04.03.2015 · IWW-Abrufnummer 143930
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 12.12.2014 – 3 Ws (B) 601/14 - 122 Ss 143/14
Keine Addition der Regelfahrverbote, wenn der Tatrichter zwei Tatbestände der Bußgeldkatalogverordnung als erfüllt ansieht, die jeweils als Folge ein Regelfahrverbot vorsehen.
Kammergericht
Beschluss
Geschäftsnummer: 3 Ws (B) 601/14 – 122 Ss 143/14
318 OWi 67/14
In der Bußgeldsache gegen
XXX
wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit
hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts
am 12. Dezember 2014 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 24. Juni 2014 wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Dauer des Fahrverbots auf einen Monat herabgesetzt wird.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e :
Das Amtsgericht Tiergarten hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 24. Juni 2014 auf seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 31. Oktober 2013 wegen Zuwiderhandlung gegen die §§ 41 Abs. 1, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO gemäß § 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 160,-- Euro verhängt, gemäß § 25 StVG ein zweimonatiges Fahrverbot angeordnet und bestimmt, dass dieses entsprechend der Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG wirksam werden soll. Die dagegen gerichtete, die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügende Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat lediglich in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß den §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und die Höhe der Regelgeldbuße von 160,00 Euro wendet.
2. Der Rechtsfolgenausspruch, soweit das Amtsgericht ein zweimonatiges Fahrverbot verhängt hat, hält dagegen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Amtsgericht begründet die Verhängung des zweimonatigen Fahrverbots lediglich mit der Vorbelastung des Betroffenen, gegen den wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 32 km/h am 28. Juni 2012 eine Geldbuße in Höhe von 120,-- Euro verhängt worden ist.
Diese Begründung hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Vorbelastung mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung hat bereits dazu geführt, dass das Amtsgericht zutreffend von einem beharrlichen Verstoß gemäß § 4 Abs. 2 BKatV ausgegangen ist. Soweit daneben auch das Vorliegen einer groben Pflichtverletzung gemäß § 4 Abs. 1 BKatV i V. m. Tabelle 1 c) laufende Nr. 11.3.6 indiziert ist, führt dies ebenfalls nicht zu einer Addition der Regelfahrverbote.
Bei der Erfüllung zweier Tatbestände der Bußgeldkatalogverordnung, die ein Regelfahrverbot vorsehen, durch eine Handlung ist bei Vorliegen des Regelfalls die Dauer der Regelfahrverbote nicht zu addieren (vgl. OLG Stuttgart NZV 1996, 159 m. w. N). Dem Ordnungswidrigkeitenrecht ist – ebenso wie dem Strafrecht – bei Tateinheit die Addition von Rechtsfolgen grundsätzlich fremd. Auch wenn die Vorschrift des § 4 BKatV den Fall der tateinheitlichen Verwirklichung mehrerer Bußgeldtatbestände mit Regelfahrverbot nicht behandelt, ist kein Grund ersichtlich, warum dies bei der Bemessung des Regelfahrverbots anders sein soll. § 19 Abs. 2 Satz 2 OWiG sieht im Übrigen bei Tateinheit keine Addition der im Gesetz angedrohten Nebenfolgen vor. Dies stünde auch in systematischen Widerspruch zu § 19 Abs. 2 Satz 1 OWiG. Das Fahrverbot soll den Betroffenen warnen und ihm nachhaltig seine Pflichten als Führer eines Kraftfahrzeugs bewusst machen. Diese spezialpräventive Wirkung verlangt eine Gesamtbetrachtung der abzuurteilenden Tat.
Die Erhöhung des Fahrverbots über die Dauer eines Monats hinaus kommt daher lediglich dann in Betracht, wenn gewichtige, für den Betroffenen nachteilige Umstände vorliegen, die erkennen lassen, dass ein Fahrverbot von einem Monat nicht ausreicht, um ihn nachhaltig zu beeindrucken. Diese Gründe sind im Urteil darzulegen (vgl. OLG Brandenburg NStZ-RR 2011, 153; OLG Stuttgart, a. a. O., jeweils m. w. N.). An der Darlegung derartiger Gründe fehlt es im angefochtenen Urteil. Diese sind auch nicht ersichtlich. Der Betroffene hat die vorliegende Tat lediglich fahrlässig begangen und es ist bisher auch noch kein Fahrverbot gegen ihn verhängt worden.
Der Rechtsfehler führt jedoch nicht dazu, die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen, weil der Senat aufgrund der vom Amtsgericht getroffenen, ersichtlich vollständigen Feststellungen über den Rechtsfolgenausspruch insoweit selbst entscheiden kann (§ 79 Abs. 6 OWiG).
Das Fahrverbot ist auf einen Monat festzusetzen. Gründe die ausnahmsweise ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Es ist ebenfalls nicht erkennbar, dass die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbots eine außergewöhnliche Härte für den Betroffenen darstellt. Hierfür ist insbesondere nicht ausreichend, dass der Betroffene als Rechtsanwalt regelmäßig Gerichtstermine außerhalb Berlins wahrzunehmen hat. Allein das berufliche Angewiesensein auf eine Fahrerlaubnis rechtfertigt ein Absehen von der Auferlegung eines Fahrverbots nicht (vgl. KG, Beschluss vom 23. Januar 2013 – 3 Ws (B) 33/13 – m. w. N.). Ausnahmen davon können lediglich vorliegen, wenn dem Betroffenen infolge der Länge des Fahrverbots Arbeitsplatz- oder sonstiger wirtschaftlicher Existenzverlust droht und diese Konsequenz nicht durch zumutbare Vorkehrungen abgewendet oder vermieden werden kann, mithin ein Härtefall ganz außergewöhnlicher Art vorliegt (vgl. KG, a. a. O., m. w. N.). Das ist vorliegend nicht ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.