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  • 12.03.2024 · IWW-Abrufnummer 240257

    Amtsgericht Bautzen: Beschluss vom 25.02.2024 – 40 Ds 620 Js 31577/22

    Für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort ist kein Raum mehr, wenn seit dem Unfall längere Zeit – hier mehr als sechs Monate - verstrichen ist, in der keine weiteren verkehrs-rechtsrelevanten Vorkommnisse verursacht durch den Angeklagten bekannt geworden sind, und der Angeklagte als Berufskraftfahrer auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist.


    AG Bautzen

    Beschluss vom 25.02.2024 


    In pp.

    Der Antrag der Staatsanwaltschaft Görlitz auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO gegen den Angeklagten wird abgelehnt.

    Gründe:

    Mit am heutigen Tage zugelassener Anklage der Staatsanwaltschaft Görlitz vom 19.05.2023 hat die Anklagebehörde dem Angeklagten folgenden Sachverhalt zur Last gelegt:

    Der Angeschuldigte fuhr am 26.10.2022 um 18:30 Uhr mit dem Lkw Scania Sattelzug, Kennzeichen pp., mit dem Sattelanhänger, Kennzeichen pp., auf Bundesstraße 6, Kilometer 0,400, Großharthau in Richtung Fischbach, außerorts von Großharthau. Infolge Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt überholte der Angeschuldigte den vor ihm befindlichen Radfahrer pp. ohne ausreichenden seitlichen Sicherheitsabstand, so dass es mit diesem und der rechten Seite des vom Angeschuldigten geführten Lkw zur Kollision kam.

    Dies hatte für den Angeschuldigten vorhersehbar und vermeidbar zur Folge, dass der Radfah¬rer 6 m rechts neben der Fahrbahn zur Endlage geriet. Der geschädigte Radfahrer erlitt eine axonale Schädigung im Balkentrunkus rechts und im subkortiklaen Marklager biperietal sowie Critical Illness Myopathie bei Z. n. Polytrauma mit Rippenfrakturen beidseits, Pneumothorax beidseits, C-Verletzung Th 7/8, Frakturen des Proc. Transversus von LWK 1, LWK 2, LWK 3 und LWK 5, Frakturen des Proc. Spinosus von BWK9, LWK1/LWK2 und Becken-C-Fraktur mit stationärem Klinikaufenthalt vom 26.10.2022 bis 23.01.2023 mit anschließender Reha.

    Obwohl Sie den Unfall bemerkten und erkannten bzw. damit rechneten, dass ein nicht völlig unbedeutende Fremdschaden entstanden war, fuhren sie mit ihrem Fahrzeug davon, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.

    Durch die Tat hat der Angeschuldigte sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.

    Der Angeschuldigte wird daher beschuldigt,

    durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht zu haben und sich als Unfallbeteiligter nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt zu haben, bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt war, ermöglicht hatte,

    strafbar als

    fahrlässige Körperverletzung und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort gemäß §§ 223 Abs. 1, 229, 230 Abs. 1, 142 Abs. 1 Nr. 1, 69, 69a, 53 StGB.

    Dem Angeklagten vertreten durch seinen Verteidiger Rechtsanwalt pp., war zur Anklageschrift und zu dem Antrag auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, die die Staatsanwaltschaft Görlitz erstmalig in der Anklage beantragt hat, angehört worden und ist dem entgegen getreten.

    Der Antrag der Staatsanwaltschaft Görlitz auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis war ab¬zulehnen. Die Vorschrift des § 111a StPO bietet im Wege einer vorläufigen Maßnahme die Möglichkeit, die Allgemeinheit vor den Gefahren durch ungeeignete Kraftfahrer bereits vor einer Endentscheidung zu schützen. Zwar steht einer entsprechenden Beschlussfassung des Ge¬richts nicht im Wege, dass die Staatsanwaltschaft die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis erst längere Zeit nach Tatbegehung beantragt hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt StPO 65. A, 111a, RZ 1, 3).

    In dem hier vorliegenden Fall ist der Antrag auf vorläufige Entziehung erst 6 Monate nach dem Unfallereignis beantragt worden. Seit dem Unfall am 26.10.2022 sind keine weiteren verkehrs-rechtsrelevanten Vorkommnisse verursacht durch den Angeklagten bekannt geworden. Der Angeklagte ist Berufskraftfahrer und auf die Fahrerlaubnis angewiesen. Für eine vorläufige Entziehung ist daher kein Raum (Beschluss LG Görlitz 3 Qs 162/23).

    Nach allem war der Antrag daher - zum derzeitigen Zeitpunkt - abzulehnen.