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  • 27.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132746

    Amtsgericht Solingen: Urteil vom 18.06.2013 – 12 C 638/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    AG Solingen

    18.06.2013

    12 C 638/12

    Tenor:

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 77,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.09.2012 zu zahlen.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 70% und die Beklagte zu 30%.

    Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.

    Der Kläger hat der Beklagten gegenüber einen Anspruch auf Zahlung von 77,00 € aus § 7 STVG in Verbindung mit § 115 VVG. Die Beklagte haftet für die Unfallschäden aus dem Unfall vom 06.06.2012. Dabei stellt auch der Kraftstofftankrest in Höhe von 55 Litern einen ersatzfähigen Schaden dar. Soweit die Beklagte bestreitet, dass sich im Tank ein entsprechender Kraftstoffrest befand, ist dieses Bestreiten nicht substantiiert. Der Kläger hat durch das Gutachten des Sachverständigenbüro , das den Kraftstoffrest ermittelt hatte, substantiiert dargelegt, das sich ein entsprechender Kraftstoffrest im PKW zum Unfallzeitpunkt befand. Der PKW hat einen sogenannten konstruktiven Totalschaden erlitten. Er wird dementsprechend nicht weiter gefahren. Insofern ist der Kraftstoff, der sich noch im Fahrzeug befand für den Kläger nutzlos und stellt eine Schadensposition dar. Hätte der Unfall nicht stattgefunden wäre der Kraftstoff vom Kläger verbraucht worden. Der Kraftstoffrest ist gem. § 287 ZPO zu schätzen und mit 1,40 € pro Liter anzusetzen, so dass sich insgesamt ein Wert von 77,00 € ergibt.

    Der Kläger hat auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB verstoßen, indem er den Kraftstoff nicht abgepumpt hat. Das Abpumpen des Kraftstoffes selber hätte dem Kläger Kosten verursacht. Es kann dem Kläger als Privatperson auch nicht zugemutet werden, dass er einen entsprechenden Vorgang organisiert. Zudem ist abgepumpter und sich bereits im Tank befindlicher Kraftstoff nicht derart werthaltig wie der an der Tankstelle zur Verfügung gestellte Kraftstoff. Daher ergibt sich nicht, dass ein Abpumpen des Kraftstoffes den Schaden tatsächlich vermindert, oder ausgeschlossen hätte.

    Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten aus § 7 STVG in Verbindung mit § 115 VVG zu.

    Die Beklagte hat von den Mietwagenkosten bereits eine Summe von 1273,30 € reguliert. Ein Anspruch auf Ersatz weiterer Kosten steht dem Kläger nicht zu. Das Fahrzeug, was vom Kläger angemietet wurde, ist der Fahrzeugklasse 6 zuzuordnen, Das Kriterium der Gleichwertigkeit ist damit erfüllt, da der Kläger jedenfalls kein höherwertiges Ersatzfahrzeug angemietet hat. Jedoch ist dem Kläger kein entsprechender ersatzfähiger Schaden entstanden, der über den Betrag von 1.273,30 € hinausgeht.

    Der Kläger kann als Geschädigter nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für Zweckmäßig und Notwendig halten darf. Als Ausgangspunkt für die wirtschaftliche Erforderlichkeit hat der Geschädigte den am Markt üblichen Normaltarif, der Selbstzahlern üblicherweise angeboten wird, und der unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird, zugrunde zu legen (vergleiche BGH Urteil vom 09.03.2010, VI ZR 06/09). Die Höhe dieser Kosten ist durch das Gericht gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Dabei ist die Schwacke Liste als alleinige Schätzungsgrundlage vorliegend erschüttert.

    Die Beklagte konnte für den streitgegenständlichen Zeitraum diverse günstigere Mietwagenangebote derselben Klasse vorlegen, wodurch zwar nicht der Beweis geführt ist, dass ein Kraftfahrzeug zu diesem Zeitpunkt günstiger anzumieten gewesen wäre, jedoch die Schwacke Liste als alleinige Schätzungsgrundlage erschüttert ist. Zwischen dem Unfall und dem Mietbeginn lag ein Zeitraum von mehr als einem Tag, so dass es dem Kläger auch zumutbar gewesen wäre, sich über entsprechende alternative Angebote zu informieren. Die zur Ermittlung der angemessenen Mietwagenkosten genutzten Schätzungsgrundlagen, die Schwacke Liste und die Fraunhofer Liste, sind isoliert betrachtet mit Schwächen behaftet. Bei der Schwacke Liste stellt sich die Art und Weise der Erhebung derart dar, dass die Mietwagenunternehmen und deren Interessenverbände nach Angeboten zur Erstellung einer Vergleichsliste

    befragt werden. Dabei liegt es nahe anzunehmen, dass die Vermieter aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten überhöhte Preise angeben und die Preise der Schwacke Liste insofern nicht tatsächlich marktgerecht sind.

    Die Untersuchung der Fraunhofer Liste begegnet ebenfalls Bedenken, da hier Anfragen etwa mit einer Vorlaufzeit von einer Woche getätigt werden, was der Situation nach einem Verkehrsunfall, in dem typischerweise eine kurzfristige Anmietung geboten ist, nicht vergleichbar ist.

    Das Gericht hält aus den genannten Gründen das arithmetische Mittel der in der Schwacke Liste und in der Fraunhofer Liste genannten Preise für geeignet, um die Höhe des Normaltarifes zu ermitteln.

    Der Kläger hat vorliegend ein Fahrzeug angemietet, dass nach der Schwacke Liste in der Fahrzeugklasse 6 einzuordnen ist. Unter Berücksichtigung der Wochenpauschale bezogen auf das Postleitzahlengebiet ergibt sich für die Anmietdauer von 14 Tagen ein Mietwagenpreis nach Schwacke in Höhe von 1.522,00 €. Nach der Fraunhofer Liste ergibt sich unter Berücksichtigung der Wochenpauschale bezogen auf das Postleitzahlengebiet für eine Anmietdauer von 14 Tagen ein Mietwagenpreis von 573,74 €. Das arithmetische Mittel dieser Preise ergibt einen Betrag von 1.047,82 €. Hinzu kommt eine pauschaler Aufschlag von 20% der sich daraus ergibt, dass in der Unfallsituation in der Regel ein höherer Mietwagenpreis als der Normaltarif zur Schadensbeseitigung erforderlich ist, somit ein weiterer Betrag von 209,56 € und ein gesamter erforderlicher Betrag von 1257,38 €. Dieser Betrag liegt unter dem von der Beklagten bereits gezahlten Betrag, so dass ein weiterer Schadensersatzanspruch des Klägers nicht gegeben ist.

    Die Kosten des Klägers für die Kraftfahrzeugversicherung ändern an dieser Bewertung nichts. Eine Haftpflichtversicherung ist zwingend vorgeschrieben. Eine solche muss das Mietwagenunternehmen bereit halten. Versichert der Kläger darüber hinaus sein Fahrzeug im Rahmen einer Kaskoversicherung zusätzlich, stellt dies keinen kausal auf dem Unfall beruhenden Schaden dar, sondern eine autonome Entscheidung des Klägers, sein gemietetes Fahrzeug gegen etwaige selbst verursachte Schäden abzusichern. Dies ist jedoch nicht zwingend geboten, aufgrund des Unfalls.

    Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286,288 BGB.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

    Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

    Ohne Tatbestand (gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO).

    Streitwert: 271,53 Euro.