VG Düsseldorf
Urteil vom 20.02.2024
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Das Kraftfahrzeug der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 0000 wurde am Sonntag, dem 00. September 0000 an der Q.-straße gegenüber der Hausnummer 00 in P. abgestellt. Ausweislich des Abschlepp-Protokolls und der im Verwaltungsvorgang befindlichen Fotos parkte das Fahrzeug auf einem Parkplatz für Carsharing-Fahrzeuge (Zeichen 314 mit Zusatzzeichen, lfd Nr. 63.6 der Anlage 2 zu §
41 Abs. 1 StVO). Der Außendienstmitarbeiter der Beklagten stellte den Verstoß um 12:02 Uhr fest und beauftragte um 12:06 Uhr einen Abschleppwagen, der um 12:15 Uhr vor Ort eintraf. Die Klägerin erschien ausweislich des Abschlepp-Protokolls um 12:13 Uhr vor Ort und entfernte ihr Fahrzeug selbst.
Die Rechnung des Abschleppunternehmens F. an die Beklagte vom 12. September 2022 betrug 65,45 Euro.
Die Beklagte hörte die Klägerin mit Schreiben vom 10. Oktober 2022 zu dem beabsichtigten Erlass eines Leistungs - und Gebührenbescheides an. Zur Begründung führte sie aus, dass das Fahrzeug "XX-XX 0000" am 00. September 0000 von 12:02 Uhr bis 12:13 Uhr verbotswidrig geparkt worden sei und die Klägerin die Kosten der beabsichtigten Sicherstellung in Höhe von voraussichtlich 172,95 Euro (107,50 Euro Verwaltungsgebühren) zu tragen habe. Sie habe die Gelegenheit, den verantwortlichen Fahrzeugführer zu benennen bzw. sich zur Sache zu äußern.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2022 trug die Klägerin vor, dass die Höhe der Verwaltungskosten aus ihrer Sicht zu hoch und unverhältnismäßig sei. An diesem Tag sei sie in Eile gewesen und habe eines ihrer Kinder zum Schwimmunterricht in das I. Hotel P. an der Q.-straße 00 gebracht. Sie sei nur ca. 10 Minuten abwesend gewesen, während sie ihren Sohn schnell umgezogen und dem Schwimmlehrer übergeben habe. Als sie wieder zu ihrem Auto gekommen sei, hätten die Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung schon einen Verwarnungszettel mit Bußgeld i.H.v. 55,00 Euro ausgedruckt und den Abschleppwagen bestellt. Sie bitte, die Angelegenheit erneut zu prüfen.
Ausweislich der Stellungnahme des Außendienstmitarbeiters A. vom 2. Dezember 2022 sei durch die Parkweise des Fahrzeugs "XX-XX 0000" eine Behinderung dahingehend eingetreten, dass die Carsharing-Fahrzeuge nicht an dem dafür vorgesehenen Platz hätten abgestellt werden können.
Mit Leistungs- und Gebührenbescheid vom 13. Dezember 2022, abgesandt am 13. Dezember 2022, machte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Kosten der Leerfahrt in Höhe von 65,45 Euro geltend und setzte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 107,50 Euro (insgesamt 172,95 Euro) fest. In der Begründung ist angegeben, dass das Fahrzeug "XX-XX 0000" am 00. September 0000 von 12:02 Uhr bis 12:13 Uhr verbotswidrig auf einem Carsharing-Parkplatz geparkt worden sei. Dadurch sei eine konkrete Behinderung für die Carsharing-Fahrzeuge entstanden. Die dadurch verursachten Kosten seien von der Klägerin zu tragen und könnten nicht der Allgemeinheit angelastet werden.
Zur Gebührenhöhe führte die Beklagte aus, dass nach § 77 VwVG NRW i.V.m. § 15 Abs. 1 lfd Nr. 7 VO VwVG NRW für Amtshandlungen im Zusammenhang mit dem Abschleppen eines zugelassenen Kraftfahrzeuges eine Verwaltungsgebühr zwischen 25,00 Euro und 150,00 Euro zu erheben sei. Für den hier vorliegenden Fall (Leerfahrt während eines Sondereinsatzes) werde die Gebührenhöhe den gesetzlichen Vorgaben entsprechend auf den vorgenannten Betrag festgelegt.
Der Ehemann der Klägerin (Prozessbevollmächtigter) wandte sich mit E-Mail vom 26. Dezember 2022 erneut an die Beklagte und bat um Überprüfung des Gebührenbescheides, da die Klägerin nur 11 Minuten auf einem Carsharing-Parkplatz geparkt habe, um den Sohn zu seiner Schwimmstunde zu bringen. Es seien zu diesem Zeitpunkt noch weitere Parkplätze frei gewesen, sodass die Notwendigkeit einer Gefahrenabwehr nicht ersichtlich sei. Auch sei der Leistungs- und Gebührenbescheid für sie zu hoch, da sie solche Beträge am Monatsende nicht übrig hätten.
Die Klägerin hat am 20. Januar 2023 Klage erhoben.
Zur Begründung wiederholt sie ihre Ausführungen im Anhörungsverfahren und trägt ergänzend vor, dass ihr der Bescheid am 14. Dezember 2022 zugegangen sei. Eine rechtzeitige Klageeinreichung sei indes aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen. Die sofortige Beauftragung eines Abschleppunternehmens sei unverhältnismäßig gewesen. Es hätte noch eine Zeit abgewartet werden müssen, ob jemand am Fahrzeug erscheint.
Die Klägerin beantragt,
ihr Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist zu gewähren und
den Leistungs- und Gebührenbescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2022 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den angefochtenen Bescheid und trägt ergänzend vor, dass durch die Parkweise der Klägerin insoweit eine Störung bestanden habe, als das Sonderparkplätze für Carsharing-Fahrzeuge ausschließlich diesen zur Verfügung stünden und nicht durch andere Fahrzeuge belegt werden dürfen. Innerhalb der R. Innenstadt existiere auch nur dieser Standort auf der Q.-straße für die Bereitstellung und das Abstellen von Carsharing-Fahrzeugen. Ausweichflächen - bei Fremdbelegung der Verkehrsflächen - stünden somit nicht zur Verfügung. Die eingetretene Störung und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sei daher durch Einleitung der Abschleppmaßnahme zu beseitigen gewesen. Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei keine verantwortliche Person am Fahrzeug gewesen.
Zudem sei der Verwaltungsaufwand für sogenannte Leerfahrten nicht reduziert, sondern im Einzelfall sogar höher als bei sonstigen Abschleppmaßnahmen. Es sei allerdings für die Gebührenhöhe eine typisierende Betrachtung des Aufwandes statthaft.
Die Beklagte hat ermessensbegründend ergänzend ausgeführt, dass die Gebührenfestsetzung der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung Rechnung trage. Diese Umstände würden durch die für typische Fallgestaltungen gebildeten Regelgebührentarife sachgerecht abgedeckt. Im Rahmen einer am Regelfall orientierten Betrachtung werde insofern von einer betragsmäßigen Konkordanz ausgegangen.
Mit Beschluss vom 24. Januar 2024 ist das Verfahren der Vorsitzenden als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden.
In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte vorgetragen, dass die gesamte Familie während der Zeit des Bescheidzuganges bis zum Ende der Weihnachtsferien 2022/2023 an Corona erkrankt gewesen sei, so dass sich keiner um eine rechtzeitige Klageerhebung habe kümmern können.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass es vermehrt zu Beschwerden von Nutzern der Carsharing-Parkplätze dahingehend gekommen sei, dass diese Parkplätze von Nichtberechtigten belegt gewesen seien.
Der verantwortliche Außendienstmitarbeiter, Herr D. A., ist als Zeuge zu der Frage vernommen worden, ob das Abschleppfahrzeug ursprünglich für einen anderen PKW bestellt wurde. Dies hat der Zeuge verneint.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig. Der Klägerin ist insbesondere Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist von 1 Monat nach Zugang des Bescheides am 14. Dezember 2022 zu gewähren. Die Klagefrist endete am Montag, dem 16. Januar 2023. Die Klage wurde am 20. Januar 2023 erhoben, §
74 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Gemäß §
60 Abs. 1 VwGO ist der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da der Prozessbevollmächtigte, ihr Ehemann, in der mündlichen Verhandlung glaubhaft gemacht hat, dass sie aufgrund einer Corona-Erkrankung gehindert gewesen sei, die Klage rechtzeitig zu erheben. Dabei sind an die Glaubhaftmachung keine strengen Anforderungen zu stelln,
vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl., 2022, § 60, Rdnr. 30.
Die Klage ist indes unbegründet.
Der angefochtene Leistungs- und Gebührenbescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, §
113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die im Bescheid der Beklagten enthaltene Aufforderung an die Klägerin, die durch die Leerfahrt entstandenen Kosten in Höhe von 65,45 Euro zu ersetzen, hat ihre Rechtsgrundlage in §
77 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW (VwVG NRW) und § 20 Abs. 2 Nr. 8 der Ausführungsverordnung zum VwVG (VO VwVG NRW) i.V.m. § 24 Nr. 13 des OBG NRW i.V.m. § 46 Abs. 3 Satz 1 des Polizeigesetzes NRW (PolG NRW). Hiernach hat der Ordnungspflichtige die durch eine rechtmäßige (auch nur begonnene) Sicherstellung bzw. Ersatzvornahme entstandenen Kosten zu ersetzen.
Die eingeleitete Sicherstellung bzw. Ersatzvornahme war hier rechtmäßig. Die in § 14 OBG NRW als Voraussetzung des ordnungsbehördlichen Einschreitens verlangte gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand vorliegend. Eine derartige Gefahr liegt jedenfalls bei einem Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung, mithin bei einer Zuwiderhandlung gegen formelle und materielle Gesetze vor. Im Zeitpunkt des Einschreitens der Beklagten lag ein Verkehrsverstoß vor.
Die Klägerin verstieß durch das Abstellen ihres PKW auf dem Parkplatz, der durch das Aufstellen einer entsprechenden Beschilderung Carsharing-Fahrzeugen vorbehalten ist, gegen §
12 Abs. 3 Nr. 2 StVO.
Hier war durch das Richtzeichen 314 (Parken) der Anlage 3 zu §
42 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) nebst Zusatzzeichen Nr. 1010-70 (Carsharing) des Katalogs der Verkehrszeichen der StVO (VzKat StVO) der Parkplatz ausschließlich PKWs vorbehalten, die am "Stadtmobil"-Carsharing teilnehmen. Durch das einschränkende Zusatzzeichen wird das Richtzeichen 314 zum Verbotszeichen für die nicht berechtigten Fahrzeuge, vgl.: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., 2023, §
12 StVO, Rdnr. 57.
Da der Parkplatz nach der Beschilderung lediglich Carsharing-Fahrzeugen vorbehalten ist, wird ein Fahrzeug, das nicht an nicht an dem Carsharing teilnimmt, so angesehen, dass es in einem absoluten Halteverbot stand.Vgl. für die vergleichbare Situation der Elektrolade-Parkplätze: VG Düsseldorf, Urteil vom 19. September 2023 -
14 K 7479/22 - juris; zu Parkvorrechten für Elektromobilität und Carsharing: Müller/Rebler, Das Recht des ruhenden Verkehrs, 4. Aufl. 2024, S. 331 ff. m.w.N.
Die eingeleitete Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die eingeleitete Abschleppmaßnahme des klägerischen Fahrzeuges wäre geeignet gewesen, den Rechtsverstoß zu beenden. Sie war auch erforderlich, da kein milderes und gleich effektives Mittel zur Beseitigung des Rechtsverstoßes in Betracht kam. Die eingeleitete Abschleppmaßnahme war auch angemessen.
Die durch die Maßnahme für die Klägerin entstandenen Kosten stehen zu dem bezweckten Ziel, den durch die Beschilderung ausschließlich für Carsharing-Fahrzeuge freizuhaltenden Parkraum nicht längerfristig durch einen Unberechtigten blockieren zu lassen, nicht außer Verhältnis.
Nach der Rechtsprechung des zuständigen Senats des Oberverwaltungsgerichts Münster ist das Abschleppen eines verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs auch dann nicht unverhältnismäßig, wenn es allein der Beseitigung eines Rechtsverstoßes von nicht unerheblicher Dauer dient, ohne dass eine konkrete Verkehrsbehinderung vorgelegen haben muss, vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1990 -
5 A 1687/89 -,
NJW 1990, 2835 m.w.N..
Es kann aber letztlich dahingestellt bleiben, ob eine Abschleppmaßnahme auch dann angemessen ist, wenn der Zweck des Abschleppens allein in der Beseitigung des im verbotswidrigen Parken liegenden Rechtsverstoßes liegt, oder ob dies stets nur dann der Fall ist, wenn eine weitere Beeinträchtigung (etwa Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer, negative Vorbildwirkung gegenüber weiteren Kraftfahrern, Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche) hinzukommt.
Denn das Abschleppen eines verkehrswidrig geparkten Fahrzeuges steht jedenfalls dann mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang, wenn mit dem verkehrswidrigen Parken eine Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche verbunden ist. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 -
3 B 149.01 -, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2012 -
5 A 2802/11 -, Rn. 3 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 22. September 2022 -
14 K 8443/19; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. Dezember 2013 -
14 K 6792/13 - juris; vgl.: VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Oktober 2020 -
14 K 6187/19 - juris, m.w.N.
Auf das Vorliegen einer konkreten Verkehrsbehinderung kommt es dabei nicht an. Vgl. VG Aachen, Urteil vom 23. Februar 2007 -
6 K 78/07 -, Rn. 21, juris.
Von einer derartigen Funktionsbeeinträchtigung ist beim Abstellen eines nicht berechtigten Fahrzeuges im Bereich eines Carsharing-Parkplatzes regelmäßig auszugehen, sodass es keiner Überprüfung bedarf, ob die Klägerin durch das verbotswidrige Abstellen konkret ein bevorrechtigtes Carsharing-Fahrzeug am Parken gehindert hat. Die parkbevorrechtigten Benutzerkreise sollen nach der gesetzgeberischen Wertung darauf vertrauen dürfen, dass der gekennzeichnete Parkraum ihnen unbedingt zur Verfügung steht. Den Verkehrsordnungsbehörden kann nicht die Pflicht auferlegt werden, den Bedarf an freizuhaltenden Parkplätzen fortlaufend zu überprüfen und hiervon ein Einschreiten abhängig zu machen. Die Funktion der Parkplätze für Carsharing-Fahrzeuge wird nur dann gewährleistet, wenn sie jederzeit von nicht parkberechtigten Fahrzeugen freigehalten werden, vgl. für Elektro-Ladestatationen: VG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 25. Mai 2018 - 2 K 7476/17 - juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Januar 2020 -
17 K 4015/18 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 19. September 2023 -
14 K 7479/22 - juris
Entgegen der Auffassung der Klägerin war vorliegend der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch nicht dadurch verletzt worden, dass der handelnde Außendienstmitarbeiter nicht länger gewartet hat, ob die Klägerin selbst an ihrem Fahrzeug erscheint. Insbesondere ist die Behörde grundsätzlich nicht verpflichtet, vor Beauftragung eines Abschleppunternehmers Ermittlungen über den Aufenthaltsort des Halters oder Fahrers des verbotswidrigen Fahrzeugs anzustellen, um diesen aufzufordern, den verbotswidrigen Zustand selbst zu beseitigen. Hat sich der Fahrer von dem Fahrzeug entfernt und steht er nicht unmittelbar wie jemand, der sich in Ruf- oder Sichtweite seines Fahrzeugs aufhält, zur Verfügung, sind grundsätzlich keine Ermittlungen nach dem Verbleib des Verantwortlichen veranlasst, weil deren Erfolg zweifelhaft ist und zu nicht abzusehenden weiteren Verzögerungen führt,vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2002 -
3 B 67/02 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 9. November 2009 - 5 A 813/09 -; gilt auch bei hinterlegter Mobilfunknummer: BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002-
3 B 149/01 -,
NJW 2002, 2122. VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2009 -
14 K 1421/09 -; VG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2007-
20 K 2162/06 -, Rn. 22, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 26. Februar 2013 -
14 K 5137/12 - juris.
Dies gilt selbst dann, wenn der Behörde der Wohnort des Ordnungspflichtigen im Zeitpunkt der Einleitung der Maßnahme bekannt ist und die Wohnungsanschrift in unmittelbarer Nähe zu dem Fahrzeug liegt. Vgl. VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2009 -
14 K 1421/09 -; VG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2007 -
20 K 2162/06 -, Rn. 22, juris.
Es gilt dabei ebenso die Leitlinie, dass bei einer zeitnah nach Entdeckung des Verkehrsverstoßes erfolgenden Ersatzvornahme nur dann eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Betracht zu ziehen ist, wenn der Fahrzeugführer ohne Schwierigkeiten und ohne Verzögerung festgestellt und zur Beendigung des Verkehrsverstoßes selbst veranlasst werden kann, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2002 -
3 B 67/02 -; OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2009 -
5 A 1430/09 - juris.
Hier lagen keine erkennbaren Umstände vor, die darauf hindeuteten, dass sich die Klägerin oder ein anderer Verantwortlicher in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs befand und innerhalb einer absehbaren Zeit erscheinen würde. Denn es war keinem Hinweis im Fahrzeug der konkrete Aufenthaltsort der Klägerin zum Zeitpunkt des festgestellten Verstoßes zu entnehmen. Vgl. dazu: VG Düsseldorf, Urteil vom 13. September 2022 -
14 K 7125/21 - juris.
Gleichermaßen ist das Abschleppen aus spezial- und generalpräventiven Zwecken gerechtfertigt, da von einem an einem Carsharing-Parkplatz abgestellten nicht berechtigtem Fahrzeug eine negative Vorbildwirkung für andere Kraftfahrer ausgeht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die Regelungen im Carsharing-Gesetz , siehe: Gesetz zur Bevorrechtigung des Carsharing vom 5. Juli 2017 -
BGBl. 2017 I 2230, deutlich gemacht hat, dass er der Bevorrechtigung von Carsharing-Fahrzeugen im allgemeinen und unter anderem dem bevorzugten Parken auf öffentlichen Straßen und Wegen im Besonderen eine hohe Bedeutung beimisst. Es soll dadurch der Individualverkehr verringert und so der Klimaschutz und die Luftreinhaltung gefördert werden. Eine gegenteilige Bewertung steht dem Verkehrsteilnehmer nicht zu, vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 19. September 2023 -
14 K 7479/22 - juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Januar 2020 -
17 K 4015/18 - juris; Müller/Rebler, Das Recht des ruhenden Verkehrs, 4. Aufl. 2024, S. 331 ff. m.w.N.
Es ist auch nach der glaubhaften und nachvollziehbaren Zeugenaussage des Außendienstmitarbeiters A. nichts dafür ersichtlich, dass das konkret für das klägerische Fahrzeug angeforderte Abschleppfahrzeug auf Kosten eines anderen Pflichtigen vorher oder nachher unmittelbar anderweitig eingesetzt worden ist oder hätte eingesetzt werden können. Es ist auch nicht erkennbar, dass bei Rückkehr der Klägerin zu dem geparkten Wagen noch eine (kostenfreie) Stornierung des Auftrages möglich gewesen wäre, da die Klägerin um 12:13 Uhr vor Ort erschien und das Abschleppfahrzeug 2 Minuten später eintraf.
Nach alledem ist die eingeleitete Abschleppmaßnahme rechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen die festgesetzte Verwaltungsgebühr bestehen keine rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 77 VwVG NRW i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW i.V.m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 46 Abs. 1 und 3 PolG NRW. Nach diesen Bestimmungen kann die Ordnungsbehörde als Vollstreckungsgläubigerin von dem Pflichtigen für das (rechtmäßige) Abschleppen eines zugelassenen Fahrzeugs eine Verwaltungsgebühr erheben. Die Gebührenpflicht entsteht, sobald mit der Anwendung der Maßnahme begonnen wird (§ 15 Abs. 2 VO VwVG NRW). Die Abschleppmaßnahme war, wie oben dargelegt, rechtmäßig.
Bezüglich der Höhe der Gebühr bestehen keine Bedenken. Die gesetzlichen Vorgaben der Gebührenfestsetzung sind eingehalten. Die Höhe der Gebühr ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte liegt mit ihrer Gebühr innerhalb des zulässigen Rahmens von 25,00 bis 150,00 Euro. Insbesondere hat die Beklagte ihr Rahmenermessen frei von Fehlern ausgeübt, wobei eine Überprüfung der Ermessensausübung seitens des Gerichts lediglich in den Grenzen des §
114 Verwaltungsgerichtsordnung stattfindet.
Nach § 9 Abs. 1 Ziffer 1 GebG NRW ist bei Rahmengebühren im Zuge der Ermessensausübung bei der Festsetzung im Einzelfall der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen. Dabei ist unter Verwaltungsaufwand nicht der im konkreten Einzelfall Entstandene zu verstehen, sondern der durchschnittliche, der im Regelfall bei dieser Art von Amtshandlungen entsteht. Vgl.: Susenberger/Weißauer/Lenders/ Kalenberg, Kommentar zum Gebührengesetz NRW, Stand: August 2021, § 9 GebG, Rdnr. 10.
Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass es entgegen der Ansicht der Klägerin auf die konkreten Umstände des Abschleppvorgangs nicht ankommt.
Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, der die Kammer sich angeschlossen hat, muss die Behörde das Ermessen erkennbar ausüben und im Zuge dessen die vom Gebührentatbestand erfassten Amtshandlungen innerhalb des vorgegebenen Gebührenrahmens als einfache, mittlere oder aufwändige Fälle einordnen. Vgl.:OVG NRW, Beschluss vom 24. März 2017-
9 E 197/17 - Rdnr. 10, juris; OVG NRW, Beschluss vom 12. April 2019 -
16 E 322/18 - Rdnr. 6, juris.
Bei dieser Einordnung muss der Verwaltungsaufwand im Sinne des § 9 Abs. 1 Ziffer 1 GebG NRW allerdings nicht genau ermittelt und exakt berechnet, sondern nur "berücksichtigt" werden, so dass er auch geschätzt werden kann, vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2000 -
5 A 2625/00 - Rdnr. 18, juris.
Bei einem alleinigen Verweis auf den Zeitaufwand und die Stundensätze der Sachbearbeiter besteht nämlich die Gefahr, dass die Rahmengebühr wie eine Zeitgebühr behandelt wird, bei der die Gebühr ohne Ausübung von Ermessen nach der Dauer der Amtshandlung bestimmt wird (§ 4 GebGNRW). Eine solche Art der Festsetzung wäre ermessensfehlerhaft. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2018 -
9 B 1540/17 - Rdnr. 42, juris).
Ermessensgerecht erscheint es hingegen, den zeitlichen Aufwand und den Stundensatz der Bediensteten als Argumentationshilfe zur wirtschaftlichen Abschätzung des mit der Bearbeitung verbundenen, nach § 9 GebG NRW berücksichtigungsfähigen Verwaltungsaufwands anzuführen, davon ausgehend den Einzelfall als einfachen, mittleren oder aufwändigen Fall einzuordnen und sodann die Gebühr innerhalb des Rahmens festzusetzen, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2018 -
9 B 1540/17 - Rdnr. 44, juris.
Die Beklagte hat vorliegend nach diesen Grundsätzen die Gebühr i.H.v. 107,50 Euro bestimmt. Sie hat ausgehend von den gebildeten drei Fallgruppen, die einem einfachen, mittleren und aufwändigen Verwaltungsaufwand zugeordnet werden können, den vorliegenden Fall der Fallgruppe 1 zugeordnet und im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ergänzend ausgeführt, dass aus ihrer Sicht die für die typischen Fallgestaltungen gebildeten Regelgebührentarife die jeweilige Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen sachgerecht abdecken. Damit hat die Beklagte den oben dargestellten Grundsätzen der Ermessensbetätigung Genüge getan.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §
167 VwGO i.V.m. §
708 Nr. 11 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
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