12.08.2015 · IWW-Abrufnummer 145084
Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 20.04.2015 – 12 U 97/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Koblenz
Urt. v. 20.04.2015
Az.: 12 U 97/14
In dem Rechtsstreit
XXX
gegen
...
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Wünsch, den Richter am Oberlandesgericht Burkowski und die Richterin am Oberlandesgericht Kagerbauer im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzschluss am 30.03.2015 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 20.12.2013 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs der Marke Mazda RX 8, Identifikationsnummer ... 5.467,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.12.2014 an die ...[B] GmbH, ...[Z], zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte bezüglich der Rückgabe des Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Dem Kläger ist auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er war bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne sein Verschulden verhindert, die Berufung rechtzeitig einzulegen und zu begründen.
Die Berufung hat überwiegend Erfolg.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 5.467,50 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Mazda RX 8. Der Anspruch folgt aus den §§ 437, 323, 346 BGB.
Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 14.11.2014 den Rücktritt von dem Kaufvertrag be- treffend den Pkw Mazda RX 8 erklärt. Dieser Rücktritt ist wirksam.
Der Pkw ist mangelhaft. Der Sachverständige ...[A] hat einen kapitalen Motorschaden festgestellt. Dieser Motorschaden beruht nicht darauf, dass der Kläger das Fahrzeug ohne das Hitzeschutzblech gefahren hat.
Der Mangel hat sich innerhalb von 6 Monaten seit Gefahr übergang gezeigt. Der Kläger hat das Fahrzeug am 26.04.2013 gekauft. Das Fahrzeug ist seit dem 24.06.2013 wegen des Motorschadens nicht fahrbereit. Gemäß § 476 BGB wird damit vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war.
Der Kläger hat dem Beklagten eine Frist zur Nacherfüllung bestimmt. Er hat den Beklagten mit Schreiben vom 13.01.2014 zur Beseitigung des Motorschadens bis zum 31.01.2014 aufgefordert. In dem Schreiben vom 13.01.2014 ist der Mangel des Fahrzeugs ausreichend beschrieben.
Die Wirksamkeit des Rücktritts scheitert nicht daran, dass der Kläger dem Beklagten das Fahrzeug nicht in ...[Z] zur Nacherfüllung zur Verfügung gestellt hat. Der Kläger musste dem Beklagten den Pkw an dem Ort zur Verfügung stellen, an dem dieser seiner Verpflichtung zur Nacherfüllung nachzukommen hatte. Das ist im vorliegenden Fall der Belegenheitsort der Sache.
Erfüllungsort der Nacherfüllung ist der Sitz des Schuldners, wenn sich aus den jeweiligen Umständen keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen lassen (BGH NJW 2011, 2278 [BGH 13.04.2011 - VIII ZR 220/10]; BGH NJW 2013, 1074 [BGH 19.12.2012 - VIII ZR 96/12]). Der Sitz des Beklagten befindet sich in ...[Z]. Die Nacherfüllung muss allerdings ohne erhebliche Unannehmlichkeiten erfolgen (BGH NJW 2011, 2278 [BGH 13.04.2011 - VIII ZR 220/10]). Erhebliche Unannehmlichkeiten können sich daraus ergeben, dass der Käufer die Sache zum Verkäufer bringen muss. Im Falle derartiger Unannehmlichkeiten ist es geboten, den Belegenheitsort der Kaufsache als Erfüllungsort der Nacherfüllung anzusehen (BGH a. a. O.).
Erhebliche Unannehmlichkeiten ergeben sich im vorliegenden Fall daraus, dass der Pkw nicht fahrfähig ist und die Entfernung zwischen dem Ort, an dem er sich befindet (...[Y] im ...-Kreis) und dem Sitz des Beklagten (...[Z]) groß ist. Der Kläger müsste das Fahrzeug auf einen Transporter verladen und nach ...[Z] bringen. Demgegenüber wäre es für den Beklagten ein wesentlich geringerer Aufwand, einen Mitarbeiter nach ...[Y] zu schicken, der sich das Fahrzeug ansieht und dann entscheidet, was zu tun ist.
An der Bereitschaft des Klägers, das Fahrzeug dem Beklagten an dem Belegenheitsort zur Verfügung zu stellen, bestehen keine Zweifel.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (5.650,00 €) abzüglich einer Entschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs. Der Kläger hat den Pkw 5.000 km gefahren. Das Fahrzeug hatte bei dem Kauf einen Tachostand von 135.000 km. Bei einer nach Auffassung des Senats angemessenen Restlaufleistung von weiteren 100.000 km ergibt sich nach der Formel "Kaufpreis x gefahrene Kilometer : Restlaufleistung (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 3564) eine Entschädigung von 282,50 €.
Die Nutzungsentschädigung von 282,50 € ist um 100,00 € zu kürzen. Nach Darstellung des Klägers hat der Beklagte ihm die Zahlung von 100,00 € dafür versprochen, dass der Kläger selbst den Einbau des Ersatz-Katalysators veranlasst. Dem ist der Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten.
Die weiteren Gegenansprüche, mit denen der Kläger gegen die Nutzungsentschädigung aufrechnet, bestehen nicht. Ein Anspruch auf Standgebühren besteht aus den vom Landgericht dargelegten Gründen nicht. Ein Anspruch auf Fahrtkosten wegen des Einbaus des Katalysators ist nicht ersichtlich. Anders als bei den oben erörterten 100,00 € behauptet der Kläger nicht, dass er sich mit dem Beklagten auf einen Ersatz anfallender Fahrtkosten geeinigt habe.
Der Zinsanspruch beruht auf § 291 BGB. Der Kläger kann Zinsen allerdings erst mit dem Zugang des Schriftsatzes vom 14.11.2014 verlangen, da erstmals in diesem Schriftsatz ein wirksamer Rücktritt von dem Kaufvertrag erklärt worden ist, der geltend gemachte Rückgewähranspruch also erst mit Zugang dieser Rücktrittserklärung fällig geworden ist. Der Schriftsatz vom 14.11.2014 ist ausweislich der Akte am 27.11.2014 an den Beklagtenvertreter hinausgegeben worden. Der Senat geht davon aus, dass der Schriftsatz am 2.12.2014 zugegangen war.
Der zuvor erklärte Rücktritt war aus den vom Landgericht dargelegten Gründen nicht wirksam. Der mit Schreiben vom 27.06.2013 erklärte Rücktritt war nicht wirksam, da der Kläger eine vorangegangene Fristsetzung betreffend die Nacherfüllung nicht bewiesen hat. Auch der Rücktritt in der Sitzung vom 29.11.2013 war nicht wirksam. Wegen des fehlenden Hitzeschutzblechs konnte der Kläger nicht zurücktreten, weil der Beklagte dieses Blech nach der Fristsetzung mit dem Schreiben vom 19.11.2013 innerhalb einer angemessenen Frist übergeben hat. Wegen des Motorschadens konnte der Kläger nicht zurücktreten, da es insoweit in dem Schreiben vom 19.11.2013 an ausreichendem Vortrag gefehlt hat. Dass ein besserer Vortrag möglich war, zeigt das Schreiben vom 13.01.2014.
Die Klage auf Feststellung des Annahmeverzuges ist begründet, allerdings lag Annahmeverzug nicht bereits - wie vom Kläger in seinem Antrag formuliert - seit dem 6.07.2013 vor, da die Forderung des Klägers auf Rückabwicklung erst aufgrund des Rücktritts im Schriftsatz vom 14.11.2014 berechtigt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.650,00 € festgesetzt.