15.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131515
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 12.12.2011 – 22 U 151/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht
Beschluss
Geschäftsnummer: 22 U 151/11
06.02.2012
43 O 316/10 Landgericht Berlin
In dem Rechtsstreit
XXX
hat der 22. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Ubaczek, den Richter am Amtsgericht Görke und die Richterin am Kammergericht Meising am
06. Februar 2012
b e s c h l o s s e n :
Die Berufung des Klägers gegen das am 17. Mai 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 43 O 316/10 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen
Der Streitwert für die Berufung beträgt 17.860,07 EUR.
G r ü n d e
Der Senat hält die Berufung des Klägers nach eingehender Beratung einstimmig für offensichtlich aussichtslos. Die Gründe hierfür sind dem Kläger mit dem am 16. Dezember 2011 zugestellten Beschluss vom 12. Dezember 2011 ausführlich dargestellt worden. Die ihm zugleich eingeräumte Gelegenheit, hierzu innerhalb eines Monats Stellung zu nehmen, hat der Kläger nicht wahrgenommen. Einer weiteren Begründung des vorliegenden Beschlusses bedarf es in der Sache somit nicht (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
Der Senat hält eine erneute mündliche Erörterung und Verhandlung der Angelegenheit angesichts der klaren Sach- und Rechtslage nicht für angezeigt. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts im Urteilsverfahren.
Die Kostenentscheidung beruht in der Sache auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Kammergericht
Beschluss
Geschäftsnummer: 22 U 151/11
12.12.2011
43 O 316/10 Landgericht Berlin
In dem Rechtsstreit
xxx
hat der 22. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Ubaczek, den Richter am Kammergericht
C. Kuhnke und die Richterin am Kammergericht Meising am 12. Dezember 2011
beschlossen:
1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 17. Mai 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 43 O 316/10 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie offenkundig keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von einem Monat.
Gründe:
Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist hier nach Prüfung der Sach- und Rechtslage durch den Senat offenkundig nicht festzustellen.
Der Senat teilt die vom Landgericht vertretene Ansicht, dass dem Kläger wegen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls gegen die Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 7, 17 StVG, § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 115 Abs. 1 VVG zuzuerkennen ist. Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt und unter Beweis gestellt, dass der von ihm geltend gemachten Schaden in der von ihm geltend gemachten Höhe durch den streitgegenständlichen Verkehrsunfall entstanden ist, was die Beklagten bestreiten.
Das klägerische Fahrzeug hatte, wie der Kläger nach eigenen Angaben von dem Verkäufer des Fahrzeugs erfahren haben will, unter anderem im Frontbereich, für dessen Beschädigung der Kläger hier im wesentlichen Schadensersatz geltend macht, einen „bearbeiteten Vorschaden“ erlitten. Außerdem hatte das Fahrzeug, bevor der Kläger es gekauft hat, ausweislich des vorgelegten Kaufvertrages des Verkäufers mit einem vorigen Verkäufer einen Heckschaden erlitten, der den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges beeinflusst haben könnte. Beide Vorschäden hat der Kläger ihrem Umfang nach nicht konkret und im Einzelnen dargelegt und er hat auch nicht vorgetragen, welche Reparaturarbeiten konkret und im Einzelnen zu ihrer Beseitigung durchgeführt worden sein sollen.
Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, muss der Geschädigte, sofern das Fahrzeug, für dessen Beschädigung er Schadensersatz geltend macht, Vorschäden im Bereich der Schadensstelle aufwies und die unfallbedingte Kausalität des geltend gemachten Schadens bestritten wird, nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung auch des Kammergerichts im Einzelnen Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Vorschäden vor dem neuen Schadensfall fachgerecht beseitigt worden waren (vgl. etwa Kammergericht, Beschluss vom 29. Juni 2009 – 12 U 147/08; Beschluss vom 31. Juli 2008 – 12 U 137/08, juris Rdn 9- NZV 2009, 345; Beschluss vom 06. Juni 2007 – 12 U 57/07). Er kann selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, wenn nicht mit einer für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind (vgl. etwa Senat, Urteil vom 18. Oktober 2010 – 22 U 23/10; KG Urteil vom 29. Juni 2009 – 12 U 146/08, juris Rdn. 3 - NZV 2010, 350; KG v. a.a.O. 12 U 137/08; Beschluss vom 30. Juni 2010 - 12 U 151/09 -, juris, Rdn. 42 m.w.N.; Urteil vom 14. Januar 2008 - 12 U 96/07 - juris Rdn. 12 f, VRS 114, 418 m. W N.; Beschluss vom 31. Juli 2008 – 12 U 137/08 m. w. N; OLG Düsseldorf Urteil vom 6. Februar 2006 – 1 U 148/05, juris Rdn. 10 , DAR 2006, 324). Demgemäß muss der Geschädigte darlegen und beweisen, welche eingrenzbaren Vorschäden vorhanden waren und durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen sie beseitigt worden sind. Nur dann ist eine hinreichende Abgrenzung möglich, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein im Bereich der streitgegenständlichen Schadensstelle vorhandener Schaden auf das frühere Schadensereignis zurückzuführen ist oder auf das neue Schadensereignis. Eine solche Abgrenzung ist auch Voraussetzung für die Schätzung eines Mindestschadens.
Für eine schlüssige Darlegung eines durch das streitgegenständliche Unfallereignis verursachten Schadens hätte der Kläger daher zunächst im Einzelnen und unter Beweisantritt zu Umfang und Art der Vorschäden und sodann zu deren behaupteter Reparatur vortragen müssen, wozu nicht nur eine Schilderung der einzelnen Reparaturmaßnahmen einschließlich der verwendeten Ersatzteile gehört, sondern auch die Schilderung von Umständen, aus denen sich mit einem für eine richterliche Überzeugungsbildung ausreichenden Grad an Gewissheit ergibt, dass die Reparatur fachgerecht erfolgt ist (vgl. KG a.a.O). Daran fehlt es hier.
Soweit der Kläger geltend macht, er sei zu einer solchen vollständigen Darlegung nicht in der Lage, weil er das Fahrzeug als Gebrauchtfahrzeug von dem Zeugen D erworben habe und deshalb nicht im Einzelnen zu einer fachgerechten Reparatur vortragen könne, geht dies zu seinen Lasten (ständige Rechtsprechung des Kammergerichts, vgl, etwa KG, a.a.O., 12 U 146/08, juris Rdn. 6; KG Beschluss vom 31. Juli 2008 – 12 U 137/08, juris Rdn. 14, NZV 2009, 345) und nicht zu Lasten der Beklagten. Denn der Umstand, dass der Kläger ein Gebrauchtfahrzeug erworben hat, kann nicht zu einer Änderung der sich aus den allgemeinen Regeln des Prozessrechts ergebenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast führen.
Dem Erwerber eines Gebrauchtfahrzeuges ist freigestellt, sich vor dem Erwerb, notfalls durch Begutachtung des Fahrzeuges über etwaige Vorschäden zu vergewissern und sich von dem Veräußerer gegebenenfalls Vorschäden betreffende Schadensgutachten und Reparaturrechnungen übergeben zu lassen. Wenn er davon absieht, liegt das in seinem Risikobereich und nicht im Risikobereich des Schädigers. Dieser ist an dem Erwerbsvertrag nicht beteiligt und kann hieraus auch keine Ansprüche herleiten. Es obliegt dem Schädiger auch nicht, zu ermitteln, ob ein Vorschaden an dem Fahrzeug ordnungsgemäß repariert worden ist.
Soweit der Kläger für eine fachgerechte Beseitigung des Vorschadens Zeugen benennt, kann dies schon aufgrund des im Zivilprozess herrschenden Beibringungsgrundsatzes einen Vortrag insoweit nicht ersetzen. Ein Zeugenbeweis ist im Übrigen auch zum Beweis für eine fachgerechte Schadensbeseitigung nicht geeignet. Denn ein Zeuge kann nur zu Tatsachen benannt werden. Die Frage der fachgerechten Reparatur eines Vorschadens kann jedoch nur aufgrund einer sachverständigen Bewertung beantwortet werden.
Auch soweit sich der Kläger für eine fachgerechte Beseitigung des Vorschadens auf die Einholung eines gerichtlich bestellten Sachverständigengutachtens beruft, kann dies aufgrund des im Zivilprozess herrschenden Beibringungsgrundsatzes einen Vortrag nicht ersetzen. Auch kann selbst ein Sachverständiger ohne Informationen über die konkret vorhandenen Vorschäden, über den Unfallverlauf, auf den sie zurückzuführen sein sollen und über die zu ihrer Beseitigung durchgeführten Reparaturarbeiten nicht ohne weiteres feststellen, welcher Schaden im Schadensbereich von einer früheren Schädigung herrührt und welcher von einer späteren. Hier ist auch nicht ersichtlich ist, dass etwa altersbedingte Spuren im Schadensbereich entsprechende Rückschlüsse erlauben könnten, da der vor allem wesentliche Vorschaden im Frontbereich nur kurze Zeit vor dem hier in Frage stehenden Unfallgeschehen vom 20. Mai 2010 eingetreten sein kann, nämlich in der Zeit zwischen dem Kauf durch den Zeugen D am 25. Februar 2010 und dem Weiterverkauf an den Kläger am 03. März 2010.
Das Landgericht hat schließlich die Klage auch wegen der geltend gemachten Sachverständigen- kosten zu Recht abgewiesen. Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind, also ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten sie für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Das ist bei dem vom Kläger eingereichten Gutachten jedoch nicht der Fall.
Dieses Gutachten stellt den durch den streitgegenständlichen Unfall entstandenen Schaden nicht hinreichend dar, da es weder den „bearbeiteten Vorschaden“ im Frontbereich im einzelnen bei der Höhe der Reparaturkosten berücksichtigt noch den in dem ersten der beiden eingereichten Kaufverträge genannten Heckschaden bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes. Das Gutachten ist demgemäß nicht brauchbar. Für ein zur Schadensfeststellung nicht brauchbares Privatgutachten hat der Geschädigte jedenfalls dann keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten, wenn er die Mängel des Gutachtens zu vertreten hat, weil sie auf fehlenden oder unzureichenden Informationen über Vorschäden beruhen (vgl. dazu KG Urteil vom 22. Oktober 2001 – 12 U 2346/00 = KGR 2002, 351; Urteil vom 01. März 2004 – 12 U 96/03, juris Rdn. 5). Das ist hier der Fall und vom Kläger auch zu vertreten, da er es unterlassen hat, im Zuge der Erstellung des Gut-achtens insoweit Informationen bei dem Verkäufer des Fahrzeuges einzuholen.
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil.
Der Senat hält eine erneute mündliche Erörterung und Verhandlung der Angelegenheit angesichts der klaren Sach- und Rechtslage nicht für angezeigt und beabsichtigt deshalb, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss als offenkundig aussichtslos zurückzuweisen, sofern sie nicht im Kosteninteresse zurückgenommen wird.
Der Kläger erhält Gelegenheit, zu der beabsichtigten Vorgehensweise innerhalb eines Monats Stellung zu nehmen.