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  • 15.12.2021 · IWW-Abrufnummer 226376

    Amtsgericht Trier: Urteil vom 03.09.2021 – 27c OWi 8143 Js 10147/20

    Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    1. Die Betroffene wird wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigenHöchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 50 km/h zu einerGeldbuße von 320,- Euro verurteilt.

    2. Die Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der durch/inder Rechtsmittelinstanz angefallenen Kosten und Auslagen, die der Staatskasseauferlegt werden.

    Angewendete Vorschriften: §§ 41 Abs. 1 m. Anlage 2, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, 24StVG, 1, 3 Abs. 1 BKatV, Nr. 11.3.7 BKat

    Gründe:

    I.

    Die inzwischen … Jahre alte Betroffene war in der Hauptverhandlung vom03.09.2021 durch Beschluss von er Verpflichtung zu ihrem persönlichenErscheinen entbunden worden. Zuvor hatte sie über ihre Verteidiger ihreFahrereigenschaft eingeräumt.

    Die in … lebende Betroffene betreibt in verschiedenen … in … und im …,welche mehrfach wöchentlich geleert und gewartet werden müssen.

    II.

    Die Hauptverhandlung hat aufgrund der gemäß dem Protokoll durchgeführtenBeweisaufnahme zu folgenden Feststellungen geführt.

    Die Betroffene befuhr am 30.10.2019 um … Uhr als Fahrerin mit dem Pkwamtliches Kennzeichen … in der Gemarkung Trier die Bundesautobahn A 64, km11,650, Fahrtrichtung Hermeskeil.

    Bei einer durch die ZVD des PP Trier, Polizeidirektion Wittlich, mittelsgültig geeichten und entsprechend der Bedienungsanleitung des Geräteherstellersvon der Messbeamtin PTB … eingesetzten Geschwindigkeitsmessgerätes VitronicPoliscan Speed FM1, Gerätenummer 777544, mit der Softwareversion 4.4.5 zudieser Zeit dort durchgeführten Geschwindigkeitsmessung wurde bei dem von derBetroffenen geführten Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 135 km/h (vorToleranzabzug) festgestellt.

    Die Messstelle befand sich dabei außerhalb geschlossener Ortschaften hinterdem mehrfach beidseitig am Fahrbahnrand angebrachten Verkehrszeichen Z 274StVO, durch welches die zulässige Höchstgeschwindigkeit zunächst auf 100 km/hund dann dreimal vor der Messstelle auf zuletzt 80 km/h begrenzt wurde(Geschwindigkeitstrichter).

    Mithin überschritt die Betroffene die in der außerhalb geschlossenerOrtschaften befindlichen Messstelle geltende zulässige Höchstgeschwindigkeitvon 80 km/h unter Berücksichtigung eines Toleranzabzugs von 5 km/h um 50 km/h.Sowohl die dargestellte Geschwindigkeitsbegrenzung an der Messstelle wie auchderen Überschreitung hat die Betroffene erkannt und auch mindestens billigendin Kauf genommen.

    III.

    Der unter II. festgestellte Sachverhalt stehen zur Überzeugung des Gerichtsfest aufgrund der nach Maßgabe des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführtenBeweisaufnahme.

    Die Betroffene räumte über ihren Verteidiger schon mit Schriftsatz vom14.01.2021 ein, zum o.g. Tatzeitpunkt Fahrzeugführerin des o.g. Fahrzeugsgewesen zu sein.

    Die Geschwindigkeitsmessung selbst ist ordnungsgemäß durchgeführt worden,was zur Überzeugung des Gerichtes feststeht: Sie erfolgte mittels desGeschwindigkeitsmessgeräts Vitronic PoliScan speed FM1. Es handelt sich hierbeium ein von der PTB geprüftes und zugelassenes, standardisiertes Messgerät (vgl.OLG Koblenz, Beschluss vom 17.01.2017, 1 OWi 4 SsRs 129/17; Beschluss vom22.03.2017, 1 OWi 4 SsRs 21/17).

    Ausweislich des Eichscheins war das Gerät gültig bis Ende 2020 geeicht. DieMessbeamtin … hat ausweislich der Teilnahmebescheinigung vom 13.09.2019 aneinem Seminar “(ZF) Anwenderbeschulung am Geschwindigkeitsmessgerät VitronicPoliscan Speed Fm1 (4.4.5) u. M1 (3.7.4) sowie am Enforcement-Trailer …”teilgenommen. Die vorgenannte Urkunde wurden durch Bekanntgabe ihres wesentlichenInhalts gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 OWiG zum Gegenstand der Hauptverhandlunggemacht.

    Das Poliscan-Foto, das in Augenschein genommen wurde und deren daraufbefindlichen Falldaten in ihrem wesentlichen Inhalt gem. § 78 Abs. 1 S. 1 OWiGbekanntgegeben wurden, weist den Auswerterahmen hinreichend aus, so dassfestgestellt werden konnte, dass sich kein weiteres Fahrzeug da in befindet,der untere Rahmen der Auswerteschablone unterhalb der Fahrzeugreifen liegt undsich das Kennzeichen sowie je ein Teil des linken und rechten Vorderradesinnerhalb des Auswerterahmens befinden.

    Dem ‒ wie oben dargestellt in die Hauptverhandlung eingeführten ‒Poliscan-Foto entlassen sich die folgenden ermittelten Werte entnehmen:

    Ermittelte Geschwindigkeit: 135 km/h

    Limit Pkw: 80 km/h

    Das Messprotokoll der Geschwindigkeitsmessung wurde ebenfalls durchBekanntgabe seines wesentlichen Inhalts gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 OWiG zumGegenstand der Hauptverhandlung. Gemäß dem Messprotokoll wurde vorliegend durchdas die ZVD, PD Wittlich, ein Vitronic Poliscan speed FM1 Gerät, Gerätenummer777544, mit der Softwareversion 4.4.5 genutzt. Die Messstelle befand sich dabeiaußerhalb geschlossener Ortschaften. Die Geschwindigkeitsuntergrenze desMessgeräts wurde insgesamt auf 89 km/h eingestellt. Das Gerät wurde gemäßgültiger Gebrauchsanweisung des Herstellers aufgebaut und betrieben, ebensowurden Eichsiegel und Sicherungsmarken überprüft und keine Beschädigungenfestgestellt. Des Weiteren ist festgestellt worden, dass seit Beginn derEichfrist keine Reparaturen und Wartungen erfolgt sind. Die Messung erfolgtehinter dem 3. Z 274 mit der Begrenzung auf 80 km/h; die Beschilderung undinsbesondere deren Erkennbarkeit ist vor und nach Messende von dem Messbeamtenüberprüft worden.

    Konkrete Anhaltspunkte für Messfehler ergeben sich danach nicht und sindauch nicht ausreichend vorgetragen worden.

    Bei einer Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät PoliScan Speed handelt essich um ein amtlich anerkanntes, standardisiertes Messverfahren (vgl. KGBerlin, Beschluss vom 26.02.2010, 3 Ws (B) 94/102 Ss 349/09; OLG Düsseldorf,Beschluss vom 20.01.2010, IV-5 Ss (OWi) 206/09; (vgl. OLG Koblenz, Beschlussvom 17.01.2017, 1 OWi 4 SsRs 129/17; Beschluss vom 22.03.2017, OWi 4 SsRs21/17), so dass der konkrete Messvorgang einer sachverständigen Begutachtungnur bei konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlmessung unterzogen werden muss.Standardisiert ist ein Messverfahren stets, wenn die Ermittlung derGeschwindigkeit nach einem durch Normen vereinheitlichten (technischen)Verfahren erfolgt, bei dem die Voraussetzungen seiner Anwendbarkeit und seinAblauf so präzise festgelegt sind, dass unter gleichen Bedingungen gleicheErgebnisse erwartet werden können. Die amtliche Zulassung erhalten derartigeGeräte, nachdem die Physikalisch-Technische-Bundesanstalt (PTB) die Ermittlungdes Messwertes auf der Grundlage der in der Gebrauchsanweisung festgelegtenVorgehensweise einer sachverständigen Prüfung unterzogen und die Messergebnisseals innerhalb einer zulässigen Toleranz liegend eingestuft hat. Letzteresbewirkt, dass die Ermittlungsbehörden und Gerichte im Regelfall von einersachverständigen Prüfung freigestellt sind, es sei denn der konkrete Einzelfallgibt dazu Veranlassung. Diesen Anforderungen entspricht das vorliegend eingesetzteMessgerät PoliScan Speed FM1, Gerätenummer 777544. Es ist von derPhysikalisch-Technischen Bundesanstalt geprüft und amtlich zugelassen, wargeeicht und ausweislich des Messprotokolls von dem die Messung durchführendenMessbeamten entsprechend einer Checkliste aufgebaut und eingesetzt worden.Relevante Abweichungen von dem normierten Verfahren oder der Gebrauchsanweisungdes Gerätes sind nicht ersichtlich und es haben sich auch keine Anhaltspunktefür Fehlerquellen ergeben, die außerhalb der durch den Toleranzabzug von hier 5km/h berücksichtigten Grenzen liegen.

    Ein wie auch immer geartetes Verwertungsverbot im Hinblick auf die hier inRede stehende Messung/das Messverfahren besteht nach hiesiger Auffassung nicht:Weder der Grundsatz des fairen Verfahrens noch das Gebot einer effektivenVerteidigung gebieten es im Falle eines sog. standardisiertenGeschwindigkeitsmessverfahrens, einem Betroffenen die sog. Rohmessdaten ‒ erstrecht nicht die der gesamten. Messreihe ‒ zum Zwecke einer wie hier anlasslosenÜberprüfung zu überlassen. Auch besteht kein Verwertungsverbot, weil estechnisch ggf. möglich wäre, mehr als die ei Vitronic Poliscan FM1gespeicherten 5 Messdaten zu speichern, diese Möglichkeit vom Herstellerbislang jedoch nicht genutzt/angewendet wird (dazu i. Erg. schon OLG Köln, B.v. 27.09.2019 -111-1 RBs 339/19 ‒ juris).

    Sowohl das hiesige Oberlandesgericht Koblenz als auch derVerfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 15.01.2020 ‒VGH B 19/19 ‒ lassen deutlich erkennen, dass an der Rechtsfigur desstandardisierten Messverfahrens zur Verfahrensvereinfachung und -beschleunigungweiterhin festzuhalten ist und sich das Recht der Ordnungswidrigkeiten sowiedas allgemeine Strafrecht in wesentlichen Punkten voneinander unterscheiden undVereinfachungen im Ordnungswidrigkeitenrecht daher nicht gegen dasRechtsstaatsprinzip verstoßen, auch wenn die Vereinfachungen desBußgeldverfahrens Vorschriften betreffen, die dem Schutz des Betroffenendienen. Somit verbleibt es aus hiesiger Sicht bzgl. der Frage des Anspruchesauf Herausgabe sonstiger nicht in der Akte befindlichen Unterlagen ‒ wie ebenz. B. die Rohmessdaten der gesamten Messreihe des Tattages ‒ bei der bisherigenRechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz. Dieses hat jedoch in ständigerRechtsprechung, z. B. mit Beschluss vom 17.07.2018 ‒ OWi 6 SsBs 19/18 ‒ (fürMessung mit ESO 3.0) oder vom 28.11 .2019 ‒ 1 OWi 6 SsRs 365/19 ausgeführt, einAnspruch des Betroffenen auf Beiziehung und Überlassung der digitalen Dateneiner Messreihe durch das Gericht besteht weder unterAufklärungsgesichtspunkten noch aus dem Recht auf ein faires Verfahren. Es seinämlich nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Beiziehung und Auswertungverfahrensfremder Daten Aufschluss darüber geben könnten, ob dieverfahrensgegenständliche Messung zutreffend ist oder nicht. Die statistischenDaten der anderweitigen Messungen am Tattag erlauben zwar ggf. die Aussagedarüber, mit welcher Rate das Messgerät andere Messungen aufgrund einerinternen Fehlerkontrolle storniert hat. Selbst eine ohne Annullierungsratebelege aber nur, dass das Gerät bei anderen Messungen Unregelmäßigkeitenfestgestellt und die Messung dann verworfen hat. Einen Rückschluss darauf, dassdie verfahrensgegenständliche Messung unzutreffend sei, lasse sich hieraus abernicht ziehen. Die mangelnde Kenntnis der genauen Funktionsweise einesGeschwindigkeitsmessgerätes führe auch nicht dazu, dass aufgrund diesesUmstandes nicht mehr von einem standardisierten Verfahren auf zugehen wäre (OLGKoblenz, B. v. 14.02.2018 ‒ 1 OWi 6 SsRs 7/18 ‒ juris). Im Ergebnis giltgleiches für die vorliegende Messung mittels Vitronic Poliscan FM1 ‒ welcheRückschlüsse aus der Kenntnis der jeweils (5) gespeicherten Rohmessdaten deranderen Messungen am Tattag auf die verfahrensgegenständliche Messunggeschlossen werden sollen, erschließt sich hier nicht, sodass diesbezüglichBeweisanträge ‒ rechtlich handelt es sich lediglich um Beweisermittlungsanträge‒ zurückzuweisen waren und auch kein Verwertungsverbot zu bejahen ist. Soweitbzgl. des Themas „Rohmessdaten” unter Einreichung des „Handouts” Bl. 145 ff. d.A., welches ebenfalls Gegenstand der Hauptverhandlung war, auf die Entscheidungdes Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes vom 05.07.2019 ‒ Lv 7/17 ‒ abgestelltwird, ist nur der Vollständigkeit halber anzumerken, dass diese, sich auf eineMessung mit dem Gerät TraffiStar S 350, bei welcher gar keine Datenabgespeichert werden, beziehende Rechtsprechung schon deshalb nicht auf hiesigemit Vitronic Poliscan FM1 erfolgte Messung übertragbar, weil hier nun einmal ‒wenn auch nur 5 ‒ Rohmessdaten gespeichert sind. Dass eine bestimmte Anzahloder gar alle Rohmessdaten zu speichern wären, hat selbst derVerfassungsgerichtshof des Saarlandes nicht ausgeführt.

    Eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens liegt auch nichtdarin, dass der Verteidigung die Herausgabe bestimmter weiterer Unterlagenverwehrt bzw. ein entsprechender Beweisantrag zurückgewiesen wurde. Mit erneutim Hauptverhandlungstermin unter Bezugnahme auf Bl. 148 d. A. gestelltemAntrag, neben den schon angesprochenen Rohmessdaten pp. auch Wartungsnachweise,Gerätebegleitkarten pp., Standort-Erstinbetriebnahme-Protokoll,Einbauvorschriften bei Verwendung in einem Trailer, verkehrsrechtliche Anordnungder Geschwindigkeitsbeschränkung usw. angefordert. Auch diesbezüglich vermagdas Gericht die Notwendigkeit zur Beiziehung der Wartungs- oderlnstandsetzungsnachweise des Messgerätes sowie von Gerätebegleitkarten seit derletzten Eichung vor der Messung oder auch seit der ersten Inbetriebnahme desGerätes nicht zu erkennen und schließt sich aus eigener Überzeugungvollumfänglich der Rechtsprechung des Landgerichtes Trier, B. v. 30.01.2020 ‒ 2Qs 2/19 ‒ an: es ist insoweit nämlich gerichtsbekannt, dass im hiesigen Bezirkbei jeder Reparatur, die eine Öffnung des Messgerätes mit sie bringt, eineNeueichung erfolgt. Dass im vorliegenden Fall ein unversehrtes Eichsiegel zumZeitpunkt der Messung vorlag, ergibt sich jedoch schon aus dem oben genanntenMessprotokoll. Inwieweit ein Standort-Erstinbetriebnahme-Protokoll existiert,ist nicht bekannt. Selbst bei der Existenz eines solchen ist aus hiesiger Sichtjedoch alleine das Messprotokoll und die daraus ersichtlich ordnungsgemäßdurchgeführte Handhabung von Messgerät und Messung selbst ausschlaggebend fürdie Ordnungsgemäßheit des hier angegriffenen Messergebnisses ‒ es erschließtsich nicht, welchen Bezug ein etwaiges Standort-Erstinbetriebnahme-Protokollauf die Korrektheit der Messung am 30.10.2019 haben soll. Auch eineHerbeiziehung der verkehrsrechtlichen Anordnung derGeschwindigkeitsbeschränkung war aus hiesiger Sicht unter keinem rechtlichenGesichtspunkt geboten: unbestritten ist, dass an der Messörtlichkeit die ausdem Messprotokoll ersichtliche Geschwindigkeitsbeschränkung galt ‒ ob derHintergrund für diese Beschränkung vorliegend z. B. schlechteFahrbahnverhältnisse oder Gefahrenschwerpunkt oder anderes waren ändert nichtsan dem Umstand, dass die Beschränkung grundsätzlich einzuhalten ist; allenfallsvöllige Behördenwillkür könnte ggf. unter Umständen zu einem anderen Ergebnisführen ‒ dafür sind vorliegend allerdings keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.Soweit schließlich eine Herausgabe der Einbauvorschriften des Messgerätes inden sog. Trailer beantragt wurde, ergeben sich diese aus der durchInaugenscheinnahme in die Hauptverhandlung eingeführten CD Bl. 60 d. A. ‒ dieAngaben in der dortigen einschlägigen Datei S. 35 wurden erörtert und in ihremwesentlichen Inhalt gem. § 78 Abs. 1 S. 1 OWiG ebenfalls zum Gegenstand derHauptverhandlung gemacht.

    Auch die Berücksichtigung der zuletzt ergangenen Entscheidung des BVerfG vom12.11.2020 ‒ 2 BvR 1616/18 führt hier zu keinem anderen Ergebnis: so hat dasBVerfG gerade nicht die vereinfachten Verfahrensgrundsätze, die bei einemstandardisierten Messverfahren gelten, in Zweifel gezogen oder abgelehntsondern vielmehr deutlich gemacht, dass Beweis-/Herausgabe-/erweitertenAkteneinsichtsanträgen nur dann zu stattzugeben ist, wenn sie einen konkretenBezug zur streitgegenständlichen Messung bzw. eine Auswirkung auf die konkreteMessung haben. Aus hiesiger Sicht ist ein solcher konkreter Bezug bzw. eineAuswirkung hier allerdings weder ersichtlich noch nachvollziehbar dargelegt.

    Soweit aus Sicht des Oberlandesgerichtes Koblenz, welches durch Beschlussvom 07.04.2021 in dieser Sache schon ergangene Entscheidung vom 15.01.2021aufgehoben und zurückverwiesen hatte, der Grundsatz des fairen Verfahrensdadurch verletzt worden sein soll, weil dem Verteidiger auf Anforderung hinnicht „die Anleitung für den Aufbau des Messgerätes bei dem Betrieb in einemEnforcement-Trailer” zur Verfügung gestellt worden sein, so hat das Gerichtdiesbzgl. nunmehr den Sachverständigen Schön als zuständigen Mitarbeiter derMessgeräteherstellerfirma Vitronic dazu befragt. Dieser hat detailliertbestätigt, dass es eine solche „spezielle” Anleitung nicht gibt, was dasGericht auch schon im Urteil vom 15.01.2021, dort S. 6 Mitte, ausgeführt hatte!Der Sachverständige hat dazu ausführlich mitgeteilt, dass es nur 2 Anleitungenhier gebe ‒ die “Gebrauchsanweisung des Messgerätes” ‒ die dem Verteidigerseiner eigenen Einlassung zufolge bekannt war (Hauptverhandlungsprotokoll Bl.273 d. A.), und die „Bedienungsanleitung des Trailers”. Letztere enthalteausschließlich Informationen zur Handhabung des Trailers im Sinne einesFahrzeugs, sei somit eine Anleitung im Sinne der Produktsicherheit. Das für dieVerteidigung hier Relevante, also die Beschreibung, wie das Messgerät auf einemStativ oder im Fahrzeug ‒ auch dem Trailer ‒ ordnungsgemäß zu befestigen undbedienen sei, ergebe sich aus der “Gebrauchsanweisung des Messgerätes”. Diesewar auch schon Gegenstand der Hauptverhandlung vom 15. 1.2021 (s.Hauptverhandlungsprotokoll Bl. 161 d. A.)!

    Um die ordnungsgemäß festgestellte und verwertbareGeschwindigkeitsüberschreitung wusste die Betroffene auch und nahm diesewenigstens billigend in Kauf (“doppelter Vorsatz”):

    Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass aufgestellteVerkehrsschilder von Verkehrsteilnehmern auch wahrgenommen werden (BGHSt 43,241, 250 f.). Der Nachweis der Wahrnehmung des die Geschwindigkeitbeschränkenden Verkehrszeichens im Einzelnen ist nur dann zu erbringen, wennder Betroffene eine Kenntnis der Beschränkung bestreitet ‒ was hier nichtexplizit erfolgt ist ‒ oder besondere Umstände des Einzelfalles Anlass anZweifeln geben (OLG Koblenz, B. v. 17.10.2012, 2 SsBs 76/12 ‒ juris). Beidesist hier zu verneinen; insbesondere soweit die Betroffene hat vortragen lassen,sie sei durch ihr „quengelndes” Kind abgelenkt gewesen , ist es bei einerderart massiven objektiven Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 km/h wie hierschlechterdings ausgeschlossen, dass die Betroffene diese fahrlässig nichtwahrgenommen haben will. Die konkreten Umstände sprechen hier für ihreKenntnis, da das einschlägige Zeichen 274 hier 3x vor der Messstelle wiederholtbeidseitig angebracht war und davor auch schon eine Begrenzung auf 100 km/herfolgt war, also ein deutlicher Geschwindigkeitstrichter bestand.

    Dass die Betroffene die Geschwindigkeitsüberschreitung auch mindestens mitbedingtem Vorsatz begangen hat, steht für das Gericht aufgrund der massiven„qualifizierten” Überschreitung fest ‒ bei einer im außerörtlichen Bereich wiehier liegt die Grenze, aufgrund derer alleine aus dem objektiven Ausmaß derÜberschreitung auf eine vorsätzliche Tatbegehung geschlossen werden kann, beieiner absoluten Überschreitung um 40 km/h (OLG Koblenz, B. v. 18.04.2017, 1 OWi4 SsBs 27 /17 ‒ juris ). Auch hat die Betroffene nicht behauptet, dass sie vonder Höhe der von ihr gefahrenen Geschwindigkeit ‒ 130 km nach Abzug derToleranz-, keine Kenntnis gehabt hat.

    Demnach hat die Betroffene danach eine vorsätzliche Ordnungswidrigkeit derÜberschreitung der durch §§ 41 Abs.1 i. V. m. Anlage 2, 49 Abs. 3 Nr. 4 auf 80km/h begrenzten Höchstgeschwindigkeit um 50 km/h (nach Abzug von 5 km/hToleranz) außerhalb geschlossener Ortschaften begangen (§§ 41 Abs. 1 i. V. m.Anlage 2, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, 24 StVG), da sie die an der Messstelle geltendeGeschwindigkeitsbegrenzung kannte wie auch deren Überschreitung billigend inKauf nahm.

    V.

    Die hier anwendbare Bußgeldkatalogverordnung vom 14.03.2013 sieht dieVerhängung einer Regelgeldbuße in Höhe von 160,- Euro vor (11.3.7 BKat). Nach§3 Abs. 4a BKatV war diese wegen der vorsätzlichen Tatbegehung auf 320,- Euro zuverdoppeln. Mildernde Gründe waren nicht ersichtlich.

    Jedoch erschien es vorliegend aufgrund des Zeitablaufes zwischen Tat ‒30.10.2019 ‒ und letzter Hauptverhandlung ‒ 03.09.2021 ‒ nicht mehr angemessen,das im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelfahrverbot von einem Monat anzuordnen.Bei einer derart langen Zeitspanne geht ‒ auch bei Vorsatztaten die Besinnungs-und Denkzettelfunktion des Fahrverbotes ins Leere, zumal der aktuelle Auszugder Betroffenen aus dem Fahreignungsregister vom 02.09.2021 keinerleiEintragungen enthält (s z. B. OLG Koblenz, B. v. 07.05.2014). Aufgrund diesesZeitablaufes erschien auch eine Erhöhung der Regelgeldbuße nicht angezeigt trotzWegfall des Fahrverbotes.

    VI.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs.1 OWiG i. V. m. § 465 Abs. 1 StPO.