22.07.2011 · IWW-Abrufnummer 111458
Landgericht Wuppertal: Urteil vom 16.11.2010 – 16 O 134/08
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 71.047,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2008 aus 66.488,- € abzüglich eines Gebrauchsvorteils, der sich nach der Formel 0,33 € x Kilometern gemäß abgelesenem Tachostand zum Zeitpunkt der Rücknahme des Fahrzeugs berechnet, zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs ###, Fahrzeugidentifikationsnummer .....
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs seit dem 01.11.2008 in Annahmeverzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten unter anderem die Rückzahlung eines Kaufpreises für einen erworbenen B in Höhe von 66.488,- € sowie kapitalisierte Zinsen aus diesem Betrag in Höhe von insgesamt 5.215,61 € für die Zeit vom 14.11.2006 bis zum 30.10.2008.
Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin bestellte am 23.06.2006 bei der Beklagten einen Neuwagen des Modells ### mit der angebotenen und im Bestellschreiben sowie im Fahrzeugschein aufgeführten Leistung von 309 kw / 420 PS zum Preis von 66.488,- € brutto. Netto belief sich der Kaufpreis auf 57.317,24 €. Der Bestellung lagen die Allgemeinen Verkaufsbedingungen für B-Automobile zugrunde. Darin heißt es unter anderem: "Ansprüche auf Mängelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei anderen vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstands anerkannten Betrieben geltend machen; im letzteren Fall hat der Käufer den Verkäufer hiervon zu unterrichten." Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung der Verkaufsbedingungen (Bl. 92-93 d.A.) verwiesen. In den Vertrag mit der Beklagten trat auf Käuferseite die M GmbH ein. Diese schloss als Leasinggeberin mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH unter dem 29.08.2006 einen Leasingvertrag über das Fahrzeug.
Am 14.11.2006 wurde der Wagen von der Beklagten bereitgestellt und gegen Zahlung des Kaufpreises übergeben. Die Abholung erfolgte durch den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin. Im Dezember 2006 übernahm die Klägerin durch eine Änderungsvereinbarung (Bl. 12 und 299-300 d.A.) von diesem die Rechte und Pflichten aus dem Leasingvertrag mit der M GmbH. In diesem Leasingvertrag ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Abtretung von Gewährleistungsansprüchen vom Leasinggeber an den Leasingnehmer vorgesehen sowie eine Ermächtigung des Leasingnehmers zur Geltendmachung von Ansprüchen nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Maßgabe, Zahlungen an die Leasinggeberin zu verlangen.
Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin stellte das Fahrzeug am 29.03.2007 und am 05.02.2008 bei der B-Vertragshändlerin Xxx & T2 GmbH in T vor. Im Wartungsprotokoll des zweiten Werkstattbesuchs ist als Kundenbeanstandung festgehalten, dass die Höchstgeschwindigkeit nur schleppend erreicht wird. Das Wartungsprotokoll vom 29.03.2007 nennt eine ähnliche Beanstandung. Wegen der Einzelheiten wird auf die in Ablichtung bei der Akte befindliche Reparaturhistorie der Xxx & T2 GmbH (Bl. 16-17 d.A.) verwiesen. Ein Mangel bezüglich der Motorleistung des Wagens ist in beiden Fällen nicht behoben worden. Reparaturen fanden nicht statt.
Am 26.08.2008 ließ der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin das Fahrzeug auf einem Leistungsprüfstand prüfen. Dort wurde ausweislich des Leistungsdiagnoseprotokolls eine Motorminderleistung von 48,5 kw / 65 PS festgestellt.
Anfang September 2008 kam es wegen des Fahrzeugs zu einem telefonischen Kontakt zwischen dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin und dem Zeugen U der Beklagten. Der Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig geblieben. Der Geschäftsführer übersandte dem Mitarbeiter S der Beklagten in der Folge unter dem 04.09.2008 eine Fax-Kopie der das Fahrzeug betreffenden Zulassungsbescheinigung mit einem handschriftlichen Zusatz, wegen dessen Einzelheiten auf die bei der Akte befindliche Ablichtung (Bl. 77 d.A.) verwiesen wird. Hierauf erhielt er von einem Mitarbeiter der Beklagten die fernmündliche Auskunft, dass eine Rückabwicklung des Vertrages nicht in Betracht komme.
Am 08.10.2008 stellte die Klägerin das Fahrzeug nochmals bei der B-Vertragshändlerin Xxx & T2 GmbH in T vor. Im Abholschein heißt es unter anderem: "Fahrzeug erreicht nicht die Endgeschwindigkeit." Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung des Abholscheins (Bl. 19 d.A.) verwiesen. Ein Mangel des Motors wurde anlässlich dieses Werkstattaufenthalts abermals nicht behoben.
Mit Anwaltsschreiben vom 17.10.2008, in dem drei Nachbesserungsversuche bei der Xxx & T2 GmbH erwähnt wurden, erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 30.10.2008 zur Rückzahlung des Kaufpreises an die M GmbH Zug um Zug gegen Rücknahme des Fahrzeugs auf. Die Beklagte lehnte die Rückabwicklung des Vertrages mit Anwaltsschreiben vom 28.10.2008 ab. Durch das außergerichtliche Tätigwerden des Rechtsanwalts entstanden der Klägerin Anwaltskosten in Höhe von 1.479,90 € netto.
Nach Ablauf des Leasingvertrages erwarb die Klägerin das Fahrzeug von der Leasinggeberin zu den im Leasingvertrag genannten Konditionen und erhielt von dieser den Fahrzeugbrief ausgehändigt.
Der Wagen wies Anfang November 2008 eine Laufleistung von 34.000 km auf, am 19.10.2010 betrug der Kilometerstand 56.000 km.
Die Klägerin behauptet, das erworbene Fahrzeug erbringe seit seiner Auslieferung die vereinbarte Motorleistung nicht. Die Motorminderleistung habe zuletzt 70 PS betragen. Der Wagen sei deshalb dreimal der Xxx & T2 GmbH zur Mangelbeseitigung zur Verfügung gestellt worden. Im Falle der - unstreitig nicht erfolgten - Anlage des Kaufpreises hätte die Beklagte eine Verzinsung von 4 % erzielen können.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass es sich bei einer solchen Motorminderleistung um einen erheblichen, zum Rücktritt berechtigenden Mangel handele. Bei der Berechnung der Gebrauchsvorteile der Fahrzeugnutzung sei von einer Gesamtlaufleistung des Wagens von 250.000 km auszugehen.
Nachdem die Klägerin mit ihrer am 07.11.2008 eingegangenen und der Beklagten am 20.11.2008 zugestellten Klage zunächst den Antrag angekündigt hat,
die Beklagte zu verurteilen, an die M GmbH, Ccc 1, ####1 N, zu Vertragsnummer..., Euro 71.703,61 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.11.2008 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges ###, Fahrzeug-Indent-Nr: .... abzgl. eines Gebrauchsvorteils, der sich wie folgt berechnet: 0,266 € x Kilometer gemäß abgelesenem Tachostand zum Zeitpunkt der Rücknahme sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.459,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
beantragt sie nunmehr,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 71.703,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2008 aus 66.488,00 € Zug um Zug gegen Rückabwicklung des Fahrzeugs ###, Fahrzeugidentnummer.... , abzüglich eines Gebrauchsvorteils, der sich wie folgt berechnet:
0,226 € x Kilometer gem. abgelesenem Tachostand zum Zeitpunkt der Rücknahme sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.459,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2.
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rücknahme des Fahrzeugs seit dem 01.11.2008 in Annahmeverzug befindet,
sowie hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, an die M GmbH, Ccc 1, ####1 N, zur Vertragsnummer .... 71.703,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.11.2008 aus 66.488,00 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges ###, Fahrzeugidentnummer....., abzüglich eines Gebrauchsvorteils der sich wie folgt berechnet:
0,226 € x Kilometer gem. abgelesenem Tachostand zum Zeitpunkt der Rücknahme sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.459,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten mangels Verzuges der Beklagten nicht zustehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Kammer hat aufgrund Beweisbeschlusses vom 29.02.2009 gemäß § 358a ZPO Beweis erhoben über die Motorleistung des Fahrzeugs durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Zu diesem Gutachten hat die Kammer den Sachverständigen ferner mündlich angehört. Wegen des Umfangs und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluss vom 26.02.2009 (Bl. 98-99 d.A.), das Sachverständigengutachten vom 21.08.2009 (Bl. 124-157 d.A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2010 (Bl. 222-226 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist überwiegend begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche in dem tenorierten Umfang zu, im Übrigen sind sie unbegründet.
1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des von der M GmbH für den B gezahlten Kaufpreises in Höhe von 66.488,- € an sich selbst aus §§ 437 Nr. 2, 1. Alt., 440 Satz 2, 346 Abs. 1, 398 BGB. Die Klägerin ist inzwischen Eigentümerin des Fahrzeugs, die Gewährleistungsrechte waren ihr von der M GmbH bereits mit Abschluss des Leasingvertrages übertragen worden. Seit sie von der M GmbH Eigentum an dem Fahrzeug erwarb, kann sie Zahlung an sich selbst verlangen.
Die gemäߧ 349 BGB erforderliche Rücktrittserkl ärung der Klägerin erfolgte mit ihrem anwaltlichen Schreiben vom 17.10.2008.
Der von der Beklagten verkaufte B war und ist mangelhaft im Sinne von § 437 BGB. Gemäߧ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Dies ist bezüglich des erworbenen Fahrzeugs nicht der Fall. Vertraglich vereinbart war eine Motorleistung des Fahrzeugs von 309 kw / 420 PS. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der gekaufte Wagen eine solche Motorleistung nicht erreicht. Nach dem in jeder Hinsicht überzeugenden Gutachten des Sachverständigen W erreicht das Fahrzeug unter angemessenen und realistischen Umweltbedingungen und unter Berücksichtigung eines Korrekturfaktors von 1 % eine maximale Motorleistung von lediglich 274,6 kw / 373,3 PS. Selbst unter Berücksichtigung eines von der B AG angegebenen Korrekturfaktors von 4,4 %, welcher verdeckte Leistungsverluste für an den Motor angebaute Nebenaggregate wie die Hydraulikpumpe und die elektrische Servolenkung abdecken soll, ergibt sich nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Motormaximalleistung von nur 283,9 kw / 386 PS. Wie der Sachverständige im Rahmen seiner mündlichen Anhörung stimmig ausführte, hat auf diese festgestellte Minderleistung des Motors eine Geschwindigkeitsabregelung des Fahrzeugs keinen Einfluss. Bis zu einem Geschwindigkeitsbereich von 259,5 km/h war ein Eingreifen einer Geschwindigkeitsabregelung nach seinen Angaben nicht einmal feststellbar.
Der in der Abweichung der tatsächlichen von der vertraglich vereinbarten Motorleistung liegende Mangel des Fahrzeugs war zur Überzeugung der Kammer auch bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs bei Übergabe des Wagens an die Käuferin vorhanden. Ob sich die Klägerin insoweit bereits auf § 476 BGB berufen kann, kann letztlich dahinstehen. Nicht nur aufgrund der Art des festgestellten Mangels, sondern auch aufgrund der stimmigen Ausführungen des Sachverständigen W im Rahmen seiner mündlichen Anhörung ist die Kammer davon überzeugt, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. Wie der Sachverständige sehr plausibel ausgeführt hat, hat er keinerlei Anhaltspunkte dafür gefunden, dass es zu nachträglichen leistungsmindernden Defekten oder Manipulationen am Motor gekommen ist, die Einfluss auf die Motorleistung hätten haben können.
Die Klägerin musste der Beklagten vor Erklärung des Rücktritts auch keine Nachfrist zur Mangelbeseitigung mehr setzen. Eine solche Nachfristsetzung war gemäߧ 440 Satz 1 BGB wegen Fehlschlagens der Nacherfüllung entbehrlich. Die der Klägerin zustehende und von ihr gewählte Nacherfüllung in Form der Beseitigung des Mangels gemäߧ 439 Abs. 1 BGB war gemäߧ 440 Satz 2 BGB fehlgeschlagen. Es hat insgesamt drei erfolglose Nachbesserungsversuche gegeben. Dass die Klägerin das Fahrzeug an den drei unstreitigen Terminen - dem 29.03.2007, dem 05.02.2008 und dem 08.10.2008 - jeweils zum Zwecke der Nachbesserung hinsichtlich der Motorleistung bei der Xxx & T2 GmbH vorstellte, bestreitet die Beklagte nach Vorlage der Reparaturhistorie und des Abholscheins durch die Klägerin nicht substantiiert genug. Angesichts der deutlichen Formulierungen in diesen Dokumenten ist nicht ersichtlich, aus welchem anderen Grund der Wagen an den betreffenden Tagen dort vorgestellt worden sein sollte.
Die Klägerin durfte sich wegen der durchzuführenden Nachbesserung auch an die von ihr gewählte B-Vertragshändlerin in T wenden. Die Verkaufsbedingungen für B-Automobile räumten der Leasinggeberin und damit auch der Klägerin, welche die Gewährleistungsrechte abgetreten erhalten hatte, diese Möglichkeit ein. Bei der Vertragshändlerin waren nicht nur die von § 440 Satz 2 BGB verlangten zwei, sondern sogar drei Nachbesserungsversuche erfolglos. Dabei ist nicht entscheidend, was die von der Klägerin um Mangelbeseitigung ersuchte B-Vertragshändlerin in T tatsächlich unternommen hat, um den Mangel zu beseitigen. Um ein Fehlschlagen von Nachbesserungsversuchen im Sinne von § 440 BGB annehmen zu können, ist es nicht erforderlich, dass der hiermit betraute Verkäufer oder Unternehmer zuvor umfangreiche Aktivitäten entfaltet. Ein erfolgloser Nachbesserungsversuch im Sinne von § 440 Satz 2 BGB liegt auch dann vor, wenn der Verkäufer oder Unternehmer praktisch nichts unternimmt, bevor er den Kaufgegenstand mit dem Mangel wieder an den Käufer zurückgibt. Nur dies entspricht dem Sinn der Vorschrift, die zuvörderst dem Schutz des Verkäufers dient. Der damit vorliegend erfüllten gesetzlichen Vermutung fehlgeschlagener Nachbesserung stehen auch nicht sonstige Umstände im Sinne der Vorschrift entgegen. Solche sonstigen Umstände, die eine abweichende Sichtweise rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der vertraglichen Regelung in den Verkaufsbedingungen für B-Automobile, in denen eine Unterrichtungspflicht des Verkäufers durch den Käufer über die Geltendmachung von Mängelbeseitigungsansprüchen bei anderen B-Betrieben vorgesehen ist. Die entsprechende Klausel in den Verkaufsbedingungen, bei denen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, ist unklar (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII 166/06). Gemäߧ 305c Abs. 2 BGB gehen die sich daraus ergebenden Zweifel zu Lasten des Verwenders, hier der Beklagten. Infolgedessen kann auch die zwischen den Parteien streitige Frage dahinstehen, ob die Beklagte bereits vor Erklärung des Rücktritts über die Nachbesserungsversuche bei der Xxx & T2 GmbH unterrichtet wurde. Jedenfalls mit der Rücktrittserklärung durch Schreiben vom 17.10.2008 sind ihr die vergeblichen Nachbesserungsversuche mitgeteilt worden. Dies reicht aus. Auch in diesem Fall erfüllt die Unterrichtung nämlich noch einen Zweck. Sie ermöglicht dem Verkäufer die Prüfung, ob die geltend gemachten Sekundäransprüche begründet sind (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII 166/06).
Das Rücktrittsrecht der Klägerin wird auch nicht durch § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kommt ein Rücktritt bei einer nur unerheblichen Pflichtverletzung nicht in Betracht. Bei dem vorhandenen Mangel des Fahrzeugs handelt es sich allerdings nicht um eine nur unerhebliche Pflichtverletzung. Der Sachverständige kommt abhängig von der Anwendung bestimmter Korrekturfaktoren von 1 % bzw. 4,4 % zu einer Motorminderleistung von 34 kw / 46 PS bzw. 25 kw / 34 PS. Daraus ergeben sich Abweichungen zu der vertraglich vereinbarten Motorleistung von 11 % bzw. von 8,09 %. Angesichts dieser Abweichungen kann dahinstehen, ob der Auffassung der Beklagten zu folgen und ein Korrekturfaktor von 4,4 % anzuwenden ist. Dagegen dürfte sprechen, dass ein Autohersteller nicht einerseits mit einer bestimmten Motorleistung werben, diese aber ohne Haftungsfolgen intern nach Belieben wieder reduzieren kann. Ungeachtet dessen genügt vorliegend aber auch eine Abweichung von 8,09 % um eine erhebliche Pflichtverletzung im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB zu begründen. Bei dem von der Klägerin erworbenen Fahrzeug handelt es sich um besonders hochwertiges, sportliches Fahrzeug, bei dem die Motorleistung aus Käufersicht von besonderer Bedeutung ist. Der Käufer erwartet bei einem solchen Wagen in besonderem Maße, schnell beschleunigen und fahren zu können. Von einem solchen Fahrzeug, das aus einem solchen Grund erworben wird, darf der Käufer daher erwarten, dass die tatsächliche Motorleistung nicht um 8,09 % hinter der vertraglich vereinbarten Leistung zurückbleibt.
Das Rücktrittsrecht bzw. der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Kaufpreises nach erklärtem Rücktritt ist auch nicht gemäߧ 242 BGB verwirkt. Zwar kann ein Käufer sein Rücktrittsrecht verwirken, wenn er nach Übergabe des Fahrzeugs einen Mangel feststellt, den Wagen jedoch gleichwohl in Benutzung nimmt und seine Rechte erst unmittelbar vor Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist geltend macht. So liegt es hier jedoch nicht. Die Beklagte hatte keinen Anlass darauf zu vertrauen, dass die Klägerin keine Rechte aus dem Mangel herleiten würde. Die Klägerin hat das Fahrzeug am 29.03.2007, am 05.02.2008 und am 08.10.2008 wegen desselben Mangels der Xxx & T2 GmbH vorgestellt. Aufgrund der Regelung in den Verkaufsbedingungen für B-Automobile, welche der Klägerin diese Wahlmöglichkeit einräumten, ist die Beklagte so zu behandeln, als wäre sie selbst um Nachbesserung ersucht worden. Darüber hinaus ließ die Klägerin im August 2008 an dem Fahrzeug eine Leistungsprüfung durchführen. Mit alledem brachte die Klägerin wiederholt und hinreichend zum Ausdruck, dass sie gewillt war, aus dem Mangel Rechte herzuleiten.
Die Klägerin hat das Rücktrittsrecht und den hieraus folgenden Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach erklärtem Rücktritt auch nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens gemäߧ 242 BGB dadurch verwirkt, dass sie den Wagen nach erklärtem Rücktritt und nach Ablauf der Leasingzeit von der Leasinggeberin zu Eigentum erworben hat. Darin liegt mit Blick auf den Rücktritt vom Kaufvertrag über das Fahrzeug und den Wunsch nach Rückabwicklung des Geschäfts kein widersprüchliches Verhalten. Zum einen erfolgte der Eigentumserwerb auf der Grundlage der Regelungen des Leasingvertrages. Zum anderen ist die Klägerin aufgrund des Rücktritts verpflichtet, den Wagen an die Beklagte zu übereignen. Dies ist ihr am einfachsten möglich, wenn sie selbst Eigentümerin des Fahrzeugs ist.
Der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 66.488,- € steht der Klägerin, wie beantragt, gemäߧ 348 Satz 1 BGB Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des erworbenen Fahrzeugs zu.
Der aus dem Betrag von 66.488,- € geltend gemachte Zinsanspruch ab dem 01.11.2008 steht der Klägerin dem Grunde und der Höhe nach aus §§ 286 Abs. 1 und 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit Anwaltsschreiben vom 28.10.2008 ernsthaft und endgültig verweigert.
2.
Soweit sich die Klägerin von ihrem Rückzahlungsanspruch lediglich einen Gebrauchsvorteil für die bisherige Nutzung des Fahrzeugs von 0,266 € pro gefahrenem Kilometer in Abzug bringen lassen will, ist die Klage teilweise unbegründet. Die Kammer berechnet den gemäߧ 346 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB von der Klägerin geschuldeten Wertersatz nach der üblichen Formel "(Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer) : zu erwartende Gesamtlaufleistung". Hierbei geht sie allerdings entgegen der Klägerin nicht von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung des Wagens von 250.000 km aus. Bei dem erworbenen Fahrzeug handelt es sich nach seiner Motorisierung um ein sehr sportliches Fahrzeug, mit dem hohe Geschwindigkeiten gefahren werden sollen. Bei einer entsprechenden Nutzung ist daher auch bei einem solch hochwertigen Fahrzeug nur eine Gesamtlaufleistung von 200.000 km zu erwarten. Daraus ergibt sich eine Nutzungsvergütung von 0,5 % des Bruttokaufpreises je 1000 km (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rz. 633). Im vorliegenden Fall sind dementsprechend von der Klägerin 0,33 € je gefahrenem Kilometer als Wertersatz für gezogene Nutzungen zu vergüten.
Die Kammer hat keine Bedenken, den Abzug für den geschuldeten Wertersatz unabhängig von der Feststellung der tatsächlichen Nutzung durch Angabe eines Faktors im Tenor, mit dem die bei Übergabe des Fahrzeugs tatsächlich angefallene Laufleistung multipliziert wird, anzugeben (ebenso OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.06.2007 - 9 U 239/06 = BeckRS 2007, 11305; NJW 2003, 1950).
3.
Soweit die Klägerin gegen die Beklagte für den Zeitraum vom 14.11.2006 bis zum 30.10.2008 einen Anspruch auf Wertersatz für aus dem gezahlten Kaufpreis nicht gezogene Zinsen in Höhe von 5.215,61 € geltend macht, steht ihr ein solcher Anspruch nur in Höhe von 4.559,90 € aus § 347 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Da die Beklagte Zinsen, welche die Klägerin gemäߧ 346 Abs. 1 BGB herausverlangen könnte, nicht erwirtschaftet hat, ist § 347 Abs. 1 Satz 1 BGB anwendbar. Gemäߧ 287 Abs. 2 ZPO schätzt die Kammer, dass für den betreffenden Zeitraum, der im Wesentlichen noch vor der Wirtschaftskrise lag, eine Verzinsung von 4 % möglich gewesen wäre. Eine solche Verzinsung entspricht auch dem gesetzlichen Regelzinssatz gemäߧ 246 BGB (vgl. auch Palandt-Grüneberg, 69. Aufl., § 346 Rz. 10). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der danach zu berechnende Zinsanspruch jedoch nicht auf der Grundlage des Bruttokaufpreises, sondern lediglich anhand des Nettokaufpreises zu bestimmen (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rz. 606). Nur dieser ist bei der Beklagten verblieben und nur aus diesem hätten Zinserträge erwirtschaftet werden können. Der Nettobetrag belief sich auf lediglich 57.317,24 €. Hieraus errechnet sich für die 716 Zinstage vom 14.11.2006 bis zum 30.10.2008 ein Zinsanspruch in Höhe von 4.559,90 €.
4.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.479,90 € steht ihr nicht zu. Die Voraussetzungen eines entsprechendes Anspruchs aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB sind nicht erfüllt. Der Anspruch auf Ersatz eines Verzugsschadens setzt auch im Falle einer Erfüllungsverweigerung entsprechend dem Wortlaut des § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB die Fälligkeit der geltend gemachten Forderung voraus (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 210 f. [BGH 28.09.2007 - V ZR 139/06]). Bis zur Erklärung des Rücktritts durch das Anwaltsschreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 17.10.2008 waren die nunmehr klageweise geltend gemachten Forderungen jedoch noch nicht fällig. Die Fälligkeit trat erst mit der Rücktrittserklärung ein. Ungeachtet ihrer vorangehenden Ankündigung, den Vertrag nicht rückabwickeln zu wollen, konnte die Beklagte frühestens ab diesem Zeitpunkt in Verzug geraten. Zu diesem Zeitpunkt war der Prozessbevollmächtigte der Klägerin jedoch bereits tätig geworden, so dass die hierdurch entstandenen Kosten nicht infolge des Verzuges entstanden sind.
5.
Der Feststellungsantrag der Klägerin ist zulässig und begründet. Das erforderliche Feststellungsinteresse für die Feststellung des Annahmeverzugs ergibt sich aus den Regelungen der §§ 756, 765 ZPO. Die Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Wagens auch seit dem 01.11.2008 gemäߧ§ 293, 295 Satz 1 BGB in Verzug. Die Beklagte ist mit Anwaltsschreiben vom 17.10.2008 aufgefordert worden, bis zum 30.10.2008 den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rücknahme des Wagens zurückzuzahlen. Aufgrund des Rücktritts war die Beklagte dazu verpflichtet, den Wagen dort abzuholen, wo er sich nach dem Rücktritt bestimmungsgemäß befand. Die Beklagte lehnte die Forderungen der Klägerin mit dem eigenen Anwaltsschreiben vom 28.10.2008 jedoch ab.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Streitwert: 62.661,24 €