05.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112204
Bundesverfassungsgericht: Beschluss vom 20.05.2011 – 2 BvR 2072/10
Eine rechtsfehlerhafte Beweiserhebung führt nicht zwingend zur Unzulässigkeit der Verwertung der gewonnenen das gilt auch im Hinblick für die im Rahmen eine Videoaufzeichnung im Straßenverkehr gewonnenen Beweise (Beschl. v. BVerfG v. 11.08.2009 – 2 BvR 941/08).
BVerfG,
Beschl. v. 20.05.2011
2 BvR 2072/10
In pp.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Ablehnung eines Beweisverwertungsverbotes für eine Videoaufzeichnung in einem Bußgeldverfahren wegen Unterschreitens des erforderlichen Abstandes zu einem vorausfahrenden Fahrzeug.
I.
1. Der Beschwerdeführer wurde am 21. April 2009 auf der Bundesautobahn A 5 dabei gefilmt, als er bei einer Geschwindigkeit von 145 km/h den erforderlichen Abstand von 60,40 m unterschritt. Das Regierungspräsidium Kassel erließ gegen den Beschwerdeführer einen Bußgeldbescheid, setzte eine Geldbuße in Höhe von 100,- € fest und ordnete die Eintragung von zwei Punkten im Verkehrszentralregister an. Den dagegen gerichteten Einspruch begründete der Beschwerdeführer damit, er sei nicht als Fahrer zu identifizieren. Am 3. September 2009 beantragte der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers, das Verfahren aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. August 2009 - 2 BvR 941/08 - einzustellen.
2. Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer am 17. Mai 2010 zu einer Geldbuße in Höhe von 100,- € wegen fahrlässigen Unterschreitens des erforderlichen Abstandes zu einem vorausfahrenden Fahrzeug. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Abstand lediglich 30 Meter und damit weniger als 5/10 des halben Tachowertes betragen habe. Bei der Geschwindigkeitsmessung seien am Tatort zur Tatzeit mit einer stationären Videokamera (Typ VKS 1.0 der Fa. Vidit GmbH, Herdecke) zunächst verdachtsunabhängige Videoaufnahmen gefertigt und später analysiert worden. Der konkrete Abstandsverstoß stehe aufgrund der Inaugenscheinnahme des Messvideos fest. Zwar handele es sich bei der verdachtsunabhängigen Überwachung des Straßenverkehrs unter Zuhilfenahme von Videoaufnahmen um einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Fahrer, für die es - wie das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 11. August 2009 (2 BvR 941/08) dargelegt habe - derzeit keine Ermächtigungsgrundlage gebe. Aus dem Beweiserhebungsverbot folge jedoch kein Beweisverwertungsverbot. Im zu entscheidenden Fall würden Besonderheiten vorliegen, die das Gewicht des Verstoßes gegen das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG so weitgehend minderten, dass dem im Rechtsstaat wichtigen Allgemeininteresse an der Aufklärung und gerechten Ahndung der Tat beziehungsweise dem Interesse der Allgemeinheit an der Durchsetzung der Verkehrsvorschriften der Vorrang im Sinne der Verwertbarkeit der Beweise zukommen müsse. Bei der Abwägung der Güter - einerseits informationelles Selbstbestimmungsrecht, andererseits Unversehrtheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer - müsse die Unversehrtheit von Leib und Leben Vorrang haben. Zu einer funktionstüchtigen Rechtspflege gehöre insbesondere auch, gravierende Geschwindigkeits- oder Abstandsüberschreitungen, die eine erhebliche Gefährdung für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer bedeuteten, zu ermitteln und zu sanktionieren. Im Rahmen der Abwägung sei zu beachten, dass der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die mit der Messung gewonnenen Aufzeichnungen von vergleichsweise geringer Intensit ät gewesen sei. Die Videoaufzeichnung sei auf einer Strecke von etwa 300 Metern erfolgt, wobei der Fahrzeugführer lediglich auf einer Strecke von zehn Metern individualisiert werden könne. Bei der an der Messstelle erlaubten Geschwindigkeit von 100 km/h sei der Eingriff in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf den Bruchteil einer Sekunde begrenzt. Dabei verkenne das Gericht nicht, dass es die Aufzeichnung gerade ermögliche, den Film anzuhalten und das so gewonnene Standbild aufzubereiten und zu analysieren. Der in dieser Weise aufgezeichnete und festgehaltene Lebensvorgang sei jedoch derart kurz, dass die hierdurch verletzten Belange des Beschwerdeführers hinter den Interessen der Allgemeinheit zurückträten. Dies gelte auch deshalb, weil die aufgezeichneten Daten nicht den Kernbereich privater Lebensgestaltung des Beschwerdeführers oder dessen enge Privatsphäre beträfen. Vielmehr setze sich der Beschwerdeführer durch die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer wie auch der Kontrolle seines Verhaltens im Straßenverkehr durch die Polizei und Ordnungsbehörden aus, so dass der verfahrensgegenständliche Verstoß ohne weiteres durch eine rechtmäßige, anlassbezogene Abstandsmessung hätte festgestellt werden können. Die Abstandsmessung sei vor der Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durchgeführt worden; es habe sich den Messbeamten daher nicht aufdrängen müssen, dass eine ausreichende gesetzliche Grundlage für ihr Handeln nicht existiere. Daher seien für das Gericht keine Anhaltspunkte für objektiv willkürliches Verhalten der Beamten ersichtlich.
3. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer beantragte die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Der Zulassungsantrag stütze sich auf § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG mit der Maßgabe der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Es werde ausdrücklich die Sachrüge erhoben. Soweit das Amtsgericht davon ausgehe, dass aus dem Beweiserhebungs- kein Beweisverwertungsverbot folge, sei das zu rügen. Die Entscheidung des Amtsgerichts widerspreche dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Nicht-Beweisverwertbarkeit der Messaufzeichnungen zu Lasten des Beschwerdeführers und einigen obergerichtlichen Entscheidungen, welche gleichfalls von einer Nicht-Beweisverwertbarkeit ausgingen. Aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung müsse eine Entscheidung ergehen.
4. Das Oberlandesgericht verwarf den Zulassungsantrag mit dem angegriffenen Beschluss vom 29. Juli 2010. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 Satz 2, § 80 Abs. 1 OWiG lägen nicht vor. In materieller Hinsicht enthalte das Urteil keine Ausführungen, die einer obergerichtlichen Klärung zugeführt werden müssten. Der Senat habe mit Beschluss vom 20. Juli 2010 (Az. 2 Ss-OWi 331/10) zu der vorliegend verwendeten Überwachungsanlage an der konkreten Stelle bereits abschließend ausgeführt, dass unabhängig von der Frage eines Beweiserhebungsverstoßes auf jeden Fall kein Beweisverwertungsverbot vorliege. Angesichts der hohen Bedeutung der Verkehrsüberwachung für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des Gewichts des Verstoßes im Einzelfall stelle sich der vorliegend nur in unzulässiger Weise im Wege der Sachrüge geltend gemachte Verfahrensverstoß weder als bewusste Gesetzesverletzung der beteiligten Personen noch als objektiv willkürlich dar. Der Senat folge der Wertung des Amtsgerichts, welches den aufgezeichneten und festgehaltenen Lebenssachverhalt für derart kurz erachte, dass die hierdurch verletzten Belange des Beschwerdeführers hinter die Interessen der Allgemeinheit zurückträten, zumal die aufgezeichneten Daten auch nicht den Kernbereich privater Lebensgestaltung des Beschwerdeführers oder dessen engere Privatsphäre beträfen. Dem gegenüber stehe das Verhalten des Beschwerdeführers, das bei einer Geschwindigkeit von 145 km/h und einem Sicherheitsabstand von nur 30 Metern eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs sowie Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer begründe.
II.
Mit der fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot.
Die Abwägungsentscheidungen der Fachgerichte fänden im Gesetz keinerlei Stütze und seien sachfremd. Um den Grundrechtseingriffen zu begegnen, müsse es konsequenterweise zu Beweisverwertungsverboten kommen. Wenn ein Verkehrsverstoß lediglich mit einer Geldbuße von 100,- € und zwei Punkten im Zentralregister geahndet werde, könne er nicht so schwer wiegen wie ein unstreitig ohne gesetzliche Grundlage vorgenommener Grundrechtseingriff. Wenn dem Beweiserhebungsverbot kein Beweisverwertungsverbot folge, laufe auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Dauervideoaufzeichnung verlange, leer. Es ließen sich Zweifel am Gebot der Rechtssicherheit ersehen, wenn Oberlandesgerichte in ihren Gerichtsbezirken jeweils Abwägungen anstellten, die zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangten oder gar Amtsgerichten je eigene Abwägungen überlassen würden.
III.
Die Hessische Staatskanzlei hat von der Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten der Staatsanwaltschaft Gießen (45 a OWi, 204 Js-OWi 20229/09) vorgelegen.
IV.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu (vgl. BVerfGE 90, 22 <24>; 96, 245 <248>). Die mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen sind hinreichend geklärt; sie lassen sich mit Hilfe der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe ohne weiteres entscheiden. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
Die Ablehnung eines Beweisverwertungsverbotes für die ohne Ermächtigungsgrundlage angefertigten Videoaufzeichnungen verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot.
1. a) Von Verfassungs wegen besteht kein Rechtssatz des Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig wäre (vgl. BVerfGK 9, 174 <196>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. April 2000 - 2 BvR 1990/96 -, NStZ 2000, S. 488; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. April 2000 - 2 BvR 75/94 -, NStZ 2000, S. 489; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. März 2000 - 2 BvR 2017/94, 2 BvR 2039/94 -, NStZ 2000, S. 489 <490>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2005 - 2 BvR 1502/04 -, NStZ 2006, S. 46; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juli 2009 - 2 BvR 2225/08 -, NJW 2009, S. 3225). Die Beurteilung der Frage, welche Folgen ein möglicher Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensvorschriften hat und ob hierzu insbesondere ein Beweisverwertungsverbot zählt, obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten (vgl. BVerfGK 4, 283 <285>; 9, 174 <196>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juli 2008 - 2 BvR 784/08 -, NJW 2008, S. 3053 <3054>; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09 -, NStZ 2011, S. 103 <104>).
Die Strafgerichte gehen in gefestigter, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Rechtsprechung davon aus, dass dem Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, demzufolge jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd ist, und dass die Frage jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juli 2008 - 2 BvR 784/08 -, NJW 2008, S. 3053; BGHSt 38, 214 <219 f.>; 44, 243 <249>; 51, 285 <289 f.>; vgl. auch Nack, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, vor § 94 Rn. 10). Diese allgemeinen strafprozessualen Grundsätze sind über § 46 Abs. 1 OWiG auch im Bußgeldverfahren sinngemäß anwendbar (vgl. Lampe, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Aufl. 2006, § 46 Rn. 18). Auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf Wahrheitserforschung "um jeden Preis" gerichtet ist, schränkt die Annahme eines Verwertungsverbotes eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts ein, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen hat und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Das Rechtsstaatsprinzip gestattet und verlangt die Berücksichtigung der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden kann (vgl. BVerfGE 33, 367 <383>; 46, 214 <222>; 122, 248 <272>). Der Rechtsstaat kann sich nur verwirklichen, wenn ausreichende Vorkehrungen dafür getroffen sind, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden (vgl. BVerfGE 33, 367 <383>; 46, 214 <222>; 122, 248 <272 f.>; stRspr). Daran gemessen bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (vgl. BGHSt 40, 211 <217>; 44, 243 <249>; 51, 285 <290>). Die strafgerichtliche Rechtsprechung geht davon aus, dass insbesondere das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers ein Verwertungsverbot nach sich ziehen kann (vgl. BGHSt 51, 285 <292>; BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03 -, NStZ 2004, S. 449 <450>).
Die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung führt auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot (vgl. BVerfGK 9, 174 <196>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. April 2000 - 2 BvR 1990/96 -, NStZ 2000, S. 488, und - 2 BvR 75/94 -, NStZ 2000, S. 489; vom 1. März 2000 - 2 BvR 2017/94, 2 BvR 2039/94 -, NStZ 2000, S. 489 <490>; vom 30. Juni 2005 - 2 BvR 1502/04 -, NStZ 2006, S. 46; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juli 2009 - 2 BvR 2225/08 -, NJW 2009, S. 3225). Ein Beweisverwertungsverbot ist von Verfassungs wegen aber zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer acht gelassen worden sind, geboten (vgl. BVerfGE 113, 29 <61>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 1998 - 2 BvR 446/98 -, NJW 1999, S. 273 <274>; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 16. März 2006 - 2 BvR 954/02 -, NJW 2006, S. 2684 <2686>). Ein absolutes Beweisverwertungsverbot hat das Bundesverfassungsgericht zudem in den Fällen anerkannt, in denen der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist (vgl. BVerfGE 34, 238 <245 f.>; 80, 367 <374 f.>; 109, 279 <320>).
b) Bei der Prüfung, ob die angegriffenen Entscheidungen die Grenzen richterlicher Rechtsfindung wahren, hat das Bundesverfassungsgericht die Auslegung einfachen Gesetzesrechts einschließlich der Wahl der hierbei anzuwendenden Methode nicht umfassend auf seine Richtigkeit zu untersuchen. Vielmehr beschränkt es auch im Bereich des Strafprozessrechts seine Kontrolle auf die Prüfung, ob das Fachgericht bei der Rechtsfindung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert und von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BVerfGE 82, 6 <13>; 96, 375 <394>; 122, 248 <258>). Das Bundesverfassungsgericht prüft die von den Fachgerichten vorgenommene Abwägung zwischen dem durch den Verfahrensverstoß bewirkten Eingriff in die Rechtsstellung der Beschwerdeführer einerseits und den Strafverfolgungsinteressen des Staates andererseits daher nicht im einzelnen nach. Die Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich vielmehr auf die Kontrolle, ob die Fachgerichte in verfassungsrechtlich erheblicher Weise den Schutzbereich der verletzten Verfahrensnorm verkannt oder die weiteren Anforderungen für die Annahme eines Verwertungsverbotes hinsichtlich rechtswidrig gewonnener Beweise überspannt haben (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09 -, NStZ 2011, S. 103 <105>).
2. Ausgehend von diesen Maßstäben sind die angegriffenen Entscheidungen von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
Zu Recht weisen die Gerichte darauf hin, dass die Verwendung der Videoaufzeichnung zum Nachweis des Abstandsverstoßes nicht den absoluten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung des Beschwerdeführers oder dessen enge Privatsphäre berührt. Der Beschwerdeführer hat sich vielmehr durch seine Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer und auch der Kontrolle seines Verhaltens im Straßenverkehr durch die Polizei ausgesetzt. Hinzu kommt, dass der aufgezeichnete und festgehaltene Lebenssachverhalt des Beschwerdeführers auf einen sehr kurzen Zeitraum begrenzt ist.
Bei der Beurteilung, ob der Verwendung der Aufzeichnungen schwerwiegende Rechtsverletzungen entgegenstehen, haben die Gerichte berücksichtigt, dass die ohne die erforderliche Ermächtigungsgrundlage durchgeführte Dauerüberwachung des fließenden Verkehrs mit einem systematisch angelegten, nicht anlassbezogenen Eingriff in die Grundrechte einer Vielzahl von Verkehrsteilnehmern verbunden ist. Dabei haben die Gerichte auch darauf abgestellt, dass die Maßnahme vor der Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erfolgte und es sich den Messbeamten daher nicht habe aufdrängen müssen, dass es für die durchgeführte Maßnahme an einer Ermächtigungsgrundlage gefehlt habe. Soweit die Gerichte aufgrund ihrer Abwägung zu dem Ergebnis gelangen, dass ein Verwertungsverbot für die vor dem 11. August 2009 angefertigte Videoaufzeichnung nicht besteht, wird der fachgerichtliche Wertungsrahmen nicht überschritten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Annahme, im vorliegenden Fall bestehe kein Beweisverwertungsverbot, ein rechtsstaatswidriges planmäßiges Unterlaufen des im Fall des Beschwerdeführers verletzten Beweiserhebungsverbotes schon deshalb nicht ermöglicht, weil ausdrücklich darauf abgestellt wurde, dass das verwertete Beweismittel vor der Klarstellung der Rechtslage durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. August 2009 gewonnen worden war. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. August 2009 (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats - 2 BvR 941/08 -, NJW 2009, S. 3293 <3294>); dort hat das Bundesverfassungsgericht lediglich ausgeführt, dass es möglich erscheint, "dass die Fachgerichte einen Rechtsverstoß annehmen, der ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht". Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers lässt sich daraus nicht ableiten, das Bundesverfassungsgericht habe zwingend die Unverwertbarkeit der ohne Ermächtigungsgrundlage angefertigten Videoaufnahmen angeordnet. Vielmehr hat die Kammer in dem damaligen Beschluss ausdrücklich festgestellt, ob aus dem Fehlen einer gesetzlichen Befugnis für die Videoaufzeichnung ein Beweisverwertungsverbot folge, werde das zuständige Fachgericht zu prüfen haben.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.