichen Bericht vom 21.09.2015 (Anlage K 14), ausreichen zu lassen; etwas anderes zeigt auch die Beklagte mit ihrer Berufungsbegründung nicht konkret auf.
Soweit die Beklagte meint, das Landgericht habe die Klägerin ausforschend befragt, bleibt dies zum einen gänzlich vage; zudem sieht das Gesetz die Anhörung einer Partei zur Sachverhaltsaufklärung ausdrücklich vor, vgl. § 141 Abs. 1 ZPO. Das Gericht muss versuchen, den Sachverhalt umfassend aufzuklären; dass hierbei neuer Tatsachenvortrag ausgelöst wird, liegt im Wesen der Aufklärung (Greger in: Zöller, ZPO, 33. Auflage, § 141 Rn. 8). Vorliegend ist ersichtlich nichts anderes geschehen: Das - nicht unüblich - teilweise rudimentäre schriftsätzliche Vorbringen ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Einzelnen hinterfragt worden mit der Folge, dass auch neue Einzelheiten bekannt geworden sind. Im Übrigen hätte die Beklagte ggf. ein Ablehnungsgesuch stellen müssen, wenn es das Vorgehen der Einzelrichterin als unzulässig und parteiisch angesehen haben sollte; dies ist (nach Ansicht des Senats zu Recht) nicht geschehen.
Auch hat das Landgericht zu Recht die Versorgung jedenfalls der Hühner und des Gemüsebeetes mitberücksichtigt. Denn insofern handelt es sich nicht nur um Tätigkeiten, die zu den Hobbys zu zählen sind. Die Versorgung der Fische fällt ersichtlich nicht weiter ins Gewicht.
Insgesamt erscheint mit den umfangreichen Ausführungen des Landgerichts eine frühere wöchentliche Haushaltstätigkeit der Klägerin von 22,5 Wochenstunden und deren Beeinträchtigung in einem Umfang von 10 Wochenstunden, die wiederum um 30 min im Hinblick auf Urlaube zu kürzen sind, plausibel und nachvollziehbar. Ein "Abgleich" mit eigenen Erfahrungswerten der Senatsmitglieder spricht ebenfalls dafür. Der vom Landgericht zur Plausibilitätskontrolle bemühten Tabellenwerke bedarf es nicht weiter.
c) Den Stundensatz von 8 Euro hat die Beklagte ausdrücklich nicht angegriffen.
d) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Verurteilung zur monatlichen Zahlung bis an das Lebensende der Klägerin nicht zu beanstanden. Letztlich hat der entsprechende Einschub im Tenor gegenüber dem Fall, dass überhaupt kein Beendigungszeitpunkt genannt ist, nur klarstellenden Charakter.
Das Landgericht hat dabei zu Recht keine frühere zeitliche Begrenzung aufgenommen, etwa bis zum 75. Lebensjahr. § 843 BGB sieht bei dauerhaften Einschränkungen der Haushaltsführung keine weiteren Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Rente vor. Angesichts der als allgemein bekannt zu unterstellenden Tatsache, dass die Lebenserwartung der Bevölkerung und deren Selbständigkeit im Alter fortgehend steigt, muss davon ausgegangen werden, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Klägerin ohne das Schadensereignis wie die weit überwiegende Zahl der Bevölkerung den Haushalt auch nach dem 75. Lebensjahr noch selbständig führen wird (so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 24. März 2020 - 22 U 82/18, juris-Rn. 11 mwN [auch zu früheren obergerichtlichen gegenteiligen Entscheidungen]). Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn ganz konkret in der Person der Klägerin Umstände erkennbar wären, die dazu führen würden, die überwiegende Wahrscheinlichkeit dieses Verlaufs in Zweifel zu ziehen (ebenso OLG Frankfurt, a. a. O.). Solche Umstände sind aber weder von der Beklagten vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Soweit die Beklagte meint, die Zubilligung der Rente bis zum Lebensende stünde einem etwaigen späteren Vorgehen nach § 323 ZPO entgegen, so vermag sich der Senat dem schließlich ebenfalls nicht anzuschließen. Nach § 323 Abs. 1 ZPO kommt es maßgeblich darauf an, ob sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse nachträglich wesentlich geändert haben; dann kann Abänderung beantragt werden. Warum nun der Beklagten dieser Weg versperrt sein sollte, erschließt sich nicht. Ein nachvollziehbares Argument liefert auch die Berufungsbegründung nicht. Die von der Beklagten angeführten Beispiele für Veränderungen (vgl. Berufungsbegründung S. 8) wären vielmehr Fälle, bei denen eine Abänderung in Betracht kommt. Dies wäre unabhängig davon, in welchem Alter die Klägerin sich dann befindet.
5. Die vom Landgericht ausgeurteilte Verzinsung des der Klägerin zugesprochenen Haushaltsführungsschadensersatzes hat die Beklagte nicht gesondert angegriffen. Der Anspruch folgt, wie vom Landgericht erkannt, aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
III.
Das zurückverweisende Urteil enthält keine Kostenentscheidung; diese ist dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten (Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 538 Rn. 58 mwN).
IV.
Aufhebende und zurückverweisende Urteile sind für vorläufig vollstreckbar zu erklären (Zöller, a. a. O., Rn. 59 mwN; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 4. Januar 2018 - 7 U 146/15, juris).
V.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.
VI.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 3, 9 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG.