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  • 14.01.2016 · IWW-Abrufnummer 146151

    Landgericht Coburg: Beschluss vom 02.12.2015 – 22 O 608/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Coburg

    Az.: 22 O 608/15

    Beschluss
    Verkündet: 12.12.2015

    in dem Rechtsstreit
    ...
    Klägerin
    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ..., Hamburg
    gegen
    ...
    Beklagte
    Prozessbevollmächtigte: ...

    wegen Schadensersatzes

    erlässt das Landgericht Coburg - 2, Zivilkammer - durch die Richterin am Landgericht Gillot als Einzelrichterin am 12.12.2015 folgenden Beschluss

    1. Die Übernahme des Rechtsstreits wird abgelehnt.
    2. Der Rechtsstreit wird an das Landgericht Dortmund zurückgegeben.

    Gründe:

    I.

    Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadenersatz aus abgetretenem Recht aufgrund mehrerer Verkehrsunfälle.

    Für die Begründung der Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Dortmund hat die Klägerin nach gerichtlichem Hinweis auf den Sitz der Beklagten in Coburg umfassend dazu vorgetragen, dass die Beklagte eine Niederlassung in Dortmund unterhalte. Unter Vorlage der Abrechnungsschreiben und einschlägiger Rechtsprechung nicht zuletzt des Amtsgerichts und des Landgerichts Dortmund selbst hat sie die Niederlassung der Beklagten in Dortmund begründet und nur hilfsweise einen Verweisungsantrag gestellt.

    Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Dortmund vom 04.11.2015 verneint die Niederlassung der Beklagten in Dortmund wie folgt:
    „Es ist aufgrund anderer Verfahren vor dem Landgericht gerichtsbekannt, dass die Beklagte keine selbstständige Niederlassung gemäß § 21 ZPO in Dortmund betreibt.

    Die Klägerin hat auch keine ausreichenden Umstände vorgetragen, nachdem die Beklagte nach außen den Anschein einer selbstständigen Niederlassung in Dortmund erweckt hat. Die von den Parteien vorgelegten Schreiben zeigen lediglich, dass die Korrespondenz von Dortmund aus geführt wurde, denn in den Schreiben der Beklagten ist im Briefkopf als Absender angeführt „Schadenaußenstelle H, S.-straße, Dortmund“. Andererseits endet das Schreiben mit dem Zusatz „H Haftpflichtunterstützungskasse ... in C. Ihr Schadenteam“. Damit wird gerade nicht der Anschein erweckt, dass in Dortmund eine selbstständige Niederlassung betrieben wird.“

    Die zitierten Schreiben der H lauten unter der Überschrift „Sie erreichen uns:“ wie folgt:

    „ihr Schadenteam

    Telefon: 0231 ...“

    II.

    Das Verfahren war zurückzugeben, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verweisung an das Landgericht Coburg nicht vorliegen. Das Landgericht Dortmund ist örtlich zuständig, weil der besondere Gerichtsstand des § 21 I ZPO eingreift. Der Verweisungsbeschluss vom 4.11.2015 entfaltet keine Bindungswirkung, da er als willkürlich zu betrachten ist.

    1. Gemäß § 281 I 1 ZPO setzt die Verweisung eines Rechtsstreits u. a. voraus, dass das angegangene Gericht unzuständig ist. Dies ist hier nicht der Fall.

    Das Landgericht Dortmund ist nach § 21 I ZPO örtlich zuständig, weil sich hier eine Niederlassung der Beklagten befindet.

    Unter einer Niederlassung im Sinne des § 21 I ZPO ist eine von dem Inhaber an einem anderen Ort als dem seines Sitzes für eine gewisse Dauer eingerichtete, auf seinen Namen und für seine Rechnung betriebene und in der Regel selbstständig, d. h. aus eigener Entscheidung zum Geschäftsabschluss und Handeln berechtigte Geschäftsstelle zu verstehen, die weder als Gewerbebetrieb angemeldet noch in das Handelsregister eingetragen sein muss. Die Beurteilung der Selbstständigkeit einer Zweigniederlassung erfolgt dabei danach, ob nach außen der Anschein einer selbstständigen Niederlassung erweckt wird (vgl. Zöller, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 21, Rn. 8 m. w. N.),

    Dies ist hier der Fall. Der einzig aus dem Anschreiben der Beklagten zu entnehmende Ansprechpartner ist die Schadenaußenstelle H in der S.-straße ... Dortmund. Es liegt nur diese eine Anschrift für den Schriftverkehr vor. Ebenso wird unter „Ihr Schadenteam“ als telefonische Kontaktmöglichkeit eine Dortmunder Nummer genannt. Insofern ergibt sich auch nichts anderes durch die Unterzeichnung seitens der Beklagten mit „H Haftpflichtunterstützungskasse ... in Coburg“, denn hierunter befindet sich als Zusatz „Ihr Schadenteam“. Damit wird gerade der Bezug zu den Kontaktdaten dieses Schadensteams, nämlich in Dortmund, deutlich gemacht.

    2. Dem Verweisungsbeschlusses kommt keine Bindungswirkung nach § 281 I 4 ZPO zu, weil das Landgericht Dortmund sich mit dem Vorbringen der Klägerseite, welches für die Zuständigkeitsfrage entscheidungserheblich ist, nicht auseinandergesetzt und damit deren rechtliches Gehör verletzt hat (vgl. BeckOK ZPO, 18. Edition, Stand 01.09.2015, § 281 Rn. 31,31,3, m. w. N.).

    Soweit das Landgericht Dortmund seine Verweisung damit begründet, dass es gerichtsbekannt sei, dass die Beklagte keine selbstständige Niederlassung in Dortmund betreibe, setzt sie sich zum einen erkennbar in keiner Weise mit den von der Klägerseite zitierten Entscheidungen auseinander, zum anderen gibt das Landgericht zu erkennen, dass es statt einer eigenständigen Prüfung im konkreten Einzelfall seine Rechtsauffassung auf nicht begründete und offengelegte Kenntnisse stützen möchte.

    Auch die zitieren Bestandteile der Schreiben der ... Coburg zeugen von einem gewollten Prüfungsergebnis statt einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem klägerseitigen Vortrag. Dies ergibt sich bereits daraus, dass trotz des Zitates des Zusatzes „Ihr Schadenteam“ keine Würdigung des Umstandes mehr erfolgt, dass unter „Ihr Schadenteam“ bei den Kontaktdaten eine Dortmunder Nummer angegeben ist.

    RechtsgebietZPOVorschriften§ 21 I ZPO; § 21 ZPO; § 281 I 1 ZPO; § 281 I 4 ZPO