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  • 12.04.2011 · IWW-Abrufnummer 111267

    Oberlandesgericht Rostock: Urteil vom 18.03.2011 – 5 U 144/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor
    Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.06.2010 verkündete Urteil des Landgerichtes Rostock - 10 O 199/08 - wird zurückgewiesen.
    Die Kosten der Berufung werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: bis 3.000,00 €
    Die Revision wird nicht zugelassen.
    Gründe
    I.
    Die Klägerin macht Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 31.03.2007 geltend. Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge ..., befuhr zu diesem Zeitpunkt mit deren Pkw die Kreuzung B 105/Messestraße in Rostock. Beim Überqueren der Kreuzung kam es zu einem Zusammenstoß mit dem von der Beklagten zu 1.) geführten Fahrzeug, das bei der Beklagten zu 2.) haftpflichtversichert ist. Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, welcher Fahrzeugführer die Kreuzung bei Rotlicht überquerte. Das Landgericht hat eine 50 %-ige Haftung der Beklagten bejaht und sie gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 2.713,07 € nebst Zinsen und von vorgerichtlichen Kosten verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner den zu beziffernden Höherstufungsschaden der Vollkaskoversicherung der Klägerin zu 50 % auszugleichen haben. Zu den Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand und die Urteilsgründe des angefochtenen Urteils.
    Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer zulässigen Berufung. Zur Begründung tragen sie vor: Das Landgericht sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass sich das alleinige Verschulden des Zeugen ... am Zustandekommen des Unfalles nicht mit hinreichender Sicherheit habe feststellen lassen und nicht habe geklärt werden können, für welchen unfallbeteiligten Fahrer im Zeitpunkt des Unfalles die entsprechende Ampel Grünlicht gezeigt habe. Die Bekundungen des Zeugen ... seien geeignet gewesen, die Richtigkeit der Darstellung der Beklagten vollumfänglich zu bestätigen. Für die Beklagte zu 1.) sei der Verkehrsunfall ein unabwendbares Ereignis nach Maßgabe des § 17 Abs. 3 StVG gewesen. Deswegen und auch schon mangels Verschuldens könne die Klägerin auch keinen Schmerzensgeldanspruch aus abgetretenem Recht geltend machen.
    Die Kosten für das Sachverständigengutachten müssten an der Quotierung teilnehmen.
    Die Beklagten beantragen,
    das Urteil des Landgerichtes Rostock vom 22.06.2010 teilweise abzuändern
    und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
    Die Klägerin beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.
    Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.
    II.
    Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
    a) Zu Recht geht das Landgericht von einer hälftigen Haftung der Beklagten für die Schäden der Klägerin aus dem Unfall vom 31.03.2007 aus. Der Anspruch ergibt sich aus den §§ 7 Abs. 1, 11, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG. Den Beklagten ist der ihnen obliegende Beweis dafür, dass der Zeuge ... den Unfall allein verschuldete, nicht gelungen, insbesondere konnten sie nicht nachweisen, dass die Beklagte zu 1.) in die Kreuzung bei für sie anzeigendem Grünlicht einfuhr. Ein Verschulden des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs, des Zeugen ... konnte nicht mit der erforderlichen Gewissheit (§ 286 Abs. 1 ZPO) festgestellt werden. Zwar hat der Zeuge ... vor der Kammer ausgesagt, er selbst sei noch bei Gelb zum Stehen gekommen, die Ampel habe erst auf Rot umgeschaltet, als er bereits gestanden habe und die Beklagte zu 1.) sei vor ihm in die Kreuzung eingefahren. Aus der von dem Landgericht beigezogenen Strafakte ergibt sich indes, dass der Zeuge ... ausweislich des Unfallberichtes der Polizei vor Ort angegeben hat, die Lichtzeichenanlage habe bereits Rot gezeigt, als die Beklagte zu 1.) in die Kreuzung eingefahren sei. Es ist normalerweise nicht davon auszugehen, dass der den Unfallhergang protokollierende Polizeibeamte etwas erfunden hat und in den Unfallbericht Äußerungen aufgenommen hat, die die Zeugen nicht getätigt haben. Der Zeuge ... konnte den Widerspruch zwischen den beiden Aussagen vor Gericht nicht erklären. Zu Recht hat das Landgericht deswegen der gerichtlichen Aussage des Zeugen keinen so hohen Beweiswert beigemessen, dass damit die Aussage des Zeugen ... widerlegt werden könnte. Dieser hat ausgesagt, er sei mit dem Fahrzeug der Klägerin bei Umschalten der Ampel auf Grün in die Kreuzung eingefahren. Zwar handelt es sich bei dem Zeugen ... um den Ehemann der Klägerin. Dies führt jedoch nicht dazu, dass man ihm schon deshalb keinen Glauben schenken darf. Die Aussagen der Zeugen ... waren zu unbestimmt, um damit den Beweis zu erbringen, dass der Zeuge ... die Ampelkreuzung bei rot überquerte. Sie haben das von dem Zeugen ... geführte Fahrzeug beim Überqueren der Kreuzung nicht wahrgenommen, sondern nur gehört, dass es knallte, als sie vor der Ampel standen. Der genaue Unfallhergang bleibt damit ungeklärt. Deswegen ist hier eine Quote gem. § 17 Abs. 1 StVG zu bilden, die mit 50 : 50 nicht zu beanstanden ist.
    b) Ohne Erfolg wenden sich die Beklagten gegen die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 11 StVG und setzt kein Verschulden voraus.
    c) Die Kosten des von der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachtens haben die Beklagten in voller Höhe zu erstatten. Sachverständigenkosten sind - außer bei Bagatellschäden - erstattungsfähige Kosten der Rechtsverfolgung (BGH NJW 2007, 1450; 2005, 356). Insoweit findet keine Quotelung statt (Poppe DAR 05, 669; AG Siegburg NJW 2010 2289 = MDR 2010, 1112 = DAR 2010 389; offenkundig auch ohne dies zu problematisieren OLG Celle, Urt. v. 07.11.2002 - 14 U 56/01-). Dies entspricht der Differenztheorie, wonach der Schädiger dem Geschädigten das schuldet, was der Geschädigte aufwenden muss, um den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Im Gegensatz zu den Schadenspositionen, die im Falle der Mithaftung des Geschädigten quotiert werden müssen, wie etwa Reparaturkosten, fallen Sachverständigenkosten überhaupt nicht an, wenn der Geschädigte den Unfall selbst vollständig verursacht, und dienen ausschließlich dazu, den aufgrund der jeweiligen Haftungsquote erstattungsfähigen Anteil des dem Geschädigten entstandenen Sachschadens von dem Schädiger ersetzt zu bekommen (AG Siegburg a.a.O.). Zwar sind vorgerichtliche Anwaltskosten gegebenenfalls nur nach dem Wert des geringeren, jeweils gerechtfertigten Anspruch erstattungsfähig (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., Rn. 57 zu § 249; BGH NJW 05, 1112; 08, 1888). Dies entspricht der Billigkeit, da der Geschädigte es in der Hand hat, von vorne herein nur den richtigen Schadensbetrag geltend zu machen und einzuklagen. Macht er einen überhöhten Schaden geltend, so kann dies bezüglich der Höhe der erstattungsfähigen Anwaltskosten nicht zu Lasten des Schädigers gehen. Bei den Sachverständigenkosten liegt es naturgemäß anders, da der Sachverständige nur zur Feststellung des Gesamtschadens beauftragt werden kann. Anders als die Anwaltskosten kann der Geschädigte die Sachverständigenkosten nicht von vorne herein entsprechend der materiellrechtlich gerechtfertigten Quote begrenzen.
    III.
    Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 S. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
    Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.

    RechtsgebietVVGVorschriften§§ 11, 17 Abs. 1, 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG; § 115 VVG