15.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123376
Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 25.06.2012 – 19 U 69/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Köln
19 U 69/12
Tenor:
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
Die Klägerin begehrt unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 11.04.2012 – 21 O 369/11 – die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, das in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von 5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.10.2010 sowie die Klägerin von außergerichtlich entstandenen nach RVG nicht abzurechnenden Rechtsanwaltsgebühren freizustellen in Höhe von 293,80 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. Die beabsichtigte Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Das landgerichtliche Urteil stellt sich als zutreffend dar. Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Verjährung weitergehender Schmerzensgeldansprüche angenommen. Bei dem Anspruch auf Schmerzensgeld als immateriellen Schadensersatzanspruch und den weiteren, materiellen Schadensersatzansprüchen handelt es sich um verschiedene Forderungen und nicht lediglich um unselbständige Rechnungsposten, wie dies etwa bei Einzelelementen einer Reparaturkostenabrechnung der Fall ist eines einheitlichen Anspruchs. Dies zeigt sich bereits in der Möglichkeit verschiedener Entwicklungen der Anspruchsinhaberschaft, die sich etwa daraus ergeben kann, dass einzelne Ersatzansprüche im Regulierungsfall auf verschiedene Versicherer übergehen können (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.2011 – VI ZR 260/10 WEG RS 2011, 17149 Rn. 7 m. w. N.). Dementsprechend kann auch die Verjährung der Ansprüche unterschiedliche Wege gehen. Jedenfalls hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruchs sind verjährungshemmende oder verjährungsunterbrechende Tatbestände nicht dargetan worden. Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, dass Verjährung von Schmerzensgeldansprüchen, soweit sie nicht erfüllt sind, zum 31.12.2008, jedenfalls sogar zum 31.12.2009 eingetreten ist. Der Anspruch unterliegt gemäß § 195 BGB der dreijährigen Verjährungsfrist. Diese hat gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, zu laufen begonnen. Bei der Klägerin liegt diese Kenntnis bereits seit dem Unfall im Jahre 2005 vor. Seit diesem Zeitpunkt steht ihr ein Schmerzensgeldanspruch zu. Ein solcher Anspruch umfasst grundsätzlich sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen immateriellen Unfallfolgen, sofern sie bereits bekannt oder jedenfalls vorhersehbar waren. Nur für solche Ansprüche, die außerhalb des Vorhersehbaren liegen, kann gegebenenfalls eine Ausnahme von dem Grundsatz gemacht werden, das mit dem einheitlichen Schmerzensgeldanspruch sämtliche Schmerzensgeldansprüche abgegolten werden. Solche im Zeitpunkt der Bemessung des im Februar 2006 gezahlten Schmerzensgeldes in Höhe von 13.000,00 € nicht vorhersehbaren Erfolgen hat die Klägerin selbst aber nicht substantiiert vorgetragen. Ein geschwächtes Immunsystem mit den sich daraus ergebenden Folgen und Einschränkungen für die Lebensqualität gehören zu den bekanntermaßen möglichen Folgen eines Milzverlustes. Dies gilt auch für die von der Klägerin behaupteten gesundheitsbedingten Einschränkungen in ihren Berufswahlmöglichkeiten. Auch die mit der Operation einhergehenden kosmetischen Beeinträchtigungen, insbesondere die Narbe am Oberbauch, gehören zu den üblichen Folgen. Nichts anderes gilt auch für die möglichen psychischen Belastungen eines jungen Unfallopfers in späteren Entwicklungsphasen. All diese Folgen waren bereits abzusehen, als die Haftpflichtversicherung des Beklagten zur Regulierung des Schmerzensgeldanspruchs 13.000,00 € bezahlt hat. Es ist nicht erkennbar, dass – und welche – zu dieser Zeit unvorhersehbaren weiteren Verletzungsfolgen – aufgetreten sind, auf die die Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld stützen möchte, das nicht bereits mit der Zahlung abgegolten wurde. Da der Schmerzensgeldanspruch bereits mit dem Unfallereignis in voller Höhe entstanden ist und es sich um einen von den materiellen Unfallfolgen abzugrenzenden eigenen Anspruch handelt, können die Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Haftpflichtversicherung des Beklagten nicht zu einer Hemmung der Verjährung führen. Insbesondere auch aus dem Schreiben der Versicherung vom 11.08.2008 (AO, Bl. 20) und der Antwort des Vaters der Klägerin vom 24.08.2008 (AO, Bl. 21) kann nicht darauf geschlossen werden, dass hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruchs weitere Verhandlungen folgen sollten. Soweit dort von einem Abfindungsangebot die Rede ist, zielt dies erkennbar auf immaterielle Unfallfolgen. Dass in die insoweit schwebenden Verhandlung noch Schmerzensgeldansprüche einbezogen werden sollten, ist nicht ersichtlich. Vielmehr spricht das Schreiben vom 13.01.2006 (Bl. 4 AO) dafür, dass aus Sicht der hinter dem Beklagten stehenden Versicherungen sämtliche Schmerzensgeldansprüche mit der Zahlung von 13.000,00 € abgegolten sein sollten.
Ein über 13.000,00 € hinaus gehender Schmerzensgeldanspruch steht der Klägerin ungeachtet der Frage der Verjährung aber auch nicht zu. Zutreffend hat die Versicherung mit Schreiben vom 13.01.2006 darauf hingewiesen, dass bei vergleichbaren Verletzungsfolgen ein Schmerzensgeld in der Höhe von 8 bis 9.000,00 € üblich ist. Dies entspricht bei üblichem Verlauf eines Milzverlustes, der regelmäßig mit der Gefahr einer höheren Infektionsanfälligkeit und einer daraus resultierenden verminderten Erwerbsfähigkeit einhergeht, den in der Rechtsprechung üblichen Werten (vgl. etwa LG München I Urteil vom 21.07.2003 - 19 O 11983/96 -, veröffentlicht bei Slizyk, Imdat plus Schmerzensgeldtabelle Nr. 4051 (8.000,00 €) OLG Frankfurt, Urteil vom 03.11.1995 – 8 U 96/95 -, Schmerzensgeldtabelle Nr. 2675 (9.203,25 € bei weiteren Verletzungsfolgen; OLG Brandenburg, Urteil vom 26.06.2008 – 12 U 153/07 -, Schmerzensgeldtabelle Nr. 3831 (7.500,00 €). Wie die Versicherung des Beklagten eindeutig ausführt, hat sie unter Berücksichtigung des jungen Alters der Klägerin diesen angemessenen Betrag deutlich erhöht. Hierdurch werden gleichzeitig dann auch die besonderen Folgen der Verletzung für den Zeitpunkt des Unfalls erst zwölfjährige Klägerin, die sich insbesondere in erhöhter Infektanfälligkeit, Folgeoperation und psychischen Belastungen ausdrücken, abgegolten.
Insbesondere auch der Arztbericht vom 19.12.2010 (Bl. 9 AO) weist keine solchen Folgen des Milzverlustes aus, die nicht vorhersehbar waren. Insbesondere gibt er kein Anhaltspunkt auf im Zeitpunkt der Schmerzensgeldbemessung von 2006 nicht vorhersehbar waren außergewöhnliche Folgen.