12.03.2024 · IWW-Abrufnummer 240271
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 08.12.2023 – 3 ORbs 229/23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht
3. Senat für Bußgeldsachen
Beschluss vom 8. Dezember 2023
323 OWi 439/23
In der Bußgeldsache gegen
xxx
wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit
hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts am 8. Dezember 2023 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 3. August 2023 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Betroffenen in Abwesenheit wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 260,00 Euro verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat sowie eine Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG angeordnet.
Laut der Urteilsfeststellungen hat der Betroffene einen PKW auf öffentlichem Straßenland geführt und dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 31 km/h nach Toleranzabzug überschritten. Die Geschwindigkeit von 64 km/h hat ein Geschwindigkeitsüberwachungsgerät vom Typ Poliscan FM 1 gemessen.
In der Hauptverhandlung hat die Verteidigerin einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt und ihn wie folgt begründet:
„Das Sachverständigengutachten wird ergeben,
‒ dass nicht festgestellt werden kann, dass zur Ermittlung der Geschwindigkeit nur Messwerte verwendet worden sind, die innerhalb des zugelassenen Bereiches (maximal 50 m, minimal 20 m) entstanden sind;‒ dass anhand der gespeicherten Daten nicht bestätigt werden kann, dass die gemessene Geschwindigkeit 64 km/h (nach Abzug der Toleranz 3 km/h) betragen hat.
Es kann nicht von einem standardisierten Messverfahren ausgegangen werden. Es ist weder sichergestellt, noch nachgewiesen, dass die Bestimmung der Geschwindigkeit ausschließlich unter Verwendung von Messwerten im zugelassenen Bereich (max. 50 m. min. 20 m.) erfolgte.
In der XML-Datei sind bei „PositionFirstMeasurement“ und „PositionLastMeasurement“ bei der verwendeten Softwareversion 4.4.9. fixe Werte hinterlegt - nämlich als Uhrzeit jeweils der Beginn der Messreihe und als Entfernung die fixen Werte aus der Bauartzulassung. Es liegt eine gezielte Datenvernichtung vor. Es geht dabei nicht um die Frage der Speicherung aller Rohmessdaten, sondern um den Nachweis, dass das Messgerät im zugelassenen Messbereich gearbeitet hat“.
In diesem Zusammenhang verweist der Verteidigerin auf einen Beschluss des Senates vom 24. Januar 2020, welcher denktheoretisch die Möglichkeit einer staatlich veranlassten Vereitelung der Rekonstruktion in den Raum gestellt, sich aber mangels entsprechender Anhaltspunkte weder zum Vorliegen noch zu möglichen Konsequenzen einer solchen willkürlichen Vereitelung verhalten habe.
Das Gericht hat den Antrag abgelehnt, da die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei. Es stützt seine Verurteilung u.a. auf die Messung, die ordnungsgemäß zustande gekommen sei. Es handle sich um ein standardisiertes Messverfahren.
Der Betroffene hat gegen das Urteil rechtzeitig Rechtsbeschwerde eingelegt und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Er erhebt eine Verfahrensrüge, weil der Beweisantrag rechtswidrig abgelehnt worden sei. Die Sachrüge erhebt er allgemein, führt sie ergänzend aus. Danach weist der Verteidiger darauf hin, dass die verfahrensgegenständliche Messung einem Verwertungsverbot unterliege. Denn die Software 4.4.9. speichere ‒ anders als noch die Vorgängerversion ‒ nicht mehr die Hilfsgrößen wie Werte von Weg-/Zeit-Daten von erster und letzter Erfassung, der ersten und der letzten Messung sowie des Fotopunktes, sondern sie würden durch fix vorgegebene Werte ohne Bezug zur konkreten Messung ersetzt. Damit werde gezielt und ganz bewusst eine Plausibilitätsprüfung im Nachhinein vereitelt. Einen objektiv begründbaren Grund gäbe es - so der Verteidiger - dafür nicht.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Tatgericht ist rechtsfehlerfrei von einem standardisierten Messverfahren ausgegangen.
1. Die Verfahrensrüge, der Antrag auf Einholen eines Sachverständigengutachtens, sei fehlerhaft beschieden worden, ist ‒ ihre Zulässigkeit unterstellt ‒, jedenfalls unbegründet. Die fehlende Speicherung der vom Betroffenen gefahrene Geschwindigkeit und die fehlende Erfassung des Messbereiches nimmt dem Messverfahren Poliscan FM 1 nicht dessen Standardisierung. Der Messwert ist verwertbar.
a) Gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG kann das Gericht einen Beweisantrag dann ablehnen, wenn nach seinem pflichtgemäßen Ermessen die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Die Regelung in § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG gewährt dem Tatrichter einen Ermessensspielraum bei der Entscheidung, ob eine beantragte Beweiserhebung zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Die Vorschrift setzt nicht voraus, dass deren Aussichtslosigkeit außer Zweifel steht, sondern rechtfertigt die Ablehnung eines Beweisantrags schon dann, wenn die Beweiserhebung nicht naheliegt oder sich dem Gericht nicht aufdrängt (vgl. Senat, Beschluss vom 12. April 2022 ‒ 3 Ws (B) 61/22 ‒ juris; Senge in Karlsruher Kommentar zum OWiG 5. Aufl., § 77 Rn. 16 m. w. N.; auch BT-Drs. 10/2652 S. 23). Die Begründung für die ablehnende Entscheidung kann in dem Gerichtsbeschluss in der Regel darauf beschränkt werden, dass die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei, § 77 Abs. 3 OWiG.
Dies ist hier geschehen. Es gefährdet den Bestand des Urteils nicht, dass das Gericht den Antrag, dem die nach §§ 77 Abs. 2 OWiG, 244 Abs. 3 StPO bestimmt zu behauptende und konkrete Beweistatsache fehlt, als Beweisantrag behandelt hat. Denn diese Verfahrensrüge ist der Sache nach eine Aufklärungsrüge (vgl. Seitz/Bauer in Göhler Ordnungswidrigkeitengesetz 18. Aufl., § 77 Rn. 8). Demnach ist der Maßstab des Gerichts dessen Aufklärungspflicht und aufgrund dieser Pflicht musste sich das Gericht nicht zu der begehrten Beweiserhebung gedrängt sehen ‒ auch unterstellt, das Sachverständigengutachten kommt zu dem im Antrag beschriebenen Ergebnis.
Denn die fehlende Erhebung des Messbereiches und die fehlende Überprüfung der Messung anhand der gespeicherten Daten führt nicht dazu, dass die Standardisierung des Messverfahrens Poliscan FM 1 entfällt und der Messwert unverwertbar ist. Das System prüft nach der Bauartzulassung selbstständig die Qualität der Messwertbildung mit der Folge, dass außerhalb des eingestellten Messbereichs erfasste Objektpunkte nicht berücksichtigt werden. Der Messwert wird verworfen.
Die Veränderung der Gerätesoftware ist vergleichbar mit der fehlenden Speicherung von (Roh-)messdaten; jedenfalls ist ein quantitativer Unterschied zwischen der fehlenden Erfassung des Messbereichs, einer sog. Hilfsgröße, und der fehlenden Speicherung von Rohmessdaten (zu den Begriffen Rohmessdaten und Hilfsgrößen vgl. Thiele DAR 2020, 614), die jeweils die nachträgliche Überprüfung der konkreten Messung erschweren, weder erkennbar noch näher dargelegt worden.
b) Die Änderung der Software war laut PTB technisch geboten und rechtlich nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 1, Anlage 2 Ziff. 7.1. MessEV am 28. Februar 2020 in der neuen Baumusterprüfbescheinigung DE-17-M-PTB-0033, Revision 1 für die verfahrensgegenständliche Messanlage Poliscan FM 1 zulässig (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 1. Dezember 2021 ‒ 1 OWi 2 Ss Bs 100/21 ‒, juris m.w.N.). Nach Ziff. 7.1. darf „ein Messgerät keine Merkmale aufweisen, die eine Benutzung in betrügerischer Absicht erleichtern. Die Möglichkeit der ungewollten Falschbedienung ist so gering wie möglich zu halten“. Die Änderung der Gerätesoftware dient dem Zweck, die Messung vor identifizierten Fehlerquellen zu schützen und minimiert die Gefahr eines möglichen menschlichen Versagens.
c) Die fehlende Erfassung des Messbereichs bei der konkreten Messung ‒ einer sog. Hilfsgröße ‒ führt ebenso wie die fehlende Speicherung der Rohmessdaten nicht zur Unverwertbarkeit des Messergebnisses (vgl. dazu ausführlich OLG Zweibrücken, a.a.O.).
aa) Der Senat hat ebenso wie andere Oberlandesgerichte und der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz bereits entschieden, dass die Verwertbarkeit der Messergebnisse eines standardisierten Messverfahrens nicht von dessen nachträglicher Überprüfbarkeit anhand von aufzuzeichnenden, zu speichernden und an den Betroffenen auf Verlangen herauszugebenden (Roh-)Messdaten abhängig ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 2. Oktober 2019 ‒ 3 Ws (B) 296/19 ‒, 5. April 2020 ‒ 3 Ws (B) 64/20 ‒; Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2022 ‒ VGH B 30/21 ‒; BayObLG DAR 20, 145; OLG Bremen, Beschlüsse vom 3. April 2020 ‒ 1 SsRs 50/19 ‒ und 6. April 2020, 1 SsRs 10/20; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. März 2020 ‒ IV-2 RBs 30/20 ‒; OLG Brandenburg, Beschluss vom 5. März 2020 ‒ (1 Z) 53 Ss-Owi 79/20 (48/20) ‒; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11. Februar 2020 ‒ 1 Owi 2 SsBs 122/19 ‒; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Januar 2020 ‒ 3 Rb 33 Ss 763/19 ‒; OLG Köln, Beschluss vom 27. September 2019 ‒ III-1 RBs 339/19 ‒, alle juris; OLG Schleswig VRR 2/2020, 25; OLG Stuttgart ZfS 19, 713; juris).
bb) Dieser Rechtsprechung ist das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. Juni 2023 ‒ 2 BvR 1167/20 ‒, juris) auch nicht entgegengetreten.
Mit der dem Verfahren zugrundeliegende Verfassungsbeschwerde rügte der Beschwerdeführer, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör und sein Rechts auf ein faires Verfahren durch die Nichtspeicherung von Rohmessdaten des Geschwindigkeitsmessgerätes LEIVTEC XV 3 verletzt seien. Die nachträgliche Prüfung der Messung sei dadurch unmöglich. Er könne seine Verteidigerrechte nicht wahrnehmen und die Handhabung konterkariere den Grundsatz der Waffengleichheit.
Zwar ist die Verfassungsbeschwerde u.a. wegen nicht hinreichender Substantiierung nicht zur Entscheidung angenommen worden, aber den Beschlussgründen ist zu entnehmen, dass die Nichtspeicherung nur dann problematisch sei, wenn dem Beschwerdeführer ein Anspruch aufgrund eines verfassungsrechtlich verankerten Rechts auf Schaffen bzw. Vorhalten potentieller Beweismittel zur Wahrung von Verteidigungsrechten zustünde. Das Gericht hebt erneut hervor, dass das standardisierte Messverfahren und die damit verbundenen reduzierten Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung, Beweiswürdigung und Darlegungserfordernissen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden sind. Es betont zugleich, dass der Beschwerdeführer nur aufgrund ordnungsgemäß zustande gekommener Messergebnisse verurteilt werden darf und ihm ein Einsichts- und Auskunftsanspruch gegen die Behörden hinsichtlich anlässlich der Messung entstandener, aber nicht zu den Akten gelangter Daten zusteht (vgl. grundlegend BVerfG NJW 2021, 455).
Dieser Anspruch des Betroffenen wird nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts „gewahrt, wenn ihm die Möglichkeit eröffnet ist, das Tatgericht im Rahmen seiner Einlassung auf Zweifel aufmerksam zu machen und einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. Durch das Stellen von Beweisanträgen, Beweisermittlungsanträgen und Beweisanregungen hat der Betroffene ausreichende prozessuale Möglichkeiten, weiterhin auf Inhalt und Umfang der Beweisaufnahme Einfluss zu nehmen“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2023 a.a.O.; Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 15. September 2023 ‒ Vf. 20-VI-21 ‒, juris).
Der Anspruch umfasst aber nicht ein Recht auf Erfassen und Speicherung von bei der Messung entstandener Daten zwecks nachträglicher Überprüfung bzw. Plausibilisierung durch die Verteidigung.
cc) Übertragen auf das vorliegende Verfahren ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer erkennbar weder ein einfachgesetzlicher noch ein (verfassungs-)rechtlich verankerter Anspruch auf Schaffen von Beweismitteln - hier: die Erfassung von Messgrößen im Messbereich - oder ein solcher auf Vorhalten entsprechender Daten zusteht.
Die Normierung der vom Verteidiger eingeforderten Rechte des Betroffenen auf Überprüfung von automatisierten Messungen obliegt allein dem Gesetz- und Verordnungsgeber (so im Ergebnis auch Niehus StRR 2023, 34).
Unbenommen ist dem Betroffenen, die ihm nach der Strafprozessordnung eröffneten Möglichkeiten zu nutzen, um Einfluss auf die Beweisaufnahme zu nehmen.
d) Mit der rechtlich zulässigen wie technisch gebotenen Veränderung der Gerätesoftware hat der Gesetz- und Verordnungsgeber die Rechtsposition des Betroffenen aufgrund des Einsatzes von auf Algorithmen basierender Systeme wie dem standardisierte Messverfahren auch nicht übermäßig verkürzt. Wie für Nichtspeicherung der Rohmessdaten gilt auch für den vorliegenden Fall, dass das Messgerät vor Zulassung einem umfangreichen und mehrstufigen Konformitätsprüfungsverfahren unterzogen worden ist, nach Inbetriebnahme die Behörde die Eichfristen nach §§ 41 Abs. 1 Nr. 6 MessEG, 34 MessEV zu beachten hat, die eine regelmäßige und wiederkehrende Prüfung der Funktionstüchtigkeit des Gerätes beinhaltet. Sollten zwischen den Prüfintervallen Reparatur- oder Wartungsarbeiten durchgeführt worden sein, hat der Betroffene einen Anspruch auf Einsicht in diese Unterlagen. Bei Verdacht auf einen technischen Defekt kann der Betroffene eine Befundprüfung nach §§ 39 Abs. 1 MessEG, 39 MessEV beantragen. Unabhängig von tatsächlichen Messfehlern ist das Messgerät so programmiert, dass es stets einen Toleranzwert zu berücksichtigen hat, um Unsicherheiten zu neutralisieren. Wie vom Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2023 a.a.O.) hervorgehoben, ist der Anspruch des Betroffenen nur aufgrund ordnungsgemäß erhobener Daten verurteilt zu werden, weiterhin durch seine prozessualen Möglichkeiten gewahrt.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Verkehrsbußgeldverfahren nicht um die Ahndung von strafbarem Unrecht, sondern von Verwaltungsunrecht handelt. Im Verkehrsbereich dient das standardisierte Messverfahren der effizienten Bewältigung von massenhaft vorkommenden Verkehrsordnungswidrigkeiten, deren Verfahren einer Vereinfachung zugänglich sein müssen (so auch BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2023 a.a.O.).
e) Soweit der Verteidiger meint, die Verwertung der mit der Gerätesoftware 4.4.9. gewonnenen Messdaten unterläge einem (ungeschriebenen) Beweisverwertungsverbot, kann dem nicht gefolgt werden. Ein solches Verwertungsverbot, welches verfassungsrechtlich aus dem Recht auf ein faires Verfahren abgeleitet wird, kommt nur bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Rechtsverstößen in Betracht, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch unberücksichtigt geblieben sind. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier ersichtlich nicht vor.
f) Anhaltspunkte für die vom Verteidiger vorgebrachten Gedanken der Beweisvereitelung (i.S.v. gezielter Vernichtung von Betroffenenrechte unter dem bloßen Vorwand einer rechtlich zulässigen wie technisch gebotenen Änderung der Software) sind nach dem oben Ausgeführtem insbesondere unter II.1.b) nicht feststellbar.
2. Soweit der Verteidiger die allgemeine Sachrüge auch auf ein Verwertungsverbot des Messergebnisses stützt, rügt er einen weiteren Verstoß gegen Verfahrensvorschriften ‒ das fehlerhafte Nichtbeachten eines ungeschriebenen Beweisverwertungsverbotes ‒. Der Senat wertet die Beanstandung im Wege der Auslegung (§ 300 StPO) als eine weitere Verfahrensrüge, weil der behauptete Verstoß gegen Verfahrensvorschriften nur mit einer Verfahrensrüge geltend gemacht werden kann. Ein Irrtum in der Bezeichnung der Rüge als Sach- oder Verfahrensrüge ist unschädlich, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Begründungsschrift ‒ wie hier ‒ deutlich erkennen lässt, welche Rüge gemeint ist. Entscheidend ist die wirkliche rechtliche Bedeutung des Revisionsangriffs, wie er dem Sinn und Zweck des Revisionsvorbringens zu entnehmen ist (vgl. BGH NJW 2007, 92 ‒ 96 und Urteil vom 10. August 2023 ‒ 3 StR 1/23 ‒, juris; MüKoStPO/Knauer/Kudlich 1. Aufl., § 344 Rn. 67f).
Die Rüge ist unzulässig, weil sie nicht die Anforderungen nach §§ 79 Abs. 1 Satz 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erfüllt. Ein Beweisverwertungsverbot setzt u.a. den Vortrag voraus, dass der auch in der Hauptverhandlung verteidigte Betroffene der Verwertung des Messergebnisses bis zu dem durch §§ 71 Abs. 1 OWiG, 257 Abs. 1 StPO bestimmten Zeitpunkt widersprochen hat (vgl. BGH NStZ 1997, 502; Senat, Beschluss vom 24. Januar 2020 a.a.O.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 20. Januar 2020 ‒ (2 Z) 53 Ss-OWi 644/19 (292/19) ‒, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Oktober 2019 ‒ IV-2 RBs 141/19 ‒, juris. Der anwaltlichen Begründung ist der zur Vermeidung der Rügepräklusion erforderliche Widerspruch nicht zu entnehmen.
3. Die Sachrüge bleibt der Erfolg versagt.
Das Gericht hat die Geschwindigkeitsmessung fehlerfrei der Verurteilung zugrunde gelegt. Das Tatgericht hat, was bei einem standardisierten Messverfahren ausreichend ist, das eingesetzte Messverfahren, die ermittelte Geschwindigkeit nach Abzug der Toleranz und den berücksichtigten Toleranzwert in den Urteilsgründen mitgeteilt (vgl. BGHSt 39, 291; 43, 277). Die wegen der Softwareänderung eingetretene fehlende Überprüfungsmöglichkeit einer sog. Hilfsgröße steht der Annahme des Gerichts, bei der Messung mit Poliscan FM 1 handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren, nicht entgegen (s.o. II.1.).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
RechtsgebietOWiGVorschriftenOWiG § 77 Abs. 2 Nr. 1