08.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131449
Amtsgericht Nauen: Beschluss vom 25.02.2013 – 34 OWiE 59/13
Da die rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung des Verteidigers an keine Form gebunden ist, ist es für die Wirksamkeit des Einspruchs grundsätzlich ausreichend, wenn die Verteidigervollmacht des Rechtsanwalts durch diesen anwaltlich versichert wird und er in der Sache tätig wird.
34 OWiE 59/13
Amtsgericht Nauen
Beschluss
In der Bußgeldsache
gegen pp.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
wird die Entscheidung des Landkreises Havelland vom 04.02.2013 über die Verwerfung des Einspruchs aufgehoben und die Sache an den Landkreis Havelland zur sachlichen Prüfung des Einspruchs zurückverwiesen.
Die Kosten dieses Verfahrens und notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe:
I.
Der Landkreis Havelland (im Folgenden Bußgeldbehörde) erließ am 10.01.2013 einen Bußgeldbescheid gegen den bisher nicht durch einen Verteidiger vertretenen Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h. Der Bescheid wurde am 12.01.2013 dem Betroffenen zugestellt, Am 14.01.2013 meldete sich der Rechtsanwalt des Betroffenen unter anwaltlicher Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung und legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein. Eine Verteidigervollmacht war dem Schreiben nicht beigefügt. Zugleich beantragte er Akteneinsicht, die ihm auch gewährt wurde. Die Bußgeldbehörde forderte den Verteidiger am 15.01.2013 und 24.01.2013 zur Herreichung einer schriftlichen, Vollmacht auf, welche jedoch nicht beigebracht wurde, da dies nach Auffassung des Verteidigers nicht erforderlich sei.
II.
Der Antrag ist gemäß §§ 69 Abs. 1 Satz 2, 62 OWiG zulässig.
Er ist auch begründet.
Für die Wirksamkeit des Einspruchs ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die Verteidigervollmacht des Rechtsanwalts durch diesen anwaltlich versichert wird und er in der Sache tätig wird (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 05.10.2011, Az. 1 RBs 278/11, Rn. 19; OLG Hamm, Beschluss vom 17.01,2005, Az. 2 Ws 7/05 — beide zitiert nach juris.de). Die rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung des Verteidigers ist an keine Form gebunden. Anders sieht es nur für eine Vertretungsvollmacht aus für eine Vertretung des abwesenden Betroffenen in der Hauptverhandlung, welche hier jedoch nicht erforderlich ist. Die Verteidigungsvollmacht ermöglicht die Vornahme von Prozesshandlungen für den Betroffenen, zu denen der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zählt. Wenn sich wie hier ein Verteidiger für den Betroffenen meldet und eine Prozesshandlung vornimmt, spricht die Vermutung für die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts (vgl. für Strafverfahren Meyer-Goßner, § 137 StPO, Rn. 9). Ansatzpunkte für Zweifel an der Bevollmächtigung sind hier nicht ersichtlich, so dass kein Anlass für die Bußgeldbehörde bestand, eine Vollmachtsurkunde zu verlangen.
Im Übrigen hat sich die Bußgeldbehörde selbst zu ihrer Auffassung in Widerspruch gesetzt, indem sie den Verwerfungsbescheid förmlich an den Rechtsanwalt und nicht an den Betroffenen zugestellt hat. Eine Zustellung kann nach § 145a StPO nur dann wirksam an den Verteidiger erfolgen, wenn tatsächlich eine schriftliche Verteidigungsvollmacht vorliegt. Da dies hier offensichtlich nicht der Fall war und die Behörde die Vollmacht außerdem anzweifelt, durfte sie unter keinen Umständen an den Verteidiger zustellen.
Daher war die Entscheidung der Bußgeldbehörde aufzuheben und die Sache zur Prüfung der Begründetheit des Einspruchs an die Behörde zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 I OWiG in Verbindung mit § 467 StPO analog.
Nauen, 25.02,2013