15.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141511
Amtsgericht Wetter: Urteil vom 28.05.2013 – 9 C 116/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Amtsgericht Wetter
9 C 116/12
Tenor:
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Wetter vom 16.08.2012 wird aufrecht erhalten.
Die weiteren Kosten des Rechtstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung von Schadensersatz auf Grund eines Verkehrsunfalles.
E Kläger ist Eigentümer und Halter des Fahrzeugs BMW Typ Z3 mit dem amtlichen Kennzeichen ######. Am 18.01.2012 gegen 08:15 Uhr parkte die Ehefrau des Klägers dessen Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand in der H-Straße in Höhe der Hausnummer 5 in Herdecke. Gegen 11:50 Uhr rangierte E Halter und Fahrer des bei E Beklagten versicherten Fahrzeugs Marke P mit dem amtlichen Kennzeichen ###### sein Fahrzeug, welches unmittelbar vor dem klägerischen Fahrzeug parkte, aus E Parklücke. Bei diesem Vorgang kam es zur Kollision zwischen dem klägerischen und dem Beklagtenfahrzeug, in der Gestalt, dass das Beklagtenfahrzeug das klägerische Fahrzeug im Frontbereich anstieß.
In der Folgezeit holte der Kläger ein Gutachten von dem Sachverständigen Herrn N ein. Dieses wies Reparaturkosten (nach Abzug für Wertbesserung) i. H. v. 1.751,72 Euro netto auf. Auch die Beklagte holte ein eigenes Sachverständigen Gutachten bei dem Sachverständigen Herrn T ein, welches zu Nettoreparaturkosten i. H. v. 1.124,79 Euro kam. In dieser Höhe regulierte die Beklagte Reparaturkosten.
Der Kläger lies sein Fahrzeug reparieren. Während der Reparaturdauer mietete er ein Ersatzfahrzeug an. Die Beklagte erstattet die angefallenen Mietwagenkosten. Zum Nachweis der erfolgten Reparatur erstellte der Sachverständige Herr N eine Reparaturbestätigung. Hierfür fielen bei dem Kläger Kosten i. H. v. 35,70 Euro brutto an.
Die Beklagte regulierte gegenüber dem Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten i. H. v. 191,90 Euro netto bzw. 229,55 Euro brutto.
Der Kläger macht vorliegend in der Hauptsache den Differenzbetrag zwischen den zwei eingeholten Gutachten sowie die Kosten für die Reparaturbestätigung geltend.
Der Kläger behauptet, dass der untere Teil der Stoßfängerverkleidung der Front in der Mitte deutlich erkennbar gebrochen und dies auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen sei.
Der Kläger ist ferner der Ansicht, die Beklagte habe vorgerichtliche Anwaltskosten nach einem Gegenstandswert von über 2.500,00 Euro zu erstatten.
Ursprünglich hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 662,36 Euro zuzüglich Zinsen und Rechtsanwaltskosten zu zahlen. In der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2012 ist für den Kläger niemand erschienen, sodass ein Versäumnisurteil erlassen worden ist, in dem die Klage abgewiesen wurde. Das Versäumnisurteil ist dem Kläger am 24.08.2012 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 24.08.2012 – bei Gericht eingegangen am 25.08.2012 – hat der Kläger Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt.
Der Kläger beantragt nunmehr,
1. das Versäumnisurteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 662,63 Euro nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB zu zahlen, aus einem Betrag von 626,93 Euro seit dem 08.03.2012 aus einem weiteren Betrag von 35,70 Euro seit dem 23.03.2012.
2. Die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 72,80 Euro seit dem 23.03.2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil des Amtsgericht Wetter vom 16.08.2012 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte behauptet, dass insbesondere der Sachverständigen N kalkulierten Schaden im Bereich des unteren Frontstoßfängers nicht auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen sei. Dieser Bereich befinde sich deutlich tiefer als das Heck des Beklagtenfahrzeuges und habe damit nicht im Rahmen des Zusammenstoßes tangiert werden können.
Die Beklagte ist ferner der Ansicht, dass die Kosten für die Reparaturbestätigung nicht erstattungsfähig sein.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses E Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen C vom 21.12.2012 (Blatt 153 ff. E Akte) sowie auf das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen C vom 14.03.2013 (Blatt 213 ff. der Akte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Einspruch mit Schriftsatz vom 24.08.2012 – eingegangen am 25.08.2012 – gegen das Versäumnisurteil vom 16.08.2012, dem Kläger zugestellt am 24.08.2012 ist zulässig. Der Prozess war daher in die Lage zurückzuversetzen in die er sich vor Eintritt der Versäumnis befand, § 342 ZPO.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Klageantrag zu 1
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 626,93 Euro aus §§ 115 I Nr. 1 VVG i. V. m. § 7 I StVG. Im Einzelnen:
Eine Haftung der Beklagten nach §§ 115 I Nr. 1 VVG i. V. m. § 7 I StVG besteht lediglich dem Grunde nach. Der Kläger hat keinen über den von der Beklagten bereits regulierten Betrag in Höhe von 1.124,79 Euro hinausgehenden Anspruch auf Erstattung von Reparaturkosten. Im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme konnte die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, dass bei dem streitgegenständlichen Unfallereignis auch der untere Bereich des Frontstoßfängers seines Fahrzeugs beschädigt worden sei, nicht bestätigt werden. Die Beweisaufnahme hat nicht mit der im Sinne des § 286 ZPO notwendigen Gewissheit, die vernünftigen Zweifeln schweigen gebietet, ergeben, dass der klägerische Frontstoßfänger im unteren Bereich durch den Unfall beschädigt worden ist. Ein Beweis ist nämlich erst dann erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme von der Richtigkeit der Tatsachenbehauptung überzeug ist. Für den Beweis ist die volle richterliche Überzeugung erforderlich. Diese kann nicht mit mathematischen Methoden ermittelt und darf deshalb nicht allein auf mathematischer Wahrscheinlichkeitsberechnung gestützt werden. Es bedarf auch keiner absoluten Gewissheit oder an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit. Erforderlich und ausreichend ist vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarere Grad von Gewissheit, der Zweifeln schweigen gebietet. Das eingeholte Sachverständigengutachten des Sachverständigen C konnte den klägerischen Vortrag nicht bestätigen. Vielmehr erläutert der Sachverständige anhand des Fotos 21 (Blatt 176 der Akte) nachvollziehbar, dass das Beklagtenfahrzeug mit der unteren Strebe des Stoßfängers von dem Klägerfahrzeug nicht in Berührung kommt. Er schließt damit einen unmittelbaren Kontakt zwischen den streitgegenständlichen Fahrzeugen an der gebrochenen Strebe aus. Schließlich kommt der Sachverständige C sodann zu dem Schluss, dass festgestellt werden kann, dass am Fahrzeug des Klägers im vorderen Bereich an der unteren Strebe des Stoßfängers anstoßspuren vorhanden sind, die sich nicht plausibel auf die Kollision mit dem Fahrzeug auf Beklagtenseite zurückführen lassen. Aus technischer Sicht kann seitens des Sachverständigen nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Bruch im unteren Bereich der Stoßstange des klägerischen Fahrzeugs auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen ist (Blatt 180 der Akte).
Auch im Rahmen der eingeholten ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen kommt dieser plausibel zu dem Ergebnis, dass auch bei einem Gefälle von 3,5 % am Unfallort eine Winkelveränderung zwischen den Fahrzeugen nicht bzw. im Bereich einer zu vernachlässigen Messtoleranz eintritt und daher keine wesentlichen Veränderungen gegenüber dem Zustand auf der Grube – wie bei der durchgeführten Gegenüberstellung – auftritt. Auch auf die Frage des Klägers im Hinblick auf die Anstoßintensität bejaht der Gutachter die Einbeziehung einer Anstoßintensität bei seinen Feststellungen (Blatt 221 der Akte).
Der in Bezug auf die Schadenshöhe beweisbelastete Kläger ist insofern beweisfällig geblieben.
2.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung von 35,70 Euro für die Reparaturbestätigungskosten gegen die Beklagte aus §§ 115 I Nr. 1 VVG i. V. m. § 7 I StVG. Bei den Kosten für die Erstellung einer Reparaturbestätigung handelt es sich nicht um eine nach § 249 BGB Erstattungsfähige Schadensposition, da die Beklagte außergerichtlich zu keinem Streitpunkt um die Vorlage einer Reparaturbestätigung gebeten hat. Die Erteilung eines weiteren Kosten auslösenden Auftrages zur Erstellung einer Reparaturbestätigung an ein Sachverständigenbüro stellt sich dann nicht als erstattungsfähige Position dar, sofern dies ohne Aufforderung seitens der Beklagten Haftpflichtversicherung erfolgte. Die Reparaturbestätigung kann allenfalls dann eine Relevanz entwickeln, wenn es zwischen den Parteien zum Streit über die Durchführung der Reparatur kommt. Dies ist nach Auffassung des Gerichts hinsichtlich einer gutachterlichen Reparaturbestätigung nur dann und insoweit der Fall, als das von Seiten des Schädigers bestritten wird, dass eine Reparatur durchgeführt wurde oder zumindest irgendein Anzeichen den Schluss darauf zu lässt, ein solches Bestreiten erfolgen wird oder droht, (etwa weil schon die Haftung als solche streitig ist). Es fehlt gänzlich an Sachvertrag, der eine derartige Annahme stützen würde. Unstreitig hat der Kläger während der Reparaturdauer einen Ersatzwagen angemietet, für welchen die Beklagte die Kosten erstattet hat. Es fehlt daher jedwedes Anzeichen dafür, dass eine fehlende Reparatur eingewendet worden und eine Reparaturbestätigung notwendig gewesen ist.
3.
Mangels Anspruch in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Verzinsung nach §§ 286, 288 BGB.
II. Klageantrag zu 2
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Der ursprüngliche Gegenstandswert setzt sich aus Sachverständigenkosten i. H. v. 441,73 Euro, Reparaturkosten i. H. v. 1.124,79 Euro, einer Kostenpauschale i. H. v. 25,00 Euro, und maximalen Mietwagenkosten i. H. v. 322,55 Euro zusammen, mithin einem Gesamtgegenstandswert von maximal 1.914,07 Euro. Damit ein Gegenstandswert nach Anlage 2 RVG bis zu 2.000,00 Euro maßgeblich. Danach beträgt eine 1,3 Gebühr 172,90 Euro. Zuzüglich einer Pauschale von 20,00 Euro und Mehrwertsteuer ergibt dies einen Betrag von 229,55 Euro brutto. Dieser wurde bereits durch die Beklagte reguliert und damit ist der Anspruch insofern erfüllt. Ein darüber hinaus gehender Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist nicht gegeben.
III. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 I S.1, 344 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.